Protokoll der Sitzung vom 19.01.2022

Selbst die gilt aber für die ganze Stadt. Was nur innerhalb des Zweiten Grünen Rings gilt, habe ich gerade gesagt.

Sie wollen, Petitum 2, den Vertrag für Hamburgs Stadtgrün so anpassen, dass jedwede Bebauung innerhalb des geltenden Planrechts kompensatorische Maßnahmen inkludiert. Wie bitte? Jedwede Bebauung? Auch solche, die bereits auf versiegeltem Grund oder als Ersatzbau stattfindet? Das ist unsinnig. Auch solche, für die es bereits einen Rechtsanspruch gibt? Damit entfernen Sie sich vom geltenden Recht. Ihre Forderungen nach mehr Beteiligung fallen für mich in die Kategorie "Weiß auch nicht so recht". Sie sind doch selbst alle in der Hamburger Politik unterwegs, und Sie wissen doch genau, wie viele Beteiligungsformate es mittlerweile gibt, weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. Da müssen Sie wirklich schon sagen, was Ihnen genauer vorschwebt. Ähnliches gilt für die Expert:innen.

Ich schließe hier. Zum Vertrag für Hamburgs Stadtgrün gleich noch ein bisschen etwas in der zweiten Runde. Na ja, und es wird Sie nicht wundern: Wir lehnen diesen Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Frau Sparr. – Jetzt erhält das Wort für die Linksfraktion der Abgeordnete Jersch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der CDU-Antrag ist eine gute Gelegenheit, ein guter Aufschlag, einmal Bilanz zu ziehen vier Jahre nach der Volksinitiative für den Grünerhalt, drei Jahre nach dem zwischen Senat und Initiatoren erzielten Kompromiss und letztendlich dann erstaunlicherweise erst sechs Monate, nachdem der Vertrag für Hamburgs Stadtgrün unterschrieben worden ist. Denn jedem Kompromiss wohnt doch auch die Chance des Scheiterns inne, und da müssen wir uns jetzt fragen: Haben wir einen Handlungsbedarf, sind wir weg vom Bauen, Bauen, Bauen, das im Sinne der Regierungskoalition in Wirklichkeit ein Falschbauen, -bauen, -bauen ist? Haben wir messbare Versiegelungsbremsen eingezogen in der Stadt? Denn darum geht es letztendlich im Ziel, ursprünglich um netto Null.

In der Debatte im Mai 2019 in der Bürgerschaft gab es verschiedene Aussagen. Der Kollege Tjarks hatte damals auf die Verpflichtung hingewiesen, elf von 25 Lebensräumen in einen guten Erhaltungszustand zu setzen statt nur zwei. Ich meine, das Regierungsbiotop kann man dazusetzen, das ist auch in einem guten Erhaltungszustand. Aber nichtsdestotrotz hat es für die Natur wenig gebracht. Ich komme danach noch auf einige einzelne Beispiele.

(Ulrike Sparr)

nen bekannt, dass Kollegin Sudmann grundsätzlich nicht gegen eine Bebauung von Oberbillwerder ist?

Noch einmal. Die Kollegin Sudmann?

Dass Frau Sudmann nicht gegen eine Bebauung von Oberbillwerder ist. Das hat sie jedenfalls neulich im Stadtentwicklungsausschuss gesagt. Wenn nur Wohnungen im 1. Förderweg gebaut werden würden, also mehrere Tausend Sozialwohnungen, dann wäre sie sehr wohl für die Bebauung von Oberbillwerder.

Lieber Kollege Kienscherf, es gibt zwei Sachen, die ich dazu antworten möchte. Zum einen habe ich auch darauf verwiesen, dass Ihr Bauen – das der Regierungskoalition – ein Falschbauen, -bauen, -bauen ist.

(Beifall)

Und zum anderen sind wir als LINKE, aber auch als Anwohnerinnen und Anwohner dieses Gebietes noch gar nicht in die Bredouille gebracht worden von Ihnen, weil Sie überhaupt nicht daran denken, hier ausschließlich zum Beispiel geförderten Wohnraum zu realisieren. Das wäre eine andere Diskussion, die wir aufmachen könnten. Aber nichtsdestotrotz, Oberbillwerder ist Natur, Oberbillwerder wird versiegelt, und wir sind der Meinung, es gibt Potenzial in dieser Stadt, dass wir nicht weiter versiegeln müssen. Insofern halte ich die Diskussion dann auch für hypothetisch, aber vor die sind wir nicht einmal gestellt worden.

