Damit sind wir dann auch schon beim Kern der Diskussion: Ihre PR-taugliche Fahrradstadt ist eigentlich nichts anderes als Ihre spezielle Art der Radverkehrsförderung. Radverkehrsförderung ist aber keine Einbahnstraße.
Bei einer Radverkehrsförderung gehört es auch dazu, verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen und auch mit gut gemeinten Optionen und Anträgen, die vielleicht nicht Ihrer Überzeugung entsprechen, einfach mal umzugehen, um zu gucken, ob da vielleicht etwas Gutes dabei ist, um den Radverkehr in unserer Stadt zu fördern. Ein Beispiel hierzu ist unser Radverkehrskonzept. Herr Bill sagt, das sei alles von vorgestern, alles schlecht. Aber in diesen 15 Einzelmaßnahmen haben wir sehr deutlich aufgezeigt, wie wir uns vorstellen, den Radverkehr in Hamburg besser zu machen. Wir setzen auf Angebote und Anreize statt auf Zwänge und Verbote, wir setzen auf Augenmaß statt auf Brechstange. Allein das muss Ihnen ja schon deutlich aufzeigen, dass unser Ansatz im Bereich der Radverkehrspolitik alles andere als alt ist, sondern das ist modern.
Brechstange und Zwänge, das ist von gestern und das müssen Sie sich einmal auf die Fahnen schreiben.
Ich habe Ihnen aufgezeigt, dass ich noch zahlreiche Anträge mehr machen könnte. Wir haben nämlich allein in dieser Legislatur deutlich über zwölf Anträge zum Thema Radverkehr. Wir sind übrigens die einzige Partei in diesem Haus, die ein eigenes Radverkehrskonzept aufgestellt hat.
Aber selbst da stimmen Sie nicht zu. Von daher reichen wir Ihnen heute die Hand, schlagen Sie ein, arbeiten Sie zusammen mit uns an einer vernünftigen Radverkehrspolitik in Hamburg und dann werden Sie den Radverkehr auch wieder nach vorn bringen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich weiß nicht, was Sie heute unter der Überschrift Fahrradstadt erwartet haben. Ich habe erwartet, dass wir hier flammende Plädoyers dafür hören, was sich alles verändern muss und was gemacht werden muss. Aber was wurde geliefert? Rot-Grün hat sich erst einmal auf Wahlumfragen bezogen, hat gesagt: Wie schön, dass RotGrün weiter regieren kann. Das klingt auch schon ein bisschen nach Angst.
Sie haben allem Anschein nach Angst vor der CDU, weil Sie hier oft gesagt haben: Das ist aber nicht Ideologie, was wir machen. Das wirkt für mich so, als würden Sie nicht mal zu dem stehen, was Sie als GRÜNE einmal ursprünglich gesagt haben. Die CDU kann nichts Besseres, als zu sagen: Irgendwie sind wir doch auch gar nicht so schlecht. Herr Thering fängt in seinem Beitrag mit etwas an, das alle total erstaunt. Er lobt das Radfahren und dann fängt er aber an, seine alten Rezepte wieder aufzuzählen.
Herr Thering, ich glaube, Sie haben bei diesen Umfragen einen Punkt gar nicht gelesen. Da stand nämlich eine erstaunliche Zahl für CDU-Anhängerinnen und -Anhänger: 42 Prozent von ihnen wollen sogar mehr Radwege haben
Ich stelle also einmal fest, dass Rot-Grün versucht, sich den Titel Fahrradstadt vor allen Dingen zu erreden. Ich habe das Gefühl, dass Sie jeden Abend, wenn Sie ins Bett gehen, unter Ihr Kopfkissen das Mantra packen: Wir sind Fahrradstadt, wir sind Fahrradstadt. Sie werden es aber nicht, wenn Sie nicht wesentlich mehr tun.
Herr Bill, wenn Sie sagen, man konnte letzte Woche sehen, wie in Hamburg viele Menschen das Radfahren genießen: Am Wochenende bei schönem Wetter versuchen auch wirklich viele Menschen Rad zu fahren, aber reden Sie einmal mit den Leuten, die jeden Tag Rad fahren. Die werden Ihnen sagen: Ich fahre Fahrrad trotz der Verkehrsverhältnisse, trotz der noch nicht weiter ausgebauten Radstreifen, trotz der nicht erfolgten Einschränkung des Autoverkehrs.
