Protokoll der Sitzung vom 10.05.2023

(Zuruf: Richtig!)

Neben einigen Schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen werden Austausche und Partnerschaften gepflegt und durchgeführt, gibt es insbesondere Kooperationen zwischen verschiedenen Einrichtungen von Wirtschaft und Kultur. Dabei sind Hamburgs Kontakte nicht auf eine Stadt begrenzt. Hamburg pflegt sie mit Institutionen und Unternehmen, die in verschiedenen Städten und Regionen über das ganze Land verteilt sind. Und genau diese dezentrale Ausrichtung Hamburgs in der Zusammenarbeit mit Israel wollen wir auch in Zukunft beibehalten

(Dennis Thering CDU: Wollen Sie keine Städtepartnerschaft?)

und unsere Ressourcen hierhin lenken. Wir wollen, dass Hamburg auch zukünftig mit verschiedenen Einrichtungen an verschiedenen Standorten projektbezogen zusammenarbeitet. Forschungs- und Kultureinrichtungen, Start-ups und Schulen sind auch nicht an einem Standort, sondern sind ebenfalls über das ganze Land verteilt. Durch diese strategischen Partnerschaften können wir größere Synergieeffekte auf beiden Seiten erzeugen, und wir können Kooperationen flexibel in jeder kleineren und größeren Stadt in Israel schaffen.

Diese Ausrichtung gibt es nicht nur in der engen Zusammenarbeit mit Israel. Laut Koalitionsvertrag verfolgen wir auch in unseren partnerschaftlichen Beziehungen mit anderen Ländern eine andere Zielsetzung, als Sie sie in Ihrem Antrag fordern. Wir wollen keine Städtepartnerschaften als symbolische Hüllen schaffen,

(Dennis Thering)

(Dennis Thering CDU: Aha, jetzt haben Sie die Decke fallen lassen!)

sondern wir wollen Partnerschaften, die gelebt werden können, in denen es rege Aktivitäten zwischen Akteuren beider Seiten gibt – keine Partnerschaften auf Papieren, die in der Schublade verstauben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

So haben wir beispielsweise im vergangenen Jahr eine strategische Partnerschaft mit der ukrainischen Hauptstadt Kiew initiiert.

Eins ist aber klar: Der Beziehung zwischen Hamburg und Israel kommt eine besondere Bedeutung zu. Die enge Kooperation, der Ausbau der Zusammenarbeit mit Israel jetzt und in Zukunft ist uns außerordentlich wichtig, und wir wollen sie auf offizieller Ebene, aber auch im zivilgesellschaftlichen Bereich kontinuierlich intensivieren und vertiefen. Auch wenn wir den von Ihnen aufgeworfenen Ansatz an dieser Stelle nicht zielführend finden, gehen wir daher natürlich gern noch einmal in den Austausch. Deswegen überweisen wir Ihren Antrag. Und vielleicht rufen Sie ihn in nächster Zeit einmal im Ausschuss auf. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für die GRÜNE Fraktion erhält jetzt Frau Freter das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleg:innen! 75 Jahre nach der Gründung blickt der Staat Israel auf eine wechselvolle Geschichte. Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland – das haben wir eben schon gehört – waren anfangs nicht selbstverständlich. Das von uns Deutschen begangene Verbrechen der Shoah – der Mord an sechs Millionen Jüd:innen – fügte dem jüdischen Volk unermessliches Leid zu. Umso wertvoller sind heute die guten Beziehungen und die Freundschaft auf Augenhöhe.

Doch es gibt auch Stimmen in Deutschland und in der Welt, die dem Staat Israel und seiner Bevölkerung ignorant, ablehnend oder sogar feindlich gegenüberstehen. Denen sage ich: Das Existenzrecht Israels müssen alle anerkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der AfD)

Selbstverständlich gibt es Israel als Heimstatt der Juden und Jüdinnen. Doch nicht nur dort, auch in Deutschland und Europa gehört jüdisches Leben zu uns. Es ist mittlerweile wieder fester Bestandteil unserer Gesellschaft und aus unserer Kultur nicht wegzudenken.

Doch antisemitische Anschläge wie zum Beispiel der in Halle im Jahr 2019 erinnern uns daran, wie

stark weiterhin Judenfeindlichkeit und Judenhass sowie Unwissenheit über die Realität jüdischen Lebens verbreitet sind. Ein guter Freund von mir hier in Hamburg hat mir vor Kurzem gesagt: Wenn er ein Kind großziehen müsste, dann würde er das wahrscheinlich lieber in London als in Deutschland machen, weil es dort sicherer ist. Das macht mich sehr traurig, und darüber sollten wir alle nachdenken, denke ich.

Deswegen können wir auch nicht deutlich genug sagen: Antisemitismus im Handeln oder gar direkte Gewalt sind vollkommen inakzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der LINKEN)

Egal wo, egal von wem: Antisemitismus darf nie wieder zu Deutschland gehören.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass wir unsere Freundschaft zu Israel weiterhin pflegen und vertiefen, und so gesehen steht in dem Antrag auch einiges Gutes, liebe CDU. Das war allerdings auch schon in dem Antrag aus der letzten Legislaturperiode der Fall, und es ist wirklich etwas peinlich, wie meine Kollegin Frau Hennies gerade gesagt hat, dass Sie es trotz des Vorsitzes im Europaausschuss nicht geschafft haben, diesen Antrag dort zu behandeln. Ich freue mich, wenn wir uns jetzt im Europaausschuss zusammensetzen und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Israel gemeinsam eruieren, statt hier symbolpolitisch wiederholt mit sich ähnelnden Anträgen zu kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dennoch sehen wir viele Anknüpfungspunkte, insbesondere in der Forderung, dass vor allem junge Menschen die Möglichkeit zum gegenseitigen Kennenlernen bekommen sollen. Gleichzeitig möchte ich festhalten, dass Hamburg hier – und vielleicht hören Sie auch zu, Herr Thering – bereits sehr aktiv ist. Neben mehreren Austauschformen …

(Dennis Thering CDU: Sind Sie jetzt dafür oder nicht?)

