möglicherweise, um davon abzulenken, dass Sie in Ihrem Wahlprogramm genau das fordern, was Teilkampf der Bewegung gewesen ist: dagegen anzuarbeiten. Das ist nämlich ein Rollback in vergangene Zeiten,
ein Rollback in ein klassisches Familienmodell, das unter anderem die Grundlage dafür ist, dass wir heute immer noch eklatante Lücken bei der Bezahlung, ein Selbstverständnis, was Sorgearbeit angeht und eine Ungleichverteilung von Macht in unserer Gesellschaft haben.
und reaktionäres Gedankengut immer weiter Bahn brechen, auch in der gesellschaftlichen Debatte. Das werden wir nicht hinnehmen.
Richtigstellen möchte ich auch: Gewalt an Frauen und Mädchen ist ein großes Problem. Ich finde richtig, dass es hier mit dieser Klarheit und Vehemenz angesprochen wurde, aber das jetzt festzumachen, um darüber wieder Ressentiments gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen zu schüren, ist einfach unredlich. Alle Statistiken und Studien zeigen:
(Krzysztof Walczak AfD: Machen Sie doch mal was gegen die Gewalt, und sparen Sie sich Ihre Sonntagsreden!)
Gewalt ist ein Thema, das wir in der ganzen Gesellschaft haben und das wir auch als gesamte Gesellschaft angehen müssen.
Das heißt in allererster Linie auch, das Tabu zu brechen, darüber zu reden, und Schutzstrukturen zu schaffen, wie wir es in Hamburg tun und auch weiter tun werden. Es gibt einen großen Bedarf; das ist völlig richtig. Es ist ein Thema, das beim Senat oben auf der Agenda steht, weil es eben eins ist, das viele betrifft: Frauen und Mädchen und ihre Familien. Und es ist Aufgabe unserer Stadt, hier für Schutzräume zu sorgen. Das werden wir auch weiterhin mit großem Engagement tun.
Seit über 100 Jahren geht es um Frauenrechte. Ich finde, es ist durchaus angemessen, zu sagen, dass diese Frauenrechte weder der Verfassung in den Schoß gefallen sind – die Kollegin Dobusch hat es gerade sehr eindrücklich dargestellt – noch dass es an anderer Stelle irgendwie selbstverständlich gewesen ist, von Anfang an Gleichberechtigung in wirklich allen Bereichen zu haben und zu leben: das Recht auf die Freiheit, den Beruf frei zu wählen und Geld zu verdienen, bis hin zur Frage Abschaffung der Vergewaltigung in der Ehe. Übrigens erst 1997 hat der Bundestag diesen Beschluss getroffen, was auch sehr tief blicken lässt, wenn es um unser Selbstverständnis für ein gleichberechtigtes System geht, in dem alle gleiche Rechte haben und selbstbestimmt und auch diskriminierungsfrei leben können.
Was mich sehr ermutigt hat in den letzten Tagen rund um den 8. März, war der Eindruck, dass die Stadt wirklich in Bewegung gewesen ist. Ich war bei vielen Veranstaltungen von Unternehmen, bei Konzerten, im Kulturbereich, im Bereich Sport. Dort ist viel darüber diskutiert worden, wie es uns eigentlich gelingen kann, die großen Lücken, die wir noch haben – das fängt bei der Frage von Führung an und geht über die ganzen Gaps wie PayGap und Care-Gap bis hin zum Pension-Gap –, gut und besser zu fassen zu kriegen. Das finde ich ermutigend.
Was natürlich gleichzeitig – das sage ich auch ganz offen und ehrlich – frustrierend ist: dass wir beim Pay-Gap immer noch bei 18 beziehungsweise 21 Prozent sind und dass das massive Auswirkungen auf die Frage der Altersarmut hat, wie gerade schon angesprochen. Auch hier sind Frauen mit Migrationsgeschichte in besonderem Maße betroffen. Eine, wie ich finde, schockierende Zahl: Über 50 Prozent gerade von Frauen mit Migrationsgeschichte haben ein Einkommen von monatlich unter 1 000 Euro. Wenn man das auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte übersetzt, dann haben wir da ein Thema.