Aber um dann wieder zurück zum Senat zu kommen: Ich kann nicht feststellen, dass der Senat seine Prämissen geändert hat, eher, dass er auf Zeit spielt. Und die Moorfleeter Wanne, der Dweerlandweg, beides liegt im Zweiten Grünen Ring, werden Wirtschaftsinteressen geopfert, und Ersatzflächen sind entgegen allen Bekundungen dafür beim besten Willen noch nicht in Sicht. Das Niedermoor, Neuland, beides Projekte, die aufgegeben worden sind, werden nicht aus der Versiegelung oder aus der Planung herausgenommen, sie sind weiter sozusagen ungeplant. Und auch das macht wieder sehr deutlich, dass der Senat nach wie vor auf der falschen Spur beim Naturerhalt und beim Zurückfahren der Versiegelung ist.

Wenn ich dann drei Jahre nach dem Kompromiss mit der Volksinitiative lese, dass es jetzt eine Handreichung zum Umgang mit den Vereinbarungen geben soll, dann weiß ich nicht, ob das traurig ist, ob ich lachen oder weinen soll; es ist ein bisschen aasig spät. Und dann mehr in der zweiten Runde.

Senator Kerstan, dem ich hier noch alles Gute wünschen möchte, hatte damals drei Garantien abgegeben. Hamburg bliebe grün und lebenswert, es würden pro Jahr weiter 15 000 Einwohnerinnen und Einwohner hinzukommen in Hamburg und es würde keine Verringerung wertvoller Landschaftsteile geben.

Sind diese Garantien wirklich belastbar? Das muss man sich angesichts der Zahlen fragen. Der Abgeordnete Kappe von der CDU hat dankenswerterweise mehrere SKA geschrieben, und zu einer SKA hat der Senat dann auf Grundlage des Biotopkatasters – das ist noch nicht das vereinbarte Monitoring sicherlich – letztendlich selbst festgestellt, dass das Tempo der Versiegelung in Hamburg zugenommen hat bis 2017, da endet diese Statistik vorerst, nämlich von 11 Hektar pro Jahr auf 14 Hektar pro Jahr im Schnitt. Und der BUND stellt fest, dass mindestens 400 Hektar in Hamburg zur Versiegelung anstehen. Damit koppelt sich Hamburg weit vom Bundestrend ab, bei dem die Versiegelung sich halbiert hat in den letzten Jahren. Und da, muss man dann wirklich sagen, ist dieser Kompromiss noch nicht zielführend. Ich sage, er könne ausgebaut werden, die Grenze des Rings 2 wäre zum Beispiel ein solcher Ausbau und natürlich der Wegfall diverser Ausnahmen.

Wir haben die A26-Ost, wir haben den Wilden Wald, wir haben den Vollhöfner Wald, Moorfleet, die Moorfleeter Wanne, Diekmoor, Oberbillwerder, Dweerlandweg, die JVA in Billwerder. Wir haben das Niedermoor in Harburg, und wir haben Neuland und den Alsenplatz. All das ist trotz des Kompromisses möglich gewesen dank vieler Ausnahmeregelungen oder weil schon geplant worden ist zum Zeitpunkt des Kompromisses. Das ist natürlich eine absolute Fehlleistung im Sinne der Volksinitiative.

Was fehlt, ist auch nach wie vor das Entsiegelungsprogramm, das so großartig im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden ist. Nicht einmal die übliche Reaktion der Koalition, einen Beirat dazu zu gründen, konnte man feststellen. Also auch da schlechte Leistung im Sinne der Initiatorinnen und Initiatoren, im Sinne der Umwelt Hamburgs.

Und der Senat hat, das können wir feststellen, seine Prämissen nicht geändert.

(Glocke)

Herr Kollege Jersch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kienscherf?

Natürlich.

Herr Kollege Jersch, weil Sie gerade eben das Stichwort Oberbillwerder angesprochen haben: Ist Ih

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Jersch. – Jetzt erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Wolf für die AfD-Fraktion.