Was ist denn Ihre rot-grüne Offensive? Sie sprachen von der Kommunikationskampagne. Erinnern wir uns einmal kurz: Vor mehr als zwei Jahren ist hier in der Bürgerschaft die sogenannte Kommunikationskampagne beschlossen worden. Es sollte im Herbst 2016 einen Bericht geben; den haben wir nicht bekommen. Wir haben bis heute keine Kampagne. Einer von Ihnen beiden sagte vorhin: Ja, ja, aber im nächsten Jahr beginnt sie dann. Das ist für mich keine Offensive. Dann haben Sie davon gesprochen, Velorouten auszubauen, die Velorouten seien eigentlich das Herz des Radverkehrs. Und was stellen wir dank Ihrer Anfrage, Herr Bill, fest? Bei 150 Kilometern Velorouten gibt es einen heftigen Bedarf, dass da etwas ausgebaut, verbessert werden muss. Und was haben Sie geschafft? 8 Kilometer. Da stellen Sie sich hier hin und sprechen von Fahrradstadt. Das ist doch einfach nur peinlich.
Genauso steht in Ihrem Koalitionsvertrag: jedes Jahr 50 Kilometer neue Radwege. Sie haben es hier extra noch einmal in einem Antrag ein Jahr später eingebracht: jedes Jahr 50 Kilometer neue Radwege. Was haben wir bekommen? Knappe 30 Kilometer. Das ist auch keine Offensive.
Entweder haben Sie den Ehrgeiz und sagen, Sie wollen sich mit Ihrer Kampagne an Kopenhagen orientieren – dann müssen Sie mehr machen –,
Eine richtige Offensive. Ja, jetzt kommt's. Herr Bill sprach von Herausforderung. Gleichzeitig sagten Sie aber auch – oder war es jetzt Herr Pochnicht? –, Sie wollten Politik mit Augenmaß machen, Sie wollten den Straßenraum fair aufteilen. Wenn Sie fair aufteilen wollen, dann müssen Sie feststellen: Nach 30 Jahren, in denen das Auto den Straßenverkehr dominiert hat, in denen die gesamte Planung rund um das Auto ging, würde eine faire Aufteilung heißen, wesentlich mehr Platz für
Radfahren auf der Straße zu schaffen, Herr Thering. Davon sind Sie weit entfernt, weil Sie Angst vor dem Konflikt haben. Sie gehen nicht in die Debatte. Ich habe immer das Gefühl, dass Sie sagen: Na ja, mit Augenmaß fair verteilen. Es tut weh, die Debatte mit Autofahrerinnen und -fahrern zu führen, die Debatte mit der CDU, mit der FDP zu führen, das tut wirklich weh, das merken wir hier alle. Aber Sie müssen auch dazu stehen und müssen sagen: Wenn wir bessere Luft haben wollen, wenn wir sagen, wir können auch bei dem Zuwachs an Menschen so nicht weiterleben, wir können nicht so viel Autoverkehr verkraften, dann müssen wir auch sagen: Wir kriegen eine richtige Fahrradoffensive nur hin, wenn wir bereit sind, den Autoverkehr einzuschränken. Ich glaube, Sie unterschätzen, wie viele Menschen mittlerweile bereit wären, das Auto stehen zu lassen, wenn sie bessere Angebote bekommen würden. Also da gibt es viel zu tun.
Die Radfahrstreifen – das Thema, das Sie immer wieder haben – sind bisher zu schmal. Sie müssen breitere anlegen und Sie müssen auch mehr daran denken, dass wir geschützte Radfahrstreifen brauchen. Also auch da könnten Sie wesentlich mehr tun.
und sage: Lieber Senat, was hindert Sie daran, einen Tag im Jahr zu sagen, wir fahren alle mit dem Fahrrad? Das wäre doch einmal ein schönes Vorbild; darauf warte ich leider immer noch.
Frau Sudmann, in vielem, was Sie gerade gesagt haben, stimme ich dieses Mal überein; das vorweg zu Ihnen gesagt. Aber, Herr Tjarks, Sie haben ja in der letzten Woche eine neue grüne … Sie wollen mehrere alte grüne Lebenslügen
aufgeben und sie hinterfragen. Heute kommt das Thema Fahrradverkehr, Fahrradstadt auf die Tagesordnung.