Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Gleichzeitig – wenn man von den berechtigten Interessen der Umwelt spricht – hat das Urteil klar gezeigt, dass man bei großen Infrastrukturprojekten Umweltbelange nicht einfach wegfegen kann. Es zeigt sehr klar: Bei Projekten müssen heutzutage ökologische Maßstäbe berücksichtigt werden. Das gilt auch für den Hafen, und ich möchte hinzufügen: Das ist vernünftig. Gerade durch dieses lange Verfahren ist es doch so, dass in Hamburg und im Hamburger Hafen genau diese Berücksichtigung die tatsächliche Praxis in vielen Fällen geworden ist. Gemeinsam mit den Umweltverbänden, mit der Stadt, mit unseren Nachbarländern haben

wir verschiedene Diskussionsforen ist Leben gerufen.

Da ist einmal das Forum Sedimentmanagement. Hier ging es darum, einen sehr alten, sehr lang anhaltenden Konflikt in der Stadt zu lösen, nämlich die Frage, wie geht man mit der Sedimentation im Hamburger Hafen um.

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

Wir haben gemeinsam ökonomisch und ökologisch den richtigen Weg gefunden und ein tragfähiges Abkommen mit unseren Nachbarländern zur Tonne E3 gefunden. Genau das hilft uns dabei, diese Probleme und Herausforderungen im Konsens zu lösen. Das sollten Sie einmal als Wert anerkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben, aufbauend auf diesem Forum Sedimentmanagement, im Dezember zusammen mit den Nachbarländern das Forum Tideelbe gegründet, wo es genau darum geht – und Ihr Anliegen gilt es, mitzunehmen, Herr Kruse –, über die Frage zu reden, wie man dem Verbesserungsgebot der Wasserrahmenrichtlinie tatsächlich gerecht werden kann, und gemeinsam Maßnahmen zu ergreifen. Wie kann man die strombaulichen Maßnahmen auf den Weg bringen zur Dämpfung des Tidehubs und damit zur Sicherung der Flachwasserzonen, die ich gerade als Herausforderung beschrieben habe? Wie kann man strombauliche Maßnahmen auf den Weg bringen, um der Sedimentation, um dem Schlickproblem im Hamburger Hafen zu begegnen? Ich glaube, es ist wichtig, dass wir verstehen, dass wir uns diesen Themen nur gemeinsam stellen können. Das sind nicht nur zentrale ökologische Fragen. Die Schlickfrage ist auch, wie wir alle wissen, eine zentrale Fragestellung der Opposition in diesem Haus. Ich muss sagen, Sie sind noch nicht gerade mit ursächlichen Lösungsvorschlägen für dieses Thema, nämlich für sedimentationsdämpfende Forderungen, aufgefallen. Das zeigt, wie wichtig das Forum Tideelbe auch in Ihren Augen sein müsste.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir haben schon zusammen mit Ihnen, lieber Herr Trepoll, oder Ihren Vorgängern in einer Koalition gesessen, die sich mit dem Thema Elbvertiefung beschäftigt hat. Wir haben damals die Stiftung Lebensraum Elbe ins Leben gerufen, um wichtige Maßnahmen zum Erhalt des Ökosystems Elbe voranzutreiben.

(Thomas Kreuzmann CDU: Das war Be- standteil des Koalitionsvertrags!)

Man hört hier, man könne es gut oder schlecht finden, dass die Verursacher zumindest einen kleinen Teil der Kosten auffangen müssen und die ökologischen Schäden und Naturräume wieder hergestellt und aufgewertet werden. Ich muss sagen, ich finde das gut. Aber, lieber Herr Kruse, vielleicht betrach

ten Sie das einmal aus Ihrer Perspektive so: Dadurch, dass die Stiftung Lebensraum Elbe aus dem Hafengeld finanziert wird, profitiert die Natur und die Umwelt direkt von der Prosperität des Hamburger Hafens. Sie sollte also ein eigenes Interesse an der Prosperität des Hamburger Hafens entwickeln. Und das, diesen Gedanken, finde ich auch in der Sache richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In Bezug auf die Stiftung Lebensraum Elbe, lieber Herr Kruse, sollte man vielleicht noch hinzufügen: Die nicht richtige Aussage aus Ihrem Wahlprogramm, die Stiftung Lebensraum Elbe verhindere die Elbvertiefung, ist eher komisch, selbst für einen Befürworter derselben. Richtig ist nämlich das genaue Gegenteil.

