Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

Sie haben 35 Millionen DM mehr zur Verfügung gestellt, und das ist nicht wahr.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Sigrid Keler, SPD: 77 Millionen sind nicht ausgegeben worden.)

Das Ist für ’98 betrug sogar mehr als 125 Millionen DM.

(Sigrid Keler, SPD: 129!)

Die reale Steigerung ist also nur knapp 10 Millionen DM und nicht 35 Millionen DM,

(Sigrid Keler, SPD: Ach, Herr Vierkant!)

wie fälschlicherweise behauptet wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Sigrid Keler, SPD)

Frau Keler, wäre es nicht richtig gewesen, auch diesen Sachverhalt in der Pressemitteilung korrekt zu erwähnen?

(Beifall Friedbert Grams, CDU – Sigrid Keler, SPD: Herr Vierkant, haben wir alles!)

Und es ist einfach auch nicht wahr, das ist ein weiterer Aspekt, wenn in diesen Tagen von Frau Keler geltend gemacht wird, die Kommunen könnten das Geld jetzt problemlos nutzen.

(Sigrid Keler, SPD: Ja, können sie, Herr Vierkant.)

Genauso wenig ist der Mittelabfluss ein Indiz dafür, dass die veranschlagten Mittel für 2000 eher zu hoch als zu niedrig bemessen sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Sigrid Keler, SPD: Was?)

Wer sich ein wenig in der Praxis der Kommunen auskennt, der weiß, dass die IFG-Mittel für dieses Jahr schon zu einem ganz erheblichen Teil verplant sind und folglich die Städte und Gemeinden, selbst wenn sie es denn wollten, eine Umschichtung der Gelder gar nicht mehr vornehmen können.

(Sigrid Keler, SPD: Ja.)

Insofern kommen sie natürlich auch nicht unmittelbar und sofort in den Genuss der erweiterten Förderungsmöglichkeit.

(Sigrid Keler, SPD: Aber das ist doch Unfug, Herr Vierkant! Sie reden wie der Blinde von der Farbe.)

Meine Damen und Herren, vielmehr ist es doch so, dass sie bei größeren Investprojekten auf Grund ihrer meist schwachen Finanzausstattung die Mittel erst über mehre

re Perioden ansparen müssen, um derartige Maßnahmen zu realisieren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Sigrid Keler, SPD: 77 Millionen, Herr Vierkant! 77 Millionen!)

Da ist es schon beinahe zynisch, Frau Keler, wenn den Kommunen der vergleichsweise geringe Mittelabfluss vorgehalten wird.

(Sigrid Keler, SPD: Ja.)

Hier werden Ursache und Wirkung in der Tat vertauscht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Sigrid Keler, SPD: Ja, von Ihnen.)

Allein in meiner Stadt Stralsund besteht bei den allgemeinbildenden Schulen ein Sanierungsbedarf von sage und schreibe über 75 Millionen DM.

(Sigrid Keler, SPD: Ja. – Der Abgeordnete Herbert Helmrich meldet sich für eine Anfrage.)

Wenn Sie diesen Ansatz auf das Land hochrechnen, liegen Sie mit Sicherheit im oberen dreistelligen Millionenbereich, wenn nicht gar im Milliardenbereich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Sigrid Keler, SPD: Herr Vierkant, mit IFG-Mitteln in den nächsten fünf Jahren 750 Millionen DM.)

Einen Moment bitte. Der Abgeordnete Helmrich möchte eine Frage stellen. Das ist aber leider in der Aktuellen Stunde nicht üblich bei uns.

Und wenn ich mir dann die Tatsache vor Augen führe, dass – und, meine Damen und Herren, ich möchte die Beispielsebene Stralsund weiterhin anführen – dort im Jahre ’99 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 16 Millionen DM abgelehnt wurden, dann kommt man ganz schnell zur unerfreulichen, aber leider wahren Erkenntnis, die Neuerungen hören sich zuerst gut an und sind in der Nachfolge wohl auch hilfreich, nur unmittelbar helfen werden sie weder den Gemeinden noch Eltern, Schülern und Lehrern.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Vielmehr bleibt es dabei, sei es direkt über den kommunalen Finanzausgleich oder noch besser über ein gesondertes Schulbauprogramm, es sind zusätzliche Landesmittel bereit zu stellen. Dieses ist bildungspolitisch erforderlich, arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und haushaltspolitisch sicherlich auch verantwortbar. – Haben Sie vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Polzin von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Polzin.

(Reinhard Dankert, SPD: Jetzt hören wir was Vernünftiges.)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Schulpolitik des Landes Mecklenburg-Vorpommern in fünf Minuten zu umreißen, erfordert entweder einen Presto-Telegrammstil oder die Beschränkung auf wichtige Schwerpunkte. Da ich leider nicht ganz so schnell reden kann wie die von mir

hoch geschätzte Regine Hildebrandt, will ich in meinem Redebeitrag die aus meiner Sicht entscheidenden Bildungsschwerpunkte, die aktuellen in dieser Legislaturperiode, fokussieren.

