Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Wer möchte nun zunächst Ziffer I des CDU-Antrags annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dies abgelehnt.

Wer möchte dann Ziffer II folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch das abgelehnt.

Wer möchte sich dann noch Ziffer III anschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist auch das abgelehnt.

Nun zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD aus Drucksache 21/14847. Die Fraktion DIE LINKE möchte Ziffer 3 dieses Antrags separat abstimmen lassen.

Wer also möchte nun den Antrag aus Drucksache 21/14847 mit Ausnahme von Ziffer 3 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das angenommen.

Wer möchte Ziffer 3 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Es war zu erwarten, damit ist auch diese Ziffer 3 angenommen.

Jetzt kommen wir zum Tagesordnungspunkt 30, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zuschlag zur Grundsicherung im Alter, SGB XII, einführen und

erhöhte Lebenshaltungskosten in Hamburg berücksichtigen.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zuschlag zur Grundsicherung im Alter (SGB XII) einführen und erhöhte Lebenshaltungskosten in Hamburg berücksichtigen – Drs 21/14843 –]

Die Fraktionen sind übereingekommen, das ohne Debatte abzustimmen. Dazu gibt es ein Überweisungsbegehren der Fraktionen der SPD, GRÜNEN und LINKEN an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration.

Wer also möchte nun den Antrag der LINKEN aus Drucksache 21/14843 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Wer nicht? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag überwiesen.

Dann kommt Tagesordnungspunkt 28, Antrag der FDP-Fraktion: Mehr Zeit für Schüler statt bürokratischer Handbremse – eine effiziente Schulverwaltung bedeutet weniger Unterrichtsausfall und mehr Fachunterricht!

[Antrag der FDP-Fraktion: Mehr Zeit für Schüler statt bürokratischer Handbremse – eine effiziente Schulverwaltung bedeutet weniger Unterrichtsausfall und mehr Fachunterricht! – Drs 21/14841 –]

Diese Drucksache möchten alle Fraktionen an den Schulausschuss überweisen. Die Fraktionen sind übereingekommen, die Debatte nicht zu führen.

Wer also möchte nun den FDP-Antrag aus Drucksache 21/14841 an den Schulausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag überwiesen.

Dann kommen wir zum Tagesordnungspunkt 32, Antrag der AfD-Fraktion: Migrationshintergrund als …

(Glocke)

Ich bitte, ein bisschen leiser zu sein, damit man mich auch hören kann und damit man wenigstens weiß, was die AfD hier beantragt hat.

Also der Titel dieses Antrags lautet: Migrationshintergrund als distinktives Merkmal zur Beschreibung von Tatverdächtigen in Polizeiliche Kriminalstatistik aufnehmen.

[Antrag der AfD-Fraktion:

(Senator Andy Grote)

Migrationshintergrund als distinktives Merkmal zur Beschreibung von Tatverdächtigen in Polizeiliche Kriminalstatistik aufnehmen – Drs 21/14845 –]

Die antragstellende Fraktion möchte diese Drucksache an den Innenausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Ja, Herr Nockemann hat es für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits im Jahre 2007 hat die Innenministerkonferenz festgestellt, dass der Anteil nichtdeutscher Täter in bestimmten Deliktsbereichen signifikant höher ist als bei Deutschen. Deshalb hat die Innenministerkonferenz bereits 2007 gefordert, dass der Migrationshintergrund in die Polizeiliche Kriminalstatistik interjection: (PKS) aufzunehmen ist, um die Kriminalität von Tatverdächtigen mit Migrationshintergrund aufzuhellen. Es wurde seinerzeit gesagt, die PKS müsse aussagekräftiger werden. Die Innenministerkonferenz ist ja nun kein Spontiklub, sondern ein institutionalisiertes Gremium, dessen Sitzungen vorbereitet werden, und zwar sehr gründlich. Es werden in der Regel auch entsprechende Gutachten angefordert. Es wird geprüft, inwieweit der Aufwand für eine bestimmte Maßnahme sich lohnt und die Effizienz so etwa sein kann.

Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, wenn uns heute erwidert wird, dass für die von uns beantragte Maßnahme, nämlich die Aufnahme des Migrationshintergrunds in die PKS, der konkrete Aufwand zu hoch ist oder dass es keinen Sinn macht beziehungsweise dass das Ganze nur eine Stigmatisierung von Tätergruppen zur Folge hat. Was ich auch nicht nachvollziehen kann, ist, wenn alle maßgeblichen Innenpolitiker damals etwas gefordert haben, warum das denn in dieser Form nicht umgesetzt worden ist. An wen geht denn diese Forderung? An sich selbst, an die Bevölkerung? Nein, die Innenpolitiker damals waren alle in Parteien, die die damalige Regierung gebildet haben.

Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik ist begrenzt, weil sie die Entwicklungen im kriminellen Dunkelfeld ausblendet. Sie ist auch deswegen begrenzt, weil die PKS bestimmte Daten einfach nicht erhebt, wie etwa die ethnische Herkunft von Tatverdächtigen. Stattdessen differenzieren die Statistiken lediglich zwischen zwei Kategorien, nämlich den deutschen beziehungsweise den nichtdeutschen Tatverdächtigen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Alter und Geschlecht!)

Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Ausblendung des Migrationshintergrundes zu einer signifikant verzerrten Abbildung der Realität durch die PKS führt. Dies betrifft insbesondere Gewaltkriminalität, Hoheitsdelikte, Diebstahl, wo nichtdeutsche

Tatverdächtige 2017 einen sehr hohen Anteil gestellt haben. Dass die Berücksichtigung des Migrationshintergrundes offenbar doch relevant ist, zeigt sich auch im Bereich der Extremismuskriminalität beziehungsweise an der Zusammensetzung der Gruppe aktenkundiger Dschihadisten in Hamburg. So hatten im Mai 2018 lediglich 74 der 420 Dschihadisten ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft, während 104 eine zweite Staatsangehörigkeit besaßen. Gemäß der gegenwärtigen Praxis wurden hier im Fall einer angezeigten Straftat nur diejenigen Personen als nichtdeutsche Tatverdächtige erfasst, welche nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen.

(Dennis Gladiator CDU: Ändert nichts an der Gefährlichkeit!)

Im Analogieschluss wurden Besitzer des Doppelpasses und damit grundsätzlich auch Personen, die aus fremden Kulturkontexten stammen, als deutsche Tatverdächtige registriert. Dieser Modus Operandi ist ineffektiv, weil er die Gegebenheiten der Realität nur unzureichend abbildet. Infolgedessen werden im vorliegenden Fall gegenwärtig etwa nur 57 Prozent der in Hamburg bekannten Dschihadisten als Ausländer berücksichtigt. Berücksichtigt man hingegen die jeweils zweite Staatsangehörigkeit als Merkmal zur Beschreibung nichtdeutscher Tatverdächtiger, wären insgesamt 88 Prozent der Dschihadisten Ausländer. So kann man mit Statistiken arbeiten.

(Dennis Gladiator CDU: Was ändert das? – Mareike Engels GRÜNE: Sie müssen es ja wissen!)

Aus all dem folgt, dass die Erfassung des Migrationshintergrundes von Tatverdächtigen aller Voraussicht nach zu einer nachhaltigen Aufhellung bestimmter Kriminalitätsphänomene beiträgt. Ferner wäre es möglich, wichtige Erkenntnisse über deren Ursachen und Prägungen zu gewinnen und Kriminalität in Hamburg dadurch präziser zu beschreiben. Die Skizzierung bestehender Korrelation hat nichts mit Rassismus zu tun, sondern folgt aus der Pflicht des Staates, Kriminalität so effektiv wie möglich zu bekämpfen. Es gilt eine vorurteilsfreie Erforschung umzusetzen. Der Aufwand mag hoch sein, er mag sehr hoch sein, aber er lohnt sich. Die gesetzliche Regelung dafür muss durch den Bund geschaffen werden. Ich kann sagen, der Antrag enthält eine leichte Ungenauigkeit. Natürlich muss Hamburg sich beim Bund für die Veränderung der PKS einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AFD)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Schumacher von der SPDFraktion.

(Vizepräsident Dr. Kurt Duwe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gegen den vorliegenden Antrag ließen sich eine Menge juristische und kriminologische Argumente anführen. Diese sind den Antragstellern zweifellos bekannt, sodass ich sie hier nicht im Einzelnen wiederholen muss.

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

Bleiben Sie mal ruhig, Herr Nockemann. Ihr Antrag war in allen Landesparlamenten, im Deutschen Bundestag; jetzt haben wir ihn hier, jetzt müssen Sie mir auch zuhören.

Sich mit den fachlichen Argumenten auseinanderzusetzen hieße zudem, den Antragstellern auf den Leim zu gehen und den Antrag so zu diskutieren, als ginge es hier lediglich um eine Angelegenheit der Statistik, um eine bloße Erweiterung der Polizeilichen Kriminalstatistik um ein zusätzliches Merkmal. Dass es den Antragstellern um etwas anderes geht, verrät der Text des Antrags selbst. Da geht es nämlich um – ich zitiere –:

"ethnische Herkunft von Tatverdächtigen".

Da geht es um fremde Kulturkontexte soziokultureller Prägung. Ich bin mir sicher, dass die ethnische Zugehörigkeit eines Tatverdächtigen, der zu den Inuit gehört, die Antragsteller ebenso wenig interessiert wie die fremden Kulturkontexte eines hier lebenden jungen Mannes mit japanischen Wurzeln oder die soziokulturelle Prägung eines Doppelstaatlers mit deutschem und kanadischem Pass.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Nebahat Güçlü fraktionslos – Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

Hinzu kommt die kaum sinnvoll zu beantwortende Frage, wie ein Merkmal Migrationshintergrund überhaupt zu definieren wäre.

(Dirk Nockemann AfD: Statistisches Bundes- amt!)

Nein, den Antragstellern geht es um etwas ganz anderes. Rund ein Drittel der Antragsbegründung befasst sich mit der Extremismuskriminalität, und zwar ausschließlich der islamistischen. Was die Antragsteller eigentlich wollen, sich aber wohl nicht zu schreiben trauen, ist die Erfassung von Menschen mit islamischem Glauben in der Polizeilichen Kriminalstatistik, allerdings durch die Hintertür des Migrationshintergrundes. Dies ist nicht unsere Politik, das machen wir nicht mit.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN)

Für eine regelhafte Erfassung dieses Merkmals, das ja keines ist, im Rahmen der PKS gibt es keine Rechtsgrundlage, und das aus guten Gründen. Nur Daten, die im Rahmen der Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung notwendigerweise im Ermittlungsverfahren erhoben und gespeichert

wurden, dürfen auch für statistische Zwecke genutzt werden. Das wissen die Antragsteller sehr genau oder sie sollten es wissen. Dennoch wird in diesem Antrag alles vermust und dadurch der Eindruck erweckt, als würde seine Ablehnung einer Ignorierung bedrohlicher Kriminalitätsszenarien gleichkommen. Dem ist natürlich nicht so, das ist totaler Quatsch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)