Bei dem Antrag der CDU hätte ich mir gewünscht, dass genauer auf die Antragslyrik geschaut worden wäre, Herr Ovens, die Sie selbst noch einmal beleuchtet haben, aber dann natürlich auch auf die Forderung, Verurteilung der BDS-Initiative und ihre Aktivitäten als antisemitisch. Dazu habe ich eben etwas gesagt, warum das so nicht zutrifft, obwohl es dort eine Trennlinie gibt, die vom BDS selbst nicht klar eingehalten wird.
Aber vom zweiten Punkt, sich allen Aktivitäten, die als allgemein israelfeindlich zu bewerten sind, ent
schieden entgegenzustellen und sicherzustellen, dass auch von den Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg in diesem Sinn gehandelt wird, hätte ich mir erhofft, dass Sie das einmal genauer definieren. Was sind denn allgemein israelfeindliche Aktivitäten, und was wollen Sie alles darunter fassen? Es hat für mich eher den Eindruck, dass hier ein Argument benutzt wird, mit dem man vielleicht auch berechtigte Kritik am Staat Israel unter dieses Signum packen würde. Dann, glaube ich, dass wir uns selbst dort einer Möglichkeit beschneiden, eben den Staat Israel dadurch zu unterstützen, dass man ihn auch kritisiert.
Gleichwohl – das ist in unserer Antragslyrik dann noch einmal beschrieben worden – hält es auch die Bürgerschaft für legitim, die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren, ohne sofort in den Verdacht von Antisemitismus zu geraten. Gerade mit Blick auf die besondere historische Verantwortung Deutschlands und Hamburgs ist in diesem Bereich allerdings besondere Klarheit, besondere Sensibilität und Vorsicht geboten. Der CDU-Antrag erfüllt alle diese Voraussetzungen nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte kurz mit ein paar Petitessen beginnen. Ich zitiere den Fraktionsvorsitzenden der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Zitat:
"Die Außenpolitik ist nicht Sache der Bürgerschaft, sondern Angelegenheit des Deutschen Bundestags."
"[…] sich für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern ein[…]setzen."
Das werden wir tun, Herr Trepoll. Aber ich sage einmal: Eine widerspruchsfreie Haltung zu dem Thema Bürgerschaft und Außenpolitik sieht dann doch ein bisschen anders aus.
Er ist doch sogar so engagiert, dass er dann einen Resolutionsantrag eingebracht hat, der im Wortlaut genau dem Antrag C 111 des letzten CDU-Bundesparteitags entspricht. Und genau deswegen, weil er sich keine Mühe gegeben hat, über die Hamburger Situation zu reden, über die er seit Wochen in der Zeitung spricht, aber nicht in der Bürgerschaft, ist es auch so, dass dieser Antrag der Sache eigentlich, wie sie in Hamburg war, nicht gerecht wird. Das, Herr Ovens, hätte ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht gedacht, nachdem Sie wochenlang in der Zeitung Stimmung gemacht haben.
Ich glaube, in der Sache ist es eigentlich nicht zu kompliziert. Erstens: Ein gemeinsames Vorgehen gegen Antisemitismus und Rassismus ist in Hamburg unstrittig. Die BDS-Bewegung spielt in Hamburg keine Rolle und das soll auch weiterhin so bleiben. Wir sind alle, glaube ich, sehr froh über das jüdische Leben in unserer Stadt und auch darüber, dass es sich entfaltet.
Zweitens: Es ist Teil der deutschen Staatsräson, das Existenzrecht Israels zu verteidigen, und ich glaube, hieran gibt es in keiner Fraktion im Hause ernsthafte Zweifel.
Drittens: Parolen wie die des BDS erinnern uns an ungute Zeiten. Sie haben das sehr zu Recht angemerkt, es kann einen sogar noch an Schlimmeres erinnern, wie während der Nazizeit, und deswegen sind solche Parolen vor dem Hintergrund der deutschen und auch der Hamburger Geschichte schlicht inakzeptabel und nicht vertretbar. Und ich wiederhole das jetzt, damit das nicht noch einmal in der Zeitung falsch geschrieben wird wie heute, Herr Ovens: Diese Parolen sind aus der Sicht der Regierungsfraktionen inakzeptabel und nicht vertretbar.