Vielen Dank. – Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist nicht wirklich neu. Die von der CDU beschriebenen Probleme sind in diesem Antrag wortreich, aber auch nicht zum ersten Mal beschrieben worden, die Lösungen sind nicht von der CDU erfunden worden. Auch wir von der AfD haben in den vergangenen Monaten ähnliche Maßnahmen gefordert. Was geschildert wird, ist und bleibt aber wichtig und richtig, Nachverdichtungen und Flächenversiegelungen sind ein Problem,

(Zuruf)

dem sich die Stadt in den nächsten Jahren verstärkt stellen muss. Und auch richtig ist es, das nicht auf den inneren Bereich der Stadt, Ring 2, zu beschränken, sondern nach draußen auszudehnen.

Der Senat und die Regierungsfraktionen gehen mit typischer Arroganz und unverbesserlicher Regelmäßigkeit immer wieder über diese simple Tatsache hinweg. Bürgerproteste werden ignoriert oder mit Scheinbürgerbeteiligungen abgespeist, Bezirksversammlungen werden bevormundet, ihnen wird die Entscheidungshoheit entzogen, und Dinge werden allzu oft evoziert. Wirtschaftliche oder ökologische Probleme werden schöngeredet oder geleugnet. Ausgleichsmaßnahmen bestehen oft, wie zum Beispiel im Falle Oberbillwerders, nur aus fragwürdigen Schutzzusicherungen für andere Grünflächen.

Solange diese Mentalität im Hamburger Senat weiterbesteht, ist die Aussicht auf eine Änderung wohl vergeblich. Aber natürlich ist es gerade in dieser Situation dennoch Aufgabe der Opposition, nicht zu schweigen, sondern diese Probleme immer und immer wieder zu benennen und bessere Lösungsvorschläge anzubieten.

Der hier vorliegende Antrag ist natürlich nicht ausreichend, um die angesprochene Versiegelungsproblematik zu beheben, er bewirkt aber zumindest, dass diese in einer Debatte hier in einem gesamtheitlichen Rahmen für ganz Hamburg Beachtung findet. Kleiner Schritt in die richtige Richtung. Diesen werden wir gern unterstützen, weitere Schritte müssen folgen. – Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf. – Jetzt erhält das Wort für den Senat Herr Senator Dr. Dressel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Vertretung für den Kollegen Kerstan und die Kollegin Stapelfeldt möchte ich für den Senat doch einige Bemerkungen dazu machen.

Ich möchte anknüpfen an das, was Herr Kienscherf am Anfang der Debatte gesagt hat, dass nämlich dieser Vertrag für Hamburgs Stadtgrün in der Tat ein bundesweit vorbildlicher Vertrag ist, den man, glaube ich, in den deutschen Ländern und Kommunen suchen muss; der sucht seinesgleichen. Dass man hier versucht, einen Ausgleich zwischen Aspekten der Stadtentwicklung und Aspekten der Grünentwicklung so hinzubekommen, ist ein Paradebeispiel, wie Stadtentwicklung unter diesen neuen Gegebenheiten sein muss. Und insofern, glaube ich, ist das der Ausgangspunkt aus Sicht des Senats für diese Debatte, und nicht, diesen Vertrag in Zweifel zu ziehen.

(Vereinzelter Beifall)

Es ist schon gesagt worden: Wir bauen diese Punkte gezielt aus. Wir haben bei dem Thema Ausweisung neuer Naturschutzgebiete im November 2021 mit dem Heimfelder Holz eine Erweiterung bekommen. Es sind auch aktuell mit dem Thema Kirchwerder Wiesen, Boberger Niederungen weitere Ausweisungen in Vorbereitung, sodass wir jetzt schon dieses Ziel erreichen, dass wir über 10 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz haben; das ist ein Rekordwert. Auch da muss man einmal in den Ländervergleich schauen, da braucht sich eine Metropole wie Hamburg nicht zu verstecken, das ist ein vorbildlicher Wert.

