Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg ist seit Jahren eine stark wachsende Stadt, einhergehend mit viel Wohnungsbau, Gewerbeflächenentwicklung, Arbeitsplatzwachstum, das Thema Naturverlust gleichzeitig scheinbar immer mit anbei. Es ist doch die Frage, und das ist auch die Frage, die der Naturschutzbund aufgerufen hat, und ich glaube, es ist eine der zentralen Fragen – gerade erst wurde der Weltartenschutzbericht veröffentlicht, in dem steht, dass eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind –, ob wir es schaffen, die dynamische Entwicklung unserer Stadt zu verbinden mit einer Abkopplung vom Naturverlust, sodass wir sagen können: Wir wollen diese dynamische Entwicklung; wir können keine Mauern um die Stadt ziehen und wollen das auch nicht. Gleichzeitig werden wir es schaffen, mehr Natur in der Stadt zu haben, das Grün und die Flächen zu schützen. Und das schaffen wir mit dieser Einigung. Deswegen ist diese Einigung wegweisend für Hamburg, und zwar über Dekaden hinaus, und wegweisend für viele Städte und Bundesländer in Deutschland.
Diese Einigung basiert auf zwei grundlegenden Prinzipien, nämlich zum einen einem effektiven Boden- und Flächenschutz und zum anderen dem klaren politischen Ziel der qualitativen Steigerung der Natur, und zwar einer konkret messbaren qualitativen Steigerung der Natur, hinterlegt mit einem Bündel von Maßnahmen.
Schauen wir uns den Punkt an, dass wir mehr Naturschutzgebiete in Hamburg ausweisen wollen. Wir wollen von 9,41 Prozent auf über 10 Prozent der Landesfläche kommen. Damit sind wir nicht nur in Deutschland ganz vorn, sondern der Bundesdurchschnitt von 3,9 Prozent wird mehr als übertroffen. Und Sie, Herr Gamm und liebe CDU, müssen sich doch jetzt fragen: Wollen Sie eigentlich gegen dieses Ziel, 10 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz zu stellen, stimmen? Ihre Rede hat deutlich gemacht: Sie wollen den Naturschutz in Hamburg nicht stärken. Das haben Sie
hier eben klar gesagt und das sollte die Stadt zur Kenntnis nehmen. Die Stadt sollte zur Kenntnis nehmen, dass Sie hier klar gesagt haben, Sie wollen die Natur in Hamburg nicht stärken. Und ansonsten halten Sie Sonntagsreden.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Dr. Tjarks, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten André Trepoll?
Herzlichen Dank, Herr Kollege. – Ich weiß, Sie haben es auch mitbekommen: Diese Volksinitiative hat sich gegründet zu Ihren Regierungszeiten, nicht als wir regiert haben, Herr Dr. Tjarks.
Ich glaube, ein Grund dafür war unter anderem, dass auch die GRÜNEN es beabsichtigt und durchgesetzt haben, dass in Landschaftsschutzgebiete Wohnungen gesetzt wurden. Das haben Sie, glaube ich, auch erkannt.
Wir werden Ihnen in der nächsten Sitzung einen Antrag vorlegen, ein weiteres Landschaftsschutzgebiet einzurichten. Das ist eine konkrete Maßnahme, da würden wir Sie um Zustimmung bitten. Aber in Wahrheit würde ich Sie darauf ansprechen wollen, dass das natürlich ausdrücklich gegen diese Politik, die Sie mit unterstützt haben, eine Initiative war. Und das, finde ich, sollten Sie auch ein bisschen selbstkritisch erkennen.
Lieber Herr Trepoll, in der Tat haben wir in zwei Landschaftsschutzgebieten gebaut. Der Grund dafür war, dass wir in der Hochzeit der Flüchtlingskrise, als 30 000 Menschen in diese Stadt gekommen sind, dringend Wohnraum und Flüchtlingsunterkünfte benötigt haben. Deswegen haben wir das getan.
