Protocol of the Session on May 30, 2018

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(Thilo Kleibauer CDU: Er schreibt noch an seiner Rede!)

Er schreibt noch an seiner Rede; dann bin ich sehr gespannt darauf.

Wir werden heute beiden Anträgen der LINKEN zustimmen, weil es höchste Zeit ist, Akteneinsicht zu nehmen und die Hinterzimmertricksereien zwischen den beteiligten Senatsbehörden aufzudecken und künftig zu unterbinden.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der LIN- KEN – Farid Müller GRÜNE: Verschwö- rungstheoretiker aller Fraktionen vereinigen sich!)

Daran sollten auch Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, auch Sie, Herr Müller, ein großes Interesse haben. Bürgermeister Tschentscher – auch wenn er nicht da ist –, übernehmen Sie Verantwortung für die skandalösen Vorgänge in Ihrem Senat und pflegen Sie Ihre Denkmäler vorbildlich so, wie es das Gesetz verlangt. Sorgen Sie endlich für eine adäquate Sanierung der heute schäbigen Gebäude, zum Beispiel so, wie es Professor Marg bereits visualisiert hat, und beenden Sie dieses unwürdige Spiel um den Denkmalschutz in unserer Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der LIN- KEN)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Professor Kruse das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schon verschiedene Male hier darüber diskutiert und es gibt, wie wir eben noch einmal gehört haben, sehr unterschiedliche Meinungen, auch in der AfD-Fraktion. Einige in der Fraktion betrachten die City-Höfe als Denkmal und insofern schon als etwas Besonderes, oder sie sagen, der Neuentwurf sei enttäuschend uninspiriert. Und es gibt andere, die sagen, das seien Nachkriegszweckbauten und so sähen sie auch aus; sie hätten viele Quadratmeter geschaffen zu einer Zeit, als es wichtig war, viele Quadratmeter herzustellen, aber es sei eben potthässlich und ein Schandfleck für die ganze Stadt.

(Beifall bei der AfD)

Als ich vor fast 50 Jahren nach Hamburg kam, habe ich mich selbst immer gewundert, warum diese schöne Stadt sich einen solchen Schandfleck in der Mitte der Stadt, nahe am Hauptbahnhof und sichtbar für alle, leistet. Warum war das so? Ich

(Jens Meyer)

habe dann gesagt: Na ja, wahrscheinlich hat es wirtschaftliche Gründe. Dass das falsch war, habe ich erst nachher gemerkt. Wirtschaftlich war es schon damals, abzureißen und neu zu bauen. Neueren Datums ist die hier schon mehrmals zitierte Äußerung des jetzt abwesenden früheren Finanzsenators Tschentscher, der von einer asbestverseuchten Schrottimmobilie gesprochen hat. Das ist häufig hier und im Kulturausschuss und überall als polemische Bemerkung gebrandmarkt worden, aber trotzdem hat er wohl recht. Wenn das so ist, dann kann man daraus nur die Schlussfolgerung ziehen: Abriss möglichst schnell

(Beifall bei der AFD)

und, das ist der entscheidende Punkt, etwas tolles Neues bauen, was unten kompatibel ist mit dem Kontorhausviertel und oben, also im Zentrum der Stadt, ein Ausrufezeichen einer prosperierenden modernen Großstadt setzt. Das erfüllt der Entwurf, den wir jetzt haben, leider nicht. Den finde ich enttäuschend und ich glaube, es geht vielen so; den könnte man auch überall sonst hinstellen. Auch ist es wohl offensichtlich so, dass es eine ganze Reihe von Ungereimtheiten gibt und gab beim Ausschluss eines Entwurfs, der Erhaltung vorsah. Das ist etwas, was ich nicht im Detail durchschaue, aber was man natürlich nachprüfen muss.

