Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Sie wissen, wie man das macht, das haben Sie heute wieder gezeigt. Dieses AfD-Bashing findet sehr häufig statt vom hohen Podest der deutschen Hochmoral und der Political Correctness herunter.

(Zurufe – Glocke)

Herr Kruse, Sie verlieren nicht aus dem Auge, dass der Beratungsgegenstand zurzeit Haushaltsplan-Entwurf 2017/2018 heißt?

Ich bin genau bei meinem Thema und habe nur noch zwei Sätze, Frau Präsidentin.

Ich wollte nur noch sagen, wo wir gerade beim Thema Hochmoral und AfD-Bashing waren: Das zählt in der Wahlkabine wenig. Warten wir einmal die Bundestagswahl und die nächsten Landtagswahlen ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt der Erste Bürgermeister.

(Michael Kruse FDP: Hat er auch einen Na- men?)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren in einer Zeit, in der die meisten Bürgerinnen und Bürger unsere Stadt besonders gut finden. Die Eröffnung der Elbphilharmonie, die bevorsteht, freut fast alle in dieser Stadt. Alle sa

(Dr. Jörn Kruse)

gen, da ist am Ende jedenfalls etwas gelungen, und es wird dazu beitragen, die lange Tradition der Stadt als Musikstadt in die Zukunft zu verlängern, aber es wird auch den Ruf unserer Stadt international verbessern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber das Ereignis, das da im kommenden Jahr stattfindet und mit der Eröffnung der Plaza, die schon über 300 000 Besucherinnen und Besucher gehabt hat, schon begonnen hat, ist nur ein Zeichen für das Lebensgefühl, das unsere Stadt insgesamt hat. Deshalb habe ich mich über manche Beiträge in dieser Aussprache zum Haushalt doch sehr gewundert. Und ich wundere mich auch über die Klugheit derjenigen, die diese Beiträge gehalten haben, wenn man an dem eigentlichen Lebensgefühl der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt vorbeiredet, die nämlich nicht nur finden, dass es gut läuft, sondern dass es auch eine sehr gut regierte Stadt ist,

(Dennis Gladiator CDU: Und das bestimmen Sie!)

dann hat man ein Problem, auch als Oppositionsabgeordneter.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Mi- chael Kruse FDP: Die Realität holt Sie schon noch ein!)

Unsere Stadt steht gut da. Sie hat gute Wachstumsraten und die Zahl der Arbeitsplätze nimmt ständig zu. Und ich glaube, auch das können wir in den Blick nehmen: Hamburg wird eine Stadt sein, die einmal über eine Million sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze hat. Das liegt nur noch wenige Jahre vor uns, und wir arbeiten jeden Tag hart daran, dass es auch so kommt. Hamburg wird eine Stadt der guten Arbeit sein, sowohl für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten als auch für alle anderen Erwerbstätigen, und sie wird eine Wirtschaftskraft haben, die weit über unsere Stadt hinausstrahlt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Weil auch andere auf der Welt gut sind und man überall wachsende Erfolge verzeichnen kann – das ist doch einer der Vorteile der Globalisierung, dass nicht nur wenige Teile der Welt etwas vom wirtschaftlichen Wachstum der letzten Jahre gehabt haben –, bedeutet das, dass wir alles dafür tun müssen, dass wir auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich sind und auch in Zukunft viele gute Arbeitsplätze in den sehr unterschiedlichen Bereichen beruflicher Tätigkeit haben.

Ein sehr wichtiger Beitrag dazu ist, dass wir dafür sorgen, dass in dieser Stadt Innovationen entstehen und Neues entwickelt wird, Dinge, die es noch nicht gibt, mit denen wir auch in Zukunft auf den Weltmärkten erfolgreich sein können und Milieus von wirtschaftlicher Tätigkeit schaffen, die dazu

beitragen, dass alle in dieser Stadt wirtschaftlich zurechtkommen können, auch diejenigen, die nicht in einem international agierenden Unternehmen tätig sind, sondern irgendwo im Verkauf oder als Krankenpfleger arbeiten. All jene brauchen eine Chance und leben davon, dass uns neue Dinge einfallen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb haben wir seit 2011 beharrlich dafür gesorgt, dass Innovation ein sehr wichtiger Bereich staatlicher Politik dieser Stadt wird.

