In der Begründung können die Antragsteller es sich denn nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass das ehemals gemeinsame Landeswettbewerbsregister, wenn wir es so nennen wollen, zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein dort einseitig auf Betreiben der FDP aufgekündigt beziehungsweise abgeschafft wurde. Frau von Treuenfels ist anscheinend schon einmal wieder weg, deswegen muss wohl die AfD hier die FDP verteidigen.
Was genau war geschehen? Fassen wir einmal zusammen. Wie war der Sachstand? Was hatten wir zusammen? Im Endeffekt lediglich ein Abkommen über die gemeinsame elektronische Registerführung durch Hamburg bei Dataport. Die landeseigenen Register waren in einigen Kriterien nur leicht, aber dennoch verschieden. Warum erfolgte jetzt diese böse neoliberale Aufkündigung? Weil man nicht weiterhin Steuergelder für bürokratische Parallelstrukturen verbrennen wollte. In dem Wissen, dass Länderregelungen nur bis zum Inkrafttreten der Bundesverordnung anzuwenden sind, hat man dort natürlich gesagt, dass man aufgrund der unausweichlichen Außerkraftsetzung hier jährlich die 18 000 Euro an Verwaltungsgebühren sparen möchte. Hamburg hat das nicht so gesehen und bezahlt seitdem den doppelten Satz.
Aber das ist nur eine Kleinigkeit, denn eigentlich geht es um Ihre konkreten Ergänzungswünsche, die jetzt nicht wirklich konkretisiert wurden. Sie differenzieren hier leider nicht zwischen vorsätzlich und grob fahrlässigen Falscherklärungen. Sie schreiben dort ein Oder hinein, das heißt, Sie können sich beide Formulierungen vorstellen. Eine grob fahrlässige Falscherklärung ist etwas anderes,
nicht böswilliger Natur, eher inkompetenter Natur. Das regelt sich selbst, das nennt sich dann Insolvenz. Daher aufgrund dieses kleinen, aber bedeutsamen Oders leider keine Zustimmung.
Danke schön, Herr Schulz. – Für den Senat macht sich der Finanzsenator Dr. Dressel auf den Weg, dem ich als Nächstem das Wort erteile.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht einmal zur Klarstellung: Dass da im Moment null Eintragungen sind, ist überhaupt keine große Neuigkeit, denn das Ziel dieses Registers, so ist es damals auch von der Bürgerschaft beschlossen worden, ist, dass es eine präventive Wirkung entfaltet, eben gar nicht erst ins Register eingetragen zu werden. Diese präventive Wirkung hat es auch gebracht.
Der zweite Punkt ist: Wir sind uns alle, glaube ich, einig, dass ein Bundesregister für so etwas besser ist als ein Landesregister, weil solche Verfehlungen nicht an Landesgrenzen haltmachen. Aber dass wir aus Hamburger Sicht natürlich der Auffassung sind, dass wir gegenüber der landesrechtlichen Regelung quasi keinen Schutzzweckverlust haben wollen, ist genauso klar. Insofern setzen wir uns in Hamburg für Tariftreue ein, wir setzen uns für Mindestlohnbestimmungen ein, für die ILO-Kernarbeitsnorm. Das sind unsere Prinzipien von guter Arbeit, und die wollen wir auch in einem bundesweiten Register verankert sehen. Insofern unterstützen wir ausdrücklich diesen Ansatz der Regierungsfraktionen und freuen uns, wenn das hier auch eine breite Mehrheit findet.
Ich glaube, es geht in der Tat darum, dass die Gefahr besteht, dass, wenn man diese Änderungen nicht mit aufnimmt, ein Bundesregister leerlaufen kann, weil die Anforderungen dann tatsächlich sehr hoch sind. Es ist so, dass man immer eine rechtskräftige Verurteilung, eine rechtskräftige Bußgeldentscheidung braucht, man muss zusätzlich noch eine Anhörung durchführen. Das kann eine sehr lange Zeitspanne in Anspruch nehmen, sodass die Gefahr besteht, dass ein bundesweites Register zwar dann gut gemeint, aber schlecht gemacht ist an genau der Stelle, wo es darum geht, gute Arbeit auch bundesweit sicherzustellen. Insofern würden wir uns sehr freuen, wenn hier mit breiter Mehrheit dieser Antrag beschlossen werden kann und wir auf Bundesebene entsprechend aktiv werden. – Vielen Dank.
Wer nun dem Antrag von SPD und GRÜNEN aus Drucksache 22/3750 folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag angenommen.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 32, Drucksache 22/3718, einem Antrag der GRÜNEN und SPD-Fraktion: Abwassermonitoring als Corona-Frühwarnsystem nutzen.
[Antrag der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD: Abwassermonitoring als Corona-Frühwarnsystem nutzen – Drs 22/3718 –]
Die GRÜNEN haben diesen Debattenpunkt als Kurzdebatte mit jeweils zwei Minuten Redezeit pro Debattenbeitrag angemeldet. Herr Müller erhält als Erster das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute diesen Antrag auf den Weg bringen können zum Abwassermonitoring von Coronaviren-Rückständen im Abwasser. Dieser Antrag ist gedacht als eine Ergänzung zur Individualteststrategie, die mehrere Vorteile bringt. Einerseits können wir dadurch einen geringeren Zeitverzug bei der Messung des Gesamtinfektionsgeschehens realisieren, da die Messung ständig erfolgt und nicht erst, wenn Symptome aufgetreten sind und die Leute zum Arzt gehen und sich testen lassen.