Jetzt komme ich zum LINKEN-Antrag. Also die LINKEN fordern in 21/13090, in Petitum 1 weitere Informationen. Dem kann ich zustimmen. Der Rest des Antrages dient im Wesentlichen dazu, das Ganze zu verhindern, aufzuschieben und zu blockieren. Und dem kann ich nicht zustimmen.

(Beifall bei der AfD)

Zum Antrag 21/13072 der LINKEN, Akteneinsicht, bis zur vorletzten Fassung hätte ich sagen können: Ja, Akteneinsicht ist gut, wir alle wollen mehr wissen. Aber in der letzten Fassung, die ich selbst erst heute Mittag bekommen habe, steht: Akteneinsicht, bevor man überhaupt loslegt – also ein offensichtlicher Versuch, das Ganze zu blockieren. Dem kann ich nicht zustimmen.

Ich möchte noch einmal eines klarstellen: Egal, was die UNESCO oder ICOMOS oder irgendeine andere einseitig motivierte Organisation sagt: Denkmalschutz ist immer eine Abwägungsfrage. Man muss immer zwischen den berechtigten Interessen des Denkmalschutzes und den wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer und den Interessen der Stadt bei der Gestaltung der Stadt abwägen. Solche Organisationen wie die UNESO und ICOMOS können beraten, aber eben nur beraten. Letztlich müssen die das entscheiden, die dafür gewählt sind, also die Vertretung in dieser Stadt, diese Bürgerschaft und dieser Senat. Deshalb sage ich: Ich habe den Eindruck, dass die Mehrheit in diesem Haus das auch verstanden hat. Und so sehe ich auch den Zusatzantrag, den die rot-grü

nen Fraktionen heute gestellt haben. Deshalb werde ich persönlich dem zustimmen, aber ich weiß, es gibt in meiner Fraktion auch andere, die das nicht tun. Also wir geben bei uns die Abstimmung frei, weil das eine Frage ist, die man nicht mit Fraktionszwang lösen sollte. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt nun Frau Senatorin Dr. Stapelfeldt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, bemüht sich die Stadt Hamburg seit 2012 um die Aufwertung des CityHof-Areals. Anlass hierzu waren nicht finanzielle Erwägungen – der Bestandsmieter, also das Bezirksamt Hamburg-Mitte, hätte dort auch noch länger verbleiben können –, sondern, und daran möchte ich angesichts der augenblicklich etwas erregten Debatte gern erinnern, die Tatsache, dass in den Augen weiter Teile der Stadtgesellschaft ein städtebaulicher Missstand vorlag.

(Beifall bei der SPD)

Es wird mitunter behauptet, dass sich dieser Missstand auch unter Erhaltung des Bestandes hätte beheben lassen und dass unter der tristen Fassadenverkleidung eine leuchtende Ikone der Nachkriegsmoderne zum Vorschein kommen würde. Diese Behauptungen sind in zweifacher Hinsicht falsch. Zum einen gehen die städtebaulichen Missstände weit über die ästhetische Anmutung hinaus. Im Bestand wären Wohnungen, da die Hochhaustypologie keine lärmabgewandten Seiten bietet, nur an wenigen Stellen genehmigungsfähig. Die Ladenpassage funktioniert nicht und hat dies in der Vergangenheit auch nie getan. Das Erdgeschoss ist eine tote Zone und leistet keinerlei Beitrag zur Belebung der wichtigen Fußgängerverbindung vom Hauptbahnhof in das Kontorhausviertel, in die Speicherstadt und bis hin zur HafenCity. Der Burchardstraße fehlt zum Deichtorplatz hin eine stadträumliche Fassung. Infolgedessen ist auch dieser Raum lärmexponiert, und die Tiefgarage ist wegen nicht behebbarer technischer Mängel nur zur Hälfte nutzbar. Zum anderen wurde die ursprünglich helle Fassade, über die heute schon viel geredet worden ist, durch das Einbringen der Verkleidung beschädigt. Das Anbringen der Verkleidung wurde deswegen notwendig, weil dies dazu diente, schwerwiegende bauphysikalische Mängel der Originalfassade abzudecken, sodass auch eine Neuerrichtung der Fassade im Originalmaterial nicht möglich gewesen wäre.

