Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte mich nur noch einmal vergewissern, ob wir tatsächlich noch bei der Debatte zum Einzelplan Justiz sind. Ihre Einlassungen und Ausführungen, Herr Nockemann, haben mich gerade etwas anderes vermuten lassen.
Hier geht es weder um die Qualität der Arbeit von Rot-Grün noch um die Qualität einzelner Anträge, sondern wir sollten uns in dieser Debatte an den zentralen Weichenstellungen orientieren, die dieser Haushalt trifft. Und natürlich muss sich der Haushalt daran messen lassen, vor welchen Herausforderungen unsere offene Gesellschaft steht.
Ich war vor einigen Minuten genauso überrascht wie Sie, dass ich jetzt vor Ihnen stehe. Ich überbringe die allerbesten Wünsche meines Kollegen Till Steffen, der sehr kurzfristig erkrankt ist und mich gebeten hat, für ihn zu sprechen. Wer mich kennt, weiß, dass ich gern spontan und aus dem Stand rede, aber ich muss gestehen, der Bereich Justiz ist einer, der mich dazu verleitet, mich eng an die Vorgabe zu halten.
Wir haben eine nicht ganz unerhebliche Überschneidung, zu der ich gegen Ende der Rede komme, im Bereich der Verschärfung des Sexualstrafrechts und der Initiative "Nein heißt Nein". Hier haben wir sehr eng im Senat zusammengearbeitet und eine tolle Initiative in Berlin auf den Weg gebracht.
Ansonsten werde ich mich sehr stark an den Botschaften orientieren, die mir Herr Steffen mit auf den Weg gegeben hat.
Ich sagte gerade, wir stehen vor großen Herausforderungen. Unsere offene Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen, die vielfältig sind: das Schüren von Hass, das Infragestellen der Medien und der staatlichen Institutionen, Reichsbürger, Gewalt von rechts, aber natürlich auch Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus und der richtige Umgang hiermit.
Er schützt die vielfältigen Lebensweisen eines jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft, eben auch von Minderheiten und Menschen, die unsere Gesellschaft bunt und interessant machen. Zugleich setzt der Rechtsstaat in Zeiten von Fake News und Hassbotschaften aber auch die maßgeblichen Grenzen. Die Justiz ist der Garant für Rechtsfrieden und Gerechtigkeit, dafür, dass Straftaten angemessen verfolgt werden können, dass man im Zivilprozess zu seinem Recht kommt und dass es effektiven Rechtsschutz gegen staatliches Handeln gibt. Deswegen ist es gut, dass wir, dass der rot
Bereits bekannt, das ist vorhin in den Reden der Abgeordneten schon angeklungen, sind die 41 zusätzlichen Köpfe, die im Laufe der Jahre 2015 und 2016 dazugekommen sind. Auf Vorschlag des Senats gibt es 16 weitere Stellen, und durch die Anträge der Koalitionsfraktionen – mein ausdrücklicher Dank dafür – kommen noch einmal 20 Stellen hinzu. Insgesamt sind es also 77 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Justiz, die in diesem Haushalt, dem ersten gemeinsamen Haushalt von Rot-Grün, erstmals verankert sind. Ich finde, das ist ein großer Erfolg.
Die Justiz genießt ein hohes Ansehen, und dieses Ansehen gilt es natürlich zu erhalten. Die Justiz ist in Teilbereichen hoch belastet. Darauf reagieren wir. Deshalb fördern wir durch die Verstärkung gezielt Schwerpunkte. Zum einen ist das der Kampf gegen Einbruchskriminalität, gegen Wirtschaftskriminalität und gegen den Salafismus. Ich finde, dass wir uns überhaupt nicht verstecken müssen, wenn wir uns die teilweise schon angesprochenen Haushaltsanträge der Opposition ansehen. Das sind doch Maßnahmen, die wir ergreifen, die weit über das hinausgehen, was Sie in Ihren Anträgen zum Justizhaushalt fordern.
Zum Teil schaffen wir zusätzliche Stellen, zum Teil gehört zu unseren Aufgaben aber auch die Ausbildung von künftigem Personal. Wir haben unsere Ausbildungskapazitäten bereits ausgebaut und werden dieses hohe Niveau weiter halten. Das gilt für den Bereich der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, der Justizsekretärinnen und -sekretäre, für Justizfachangestellte und das Gerichtsvollzieherwesen. Hier werden wir, da bin ich mir sehr sicher, die Früchte unserer Arbeit bald ernten können.
Es geht aber nicht nur um personelle Verstärkungen, es geht auch darum, dass wir dafür sorgen, die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zu gestalten, damit Justiz und Rechtsstaat ihre Aufgaben weiterhin gut erfüllen können. Ich nenne als Beispiel den Bereich der Digitalisierung, in aller Munde, für die Justiz eine beträchtliche Herausforderung, aber auch eine Chance für alle Politikbereiche. Die Justiz ist konkret betroffen. Wir treiben den elektronischen Rechtsverkehr in den kommenden Jahren voran. Im liberalen Rechtsstaat gilt einerseits das Recht, auch in der digitalen Welt zur Geltung zu kommen, andererseits, Freiheiten gegenüber neuen Gefahren zu sichern. Der Datenschutz sichert in der digitalen Welt diese Ressour
ce, und ich finde – ich glaube, Frau von Treuenfels-Frowein hat es gerade angesprochen –, er gibt hier eine sehr, sehr gute Figur ab und er ist klar im Fokus der Justizbehörde verankert.