(Beifall)

Wir haben es auch im Bereich des Wohnungsbauprogramms immer wieder hinbekommen, neue Grün- und Erholungsanlagen zu schaffen: Park in der Mitte Altona, Eröffnung 2019, 3 Hektar im Pergolenviertel, circa 3 Hektar schon realisiert, weitere sind hier noch mit 2 Hektar in Planung. Auch Tarpenbeker Ufer. Also wenn man sich die Beispiele einfach einmal ansieht, auch das Thema Vorkaufsrecht in Landschaftsschutzgebieten, das hat Herr Kienscherf schon angesprochen, dann zeigt das alles: Es ist uns damit ein Regelwerk gelungen, was nicht nur die Bürgerschaft als Parlament mit der Volksinitiative vereinbart hat, sondern wir haben als Senat das 1:1 übernommen. Es ist verbindlich auch für Senatshandeln, Handeln der Bezirksämter und deshalb insgesamt ein vorbildliches Werk.

Ich würde bitten, dass man zu Kompromissen, die in einem solchen schwierigen Aushandlungsprozess zwischen Bürgerschaft und Senat mit einer Volksinitiative dann vereinbart worden sind, nicht bei der erstbesten Gelegenheit sagt, das reiche alles noch nicht, sondern es muss doch auch Planungssicherheit für die Beteiligten geben.

(Stephan Jersch)

Ich will zwei Punkte noch ansprechen, wo die CDU aus unserer Sicht erkennbar auf dem Holzweg ist. Es wird hier die Behauptung aufgestellt, dass es eine Praxis der Bebauung ohne Ausgleichsflächen innerhalb des Zweiten Grünen Rings gebe. Da müssen wir einfach feststellen: Auch für Bebauung innerhalb des Zweiten Grünen Rings werden die erforderlichen naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen ermittelt und festgelegt. Kann aber sein, dass bei der CDU da eine Verwechslung vorliegt: Es gibt nämlich die Kompensation nach dem Vertrag für Hamburg, aber auch natürlich den naturschutzfachlichen Ausgleich. Vielleicht ist das ein Punkt, der da bei der CDU noch einmal nachgearbeitet werden muss.

Der zweite Punkt, die Behauptung, es werde weiterhin die Versiegelung von Grünflächen in der Stadt erlaubt, ohne dass kompensatorische Maßnahmen notwendig würden, ist ebenfalls zurückzuweisen. Denn Kompensationsmaßnahmen können eben neben der Sicherung und Herrichtung alternativer gleich großer Freiflächen möglichst in räumlicher Nähe in begründeten Einzelfällen alternativ auch in anderen geeigneten Formen, etwa in landschaftsplanerischen, landschaftspflegerischen Maßnahmen, bestehen, die eben eine qualitative Verbesserung der Freiraumsituation beziehungsweise der Aufwertung der vorhandenen Freiräume bewirken können. Auch das machen wir, zum Beispiel St. Trinitatis in Altona, Schulcampus Struenseestraße in Altona, um einfach einmal zwei Beispiele zu nennen, und wir machen das ebenso im Bereich der inneren Stadt. Das ist ein Zeichen, dass Stadtentwicklung und Grünentwicklung auch in der inneren Stadt gelingen kann.

(Beifall)

Letzter Punkt, und das, finde ich, ist auch eine Sache, die die CDU da noch einmal beantworten muss: Wenn Sie das so ausweiten wollen, wie Sie es hier vorschlagen – es gibt noch eine andere Initiative, die da Unterschriften gesammelt hat –, dann muss man eine grundsätzliche Entscheidung treffen, ob man eigentlich für die Wohnungsbauund auch Gewerbeflächenentwicklung in dieser Stadt, alles das, was Stadtentwicklung ausmacht, ob man im Prinzip zu diesen Fundamenten der Entwicklung sagen will, das solle alles abgeblasen werden. Stichwort Oberbillwerder ist gerade angesprochen worden, wir müssen mit dem Wohnungsbaubedarf weiter Schritt halten, um einen Beitrag auch dort zu leisten.

Das kann nicht sein, wir müssen weiterhin einen Ausgleich schaffen zwischen den Aspekten guter Stadtentwicklung, Wohnungsbau, Gewerbeflächenentwicklung und den Naturbelangen. Das ist das Prinzip, wie dieser Senat seit vielen Jahren jetzt erfolgreich agiert. Diesen Weg sollten wir weitergehen, und insofern

ist das die Linie, die der Senat dazu vertritt. – Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Senator Dr. Dressel. – Jetzt erhält das Wort noch einmal für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Thering.