Das heißt, wir müssen uns weiter mit Strukturen befassen. Wir müssen uns weiter damit befassen, ob wir genug tun, genug auf den Weg gebracht haben, um zum einen Arbeitskulturen zu verändern: Das ist das Thema "Die Hälfte der Macht den Frauen", was auch heißt, Führung auf allen Ebenen so zu öffnen, dass es für Frauen in allen Bereichen möglicher und erleichtert wird, tatsächlich diesen Weg zu gehen. Andererseits müssen wir bei der Frage der gleichberechtigten Sorge und Familienarbeit sehen, dass wir eine bessere Verteilung hinkriegen, denn das fällt natürlich in diese Frage der Gaps und der Lücken mit hinein. Wir haben – wie angesprochen – mit unseren Rahmenprogrammen, mit dem Gremienbesetzungsgesetz, mit unserem Gleichstellungsmonitor jetzt eine verbesserte Datenlage; wir setzen Rahmen, wir haben alle Bereiche in den Blick genommen.
Ich will noch einmal sagen, weil das eben angesprochen wurde: Das Thema Kita und Schule ist schon eins, bei dem wir als Stadt vorangegangen sind: mit Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten in der Schule und dem Ausbau von Kitaplätzen auf eine wirklich beispielhafte Art und Weise, um zu ermöglichen, bessere Vereinbarkeiten hinzukriegen.
Ich gebe zu, wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen; das muss man an einem solchen Tag oder bei einer solchen Debatte auch sagen. Ich bin optimistisch, dass wir es mit vereinten Kräften hinkriegen. Die übergroße Mehrheit in diesem Haus hat in den vergangenen Tagen, als es darum ging, für unsere Demokratie und für die Freiheit auf die Straße zu gehen – und da werde ich wieder sehr grundsätzlich –, gesagt: Hier ziehen wir an einem Strang. Denn eins ist klar: Frauenrechte sind Menschenrechte, Menschenrechte sind Frauenrechte – und das gilt überall. Deshalb gilt auch heute unsere Solidarität all denjenigen Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens – sei es im Iran oder aktuell auch in anderen Ländern – auf die Straße gehen und für ihre Freiheit, für ihre Selbstbestimmung und für Demokratie kämpfen. Ich würde mir wünschen, dass wir uns nicht nur am 8. März, sondern 365 Tage im Jahr mehr und intensiver damit befassen, wie wir eklatante Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und vor allem die volle Vielfalt, Selbstbestimmung für Frauen bei uns erreichen, in der Stadt erreichen, in Deutschland erreichen.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleg*innen! Als Feminist*innen setzen wir uns für die Sicherheit aller Frauen ein, unabhän
gig von Migrationshintergrund, Religion, Sexualität oder davon, ob sie eine Behinderung haben. Und Transfrauen sind für uns selbstverständlich auch Frauen.
Gemeinsam kämpfen wir gegen patriarchale Strukturen. Für uns ist klar: Der beste Schutz für Frauen ist die Hälfte der Macht und das Aufbrechen tradierter Geschlechterrollen.
Der Internationale Frauentag entstand im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen am Anfang des 20. Jahrhunderts. Er geht zurück auf den 8. März 1908. 1911 wurde der erste Weltfrauentag auch in Deutschland begangen, um an das Unglück als Resultat der Ausbeutung von Frauen zu erinnern und Gleichberechtigung und das Wahlrecht von Frauen zu fordern. Heute ist der Internationale Weltfrauentag – Plattform für eine vielfältige, intersektionale, feministische Bewegung, die fest im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert ist und die jetzt, nach der Durchsetzung des Wahlrechts und der rechtlichen Gleichstellung, neue und weitere Themen auf die Agenda gesetzt hat, unter anderem Schutz vor Gewalt, ökonomische Gleichstellung und reproduktive Selbstbestimmung.
