Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind gegen Denunziation, egal ob in der Schule, im Betrieb oder auch hier im Parlament.
Sie ist kein Bestandteil unserer Gesellschaft. Unsere Gesellschaft lebt von Offenheit und einem vertrauensvollen Miteinander. Da haben Einschüchterungsversuche auf anonymen Meldeportalen wirklich nichts verloren.
Die AfD fordert neutrale Schulen und meint, damit das Recht auf freie Meinungsäußerung unterbinden zu können.
Das funktioniert nicht, wie es auch die Demonstration am Wochenende sehr machtvoll gezeigt hat. "Antifaschismus ist kein Verbrechen", war das Motto vom Wochenende, und ich sage: Engagement gegen Faschismus ist richtig und wichtig.
Schule hat überall in Deutschland, auch in Hamburg, die Pflicht, mündige Bürgerinnen und Bürger zu erziehen. Die AfD hat den Beutelsbacher Konsens nicht verstanden. Das haben wir übrigens schon in Debatten, die wir hier bei der Einführung Ihres anonymen Meldeportals geführt haben, sehr deutlich gemacht. Dr. Wolf hat das eben wieder eindeutig unterstrichen. Und, das sage ich hier
Ihr Ziel ist es, die Gesellschaft zu spalten, und Sie wollen unangepasste Meinungen durch Einschüchterung verhindern.
Ihr anonymes Meldeportal, das von Hamburg aus einen unsäglichen Nachahmungseffekt hatte, ist ein bundesweiter Flop. Ihr Ziel, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern in Unruhe zu versetzen, ist dank vieler mündiger Bürger nicht erreicht worden. Das ist ein gutes Zeichen.
Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind gut ausgebildet und wissen nur zu gut, dass neutral niemals heißt, sich keine Meinung bilden zu dürfen.
Wir alle brauchen engagierte und meinungsstarke Schülerinnen und Schüler, um unsere Gesellschaft zu stärken, um sie zukunftsfit und immer wieder gegen extreme Tendenzen immun zu machen. Schule hat die Pflicht, mündige, nicht neutrale Bürger zu erziehen, und – ich sage das noch einmal in aller Deutlichkeit – das tut sie auch. Die Debatte heute hat schon einen Zweck erreicht, wenn der größte Teil dieses Hauses mit mir der Meinung ist, dass wir alle es unerträglich finden, dass die AfD glaubt, sie sei die Hüterin der Demokratie. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg sagen: Extremismus, sei er von links oder von rechts, hat in den Schulklassen nichts zu suchen.
Allerdings finde ich es erschreckend, dass wir diese Debatte heute führen müssen. Worüber sprechen wir heute eigentlich? Darüber, dass an der Ida Ehre Schule Antifa-Sticker gefunden wurden? Nein, nicht wirklich. Das haben wir doch in unserer Schulzeit auch schon erlebt, dass es hier Provokationen gab.
Darüber dass die AfD die Bevölkerung auffordert, über eine Internetplattform solche Aktivitäten anzuzeigen und zu denunzieren,
sollte man am besten gar kein Wort verlieren, denn mit jeder Debatte über diese Thematik gewinnt dieses Thema an Gewicht und Aufmerksamkeit, was es nicht verdient. Ich denke, wir sollten viel mehr über den Umgang der Schulbehörde mit der Denunzianten-Plattform sprechen, denn genau hier liegt das Problem. Führen wir uns das Geschehene doch einmal vor Augen.
Ausgerechnet in den Ferien stellt die AfD eine Anfrage, die die Aufkleber an der Pinwand in einer 12. Klasse zum Gegenstand hat. Doch statt zu warten, bis die Schule wieder beginnt und die betreffende Lehrkraft oder die Schulleitung zu fragen, was es denn damit auf sich hat,
führt die Schulaufsicht eine Begehung durch und lässt in einer Nacht- und Nebelaktion die Aufkleber entfernen.
Damit haben Sie, Herr Rabe, als Hamburger Schulsenator einen großen Fehler begangen, egal ob die Aufkleber rechtens waren oder nicht; dieses gilt es noch zu untersuchen und zu bewerten. Sie haben übereilt gehandelt und die DenunziantenPlattform der AfD unnötig geadelt.