Nichtsdestotrotz – Sie kennen die Ausschreibung, wir haben vielfach darüber diskutiert – haben beide Ausschreibungsverfahren und der Architekturwettbewerb die Möglichkeit offengelassen, auch mit ei

(Dr. Jörn Kruse)

nem Bestandskonzept zu bieten. Jedoch hat im Investorenwettbewerb nur ein Bieterkonsortium ein Bestandskonzept vorgelegt, welches, anders als alle anderen Konsortien, nicht bereit war, einen Vorvertrag abzuschließen, und deswegen vom Verfahren ausgeschlossen werden musste.

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Senatorin Stapelfeldt, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Dennis Gladiator CDU: Wäre ja auch was Neues! – Dennis Thering CDU: Die Antwort steht nicht auf Ihrem Zettel!)

Alle Verfahren fanden unter intensiver Begleitung der politischen Gremien statt. So haben sich erst der Senat, die Bürgerschaft in ihren Ausschüssen und die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte eingehend und seit 2011 mehrfach mit der Entwicklung des Areals der City-Hochhäuser am Klosterwall befasst. Über die Ergebnisse des Investorenund Architekturwettbewerbs für das neue Quartier wurde die Öffentlichkeit informiert. Eine öffentliche Plandiskussion des Bebauungsplans für das Neubauvorhaben fand im Januar in diesem Jahr statt. Wer auch immer behaupten wollte, der Senat hätte seine Entscheidung ohne öffentliche Beteiligung und quasi im stillen Kämmerlein getroffen, dem kann ich nur sagen: Das ist absurd.

(Beifall bei der SPD)

Seit Ende April liegt eine Stellungnahme von ICOMOS vor, die den Abbruch des City-Hofs in der Pufferzone zum Weltkulturerbe kritisch sieht. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass ICOMOS zwar das UNESCO-Welterbekomitee berät, jedoch von Letzterem zu unterscheiden ist. Das Welterbekomitee kann sich der Meinung von ICOMOS anschließen, muss dies aber nicht tun. Tatsächlich muss man sagen, dass uns die Stellungnahme überrascht hat. Denn dass sich das Vorhaben in der Pufferzone zum Weltkulturerbe befindet, war zu jedem Zeitpunkt bekannt. Daher wurde vor der Aufnahme der Speicherstadt und des Kontorhausviertels in die Liste der Weltkulturerbestätten am 5. Juli 2015 die UNESCO sowohl während des Evaluationsprozesses als auch noch einmal mit einem Schreiben vor der Anerkennung zum Weltkulturerbe ganz eindeutig auf die Planung bezüglich der City-Hochhäuser hingewiesen. Grundsätzliche Bedenken gegen dieses Verfahren wurden nicht geäußert. Auch im Rahmen des Wettbewerbs wurde das Welterbekomitee im kontinuierlichen Austausch mit den zuständigen Behörden in alle Planungs- und Realisierungsentscheidungen über das Bauvorhaben am Klosterwall eingebunden.

Zudem hat das Denkmalschutzamt im März dieses Jahres eine Kulturverträglichkeitsprüfung, das heißt Heritage Impact Assessment – also, wenn Sie es mich auf Deutsch bitte abkürzen lassen –, in Auftrag gegeben und bei der UNESO eingereicht. Dieses Heritage Impact Assessment ist aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses auf der Homepage der Behörde für Kultur und Medien einsehbar. Abschließend ist auch nach dem hier festzuhalten, dass die City-Hochhäuser keinen Beitrag für den außerordentlichen universellen Wert, dem Outstanding Universal Value, der Welterbestädte leisten. Trotz alledem, obwohl wir diese Haltung haben, nimmt der Senat die Stellungnahme von ICOMOS selbstverständlich ernst und ist diesbezüglich über das Auswärtige Amt mit der UNESCO in Kontakt. Solange nicht feststeht, dass der Welterbestatus nicht gefährdet ist, wird der Senat den Abbruch nicht genehmigen.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Was heißt das denn?)

