Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich eröffne die unterbrochene Sitzung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften im Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/726, und des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Rundfunkgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/118, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, Drucksache 3/1149. Hierzu liegen Ihnen vier Änderungsanträge der Fraktion der CDU auf den Drucksachen 3/1165 bis 3/1168 sowie zwei Änderungsanträge der Fraktionen der SPD und PDS auf den Drucksachen 3/1176 und 3/1177 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften im Land Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 3/726 –

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Rundfunkgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (3. ÄndG-RGMV) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 3/118 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 3/1149 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/1165 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/1166 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/1167 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 3/1168 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS – Drucksache 3/1176 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und PDS – Drucksache 3/1177 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Innenausschusses Herr Friese von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf der Landesregierung soll der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Landesrecht transformiert werden. Dieser Staatsvertrag dient zunächst der Umsetzung der EU-Richtlinie. Damit soll die freie Übertragung von Großveranstaltungen im Fernsehen

garantiert werden – ein Anliegen, das schon des Öfteren Gegenstand von Landtagsdebatten war. Im Übrigen sind Vorschriften zur Werbung und zum Jugendschutz enthalten. Außerdem soll den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern eine Darstellung im Internet ermöglicht werden.

Der Novellierungsbedarf für das Rundfunkgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern ergab sich aus verschiedenen Gesetzen:

dem Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17. Dezember 1996

dem Mediendienste-Staatsvertrag vom 16. Juni 1997 sowie

dem soeben angesprochenen Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Der Gesetzentwurf der Landesregierung berührte folgende Bereiche:

die Zulassungsvoraussetzungen des Rundfunks

die Zulassungsfreiheit der Mediendienste

die Einführung des digitalen Rundfunks

die Umsetzung der EU-Fernsehrichtlinie

den Jugendschutz

Werberegelungen

den Datenschutz

die Ordnungswidrigkeitsbestimmungen und

eine Strafbestimmung

Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, den Medienstandort Mecklenburg-Vorpommern weiterzuentwickeln und für eine bessere Bürgerbeteiligung bei den Rundfunk- und Fernsehprogrammen zu sorgen. Dieses soll vor allem durch eine versuchsweise Einführung des lokalen Fernsehens erfolgen. Der Drehstandort Mecklenburg-Vorpommern soll durch nicht verbrauchte Mittel der Landesrundfunkzentrale gefördert werden. Der Landesrundfunkzentrale wird die Förderung von modernen Rundfunkübertragungstechniken sowie der technischen Infrastruktur zur terrestrischen Versorgung des gesamten Landes ermöglicht. Die Landesrundfunkzentrale kann darüber hinaus Projekte zur Förderung der Medienkompetenz unterstützen.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/118 zielt darauf ab, die Ausstrahlung zum Beispiel digitaler Rundfunkprogramme in Mecklenburg-Vorpommern als Versuchsmodelle zu ermöglichen.

Der Innenausschuss hat neben gesetzestechnischen Änderungen insbesondere die folgenden Änderungen gegenüber dem Entwurf der Landesregierung vorgenommen:

Die Befristung des lokalen Fernsehens soll statt bis zum 31.12.2005 nun bis zum 31.12. des Jahres 2010 erfolgen. Der Offene Kanal in Hörfunk und Fernsehen soll in Zukunft als Dauereinrichtung betrieben werden. Der Landesanstalt soll die Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten das Angebot der Offenen Kanäle auszuweiten beziehungsweise weitere Offene Kanäle einzurichten. Entfallen soll künftig die Möglichkeit der Durchführung lokaler und regionaler Hörfunkprogramme im Rahmen des Rundfunkversuches. Die Sitzungen

des Landesrundfunkausschusses sollen grundsätzlich öffentlich sein. Die möglichen Einnahmen aus der Rundfunkabgabe sollen für Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz verwendet werden. Der Vorwegabzug vom Anteil der Landesrundfunkzentrale an den Gebühreneinnahmen wird von 15 auf 20 Prozent erhöht. Mit 15 Prozent sollen rundfunkgerechte Musikdarbietungen in Mecklenburg-Vorpommern und Orchester aus dem Lande sowie in Höhe von 5 Prozent die audiovisuelle Darstellung des Landes und die Produktionen von Filmschaffenden aus Mecklenburg-Vorpommern unterstützt werden.

Ferner hat der Innenausschuss beschlossen, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/118 für erledigt zu erklären.

Grundlage für die Beratungen des Innenausschusses waren Stellungnahmen von mehr als 20 Sachverständigen der kommunalen Landesverbände, der Landesrundfunkzentrale, des Norddeutschen Rundfunks, verschiedener Medien- und Kulturbereiche, der Gewerkschaften und der Parteien, die an einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses zu den Gesetzentwürfen am 8. Dezember 1999 teilgenommen haben. Neben einer Vielzahl von Anregungen zu den einzelnen gesetzlichen Regelungen wurden in der Anhörung kontroverse Standpunkte vor allen Dingen zur Verwendung des Vorwegabzuges vom zweiprozentigen Anteil an der Rundfunkgebühr, der der Landesrundfunkzentrale zusteht, sowie zur vorgesehenen Regelung zur Wahlwerbung vorgetragen.

Ich danke den Sachverständigen, den mitberatenden Ausschüssen und vor allen Dingen den medienpolitischen Sprechern der Fraktionen für die konzentrierte und offene Form der Beratung beider Gesetzentwürfe.

Meine Damen und Herren! Eine redaktionelle Änderung, die ich vortragen und beantragen möchte im Namen aller Fraktionen in diesem Hause, betrifft den Paragraphen 11 Absatz 6 Satz 2. Hier beantrage ich, das Wort „dieses“ durch das Wort „diesen“ zu ersetzen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Friese.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Ministerpräsident Herr Dr. Ringstorff.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An Medien oder an Medienpolitik scheint kein so großes Interesse zu bestehen, aber es sind ja Unterschiede, ob Interesse an Medien oder an Medienpolitik besteht.

Technischer Fortschritt verändert in rasantem Tempo unsere Medienwelt. Satelliten, Glasfaserkabel und andere Techniken schufen in den vergangenen Jahren eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Konsequent genutzt, gerade auch von den privaten Anbietern, wuchs die Zahl der Programme ins beinahe Unendliche. Alte Grenzen von Raum und Zeit existieren nicht mehr. Elektronische Datenübertragung macht es möglich. Wir haben ja gehört, dass

unsere Landtagssitzung heute auch im Internet übertragen wird. Die Welt – ein globales Dorf. Jeder kann jederzeit Informationen und Bilder zu jedem beliebigen Thema abrufen – per Einschaltknopf.

Meine Damen und Herren! Immer entstehen durch Fortschritt neue Möglichkeiten. Aber Fortschritt bedarf auch neuer Spielregeln, damit aus Fortschritt ein Mehr an Freiheit und Chancen für jedermann wird und nicht nur für wenige. Es gilt, Meinungs- und Informationsvielfalt zu sichern, den Zugang für die Bürger und Bürgerinnen zu gewährleisten, Nutzungsrechte gerecht zu verteilen. Es gilt aber auch, neue Kompetenzen zu erwerben, um die neuen Möglichkeiten geschickt und verantwortungsvoll zu nutzen.

Wir beraten heute den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den ich im vergangenen Jahr für das Land Mecklenburg-Vorpommern unterzeichnet habe. Mit dem vorliegenden Entwurf für ein Zustimmungsgesetz soll der Staatsvertrag in Landesrecht übertragen werden. Wichtig: Er sieht unter anderem vor, dass Großveranstaltungen, wie die Olympischen Spiele in Sydney in diesem Jahr oder die Fußballweltmeisterschaft, auch zukünftig frei im Fernsehen übertragen werden und die Bürger nicht zusätzlich zur Kasse gebeten werden.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Meine Damen und Herren! Sie entscheiden mit diesem Gesetzentwurf heute auch über die Neufassung des Landesrundfunkgesetzes. Die Notwendigkeit der Novellierung ergibt sich infolge des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages von 1996, des MediendiensteStaatsvertrages von 1997 sowie des nun Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrages. Und hier besteht Anpassungsbedarf unseres Landesrechts in vielfältiger Hinsicht, so unter anderem, was die Zulassungsvoraussetzungen des Rundfunks, die Zulassungsfreiheit der Mediendienste und die Einführung des digitalen Fernsehens angeht. Der Novellierungsbedarf umfasst auch den Jugendschutz, Werberegelungen und den Datenschutz. Darüber hinaus verfolgen wir mit diesem Gesetzentwurf das Ziel, den Medienstandort Mecklenburg-Vorpommern weiterzuentwickeln und für eine stärkere Bürgerbeteiligung bei der Rundfunk- und Fernsehproduktion zu sorgen. Zur Stärkung des Medienstandortes soll es zukünftig Firmen, die jetzt Veranstaltungsfernsehen betreiben, ermöglicht werden, auch allgemeine Sendungen mit vor allem lokalen Charakter zu produzieren und zu senden.

Und auch der Drehstandort Mecklenburg-Vorpommern soll weiter gestärkt werden. Herr Friese wies schon darauf hin. Zu diesem Zweck ist eine Vorwegabzugsregelung der Mittel der Landesrundfunkzentrale in Höhe von fünf Prozent für den Film in Mecklenburg-Vorpommern vorgesehen. Die im Lande gedrehten Filme, wie zum Beispiel „Die Stille nach dem Schuss“ von Volker Schlöndorff sowie die ARD-Produktion „Jahrestage“ nach dem Roman von Uwe Johnson oder aber auch die Vorabendserie „Tanja“ oder die erste internationale Produktion „Mambo Jumbo“ zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ein Konzept der Landesregierung zum Drehstandort Mecklenburg-Vorpommern wird noch in diesem Jahr beschlossen. Wichtig ist dabei ein Location-Büro in Mecklenburg-Vorpommern, damit Produzenten und Regisseure Informationen zentral über diesen Drehstandort abrufen können. Und bei der Initiative „Location Germany“, bei der Drehstandorte in ganz Deutschland im Internet präsentiert werden sollen, spielt Mecklenburg-Vorpommern eine Vorreiterrolle. Eine

vertragliche Grundlage mit der Norwegischen Filmkommission für eine Drehbuchschule konnte während meiner Norwegenreise im Februar dieses Jahres gelegt werden.