Was wir heute feststellen, ist doch Folgendes: Wir haben die Situation, dass wir in Punkt 3 dieses Antrages festschreiben werden, dass 18,9 Prozent der Landesfläche unter Landschaftsschutz gestellt werden, und zwar dauerhaft. Und Sie müssen sich die Frage stellen, ob Sie diesem Petitum zustimmen können oder nicht. Der Rede von Herrn Gamm muss ich entnehmen, dass Sie dem nicht zustimmen werden, weil es Ihnen anscheinend zu viel ist. Das ist doch die Wahrheit, über die wir re
den müssen. Sie wollen diesen ganzen Naturschutz nicht und deswegen stimmen Sie dem Antrag nicht zu.
Macht mal einen neuen Flächennutzungsplan. Das dauert zehn Jahre. Sie stimmen nicht zu, dass wir mehr Parks bauen wollen; ein weiteres Petitum in diesem Antrag. Sie stimmen nicht zu, dass wir die Grünflächen innerhalb des 2. Grünen Rings besonders schützen, also die nicht planungsbefangenen Flächen mit einem 1:1-Ausgleich sichern wollen. Dem stimmen Sie auch nicht zu, obwohl das dringend benötigte Lebensqualität in Hamburg ist und mehr Parks und der innerstädtische Grünraum den Menschen direkt zugutekommen, das ist mehr Aufenthalts- und Lebensqualität in dieser Stadt. Sie stimmen dem nicht zu und damit müssen Sie in dieser Stadt umgehen.
Diese Einigung ist ein Erfolg für Hamburgs Stadtnatur. Wir verpflichten uns damit, nicht nur zwei, sondern elf von 25 Lebensräumen in Hamburg in einen günstigen Erhaltenszustand zu bringen. Wir verpflichten uns damit, in den Naturschutzgebieten auf der Hälfte der Fläche die Biotopkartierung um einen Punkt aufzuwerten, und wir wollen, dass auch außerhalb der Naturschutzgebiete trotz der Versiegelung durch den Wohnungsbau die Natur in der Summe zunimmt. Das ist ein großes Ziel, das ist eine große Ambition, das ist beispielgebend für Deutschland. Wir wollen diesen Weg beschreiten.
dass wir wollen, dass Hamburg als grüne Stadt am Wasser – eine unserer Kernidentitäten – erhalten bleibt. Ich glaube, das ist etwas, das es sehr wert wäre, zu verteidigen. Diese Einigung, die nicht nur die Achsen von Herrn Schumacher schützt innerhalb des 2. Grünen Rings, die nicht nur sagt, wir wollen langfristig die Naturräume in Hamburg erhalten, wir wollen mehr Naturräume und Parks bauen, hätte es verdient, mit einer breiten Unterstützung in diesem Haus dauerhaft über mehrere Dekaden wirksam zu werden, damit der Zustand der Natur sich in Hamburg beständig verbessert, zum Wohle der Natur und zum Wohle seiner Menschen. Ich glaube, das wäre etwas, das Hamburgs
Identität im Kern trifft, Hamburg als grüne Stadt am Wasser zu erhalten. Ich glaube – und das ist eine komplexe, langwierige und schwierige Materie –, dass das Ziele sind, auf die wir uns einigen könnten, und es wäre sehr im Sinne nicht nur der Bürgerinnen und Bürger und der Volksinitiative, sondern insgesamt im Sinne der Aufenthaltsqualität der Menschen und der Natur, wenn wir hier eine breite Zustimmung zu diesem Antrag bekommen würden und nicht ins parteipolitische Klein-Klein zurückfallen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die größte Herausforderung bei diesem Antrag war in der Tat, sich durch die zwei Seiten Beweihräucherung der Regierungskoalition durchzulesen. Man hat sich wirklich gefragt: Wozu ist das eigentlich noch notwendig? Wie kommen solche Utopisten wie der NABU darauf, eine Volksinitiative zu starten?