(Michael Kruse FDP: Wir können auch Ihr Wahlprogramm hier diskutieren, aber darum geht es ja nicht! Es geht hier um die Regie- rungserklärung!)

Die Stiftung plant neue Projekte, insbesondere für den Schierlings-Wasserfenchel, und sie kultiviert genau diese seltene Art. Deswegen hilft uns die Stiftung, die nötigen Maßnahmen überhaupt erst umzusetzen. Aber diese Komplexität und diese Zusammenhänge sind der FDP-Fraktion ja eher fremd.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren! Die Perspektiven für den Hamburger Hafen sind klar. Für unseren Hafen sprechen viele besondere Qualitäten. Da ist erstens seine sehr gute Hinterlandanbindung, insbesondere per Bahn. Wir haben heute 46 Prozent Hinterlandverkehr per Bahn – ein neuer Rekord, wir eilen quasi auf 50 Prozent Bahnanbindung im Hinterlandverkehr zu. Weitere Qualitäten sind seine moderne Technik, seine hohe Abfertigungsqualität und nicht zuletzt die leistungsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich glaube, es ist klar, unser Hafen geht in keine ungewisse Zukunft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir unternehmen derweil weitere Maßnahmen zur Stärkung des Hafens. Wir entwickeln den mittleren Freihafen in Steinwerder, der Ideenwettbewerb ist gestartet und läuft bis Ende März. Wir bringen die Westerweiterung voran, widmen uns dem Thema neue Köhlbrandbrücke,

(Michael Kruse FDP: Wird ja auch beklagt!)

ein Riesenprojekt, und wir bauen den ersten Kreuzfahrtterminal am Überseezentrum neu. Damit entsteht auch für den Hamburger Hafen eine gute, richtige und wichtige Perspektive.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Richter in Leipzig hatten die schwierige Aufgabe, zwischen den Wirtschaftsinteressen und der

Umwelt abzuwägen. Ich habe es bereits gesagt, aus meiner Sicht ist es so: Beide Seiten haben berechtigte Interessen und berechtigte Forderungen. Eingangs habe ich geteilt, was die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben hat, und abschließend nun etwas, das die "tageszeitung" sagt. Ich zitiere: Deshalb müssen alle Beteiligten – und ich möchte hinzufügen, das gilt auch für die Umweltverbände – zu der Einsicht gelangen, dass große Infrastrukturprojekte nur miteinander zu realisieren sind. Ökonomie durch Ökologie ist jetzt die Leitlinie, und nicht länger Ökonomie statt Ökologie.

Das Urteil ist weise, weil es Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen stärkt. Man könnte auch sagen, Rüdiger Kruse behält recht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es ist gelungen, und das habe ich versucht aufzuzeigen in meiner Rede, über diesen langen Zeitraum, den dieses Verfahren schon währt, auch Fortschritte in der Kommunikation und dem Miteinander zu machen und viele umstrittene Projekte partnerschaftlich zu lösen. Das gilt bisher ausdrücklich nicht für die Elbvertiefung, aber ich möchte hinzufügen: Hierfür hat das Gericht jetzt einen Rahmen gesetzt. Ich möchte daran arbeiten, dass wir diese Frontstellung überwinden, für die Natur und für den Hafen, und wider das parteipolitische Klein-Klein. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Grundsatz, dass sich die Hamburger Hafenwirtschaft auch an die geographischen Bedingungen dieser Stadt anpassen muss und das Motto der Zukunft nicht darin bestehen kann, die Elbe den Schiffsgrößen immer weiter anzupassen, sondern mit den jetzigen geographischen Bedingungen das Beste für den Hamburger Hafen herauszuholen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, dass es in einer Grundsatzdebatte über den Hamburger Hafen gilt, etwas grundsätzlicher zu diesen Fragestellungen auszusagen, und nicht nur, wie der Bürgermeister das meiner Meinung nach getan hat, die juristische Interpretation eines Urteils darzustellen.

(Wolfgang Rose SPD: Haben Sie nicht zu- gehört, oder was?)