Eine der ersten Maßnahmen war die Umwandlung unserer früheren Wohnungsbaukreditanstalt in eine Förderbank. Das ist ein Beitrag zur Wirtschaftsförderung und zur Innovationsförderung gewesen. Es sind viele weitere Maßnahmen ergriffen worden, die dazu beitragen sollen, dass zum Beispiel Start-ups, Unternehmensgründungen und viele andere Dinge, die für die Zukunft wichtig sind, in dieser Stadt besser funktionieren können. Und wir hören nicht auf, sondern wir machen da immer weiter. Es hat sehr viele Bereiche gegeben, in denen wir dafür sorgen – etwa im Bereich von Wissenschaft und Forschung –, dass dort eine bessere Mischung stattfindet, als das in den früheren Jahrzehnten der Fall war.

Eine der jüngsten Eröffnungen in diesem Bereich ist zum Beispiel das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung gewesen, das wir gegen viele Widerstände durchgesetzt haben und das jetzt dazu beiträgt, dass Hamburg auch in der Zukunft ein zentraler Standort der Luftfahrtindustrie bleiben kann mit Start-ups, mit Erfindungen, mit sehr modernen Unternehmen, aber auch mit der Forschung der vielen Unternehmen, die hier tätig sind, und ihrer Supplier.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt haben wir die Grundlage dafür gelegt, dass etwas gelingt, was auch schon früher hätte in der Stadt passieren müssen, was aber eben sehr lange vorbereitet werden muss, nämlich dass Hamburg auch Sitzland des Deutschen Luftund Raumfahrtzentrums werden kann. Es ist doch eine Besonderheit, dass in den letzten Jahren es niemand als eine besondere Problematik gesehen hat, dass der wichtigste Standort der zivilen Luftfahrtproduktion in Deutschland, einer der drei Großen auf der Welt, das einzige Bundesland ist, das nicht Mitglied des DLR ist. Niemand hat sich darüber beklagt. Keine meiner Vorgängerregierungen hat daran etwas ändern wollen. Wir haben es geändert, und wir haben etwas zustande gebracht, das als wirklich große politische Kunst aller Beteiligten hier in Hamburg und weit darüber hinaus bezeichnet werden kann. Es ist uns gelungen, in ein schon lange bestehendes System noch neu dazuzukommen. Alles ist dort schon verteilt, alles ist seit Jahrzehnten beschlossen, überall gibt es Insti

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

tute, zwar keine Luftfahrtindustrie, aber Institute zum Thema, nur in Hamburg nicht.

Das haben wir geändert. Wir haben mit den Haushaltsbeschlüssen des Bundestags und mit unseren Bemühungen dazu beigetragen, dass das anders wird. Wir werden Sitzland des DLR und sichern die Zukunft unserer Stadt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für die schon in der letzten Legislaturperiode begonnene Mitgliedschaft bei der Fraunhofer-Gesellschaft. Auch da hat in den letzten Jahrzehnten keiner, der vor meiner Zeit als Bürgermeister hier Regierungsverantwortung hatte, ein großes Problem gesehen, dass Hamburg das einzige Bundesland ist, das nicht Mitglied der Fraunhofer-Gesellschaft ist. Angesichts der Forschungskompetenz unserer Hochschulen und vieler anderer Forschungseinrichtungen ist es doch naheliegend, dass wir alles dazu beitragen, damit auch Hamburg ein leistungsfähiger Forschungsstandort bei Fraunhofer wird.