Alles in allem, wenn man ihn genau liest, ist der Vertrag letztendlich in Teilen eine Einhaltungsverpflichtung des eigenen Koalitionsvertrags von RotGrün, der anscheinend schon länger in Vergessenheit geraten ist. Dazu sagen wir: Das ist natürlich gut so. Augenscheinlich scheint eines der Heilungsmittel für die Regierungskoalition durchaus anstehende Wahlen zu sein. Insofern: gut verordnet, Herr Doktor.
Die Nichtinanspruchnahme von Naturschutzgebieten für Siedlungszwecke. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Koalitionsvertrag steht, dass die Pufferzonen rund um Naturschutzgebiete von der Bebauung freigehalten werden sollen. Wollen Sie mir erzählen, dass das implizit bei Ihnen im Vertrag heißt, dass Sie das Naturschutzgebiet drinnen dann bebauen wollten? Nein. Hier ist eigentlich nur der Koalitionsvertrag wiedergekäut worden.
Sie wollen 18,9 Prozent der Landschaftsschutzgebiete sichern. Okay, im alten Haushalt 2017/2018 stand für 2019 noch die Zielzahl 19,4 und für 2020 19,3. Es ist zumindest in diesem Punkt eine Bauerwartungslandbremse und das ist gut so. Nichtsdestotrotz steht dort nichts darüber, was bei Teilbebauung von Landschaftsschutzgebieten ökologisch eigentlich geleistet wird. Sind sie überhaupt noch lebensfähig, wenn sie teilverwertet werden?
Die Sicherung des Anteils der Fläche vom Biotopverbund, das haben Sie selbst in der Drucksache gesagt, ist rechtlich gewährleistet. Das haben wir hinterfragt in der Ausschusssitzung. Hier haben Sie noch einmal eine rechtlich-rechtlich-rechtliche Sicherung eingeführt. Die rosarote Brille, die Sie dabei immer aufhaben, ist faszinierend, aber es ist gut, dass das noch einmal festgehalten wird.
Die Flächen innerhalb des 2. Grünen Rings sollen von Bebauung freigehalten werden. Bitte schön, die Nagelprobe ist die Stadtwerkstatt Moorfleet im Moment, die gerade noch so innerhalb des 2. Grünen Rings liegt und wo man anderes aus der Stadtwerkstatt, aus den Behörden hört. Wahrscheinlich ist das ein Ergebnis von einigen Begrifflichkeiten, die in der Vereinbarung stehen: dennoch, wenn möglich, Alternative, möglichst. Ich glaube, hier hat sich die Koalition schon einmal eine Exit-Strategie zurechtgelegt, den vorhandenen Bestand an öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen nicht für bauliche Entwicklung in Anspruch zu nehmen. Sie haben im Koalitionsvertrag stehen, um die Lebensqualität der wachsenden Stadt auch künftig zu erhalten, müssten die Grün- und Erholungsanlagen zudem ausgebaut
und die Landschaftsachsen erhalten und ökologisch aufgewertet werden. Sie käuen hier Ihren eigenen Koalitionsvertrag in weiten Teilen wieder, damit die Punkte genügend aufgefüllt werden.
Da gibt es noch viele, viele Beispiele, die lasse ich jetzt erst einmal außen vor. Das Reporting zum Beispiel ist eine hervorragende Sache, die Sie vereinbart haben. Aber nichtsdestotrotz, wenn dieser Vertrag umgesetzt wird, unterstehen Sie sich, mit Ihrem Spruch zu kommen: Versprochen – gehalten. Es heißt: Versprochen – erzwungen von der Zivilgesellschaft.
Es ist trotz allem gut, all das festzuschreiben. Es ist gut, die Qualität mit einzubeziehen. Es ist gut, das Sondervermögen mit zu berücksichtigen, es ist gut, die zehn zusätzlichen Ranger einzustellen,
und es ist gut, dass endlich diese philosophische Formulierung von mehr Mitteln, die Sie immer wieder gebrauchen, zu einer Formulierung kommt, dass die Mittel ausreichend sein müssen. Da sind Sie in der Pflicht, leider schieben Sie einiges hinaus.