Protokoll der Sitzung vom 19.01.2022

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Haben Sie alle Ihre Stimmzettel abgeben können? – Das ist offenkundig der Fall. Dann werden wir auch hier vereinbarungsgemäß die Wahlergebnisse ermitteln und zu Protokoll nachreichen.4

Ich rufe auf die Punkte 44 und 44a bis d sowie 62 und 62a bis c.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Achtundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – Drs 22/6794 –]

[Antrag der AfD-Fraktion: Keine antidemokratischen Versammlungsverbote gegen Regierungskritiker in Hamburg mehr – Drs 22/7065 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Neunundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – Drs 22/6808 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Sechzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – Drs 22/6852 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft:

(Krzysztof Walczak)

nun an der Schwelle zu einer autoritären Wende stehen. Das kann man an den großen Sachen festmachen. Große Sachen wären Demonstrationsverbote, wie sie am Samstag ausgesprochen worden sind, die Tatsache, dass freigewählte Abgeordnete, ohne erst einmal ihre Papiere vorzuzeigen, gar nicht in den Plenarsaal kommen können. Aber es zeigt sich eben auch an kleinen Dingen, wie beispielsweise der Tatsache, dass nach fast zwei Jahren noch immer kein Vertreter der AfD ins Datenschutzgremium gewählt wurde. Einen Dienst an der Demokratie tun Sie mit diesem Verhalten nicht. Im Gegenteil, diese autoritäre Wende, vor der ich mich und vor der sich viele andere Bürger in diesem Lande fürchten, forcieren Sie durch so ein Verhalten. Ich darf Sie deswegen darum bitten und noch einmal inständig dazu auffordern: Gehen Sie in sich, überlegen Sie, ob hier nicht langsam eine rote Linie überschritten wird, die vielleicht nach Bundeskanzler Scholz nicht existiert, die aber sehr wohl in jedem freiheitlich verfassten Staat existieren muss. – Vielen Dank.

(Beifall)

Danke, Herr Walczak.

Wir kommen dann zur Durchführung der Wahl eines Mitglieds für das Datenschutzgremium. Bitte nehmen Sie hierfür nun den Stimmzettel in Hellgelb. Dieser Stimmzettel enthält, wie Sie es gewohnt sind, Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung, und Sie wissen, wie Sie ihn ordnungsgemäß auszufüllen haben. Wir können dann mit dem Einsammeln der Stimmzettel beginnen.

(Die Wahlhandlung wird vorgenommen.)

Haben Sie noch irgendwo Stimmzettel in der Farbe Hellgelb, die Sie abgeben möchten? – Dort sind noch welche. Dann schließe ich auch diese Wahlhandlung, und auch hier wird das Wahlergebnis ermittelt und vereinbarungsgemäß zu Protokoll nachgereicht.3

Ich rufe auf die Punkte 5 bis 8: Wahlen zu verschiedenen Gremien.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines ehrenamtlichen Mitglieds und eines vertretenden Mitglieds für die Kreditkommission – Drs 22/966 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für den Beirat für politische Bildung – Drs 22/967 –]

3 Wahlergebnis siehe Anlage 3, Seite 2950 4 Wahlergebnisse siehe Anlage 4, Seite 2951

Einundsechzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – Drs 22/6912 –]

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – Drs 22/7009 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: FFP2-Maskenpflicht in Bussen und Bahnen: Zuschuss an Leistungsberechtigte auszahlen – Drs 22/7062 –]

[Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses zu den Themen: "55. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) und "Auswirkungen der Neuregelungen im IfSG und daraus resultierende Anpassungsbedarfe für das Gesetz über die Parlamentsbeteiligung beim Erlass infektionsschützender Maßnahmen vom 18. Dezember 2020" (Selbstbefassungsan- gelegenheit) – Drs 22/6683 –]

[Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses zu den Themen: "57. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) und "58. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 22/6811 –]

[Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses zu den Themen: "59. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung – hier: geänderter Verordnungstext sowie Begründung der Verordnung" (Selbstbefassungs- angelegenheit) und "60. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) sowie "Entwurf der 61. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 22/6913 –]

[Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses zum Thema: "Entwurf der 59. Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drs 22/6976 –]

Es handelt sich hierbei um fünf Unterrichtungen durch die Präsidentin sowie vier Berichte des Verfassungs- und Bezirksausschusses zu den Themen Fünfundfünfzigste und Siebenundfünfzigste sowie Achtundfünfzigste bis Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung.