Ihr Handeln gleicht einer Aufforderung, weitere Vorfälle über die Plattform zu melden, damit ihnen vonseiten des Staates nachgegangen wird, damit Ihnen geholfen wird. Dann hätte die AfD recht gehabt und die Plattform würde wirken. Das erinnert mich doch an sehr schlechte Zeiten in Deutschland, und ich bin entsetzt darüber, dass die Schulbehörde einfach einem Pfiff der AfD nachgeht und losgesprungen ist, um ihr Folge zu leisten. Sie haben sich ganz schön vor den Karren spannen lassen, Herr Senator.
Schule muss ein Raum sein für Demokratiebildung, der unterschiedliche und auch unbequeme Meinungen zulässt und zugleich vor Diskriminie
rung schützt, so, wie es die Leitung der Ida Ehre Schule in ihrer Stellungnahme geschrieben hat. Ich bin ehrlich gesagt genauso entsetzt darüber wie die Schule selbst, dass die Sichtweise der AfD von Teilen der Presse, aber auch der Öffentlichkeit übernommen worden ist, ohne der Schule Zeit zu geben, eine faktenbasierte Antwort zu geben.
Ich gebe zu, auch ich habe bei der Antifa meine eigenen Reflexe und meine eigenen Vorurteile. Aber aus Aufklebern an einer Schule abzuleiten, hier dürfe ungestört linksextremistisches Gedankengut verbreitet werden, ist, finde ich, doch ganz schön überzogen. Eine Aufarbeitung und Bewertung stehen noch aus. Ob es sich hier wirklich um eine Schutzbehauptung handelt, muss tatsächlich noch gezeigt werden.
Ich denke, was in dieser Situation angebracht gewesen wäre, wäre die Rücksprache mit der Schule und den Lehrkräften gewesen, die jeden Tag eine Gratwanderung zwischen Meinungsfreiheit und Neutralitätsgebot gehen; das ist die Aufgabe der Lehrer. Der Beutelsbacher Konsens, den schon Frau Duden angesprochen hat und der Ihnen, Herr Senator, ein Begriff sein müsste, beschreibt einen guten Weg, wie man mit diesem schmalen Grat umzugehen hat. Lehrer müssen sich aber nicht nur am Beutelsbacher Konsens orientieren; sie haben auch die Verpflichtung, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen, sie müssen die Positionen klar ablehnen, die dieses Wertegerüst infrage stellen. Im Umgang mit einigen Parteien oder Gruppierungen ist dieses in Abwägung recht schwierig; das kann ich gut verstehen. Doch genau hier ist es die Aufgabe der Schulbehörde, Lehrkräften Handlungssicherheit zu vermitteln. Haben Sie das in diesem speziellen Fall getan, Herr Senator? Ich glaube nicht. Vielmehr haben Sie mit Ihrer übereilten Aktion noch mehr Unsicherheit unter den Lehrern geschaffen.
Was ich angesichts der Thematik definitiv bedenklich finde, ist die Tatsache, dass derlei Vorfälle über eine Internetplattform gemeldet werden. Sie sollten direkt bei der Schulleitung, direkt über den Schulelternrat oder auch gegenüber der Schulaufsicht angesprochen werden. Denn dort gehören solche Vorfälle hin, dort kann über sie direkt gesprochen werden, dort können sie aufgeklärt und behandelt werden, ohne einen Aufruf einer Partei, ohne Petze, ohne Anonymität. Wenn Ida Ehre, einst als Jüdin verfolgt und denunziert, dies alles noch mitkriegen würde, würde sie sich im Grabe umdrehen. Mehr Worte gibt es dazu nicht zu sagen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU, der SPD und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE – Dr. Alexander AfD: So eine Diffamierung!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, unsere freiheitliche Demokratie lebt von dem Diskurs der Meinungen. Zum Glück erleben wir diesen in allen Lebensbereichen jeden Tag, auch wenn die AfD immer so tut, als ob das nicht möglich sei. So politisch wie lange nicht, wird in dieser Republik debattiert und demonstriert: Seebrücke, "Fridays for Future", Artikel 13, Pflegenotstand – zu Zigtausenden gehen die Menschen wieder auf die Straße, zu Recht und übrigens unabhängig davon, welcher Regierung oder Opposition das gerade gefällt. Genauso nehmen dann eben auch Nazis und Rechtsextreme wie auch Autonome und Linksextreme ihre Freiheitsrechte wahr. Das dürfen sie. Die Grenze liegt bei Gewalt, und diese Grenze muss und wird auch klar gezogen – das als kleiner Impuls. In dieser Debatte geht es scheinbar um eine Schule, aber vor allem muss es natürlich darum gehen, Denunziation und Bespitzelung nicht gesellschaftsfähig zu machen.