Was ich eben für das DLR beschrieben habe, haben wir bei Fraunhofer gemeinsam im Senat und mit dem Bundestag zusammen zustande gebracht, nämlich dass Hamburg nicht nur Mitglied bei Fraunhofer ist, sondern dass es eine Entwicklungsperspektive bekommt für eine ordentliche Institutsbildung in dieser Stadt. Auch da geht es um die Zukunft der Forschung in Hamburg.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Es wird mehr als 1 Milliarde Euro für Wissenschaft, Forschung und Universitäten in Hamburg bereitgestellt, mehr als 1 Milliarde Euro über einen längeren Zeitraum in Wissenschafts- und Forschungsbauten. Neue Max-Planck-Institute, der Campus Bahrenfeld, an dem immer wieder neue Institute der Medizinforschung, der Biologie, der Chemie und der Physik entstehen, ein neues Max-PlanckInstitut, das sich mit der Strukturforschung der Materie beschäftigt, der XFEL-Laser, der nächstes Jahr eröffnet wird, all das sind Beiträge, die es ermöglichen, dass neue Dinge entstehen, aus denen dann auch neue Arbeitsplätze in Hamburg generiert und geschaffen werden können.

Und wir sind konsequent und schaffen zum Beispiel in Bahrenfeld einen Forschungs- und Technologiepark, wir machen das Gleiche in Bergedorf,

(André Trepoll CDU: Seit sechs Jahren pas- siert gar nichts!)

wir machen das in Harburg. Wir sorgen bei der Luftfahrtindustrie für die entsprechenden Möglichkeiten und haben beharrlich an diesen Dingen gearbeitet. Hamburg wird eine Stadt sein, die in Zukunft auf Basis neuer Ergebnisse von Forschung und Wissenschaft neue Arbeitsplätze schafft und den Wohlstand, den heute alle mit der Stadt verbinden, verteidigen und ausbauen kann.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ein Themenfeld gehört unbedingt dazu: Wir müssen etwas tun im Bereich Informatik und Digitalisierung. Das hat die von uns bestellte MINT-Studie ergeben, und wir werden das voranbringen. Alles ist Teil eines großen Feldes, das diesen wichtigen Zukunftsfaktor unserer Stadt voranbringt, aus Innovation künftigen Wohlstand zu machen, und es wird weiter ein Schwerpunkt meiner Regierung sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Eigentlich ist das längst geschafft, was über viele Jahrzehnte in großen Zeitungsartikeln, in langen persönlichen Beiträgen und in Vorschlägen bedeutender Persönlichkeiten dieser Stadt gefordert worden ist, dass wir die Trendwende hin zu einer Verbindung von Wissenschaft, Forschung und Innovation und neuen Unternehmensgründungen schaffen. Wir haben sie jetzt organisiert und wir werden das ausbauen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Zweite, das für die Zukunft dieser Stadt wichtig ist, ist, dass wir unsere Infrastruktur pflegen und ausbauen. Pflegen und Instandhalten ist das Erste. Das haben die vor uns Verantwortlichen komplett vergessen,

(André Trepoll CDU: So ein Unfug!)

nicht nur einen Winter, sondern auch im Hinblick auf die vielen Schlaglöcher. Und ich sage ausdrücklich, wer sich dafür noch kein einziges Mal entschuldigt hat, muss bei diesem Thema eigentlich schweigen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von Dennis Thering CDU)

Die Trendwende, die wir zustande gebracht haben bei der Instandhaltung unserer Straßen und den Investitionen, die damit verbunden sind, werden wir fortführen. Und wir werden bei dem fadenscheinigen Manöver, erst die Schlaglöcher zu buddeln, liebe CDU, und sich hinterher über das Beseitigen der Schlaglöcher zu beschweren, nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber es geht weiter. Hamburg ist eine große Stadt in einer Metropolregion mit 5 Millionen Männern, Frauen und Kindern, die hier leben und wo sehr viele wirtschaftlich erfolgreich tätig sind. Wir wissen und verstehen, dass diese große Metropolregion als Einheit begriffen werden muss. Deshalb muss dieser Verkehrsraum erschlossen werden. Für Hamburg als Logistikmetropole und Hafenstadt gilt, dass wir darauf angewiesen sind, dass uns alles mit der Welt verbindet: der Hafen selbstverständlich, auch der Flughafen selbstverständlich und die Autobahnen und die Eisenbahnverbindungen selbstverständlich. Es ist deshalb eines der zentralen Ziele dieses Senats, dafür zu sorgen, dass sol

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)