Die UNESCO wird ihre Entscheidung nach rein fachlichen Kriterien treffen. Eine öffentliche Diskussion darüber zu fordern ist meines Erachtens unseriös. Wie erwähnt, haben sich viele politische Gremien mehrfach mit der Entwicklung des Areals intensiv befasst. Da über das Schreiben von ICOMOS hinaus aber keine weitere Änderung der Sachlage vorliegt, entbehrt auch die Forderung nach einer erneuten sehr prinzipiellen Diskussion einer Grundlage.

Mit dem Konzept von KPW Papay Warncke und Partner Architekten liegt ein Entwurf vor, der die Probleme des Bestands souverän adressiert. Drei geschützte Innenhöfe bieten lärmabgewandtes Wohnen und Arbeiten auch bei offenem Fenster. Gastronomie und Einzelhandel beleben den Straßenraum des Klosterwalls und des Johanniswalls und diese werden damit auch für Fußgänger und Radfahrer als Verbindung zum Kontorhausviertel zur Speicherstadt und zur HafenCity wieder attraktiv. Die offene Flanke der Burchardstraße zum Deichtorplatz wird geschlossen und der öffentliche Raum somit zum Platz aufgewertet. Eine neue Tiefgarage bietet über den Eigenbedarf hinaus weitere öffentliche Stellplätze. Eine fein abgestimmte, differenzierte, in der Höhe abgestufte und dem Geesthang folgend abfallende Fassade nimmt zahlreiche Motive des Kontorhausviertels auf, ohne diese zu imitieren.

Alle, die an diesen Qualitäten des Entwurfs zweifeln, kann ich nur einladen, sich die auf der öffentlichen Plandiskussion des Bezirksamtes HamburgMitte gezeigte Visualisierung noch einmal zeigen zu lassen.

Ich weiß, dass ich meine Zeit überschritten habe.

(Dietrich Wersich CDU: Dann hätten Sie ja meine Zwischenfrage zulassen können! Die (Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

Zeit hätten wir Ihnen auch noch gegeben! – Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Es hat nicht geholfen!)

Ich bitte Sie dafür um Verständnis, weil ich den Versuch unternehmen wollte, einige sachliche Anmerkungen zu Ihren Ausführungen und auch Angriffen gegen den Senat zu machen.

Nach nunmehr sieben Jahren intensiver Auseinandersetzung und komplexer Planung kann ich nur an Sie appellieren, diese einmalige Chance zur Neuordnung und Aufwertung dieses Areals unbedingt zu nutzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Frau Senatorin, ich will das gern noch einmal konkretisieren: Sie haben mehr als das Doppelte der Redezeit genutzt, die den Abgeordneten nach Geschäftsordnung möglich ist.

Das Wort erhält Frau Sudmann für die Fraktion DIE LINKE.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Wir reden hier über Denkmalschutz, wir reden über das Welterbe, und wen hätten Sie hier erwartet, der zum Welterbe, Denkmalschutz reden muss? Die Kulturbehörde. Herr Brosda, Sie machen das Gleiche wie Frau Kisseler, Sie ducken sich weg, und das geht überhaupt nicht. Kommen Sie hierher und beziehen Sie Stellung.

(Beifall bei der LINKEN, der CDU und der FDP)

Herr Schreiber, also wirklich, wenn Sie jetzt sagen, die City-Hof-Häuser seien schuld an Ihrem schlechten Karma, dann tun Sie mir wirklich leid. Das kann man nun echt nicht sagen.