Ja, hören Sie mal zu, hören Sie mal zu, dann …

(Dennis Thering CDU: Sind Sie gegen eine Städtepartnerschaft?)

Es gibt nämlich bereits mehrere Austauschprogramme an Hamburger Schulen; insbesondere zwischen vielen Hochschulen und Fakultäten in Israel und Hamburg gibt es eine rege Zusammenarbeit. Und das möchte ich noch einmal betonen: Ja, wir haben keine institutionalisierte Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt. Aber: Ja, auch in und aus Hamburg finden Austausch und Zusammenarbeit mit Israel statt, und das bereits seit Jahren. Das nehmen Sie in Ihrem Antrag gar nicht zur Kenntnis; das fehlt da vollkommen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(Astrid Hennies)

Deshalb noch mal für euch zur Kenntnis, liebe CDU: Bereits seit Jahren gibt es Austausch in der Bildung, aber auch in den Bereichen Wissenschaft, Innovation und Forschung.

(Dennis Thering CDU: Hat keiner bestritten!)

Ich gebe Ihnen eine Liste zu Protokoll.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Zusammenarbeit – das hat Frau Hennies auch gesagt – bezieht sich da nicht nur auf eine Stadt, sondern auf mehrere Orte in Israel. Das hat auch pragmatische Gründe, Herr Thering, weil zum Beispiel Forschungseinrichtungen nicht zentralisiert sind.

(Zurufe)

Auch unsere Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank war – unter anderem vor dem Hintergrund der Förderung von Wissenschaft und Forschung und Existenzgründung – bereits zweimal in Israel: 2017 und 2019. Sie sehen also: Unsere Stadt pflegt bereits vielfältige und vor allem lebendige Kontakte und Kooperationen mit Institutionen in ganz Israel.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Weil uns aber ebenfalls sehr an den freundschaftlichen Beziehungen zu Israel liegt, werden wir den Antrag erneut zur Beratung an den Europaausschuss überweisen. Lassen Sie uns dort gern uns konstruktiv zu den Möglichkeiten bilateraler Kooperation Hamburgs mit Israel austauschen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Für die Linksfraktion erhält Herr Stoop das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Dieses Jahr feiert Israel sein 75-jähriges Bestehen und damit auch die Etablierung eines sicheren Zufluchtsortes für Jüdinnen und Juden aus aller Welt. Die Geschichte der Shoah verpflichtet uns schon dazu, die Existenz des Staates Israel aus genau diesem Grunde zu verteidigen und uns überall dort, wo er auftritt, gegen Antisemitismus einzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Mehr noch sollte es darüber hinaus darum gehen, Freundschaft und Begegnung zu ermöglichen. Und auch wenn ich die Kritik von Rot und Grün am Umgang der CDU mit ihrem eigenen Antrag im Ausschuss durchaus nachvollziehen kann – das sei an dieser Stelle auch mal gesagt –, der jetzt hier wieder vorgelegt wird, danke ich der CDU für diese Anregung, die hier gegeben wird, und würde

sie an dieser Stelle aufgreifen wollen, auch wenn der Umgang ein wenig unehrlich war.

(Ksenija Bekeris SPD: Ein wenig!)

Denn Städtepartnerschaften, die institutionalisiert sind, schaffen einen sicheren Rahmen, um genau das zu ermöglichen, was wir wollen, nämlich einen Fokus auf Jugendaustausche, auf kulturelle Begegnungen und die Vernetzung zivilgesellschaftlichen Engagements. Darum wäre ich auch dafür, das nicht einfach zur Seite zu wischen und zu sagen, man habe schon an dieser oder jener Stelle bestimmte Projekte laufen, sondern eine Städtepartnerschaft im echten Sinne würde das noch mal auf ein anderes Level heben.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun leitet die CDU ihren Antrag unter anderem mit einem Zitat aus der Präambel unserer Verfassung ein: Hamburg möge eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein. Damit richtet sich aus meiner Sicht aber der Fokus auf eine Leerstelle in der Debatte, die bisher noch gar nicht zur Sprache gekommen ist. Wenn wir nämlich auf die Region Israel und Palästina schauen, dann haben wir auf der einen Seite ein Jubiläum einer Staatsgründung, die einen sicheren Hafen für Jüdinnen und Juden in der Welt schafft. Wir haben auf der anderen Seite aber auch eine Geschichte der Vertreibung, und wir haben eine Region, in der seit Jahrzehnten erhebliche Konflikte ablaufen, in denen also eine Mittlerin des Friedens bitter notwendig wäre.

Deshalb schlagen wir vor und haben das bereits in der Debatte des vorherigen Antrags eingebracht, ob es nicht eine Überlegung sein könnte, auch die palästinensische Seite in eine solche Städtepartnerschaft miteinzubeziehen – ohne in die Hybris zu verfallen, dass wir jetzt hier in Hamburg den Nahostkonflikt lösen werden, aber in Hamburg im Kleinen einen Beitrag dazu zu leisten, dass Begegnung möglich ist. Ich finde, das wäre ein Ansatz, der im Ausschuss wirklich diskutierenswert wäre. Darum bin ich auch dafür, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird, und hoffe, dass wir in genau diese Richtung weiterdiskutieren werden.