Dann kommen wir zu dem Punkt, den Sie nicht angesprochen haben, nämlich der Tatsache, dass man jenseits dieser Einlassung sich trotzdem das Recht herausnehmen muss, die Politik israelischer Regierungen kritisieren zu dürfen. Und das gilt doch umso mehr, weil man ehrlicherweise nicht das Gefühl hat, dass Herr Netanjahu oder Herr Lieberman für eine Lösung des von Ihnen hier eingeforderten Nahostkonflikts stehen oder gar für eine
Zweistaatenlösung, die Sie gar nicht erwähnt haben. Ich muss Ihnen einmal sagen, an dieser Stelle finde ich Ihren Antrag auch in der Sache wirklich nicht besonders intelligent. Sie wollen nämlich, dass wir hier alle Aktivitäten zurückweisen,
Herr Ovens, was ist denn jetzt allgemein israelfeindlich und vor allen Dingen, wer bewertet, was allgemein israelfeindlich ist? Bewerten Sie das? Bewertet das Herr Netanjahu oder bewertet das der liebe Gott? Ich muss Ihnen einmal ehrlicherweise sagen, da ist der Antrag wirklich nicht besonders klug, und ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel dafür geben. Der UN-Sicherheitsrat hat Ende letzten Jahres eine Resolution gegen den Siedlungsbau als eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur Zweistaatenlösung verabschiedet. Herr Netanjahu hat dazu gesagt, diese Resolution sei – ich zitiere –:
Die Bundesregierung, also auch Teile Ihrer Partei, haben diese Resolution ausdrücklich begrüßt, weil sie nämlich bestehende Position der Bundesrepublik seit sehr, sehr langer Zeit ist. Und deswegen ist Ihre Einforderung, einfach alles zu verdammen, was irgendwie israelfeindlich ist, und sich auch nicht mit der Frage der Kritik auseinanderzusetzen, wirklich ein bisschen zu kurz gesprungen, auch intellektuell gesehen.
Sie haben in der Sache Ihren Resolutionsantrag nur von einem CDU-Parteitagsantrag abgeschrieben, Sie sind auf die Situation in Hamburg mit keinem Wort eingegangen, um es einmal klar zu sagen. In Ihrer Rede war das ein bisschen anders, aber in der Resolution sind Sie mit keinem Wort darauf eingegangen.
Man kann festhalten: Wir verurteilen Antisemitismus und treten dem entgegen. Ich glaube, da haben wir eine große Einigkeit. Wir äußern uns klar gegenüber dem BDS. Wir verhalten uns in unserem Antrag zur Akademie der Weltreligionen und zu der sinnvollen Erklärung, die doch auch Teile Ihrer Partei unterzeichnet haben, und wir stützen die Akademie der Weltreligionen für den unverzichtbaren Zusammenhalt unserer Stadt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich immer und eindeutig gegen Antisemitismus in jeder Form ausgesprochen. Antisemitismus ist gerade in Deutschland ein besonders wichtiges Thema, er ist eine bedeutende Wurzel des deutschen Faschismus. Die üblen Kampagnen der NSDAP, aber auch breiterer Kreise von Antisemiten "Kauft nicht bei Juden!" leiteten die Kristallnacht 1938 und die Vernichtung der Juden in Deutschland, die Schoah, ein. Dabei war und ist uns immer besonders wichtig gewesen, deutlich zu sagen, dass dieser Antisemitismus leider nicht nur in wenigen, sondern in weiten Kreisen der Bevölkerung verbreitet war und dementsprechend eine sehr lebendige Erinnerungskultur in Deutschland notwendig ist – wie wir sie, wie ich finde, in Hamburg auch aufgebaut haben –, die hoffentlich einen wesentlichen Beitrag dazu leisten kann, dass Ähnliches sich nie wiederholt.