Des Weiteren haben wir eine repräsentative, semiquantitative Messung, die nicht von sich verändernden Teststrategien beeinflusst und verfälscht wird. Somit kann die Dunkelziffer genauer bestimmt werden. Wir erhoffen uns auch, mit solch einem Abwassermonitoring Mutanten früher erkennen zu können und somit das Vorhandensein in der Stadt rechtzeitig zu bemerken. Diese Eigenschaft der Mutantenerkennung kann uns auch im Laufe des Sommers und der nächsten Jahre bei der Impfstoffanpassung auf neue Varianten von Viren behilflich sein.
Zunächst ist geplant, eine zentrale Messung an der Kläranlage Köhlbrandhöft/Dradenau durchzuführen und somit das gesamtstädtische Infektionsgeschehen zu verfolgen. In einer weiteren Aufbaustufe wäre durchaus denkbar, dass man auf mehrere dezentrale Messungen ausweitet und somit besonders gefährdete Einrichtungen besonders schützen kann.
In den Niederlanden wird ein solches Abwassermonitoring seit einiger Zeit schon durchgeführt, und deswegen hat sich im Laufe des Antragsverfahrens die EU-Kommission dazu entschieden, parallel eine solche Messung zu empfehlen. Deswegen bitte ich um die Zustimmung für diesen Antrag. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit nunmehr einem Jahr dreht sich in unserer Stadt, in diesem Haus, in unserem Land und darüber hinaus alles um Corona, wie wir es schaffen, erfolgreich diese Pandemie bewältigen zu können. Klar ist, um erfolgreich diese Pandemie bewältigen zu können, müssen wir Ausbrüche schneller erkennen. Deshalb müssen wir so früh wie möglich die aktuellen Infektionszahlen kennen, um dann auch hier über die richtigen Schritte entscheiden zu können. Dabei wissen wir, dass unsere Inzidenzen nicht das aktuelle Infektionsgeschehen widerspiegeln, sondern das von vor einigen Tagen. Ebenso wissen wir, dass zum Beispiel wie jetzt nach den Osterfeiertagen die Daten teilweise unzuverlässig sind.
Hier kommt unser Antrag ins Spiel, denn mit moderner Diagnostik lässt sich im Abwasser fast alles nachweisen, was Menschen über die Toilette so ausscheiden, nicht nur Medikamentenrückstände, sondern eben auch Viren wie das COVID-Virus. Und auch die Menge, das Virus wurde erwähnt, die Mutanten, die Viruslast, all das kann bestimmt werden, und selbst kleinste Mengen sind nachweisbar. Dazu kommt noch, dass bereits kurz nach der Infektion das Virus in den Ausscheidungen nachweisbar ist und auch bei Kranken, die wenige oder gar keine Symptome zeigen, also Personen, die trotz unserer breiten Teststrategie nicht unbedingt erfasst werden. All das kann das Abwassermonitoring schaffen, für das wir uns mit diesem Prüfantrag einsetzen, zuerst in der großen Kläranlage am Köhlbrandhöft und dann möglichst dezentral, was auch den Vorteil hätte, dass wir lokal unentdeckte Corona-Cluster frühzeitig erkennen können. Das ist wichtig, da wir doch wissen, dass die Inzidenzverteilung zwischen den Stadtteilen höchst unterschiedlich ist. Dafür bitten wir um Ihre Unterstützung. Wir denken, dass das ein Beispiel ist, dass Corona mit all seinen Schrecken auch
gute Impulse liefert und uns ein solches Abwassermonitoring über die Pandemie hinaus gute Dienste leisten kann. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Stoberock. – Ich entnehme der Tatsache, dass sich Herr Kappe auf den Weg macht – ich hatte Ihre Wortmeldung nicht gesehen –, dass Sie sich auch das Wort nehmen, und erteile Ihnen für die CDU-Fraktion nun das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben es bereits dargelegt, wie wichtig eine Prüfung, ein Monitoring des Abwassers ist. Ich könnte jetzt darlegen, dass die Idee von der CDU ist, aber das bringt uns nicht weiter. Erschreckend ist, dass andere Länder wie die Niederlande seit Jahren das Abwasser auf Viren prüfen; Herr Müller hat es bereits gesagt. Das ist nichts Neues. Wir in Deutschland, wir in Hamburg sind bei innovativen Ideen nicht mehr Spitzenreiter, sondern wir eifern nur noch hinterher. Wir schaffen es mit unserer Vielzahl an Bedenken und unserer Verwaltungsstruktur teilweise nicht einmal, die bestehenden Aufgaben zu erfüllen. Dies hat Frau Frieling heute auch gleich in der Aktuellen Stunde schon einmal gesagt: Innovativ sind wir schon lange nicht mehr, Neues entsteht in der Hamburger Verwaltung immer weniger.
