Protokoll der Sitzung vom 16.03.2000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1139. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1139 ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Zustimmung der Fraktion der CDU abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zusammenarbeit der Landesversicherungsanstalt mit den Rehabilitationskliniken des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 3/1142.

Antrag der Fraktion der CDU: Zusammenarbeit der Landesversicherungsanstalt (LVA) mit den Rehabilitationskliniken des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 3/1142 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Glawe, quälen Sie uns nicht so lange! – Angelika Gramkow, PDS: Bitte, bitte! – Dr. Armin Jäger, CDU: Reizen Sie ihn nicht! – Heiterkeit bei Heidemarie Beyer, SPD)

19.00 Uhr ist Sandmannzeit.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rehabilitation im weitesten Sinne ist die möglichst umfassende Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit eines Menschen nach einer schweren Erkrankung, einschließlich seiner Wiedereingliederung in das gesellschaftliche, meist auch das berufliche Leben. Man unterscheidet die medizinische, die schulische und berufliche sowie die soziale Rehabilitation. Der wichtigste Träger der Reha-Maßnahmen ist die gesetzliche Rentenversicherung. Sie gewährt Leistungen, wenn die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet ist, sowie die verminderte Erwerbs

fähigkeit, wenn die Erwerbsfähigkeit durch Reha-Maßnahmen wesentlich gebessert werden kann. Während der Teilnahme an medizinischen oder beruflichen Reha-Maßnahmen wird ein Übergangsgeld gezahlt.

Für nicht rentenversicherte Kranke beziehungsweise Familienangehörige ist die Krankenkasse zuständig. Sie gewährt allerdings nur medizinische Reha-Leistungen. Liegen weder Renten- noch Krankenversicherungsschutz vor, hat das Sozialamt die Kosten der Maßnahme nach Paragraph 39 Eingliederungshilfe BSHG zu übernehmen. Allerdings wird das Einkommen und Vermögen des Hilfeempfängers beziehungsweise seiner Unterhaltspflichtigen berücksichtigt.

Meine Damen und Herren! Mecklenburg-Vorpommern ist ein Land, das mit Reha-Einrichtungen für Kinder und Erwachsene, mit Mutter-und-Kind-Kliniken sowie mit Einrichtungen des Mütter-Genesungswerkes werben kann. Wir haben 63 Einrichtungen mit circa 9.600 Betten und mit immerhin 4.000 Beschäftigten in diesem Bereich. Zur Sicherung der Belegung der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen schließen diese Einrichtungen mit den Kostenträgern Versorgungsverträge. Kostenträger sind gesetzliche Krankenversicherungen, Rentenversicherungen, Unfallversicherungen und Berufsgenossenschaften.

Mecklenburg-Vorpommern hat die Chance, Tourismusund Gesundheitsland in Deutschland zu werden. Der Gesundheitsmarkt ist einer der Märkte, die jetzt und in den kommenden Jahren die höchsten Konjunkturerwartungen verzeichnen. Daher sind alle Anstrengungen zu begrüßen und zu befördern, die uns dem Ziel einer umfänglichen Attraktivitätssteigerung näher bringen. In Mecklenburg-Vorpommern sind die natürlichen Ressourcen vorhanden.

Diese müssten auch mit Unterstützung der neuen Regierung möglich gemacht werden. Es geht letztlich um Chancengleichheit für alle qualifizierten Reha-Kliniken in unserem Land. Qualität und Qualitätssicherung sind ein hohes Gut, aber ohne Versorgungszulassung oder Anerkennung beziehungsweise Versorgungsverträge durch die Kostenträger, auch durch die LVA, haben einige RehaKliniken im Land einen entscheidenden Nachteil. Dieses führt in der Praxis zu einem enormen Wettbewerbsnachteil, nicht nur innerhalb des Landes, sondern vor allem im gesamten Bundesgebiet, da die einzelnen Landesversicherungsanstalten wegen dieser fehlenden Anerkennung eine Zusammenarbeit mit den Reha-Kliniken in unserem Land oftmals verweigern. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, sind die Reha-Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern jedoch darauf angewiesen, Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet zugewiesen zu bekommen, um in nennenswertem Umfang ihre Auslastungszahlen halten, ja – ich sage – eigentlich steigern zu können.