Wo liegt denn die von der Opposition beschworene Dramatik in der Schulpolitik? In der rechnerischen Unterrichtsversorgung von 100 Prozent, in der bundesweit sehr geringen tatsächlichen Unterrichtsausfallquote, in der Umsetzung des Lehrerpersonalkonzepts,

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja.)

in der Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung, in der Konzentration des Schulbaus auf Sonderbedarfszuweisung, kommunalen Aufbaufonds und IFG? Wie ich gerade hörte, war dies schon ein dramatischer Punkt, und, Herr Vierkant, nur ein Satz nebenbei, mehr lässt die Zeit nicht zu: Wir haben da noch einen langen Weg vor uns, das ist mir wohl bewusst, aber wir befinden uns auch im Jahre Zehn nach dem Umbruch, und ich meine, in dieser Zeit ist schon entschieden viel gestaltet worden, und wir sind da auf einem richtigen Wege –

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

in der Änderung des Schulgesetzes mit Drittelparität der Schulkonferenz und Aufhebung der Zensur bei Schülerzeitungen oder gar im Landesprogramm zur Qualitätssicherung. Ich weiß, Schule läuft viel unspektakulärer ab, als dies in der Politik und in den Medien oft so scheinen mag. Nach dem Motto „Der Caffier bellt, aber die Karawane zieht weiter.“ wird vor Ort täglich das Machbare geleistet. Die Rahmenbedingungen stehen im wesentlichen bereits seit 1991 mit dem vorläufigen Schulgesetz fest. Fehlentwicklungen auszugleichen ist ein Hauptanliegen des in Arbeit befindlichen Schulprogramms zur Qualitätssicherung. Dieses ist bereits durch die Bildung von Arbeitsgruppen, zahlreiche Anregungen aus der Schulpraxis und ein geplantes Symposium im März diesen Jahres auf einem guten Weg.

Brisanter wird dagegen die Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung in ihrer Umsetzung werden. Rein theoretisch ist jedem klar, dass der Geburtenrückgang Konsequenzen auch auf die zukünftige Zahl von Schulstandorten hat. Einzügige Systeme sind auf Dauer uneffizient und binden Mittel, die dringend zur Sicherung von Schulqualität gebraucht werden. In der Praxis jedoch ist schon davon auszugehen, dass von den Betroffenen um jede kleine Schule gekämpft wird, und das mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit. Die demografische Entwicklung ist kein Parteienproblem oder besser gesagt ein Allparteienproblem. Selbst eine Biertrinkerunion in Regierungsverantwortung müsste hier unpopuläre Entscheidungen treffen. Für die Bildungspolitik des Landes gilt vor allem, diesen notwendigen, aber auch schmerzlichen Prozess so zu begeleiten, dass unter Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen pädagogisch sinnvolle Strukturen entstehen, die anonyme Kombinatsschulen und unerträglich lange Schulwege für die Kinder ausschließen.

In diesem Zusammenhang ist eine zügige Entscheidung zur Gestaltung der schulartenunabhängigen Orientierungsstufe dringend erforderlich, um Planungssicherheit für die Schulträger und Kreise zu gewährleisten.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD)

Und an dieser Stelle würde ich auch gern mal den Stellenwert von Orientierungsstufe sehen, weil es oftmals

scheint, dass es das einzige Problem in der Bildung ist. Dieses ist es durchaus nicht.

Eine weitere Konsequenz des Geburtenrückgangs ist der wachsende Überhang an Lehrkräften, dem durch die Umsetzung des Lehrerpersonalkonzeptes begegnet werden soll. Auch hier muss vom kommenden Schuljahr an die Praxis beweisen, was die Theorie wert ist. Neben der Erweiterung des Maßnahmekatalogs von Teilzeit und Vorruhestand durch Arbeitszeitkonten und sabbatical, die ich im Grundsatz sehr begrüße, bleiben für die Praktikabilität und Flexibilität von Schule doch noch offene Fragen. Dazu gehört vor allem der Aspekt, dass durch die geringer werdenden Stundenverpflichtungen dem Lehrer wesentlich mehr Spielraum für Vertretungen bleibt und somit Unterrichtsausfall zu minimieren sein müsste. Jedoch wird dies nicht zum Nulltarif zu haben sein, denn bei Teilzeitkräften ist nach einem aktuellen Urteil jede Mehrarbeitstunde zu vergüten. Weiterhin fehlen in der Praxis verbindliche Aussagen zum Funktionsbild eines Lehrers, denn es verringert sich zwar die Anzahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden...

Frau Abgeordnete, ich muss Sie leider unterbrechen. Kommen Sie bitte zum Ende.

Das tue ich dann.