Auf meine Anfrage teilt der Senat mit, dass die Gesundheitsbehörde es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, eine Anforderung für die Prüfung des Abwassers zu stellen. Und genau deswegen erfolgte keine Prüfung. Woran liegt es, lieber Senat? Zu viel zu tun, hat man nicht mehr über den Tellerrand geschaut, hat man keine innovativen Ideen mehr? Lieber Senat, wenn Hamburg Spitzenreiter sein möchte, dann müssen wir endlich innovativer werden.
Das Beispiel Prüfung des Abwassers zeigt, wenn die Verwaltung keine Innovationen erarbeitet, dann wird es die Bürgerschaft übernehmen. Wir als CDU tun es in diesem Fall zusammen mit der Koalition, um Hamburg voranzubringen. Hierbei geht es nicht um die Parteien, sondern um Hamburg. Hamburg muss wieder Spitzenreiter von Innovationen werden und nicht Spitzenreiter im Nacheifern. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist ein guter Antrag. Das Ziel ist plausibel und kann uns deutlich voranbringen, nicht nur für diese Pandemie, sondern auch für Mehrwerte rund um andere Erkrankungen. Von daher, denke ich, ist es vernünftig, diesem Antrag so zuzustimmen.
Interessant ist, dass der zweite Antrag von der CDU nicht zusammen mit diesem debattiert wird; aber das stelle ich jetzt erst einmal nur so fest. Interessant ist aber auch, dass HAMBURG WASSER sich bereits im Mai letzten Jahres, also kurz nach Ausbruch der Pandemie, an einem Projekt
mit 20 Kläranlagenbetreibern, der TU Dresden und dem Helmholtz-Zentrum beteiligt hat. Und jetzt startet die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall ein weiteres Projekt, einen CoroMoni, mit dem eine flächendeckende Überwachung des Abwassers untersucht werden soll, von dem die DWA sagt, dass es noch ein sehr langer Weg zur Praxistauglichkeit sei. Von daher weiß ich nicht, welche Ziellinie hier seitens der Koalition vorausgesetzt wird, aber es kann, und da kommen wir tatsächlich wieder zur Aktuellen Stunde, in der Forschung hier durchaus etwas länger dauern, was ich sehr bedauern würde, denn die Erfolge, die in der Zwischenzeit tatsächlich in Belgien, in der Schweiz, in den Niederlanden, in Luxemburg erzielt worden sind, sprechen eine deutliche Sprache.
Wir werden dem Virus zwar nicht einen Schritt voraus sein, aber wir werden ihm mit einem solchen Verfahren auf den Fersen sein. Deswegen ist es auch besonders wichtig, mit Blick auf die einzelnen Bereiche unserer großen Stadt dann hier auch ein dezentrales System schnellstmöglich einzuführen, damit wir den Ursachen rasch auf die Fährte kommen. Deswegen halten wir diesen Antrag für gut. Wir finden, er sollte schnell umgesetzt werden. – Danke.
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Professor Dr. Maria Gismondo ist Virologin und tätig am Universitätsklinikum Mailand, dessen Referenzzentrum für biologische Notfälle in Italien. Sie hat mit ihrer Arbeitsgruppe bereits im November 2019 60 Virussequenzen aus Gewässern aus der Umgebung von Mailand gefunden und untersucht. Das heißt, dass das Virus schon seit geraumer Zeit im Umlauf war. In Italien wurde der erste Fall am 20. Februar erklärt, exakt um 21.30 Uhr. Das wusste Frau Professor Gismondo deshalb so genau, weil die Diagnose in ihrem Labor stattgefunden hat. Sie berichtet über Menschen, die positiv getestet wurden, nachdem sie genesen waren. Drei Monate später waren sie immer noch positiv getestet, weil einzelne Segmente des Virus immer noch im Körper vorhanden waren. Die Viren waren also schon tot, die Tests haben falsch-positive Ergebnisse gebracht.
Über menschliche Ausscheidungen gelangt SARSCoV-2 in die Kanalisation. Eine Ansteckungsgefahr gehe vom Abwasser nach derzeitigem Kenntnisstand aber nicht aus, erklärte der Virologe René Kallies vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Selbst wenn der Stuhl noch intakte Viren enthält, machen ihm die im Abwasser
reichlich vorhandenen Reinigungsmittel den Garaus. Seifenmoleküle und andere Tenside zerstören die Virushülle. Die Erbinformationen der Viren, ihre RNA, überstehen den Weg bis in die Kläranlage und können dort mit der PCR-Methode nachgewiesen werden. Hierbei sei erneut darauf hingewiesen, dass der PCR-Test lediglich für Forschungszwecke und explizit nicht für medizinische Diagnostik geeignet ist. Er weist lediglich Virusbestandteile nach, ausdrücklich keine Krankheiten.
und dann regional zu Vorsichtsmaßnahmen aufrufen, ein guter Ansatz, um zu forschen und weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Ich zitiere Frau Professor …
Gut. Glauben wir den Forschungsergebnissen von Frau Professor Gismondo, und wir können Ihrem Antrag zustimmen. – Danke.