Meine Damen und Herren! Nur wenn wir unsere Kräfte bündeln, wenn es gelingt, den Landesfremdenverkehrsverband, die regionalen Fremdenverkehrsverbände, den Bäderverband und die Vorsorge- und Reha-Einrichtungen zum gemeinsamen Handeln und Werben für den Standort Mecklenburg-Vorpommern zu bewegen, kann es Synergieeffekte geben. Das hat uns vor allen Dingen Bayern und das haben uns auch die Schwaben vorgemacht.

Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Diskussion. – Vielen Dank.

(Beifall Dr. Hubert Gehring, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Danke, Herr Glawe.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Sozialministerin Frau Dr. Bunge.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, die Auslastung der Reha-Einrichtungen im Land bereitet Sorgen. Verantwortlich für die entstandene Lage ist die alte CDU/CSU-FDP-Mehrheit in Bonn,

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

die zunächst den Ländern alle Möglichkeiten zu einer verbindlichen Planung nahm.

Zugleich hat aber auch die Landesregierung in den ersten beiden Legislaturperioden nicht hinreichend auf potentielle Investoren und die Kassen eingewirkt, bei den Investitionen im Reha-Bereich mehr Zurückhaltung zu üben. Jetzt verfügen wir – und ich habe die Zahlen zusammengenommen für Kinder- und Erwachsenenrehabilitationen – über mehr als 13.000 Reha-Betten in 64 Einrichtungen. Damit entfallen 53 Betten auf 10.000 Einwohner, während es im Bundesdurchschnitt 23 Betten sind, also 53 zu 23. Der Auslastungsgrad beträgt im Bundesdurchschnitt 66 Prozent und es wundert nicht, dass bei der großen Bettenzahl in unserem Land der Auslastungsgrad nur bei 58 Prozent liegt. Dass wir dort liegen, haben wir selbstverständlich auch der natürlichen Attraktivität des Landes zu verdanken.

Angebot von Reha-Betten und Nachfrage an Reha-Leistungen klaffen aber insgesamt weit auseinander. Die sachwidrigen Entscheidungen des von der CDU verantworteten so genannten Wirtschafts- und Beschäftigungsfördergesetzes von 1996, das alles Mögliche, nur nicht die Beschäftigung gefördert haben mag, alle Kuraufenthalte indikationsunabhängig auf drei Wochen zu begrenzen und den Wiederholungszeitraum ebenfalls indikationsunabhängig auf vier Jahre zu erhöhen, hat die rot-grüne Bundesregierung mit dem Gesundheitsreformgesetz 2000 zugunsten der Versicherten und der Reha-Einrichtungen konsequent korrigiert. Jetzt können Reha-Maßnahmen zeitlich indikationsbezogen bewilligt werden, was sich positiv auf die Belegungsfrequenz der Einrichtungen auch unseres Landes auswirken wird.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das ist ganz schön.)

Diese Tatsache habe ich zum Anlass genommen, die LVA Mecklenburg-Vorpommern zu bitten, auch mit solchen Antragstellern eine Rahmenvereinbarung über eine potentielle Leistungs- und Betteninanspruchnahme zu schließen, mit denen dies bisher nicht der Fall war, wenn die fachlichen Voraussetzungen für einen solchen Vertrag vorliegen und die Einrichtungen glaubhaft machen können, dass sie bei einer abschlägigen Entscheidung im bundesweiten Wettbewerb um die Belegung spürbar benachteiligt sind. Ich gehe davon aus, dass die LVA in Zukunft bei ihren Entscheidungen über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung diesen Gesichtspunkt beachten wird. Allerdings möchte ich die fachliche Unabhängigkeit der LVA nicht unerwähnt lassen, ein ordnungspolitisches Prinzip, Herr Glawe, das wir in Mecklenburg-Vorpommern nicht einfach aushebeln können und sicher auch nicht wollen. – Ich danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Rißmann von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem heute vorliegenden Antrag der Opposition lehnt die LVA Mecklenburg-Vorpommern angeblich seit Jahren aus grundsätzlichen Erwägungen heraus die Bestätigung einer Kooperation mit neuen Rehabilitationskliniken ab. Dies führe in der Praxis anscheinend zu einem enormen Wettbewerbsnachteil nicht nur innerhalb des Landes, sondern vor allem im gesamten Bundesgebiet, da die einzelnen Länderversicherungsanstalten wegen dieser fehlenden Bestätigung eine Zusammenarbeit mit unseren Reha-Einrichtungen verweigern. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, sind die Rehabilitationskliniken des Landes Mecklenburg-Vorpommern, insoweit stimme ich der Intention des Antrages natürlich zu, angewiesen darauf, Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet zugewiesen zu bekommen. Die Landesregierung sollte nach Meinung der CDU deshalb bei der LVA sich dafür einsetzen, dass durch die Bestätigung der Zusammenarbeit mit den Reha-Kliniken deren Zusammenarbeit mit den LVAen anderer Bundesländer ermöglicht oder motiviert wird.