Angesichts dieser Erfahrungen möchte ich aber auch deutlich herausstellen, dass ich die Boykottbewegung BDS nicht als antisemitisch bezeichnen kann. Sie ist vielmehr eine Kampagne gegen eine Politik der israelischen Regierung, die die Rechte der palästinensischen Bevölkerung vor allem in den besetzten Gebieten unterdrückt. Herr Tjarks hat ein Beispiel herausgehoben, in dem auch die Haltung der deutschen Regierung deutlich war. Es gibt diverse Resolutionen der UNO in den letzten Jahrzehnten, die das klar ausdrücken und die von der israelischen Regierung überhaupt nicht berücksichtigt werden.
Ein wichtiger Punkt, warum diese Kampagne nicht antisemitisch ist: Es werden eben nicht Juden oder andere Menschen wegen ihres Blutes, ihrer Abstammung oder ihrer Religion von dieser Kampagne angegriffen. Das ist anders, als Sie behauptet haben, Herr Tjarks; die greifen nicht das jüdische Leben an. Das ist auch der markante Unterschied zum Rassismus, wie wir ihn in der Bürgerschaft manchmal im Zusammenhang mit der Islamophobie mittlerweile wieder spüren können, oder zum Antisemitismus. Dementsprechend ist es so, dass viele Menschen mit jüdischen Wurzeln ein Teil dieser BDS-Kampagne sind.
Damit will ich aber überhaupt nicht ausdrücken – und wir werden dementsprechend einen Teil des Antrags von Rot-Grün unterstützen –, dass die Boykottbewegung eine richtige Antwort wäre auf die Unterdrückung in Israel. Vielmehr halte ich gerade in Deutschland und in Hamburg einen intensiven und kräftigen Austausch mit Israel für wichtig, gerade angesichts der antisemitischen Geschichte in unserem Land.
Ich finde aber, die Situation von Farid Esack als südafrikanischem Wissenschaftler ist eine andere. Er hat diese Wurzeln nicht. Er ist – das ist, wenn man sich mit ihm beschäftigt, sehr deutlich festzustellen – einer der wichtigen kritischen Muslime. Er hat gegen AIDS gekämpft. Er ist von Nelson Mandela als Gleichberechtigungsminister eingesetzt worden. Und er hat in Südafrika die Erfahrung gemacht, dass man in der Lage war, mit einer Boykottbewegung eines der rassistischsten Regime in dieser Welt zu Fall zu bringen, und meint aufgrund dessen, dass die Boykottbewegung etwas Positives war. Daher will ich feststellen, dass er eben auch ein streitbarer wissenschaftlicher Kämpfer gegen Kolonialismus, Rassismus und religiöse Beschränktheit ist, und es wäre ein Dilemma und ein Fehler, wenn so jemand nicht wieder in dieser Stadt lehren könnte. Ich kann eine Positionierung akzeptieren, die sagen würde, so etwas sei schwer auszuhalten. Politisch würde ich das nicht unterstützen, was er sagt, aber ich finde, wissenschaftlich muss man es aushalten können.
Ich will Ihnen deutlich sagen, welche Menschen Sie ausschlössen, wenn Sie auf die Idee kämen zu sagen, Menschen, die BDS unterstützen, dürften in unserer Stadt nicht mehr lehren: Judith Butler, Naomi Klein oder Stephen Hawking zum Beispiel, den Physiker, den Sie wahrscheinlich alle kennen und schätzen. Sie alle unterstützen die BDS-Bewegung. Dementsprechend sollten Sie sich kritisch überlegen, ob dieses Vorgehen das Richtige ist, auch wenn ich verstehe, dass Sie ein bisschen in die Ecke getrieben worden sind durch die Kampagne von der CDU. – Danke.
Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Als Nächstes erhält das Wort Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.