Ich will das an einem Beispiel festmachen, dem Bereich Hate Speech. Das ist sicherlich ein Thema, mit dem viele von uns leider auch persönliche Erfahrungen machen und durchleben durften. Ich weiß, dass es einige Abgeordnete in diesem Jahr getroffen hat, mich selbst auch. Hassbotschaften, übelste Beleidigungen, Propaganda gehören im Netz leider zum Alltag. Durch Einschüchterung sollen Menschen mundtot gemacht werden. Das ist natürlich eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Wir brauchen daher klare Regeln für die Betreiber sozialer Netzwerke, und daher gibt es die erfolgreiche Justizministerkonferenz-Initiative, um die sozialen Netzwerke mehr in die Pflicht zu nehmen. Rechtswidrige Kommentare sollen demnach zügig gelöscht werden. Ich finde, das ist ein richtiger und das ist ein guter Schritt, hier weiter am Ball zu bleiben.
Eingangs hatte ich es angesprochen: Das ist sozusagen eine Gemeinschaftsinitiative des rot-grünen Senats gewesen, behördenübergreifend. Das ist der Erfolg für die Hamburger Koalition in der Initiative "Nein heißt Nein". Die Entschließung im Bundesrat war erfolgreich und ein wesentlicher Anschub dafür, um einen Meinungswandel auf Bundesebene herbeizuführen. Ich habe das persönlich aus der Gleichstellungsperspektive verfolgen dürfen; es war schon interessant zu sehen, dass hier tatsächlich der Schwung, der Impuls aus den Ländern kam. Das ist eine ausdrücklich gemeinsame Anstrengung gewesen, die sich ausgezahlt hat. Noch einmal Dank an alle Beteiligten, die auch in diesem Haus kräftig daran mitgewirkt haben, dass wir zu einem Erfolg kommen. Ich finde es gut, dass es jetzt klare Grenzen gibt. Die Leitlinie bei allem, was wir tun: Bei den Fakten bleiben und genau darauf achten, was wirklich hilft.
Der liberale Rechtsstaat ist auch beim Thema Resozialisierung gefragt. Die Entwicklungen in vielen Bereichen geben uns die Bestätigung, dass wir hier in der Vergangenheit vieles richtig gemacht haben, ich nenne nur das Stichwort Jugendgewalt. Wir wissen deswegen, dass hartes Strafen relativ wenig bringt.
Ich begrüße, dass wir hier im Hause, anders als zu früheren Zeiten, Herr Trepoll, einen breiten Konsens haben, dass es auf entscheidende Bemühungen ankommt, wenn man künftige Straftaten ver
meiden will: praxistaugliche Regelungen im Resozialisierungsgesetz, die eine kurz- bis langfristige Optimierung des Resozialisierungssystems ermöglichen, Umstrukturierungen unter dem Stichwort "Justizvollzug 2020", eine Kooperation, Bedienstete in größerem Umfang einzusetzen, wo sie für eine wirksame Resozialisierung gebraucht werden, als Ziel, und – sehr wichtig und hier im Haus vor einigen Monaten diskutiert – die Stärkung des allgemeinen Vollzugsdienstes. Wir setzen unsere Ausbildungsoffensive auch im kommenden Jahr fort. Ziel sind fünf Lehrgänge mit bis zu 100 Auszubildenden.
Mit dem vorliegenden Doppelhaushalt gehen wir diesen eingeschlagenen Weg weiter und stärken die Justiz gezielt, denn eine starke, belastbare Justiz schützt den liberalen Rechtsstaat, sie sichert unsere Freiheiten und sie sorgt für Gerechtigkeit. Hamburg ist ein sehr guter Rechtsstandort und wir sorgen dafür, dass es so bleiben wird. – Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – André Trepoll CDU: Herr Steffen hätte nicht so viel Applaus bekommen!)
Dann sehe ich keine weiteren Wortmeldungen zu dieser Debatte. Damit schließe ich die Beratung und komme zu den Abstimmungen des Einzelplans 2.
Wir kommen zum Bericht des Ausschusses für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung aus der Drucksache 21/6916.
[Bericht des Ausschusses für Justiz und Datenschutz über die Drucksache 21/6707: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 29. Juni 2016 "Weitere Stärkung der Unabhängigkeit der oder des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit" (Ziffer 2 der Drucksa- che 21/5049) (Senatsmitteilung) – Drs 21/6916 –]
[Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN, LINKEN und FDP: Einfachgesetzliche Umsetzung der weiteren Stärkung der Unabhängigkeit der beziehungsweise des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit – Drs 21/7240 –]
Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/7240 ein Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN, LINKEN und der FDP vor.
Wer möchte dem Antrag folgen und das in ihm enthaltene Gesetz zur weiteren Stärkung der Unabhängigkeit der oder des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit beschließen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mit großer Mehrheit beschlossen.