Das Schlimmste daran, Herr Bürgermeister, und was ich Ihnen vor allen Dingen vorwerfe: Sie fallen hinter die Diskussion, die in dieser Stadt über diese Fragen stattgefunden hat – ich gehe gleich noch einmal darauf ein –, wieder zurück und tun

mit Ihrer Regierungserklärung so, als ob Sie schon wieder die nächste Elbvertiefung ankündigen. Die Schiffe sind noch einmal größer geworden und Herr Bonz vom Unternehmensverband Hafen Hamburg hat sich schon gemeldet, dass eine weitere Elbvertiefung notwendig sei. Und Sie haben kein Wort dazu gesagt. Nach meiner Meinung fallen Sie damit hinter die Diskussion zurück, und Sie sind nicht in der Lage, diese Sache, die wirklich wichtig ist für die Stadt, verantwortlich zu regeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Weil in der Diskussion in Hamburg vor allem auf die ökonomischen Aspekte eingegangen wurde, will ich dazu nicht nur meine Meinung darstellen, sondern jemanden zitieren, der in den letzten Diskussionen kurz vor dem Urteil relativ viel dazu gesagt hat: den Direktor des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts, Herrn Vöpel. Professor Vöpel hat ausgeführt, dass Hamburg insgesamt eine kritische Situation im Hafen habe. Zitat:

"Die Elbvertiefung wird es dem Hafen ermöglichen, noch mal eine Dekade im Wettbewerb zu bestehen – danach aber wären die Einbrüche umso dramatischer."

Er hat es in der "WirtschaftsWoche" sogar zugespitzt:

"Wenn das Gericht jetzt eine Vertiefung untersagen würde, könnte das die Stadt vielleicht zu ihrem Glück zwingen."

Das wollen wir hier diskutieren und das ist genau zu überlegen, Herr Bürgermeister. Sie gehen auf diese Diskussion nicht ein, sondern veranstalten dieses kleine Geplänkel nach dem Motto "Die Elbvertiefung kommt, dann ist alles glorreich, oder sie kommt nicht, dann ist alles eine Katastrophe". Auf das einzugehen, was die Aufgaben dieser Stadt sind, und sich daran zu orientieren – dass Ihnen das nicht gelungen ist, finde ich wirklich ein Drama.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Begrenzung ist vorhanden und die großen Schiffe werden große Schwierigkeiten haben. Das sagt Ihnen jeder. Dementsprechend wird die Stadt sich darauf vorbereiten müssen, dass der Hafen für uns weniger von Bedeutung sein wird in der nächsten Zeit und wir uns entsprechend orientieren können. Auch Ihre Rede weist darauf hin, dass dieser rot-grüne Senat sich nicht daran orientiert, sondern scheinbar weitermachen will wie bisher, und das ist schlecht für diese Stadt und keine Zukunftsperspektive.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann will ich natürlich noch etwas sagen im Zusammenhang mit den Verfahren und zu dem, was von der rechten Seite hier so gern gebracht wird; ich sehe schon, China ist Vorbild.

(Dr. Anjes Tjarks)

(Zurufe – Arno Münster SPD: Das haben wir nicht gesagt, das ist Bullshit!)

Warum ist es eigentlich so eine komplizierte Gerichtsentscheidung gewesen? Jeder, der sich damit auseinandergesetzt hat, findet die Ursachen ganz einfach. Das Europäische Parlament und die Europäische Kommission haben beschlossen, dass die Elbe und alle Gewässer insgesamt sich in ihrem Zustand nur noch verbessern dürfen, weil wir gemeinsam festgestellt haben, dass die Situation an den Flüssen schlechter geworden ist. Entsprechend wurde ein Besserungsgebot vorgeschrieben. Das zu prüfen, ist durchaus kompliziert. Ich bin nicht der Meinung wie Arno Münster, dass das damit erreicht worden ist. Das ist natürliche eine Sache, die kompliziert festzustellen ist, wenn man gleichzeitig zwei Sachen beschließt, und vor allen Dingen, wenn man weiß, dass jede Stadt, wie auch Hamburg, sagt: Meinetwegen soll es überall nicht schlechter werden, aber bei uns haben wir eine besondere Situation, wir müssen eine weitere Kanalisierung vorantreiben. Das ist keine gute Voraussetzung, das ist eine schlechte Voraussetzung.

(Beifall bei der LINKEN – Arno Münster SPD: Das stimmt doch nicht!)