Zur Unterrichtung 22/6794 liegt Ihnen als Drucksache 22/7065 ein Antrag der AfD-Fraktion vor. Vonseiten der Linksfraktion liegt Ihnen als Drucksache 22/7062 ein Antrag zur Unterrichtung 22/7009 vor.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Frau Loss, Sie erhalten es für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen allen erst einmal ein gutes und frohes 2022, und ich wünsche mir vor allen Dingen, dass Sie nie die Hoffnung aufgeben, dass wir es schaffen, zur alten Normalität zurückzukehren.

Seit mehr als sieben Wochen hält die Virusmutante Omikron die ganze Welt im Ausnahmezustand. Die Schnelligkeit ihrer Verbreitung stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten. Es werden Zahlen erreicht, die weit über allem liegen, was wir bislang in der Pandemie erlebt haben: In Italien über 200 000, in Frankreich über 500 000 und in den USA 1,7 Millionen Neuinfektionen an einem Tag, und in Deutschland haben wir heute die 100 000er-Marke überschritten. Überall dort, wo die Variante auftritt, geraten die Gesundheitsämter an ihre Grenzen. Kontaktnachverfolgungen sind kaum mehr möglich. Das ist bei uns in Hamburg nicht anders als in allen anderen betroffenen Ballungsgebieten. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Zahlen noch weiter ansteigen werden. Die Belastung in den medizinischen Berufen, bei den Mitarbeitenden in den Laboren und in Apotheken, den medizinischen Fachangestellten, den Ärztinnen und Ärzten und dem Pflegepersonal in den Krankenhäusern, Altenheimen und im ambulanten Pflegedienst, wird in den kommenden Wochen ein enormes Ausmaß annehmen. Ihnen gilt unsere ganze Solidarität. Wir brauchen die Mitarbeit aller Hamburgerinnen und Hamburger, damit diese Belastung auch zu bewältigen ist.

(Beifall)

Die Lage ist nicht ganz so schlecht, und die Aussichten sind auch nicht ganz so trübe, wie sie einem erscheinen und oft beschrieben werden. Die Lage auf unseren Intensivstationen ist stabil. Das haben wir vor allen Dingen auch der guten Impfquote in Hamburg zu verdanken. Mehr als 90 Prozent unserer Erwachsenen haben mindestens zwei Impfungen erhalten, und auch unsere Quote bei den Auffrischungsimpfungen ist nach der Bestätigung der Kassenärztlichen Vereinigung um einige

(Vizepräsident André Trepoll)

Prozentpunkte besser als im Impf-Dashboard dargestellt. Deshalb können wir in Hamburg trotz der hohen Inzidenzen viel mehr machen als in den anderen Phasen der Pandemie. Wir haben keinen Lockdown, die Schulen und Kitas sind geöffnet, überall können wir einkaufen gehen, die Theater und Kinos besuchen, Sport treiben und, das Wichtigste, wir können uns begegnen. Natürlich kann man Dinge auch besser machen. Es kann vorkommen, dass man bei der hohen Belastung durch eine Pandemie auch Fehler macht, und es ist Aufgabe der Opposition, das Regierungshandeln kritisch zu begleiten und solche Fehler aufzudecken.

Wenn man sich aber nur darauf beschränkt, nörgelnd mit dem Finger darauf zu zeigen, was angeblich falsch läuft, und während der ganzen Pandemie kaum Vorschläge macht, die konstruktiv und vor allen Dingen umsetzbar sind, dann ist das zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition.

(Beifall)

Wir stehen hier jetzt vor der Omikron-Wand. Wir müssen in den nächsten Wochen genau darauf achten, dass die Lage in unseren Krankenhäusern beherrschbar bleibt, dass Intensivstationen, auch wenn bei Omikron schwere Krankheitsverläufe seltener sind, nicht allein wegen der großen Zahl an Neuinfektionen an ihre Grenzen und darüber hinaus geraten. Und wir müssen darauf achten, und das ist ein Schwerpunkt der neusten Änderung der Eindämmungsverordnung, dass durch Personalausfälle in den kritischen Infrastrukturen nicht die Grundversorgung der Menschen gefährdet wird. In dieser Phase ist ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit gefordert.

Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle bei allen Hamburgerinnen und Hamburgern bedanken, die sich erstens haben impfen lassen und sich zweitens bei einer Infektion mit dem Virus eigenständig an die Regeln halten, sich sofort in die Isolation begeben und ihre Kontakte über ihren positiven Befund informieren, damit diese sich vorsorglich testen lassen und damit die Ansteckungsgefahr reduzieren.