Deswegen bin ich nach wie vor dafür, den Weltfrauentag so wie in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zum gesetzlichen Feiertag zu machen.
Analog zum 1. Mai könnte der Weltfrauentag so noch stärker zu einem Tag der Solidarisierung, aber auch des Engagements für mehr Gleichstellung, für Selbstbestimmung, für Vielfalt, für Gleichberechtigung werden. Das ist in der aktuellen Zeit beim Erstarken von Rechtsextremen und autokratischen Strukturen in ganz Europa wichtiger denn je. Denn es geht um nichts weniger als die freie Gesellschaft, in der alle Menschen selbstbestimmt, gewalt- und diskriminierungsfrei leben können.
Und der Frauentag ist ein internationaler Kampftag. Frauenrechte sind ein Gradmesser für unsere Demokratie. Überall da, wo Frauenrechte in Gefahr sind, ist auch unsere liberale Demokratie in Gefahr. Deswegen lassen Sie uns weiterhin solidarisch sein mit der feministischen Revolution im Iran, mit den mutigen Frauen in der Ukraine, in Belarus und in Russland, teilweise im Exil. Und lassen Sie uns die Frauen in Afghanistan nicht vergessen. Weltweit werden Frauen Opfer von sexualisierter Gewalt in Kriegs- und Krisengebieten, auf der Flucht, weltweit sind Frauen von Diskriminierung betroffen. Aber ebenso kämpfen Frauen
weltweit für ihre Rechte und ihre Würde, für Demokratie, für Menschenrechte und für Freiheit. Diesen Kampf sollten wir gemeinsam weitergehen, in diesem Haus, in der ganzen Stadt und gemeinsam weltweit. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank! – Herr Grutzeck, das war eine treffende Analyse, die Sie heute vorgetragen haben; vieles davon kann ich bestätigen – nur hat mir in Ihren Ausführungen ein bisschen die Programmatik der CDU gefehlt, denn ich kenne die CDU nicht als programmatisch gleichstellungspolitische …
(Andreas Grutzeck CDU: Sie kennen die CDU nicht! – Dennis Thering CDU: Sie soll- ten die CDU mal kennenlernen!)
Ja, Sie pöbeln mir wieder dazwischen. Damit fallen Sie hier nämlich auf: Sie pöbeln Frauen, wenn sie hier vorn reden, dazwischen.
Insofern war das … Ich schätze Sie, Herr Grutzeck, im Sozialausschuss sehr, aber das war für mich heute wirklich eine absolute Schaufensterrede.
Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist allerdings seit weit über 100 Jahren eine unumstößlich sozialdemokratische Thematik. Die Zeit rund um den Weltfrauentag gibt uns die Gelegenheit, mit Stolz auf das zu blicken, was erkämpft worden ist. Sie führt uns aber auch jedes Jahr wieder vor Augen, was eigentlich noch alles zu tun ist. Gewaltfrei zu leben ist doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit oder sollte es sein für Frauen in diesem Land, in diesem Jahr, aber das ist es eben nicht; die Zahlen wurden schon genannt: Allein in Hamburg gab es im vergangenen Jahr 13 Femizide, weitere sechs Frauen konnten einen Tötungsversuch überleben.
Gewalt gegen Frauen hört nicht von allein auf. Sie wird auch nicht weniger, im Gegenteil: Sie hat viele Gesichter. Und sie begegnet Frauen überall: zu Hause, am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum und vor allem im Netz. Gewalt gegen Frauen kennt keinen sozialen Status, kein Alter, keine Herkunft, keine Religion, sie ist allgegenwärtig, und sie ist weltweit ein Problem. Gewalt gegen Frauen ist also kein importiertes Problem, wie die AfD es immer wieder weismachen will. Auch finde ich es unerträglich, wie Sie immer wieder Opfer von Gewalt instrumentalisieren und hier gegen jede wis