Meine Damen und Herren! Es gibt, die Zahl ist genannt worden, 64 Vorsorge- und Reha-Einrichtungen, 19 mehr als 1997. Trotz dieser prekären Entscheidungen von 1996 sind im Lande Leistungen erbracht worden, die nur um 8 Prozent niedrigere Auslastungen im Vergleich zu den Einrichtungen im Bundesdurchschnitt aufweisen. Die Ministerin hat die Zahlen genannt: 58 Prozent bei uns, 66 Prozent im Bundesdurchschnitt. Entsprechend den gewachsenen Kapazitäten haben sich die Leistungen trotz der nicht ganz optimalen Situation erhöht, fast 40 Prozent mehr Patienten sind 1999 im Vergleich zu 1997 betreut worden. Den einzigen Rückgang, den es in der Auslastung gab, hatten wir der 96er Entscheidung der alten Bundesregierung – Verkürzung der Kuren auf drei Wochen – zu verdanken.

(Torsten Koplin, PDS: Dank der CDU.)

Die Behandlungsdauer lag vor eineinhalb Jahren, also 1998, mit durchschnittlich 24 Tagen auch etwas unter dem Bundesdurchschnitt, auch unter dem der zurückliegenden Jahre. Mit dem Ausbau der Kapazitäten, auch das ist erfreulich und noch lässt sich das in etwa halten, hat sich der Personalbestand in den Einrichtungen auf über 4.000 Beschäftigte erhöht. Im Vergleich zu 1997 sind das fast 25 Prozent mehr an Beschäftigten.

Was spricht gegen einen solchen Antrag? Die LVA muss sich an den Ansprüchen ihrer Versicherten und Rentner orientieren, natürlich auch bei der Rehabilitation. Als Leistungserbringer gegenüber den Versicherten und als Kostenträger achtet die LVA darauf, dass ihren Rehabilitanten eine wirksame medizinische Heilbehandlung in dafür geeigneten Reha-Einrichtungen gewährt wird. Insgesamt sind mit Stand per 31.12. über 9.600 Maßnahmen abgeschlossen worden, 6.925 Patienten in Reha-Einrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern gesandt worden – das sind fast drei Viertel der durch die LVA betreuten Patienten – und etwa 2.700 Patienten sind in LVA-Kliniken anderer Bundesländer eingewiesen worden. Allein durch

diese Einweisung in Kliniken anderer Bundesländer entsteht auch eine Akzeptanz für die LVA-Einrichtungen in unserem Bundesland.

Lassen Sie mich Folgendes sagen: Die LVA ist und sieht sich nicht als Zertifikationsbehörde für Reha-Kliniken in unserem Land, wie Sie sich das, meine Damen und Herren von der CDU, möglicherweise vorstellen oder wünschen. Ihr gesetzlicher Auftrag ist es, Reha-Leistungen für ihre Versicherten zu erbringen. Sie hat nicht den Auftrag, Qualitätskontrollen oder -empfehlungen beziehungsweise Zertifizierungen für andere Leistungsträger zu betreiben. Die Reha-Kliniken werden belegt, die LVA wahrt die Grundsätze eines fairen Wettbewerbs dabei. Die einzelnen Rentenversicherungsträger wie auch die Krankenversicherungsträger belegen Reha-Kliniken je nach ihrem speziellen Bedarf an Behandlungsplätzen, den sie in den einzelnen Krankheitsbereichen haben. Dabei ist es jedem frei gestellt, welche Einrichtung belegt wird, wo auch immer diese gelegen sein möge und welche anderen Sozialleistungsträger dort sonst noch belegen. Jeder einzelne Träger hat seine Verantwortung im Rahmen der ihm gesetzlich zugewiesenen Planungs- und Entscheidungskompetenzen. Und das muss leider auch so bleiben. Eine Warnung in der Richtung, wie Sie sie mit Ihrem Antrag in der Intention haben, können wir nicht unterstützen.

Die CDU-geführte Bundesregierung hatte durch ihre Bonner Spargesetze insbesondere im Reha-Bereich nicht nur kontraproduktive Auswirkungen im gesundheitlichen Bereich, sondern auch beschäftigungspolitisch gesehen. Dadurch haben Kurzarbeit in den Einrichtungen – auch in unseren Einrichtungen – und Entlassungen zugenommen. Aufgrund der stärkeren Einschränkungen bei den Rentenversicherungsträgern für Rehabilitation wurde das Verfahren zur Entscheidung über Anträge zur Anschlussheilbehandlung umgestellt. Das ist auch ein Aspekt, der negativ zu Buche schlug.

Bis Ende 1996 konnte ein Akut-Krankenhaus-Patient zur Anschlussheilbehandlung direkt in eine der Reha-Kliniken eingewiesen werden, die eine vertragliche Vereinbarung mit der LVA hatte. Voraussetzung war neben der Mitgliedschaft in der LVA und der Antragstellung das grundsätzliche Vorliegen des Bedarfs einer solchen Anschlussheilbehandlung. Dies wurde vom Krankenhaus anhand bestimmter Kriterien geprüft, dann wurde der Patient angemeldet und vielfach erfolgte die endgültige Prüfung der LVA erst nach der Einweisung des Patienten. Durch die gesetzliche Regelung 1996 war die LVA gehalten, aufgrund dieser gesetzlichen Änderungen auf Bundesebene die Anträge kritischer und vor Aufnahme in die Reha-Einrichtung zu prüfen. Auch das war eine Negativauswirkung, meine Damen und Herren, und wie so vieles andere mag das bei der CDU zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten sein.

(Jürgen Seidel, CDU: Nein.)

Die SPD-geführte Bundesregierung hat diese unlogischen gesetzlichen Regelungen verändert. Rehabilitation soll sich jeder leisten können. Das Rückgängigmachen hat zu einer deutlichen Besserung, Besserstellung, Normalisierung der Verhältnisse auch für uns geführt.

Meine Damen und Herren! Rehabilitations- und Unterbringungsaufwand sind auf das Angemessene und Notwendige zu erstrecken, aber auch zu beschränken. Bei der Entscheidung über den Abschluss von Verträgen mit Reha-Kliniken ist also neben der geographischen Lage,

neben der Indikation überhaupt auch die Frage, ob hinsichtlich der Indikation ein Bedarf an Behandlungsplätzen vorliegt, von tragender Bedeutung und darüber muss jeder der Versicherungsträger selber entscheiden.

Einer Beeinflussung in der Richtung, in der Ihr Antrag tendiert, vermögen wir uns nicht anzuschließen, auch den Sinn nicht zu erkennen, da eher eine gegenteilige Reaktion der wesentlich kräftigeren oder an Einfluss größeren Einrichtungen der LVAen anderer Bundesländer zu befürchten wäre. Und das ist genau in der entgegengesetzen Richtung wirksam, in der wir uns bemühen, für unsere Einrichtungen Voraussetzungen zu schaffen. Der Antrag kann von uns nicht unterstützt werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Dr. Rißmann.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ach, Herr Glawe.)

von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will es relativ kurz machen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Heidemarie Beyer, SPD)