(Beifall)

Die Pandemie hat uns gelehrt, dass sich Prognosen über ihren Verlauf selten bewahrheiten. Ich hoffe aber sehr, dass die Einschätzungen einiger Wissenschaftler über Omikron zutreffen und dass wir, wenn wir im nächsten Herbst über SARSCoV-2 reden, nicht mehr von einer Pandemie, sondern von einer Endemie sprechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Vielen Dank, Frau Loss, auch für die hervorragende Einhaltung der

Redezeit. – Jetzt erhält das Wort für die GRÜNE Fraktion die Abgeordnete Müller.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleg:innen! Die Lage ist erkennbar ernst. Wir haben mittlerweile eine Inzidenz von über 1 300. Zum Glück gibt es bisher noch keinen vergleichbaren massiven Anstieg der Krankenhausdaten, aber er könnte im Februar kommen, und die Situation ist dennoch besorgniserregend. Deswegen muss es auch in den kommenden Tagen und Wochen, wie es mein Bundestagskollege Janosch Dahmen schon beschrieb, heißen: Wir werden, wir müssen und wir können diesen tödlichen Virus bekämpfen.

Virusmutationen wandeln diese Pandemie. Omikron kommt mit zum Teil gänzlich anderen Symptomen und höchstwahrscheinlich milderen Verläufen daher. Doch Omikron ist nicht harmlos. Es sind eben keine milden Verläufe. Auch ohne Krankenhausaufenthalt können Verläufe schwer, besorgniserregend und nur mit ärztlicher Hilfe zu überstehen sein. Wir haben den Spielrahmen in Hamburg, den wir aufgrund des bundespolitischen Rahmens haben, bereits weit ausgeschöpft. So haben wir beispielsweise die bundespolitischen Vorgaben zur Änderung der Quarantäne umgesetzt. Die Pandemie entwickelt sich weiter, genauso wie die Forschungserkenntnisse über Hygienemaßnahmen. Nehmen wir als Beispiel die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur vielfach besser schützenden FFP2Maske. Meine Kollegin Miriam Block hat es in ihrer wichtigen Rede schon deutlich gemacht: Es bedarf einer wissenschaftsbasierten Politik, erst recht in dieser Pandemie. Eben deswegen war es ein richtiger Schritt, die FFP2-Pflicht im ÖPNV zu beschließen. Doch auch die anderen Maßnahmen der letzten Wochen sind enorm wichtig, um dem Virus die Stirn zu bieten: die Ausweitung der Maske überall in den Innenräumen, wo es geht, oder da, wo es nicht geht, die 2G-plus-Regelung als auch die Ausweitung der Testungen in Schulen auch für bereits Geimpfte. Die Anpassungen der Quarantäneregeln sind jedoch nur dann ein gesellschaftlicher Gewinn, wenn wir es schaffen, dass Menschen frühzeitig von möglichen Ansteckungen erfahren und sich bis zu einem negativen Test in Isolation begeben können. Eben deswegen will ich diese Debatte noch einmal nutzen und allen Hamburger Bürger:innen wärmstens empfehlen, sich die Corona-Warn-App herunterzuladen.

(Beifall)

Es wird deutlich, dass die Pandemie weiterhin anhält. Sie bedarf weiterer Maßnahmen, die zwar unser Leben einschränken, aber unsere Gesundheit schützen. Diese Einschränkungen gehen aber nicht spurlos an uns vorüber. Darüber reden wir aber kaum. Noch immer stehen wir vor einer Stigmatisierung unserer psychischen Gesundheit, im Privaten, im Gesellschaftlichen wie auch im Politi

(Claudia Loss)

schen. Dabei sind psychische Belastungen und Krankheiten kein Zeichen von Schwäche. Sie sind vielmehr eine Sichtbarwerdung von vielem, was falsch läuft, im Privaten, im Gesellschaftlichen wie auch im Politischen.

Ich will diese heutige Debatte nutzen, um das Tabuisieren zu brechen, denn Krisen haben eine direkte Auswirkung auf unsere Psyche. Diese Zeit ist nur so geprägt von einer krisenhaften Gegenwart und einer ungewissen Zukunft. Eben das geht an einem gewissen Teil unserer Gesellschaft nicht einfach so vorbei. Wovon ich hier spreche, ist meine Generation, Generation Z. Ich lebe in einer Generation, über die Wissenschaftler:innen wie die Psychologin Dr. Jean M. Twenge in ihrem Buch "Me, My Selfie and I" sagen, die Teenager stünden kurz vor der ernsthaftesten psychischen Krise seit Jahrzehnten. Warum das so ist? Well, erstens, weil wir relativ einsam sind. Valentina Vapaux, eine Autorin, etwas jünger nur als ich, beschrieb es so: