Es gibt sie noch. Es gibt noch den geborenen Lehrer, der die Schüler nicht spüren lässt, unter welch widrigen Rahmenbedingungen er arbeiten muss und welche Probleme er vor sich herschiebt. Aber, meine Damen und Herren, diese Lehrer werden immer weniger. Und vor allem, es kommen immer weniger junge und motivierte Lehrer nach. Ein paar Zahlen, die das unterstreichen:
Meine Damen und Herren, die Antwort auf die Kleine Anfrage vom Kollegen Vierkant vom 28. Februar dieses Jahres auf Drucksache 3/1125 zeigt es deutlich. Die Brüche in den Altersgruppen sind gewaltig und in den allgemein bildenden Schulen unterrichteten im Schuljahr 1998/99 in der Altersgruppe 30 bis 35 Jahre noch 2.138 Lehrer. Das ist eine vertretbare Zahl. Aber Lehrer unter 30 Jahren hatten wir nur noch 727.
Selbst wenn man dieser Zahl noch abrechnet, dass der Erfassungszeitraum ein geringerer ist, sehen wir in den einzelnen Schularten im Detail, dass selbst, wenn man die Referendare in den einzelnen Schularten dazurechnet, die Zahlen nicht besser werden. In der Grundschule unterrichteten 1998/99 in der Altersgruppe 30 bis 35 Jahre noch 602 Lehrer. Bei den unter 30-jährigen Lehrern waren es lediglich 214. Im Referendariat befinden sich ganze 16 Lehramtsanwärter.
Zählt man diese in der Altersgruppe der unter 30-jährigen Lehrer dazu, dann haben wir immer noch nicht, auch nicht annähernd, mit 230 Lehrern unter 30 Jahren ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Jung und Alt.
Aber, meine Damen und Herren, es kommt noch schlimmer. Im ersten Fachsemester für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen haben sich 1999 ganze 75 Studenten eingeschrieben.
Aber ob die hier ihr Studium beenden und dann Mecklenburg-Vorpommern als Lehrer zur Verfügung stehen, das steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist das kaum zu erwarten.
Das widerspiegelt auch die Zahl der Referendare. Mit der Einstellung von Referendaren sah es zum 1. Februar 2000 auch nicht besser aus. Von 50 möglichen Referendarstellen im Haupt- und Realschulbereich konnten nur 7 besetzt werden.
In diesem Bereich sind die Umbrüche noch gravierender als im Grundschulbereich. Haben wir da noch 1.011 Lehrer im Alter von 30 bis 35 Jahren, so sind es nur noch 381 bei den unter 30-Jährigen plus 21 Referendare. Das heißt, es sind 402 junge Lehrer im Haupt- und Realschulbereich. Anzumerken dabei ist natürlich, dass gerade diese Schulart mit Abstand die meisten Schüler hat. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, nur 70 Studenten haben sich 1999 für ein Lehramtsstudium im
Aber auch hier spiegelt das Verhältnis Student/Referendar wider, welchen Anteil wir von diesen Studenten denn letztendlich im L.I.S.A. nach dem ersten Staatsexamen wieder begrüßen können. Und, Herr Bluhm, Herr Minister, dann nutzt uns auch der beste Einstellungskorridor nichts, wenn wir ihn nicht erfüllen können.
Meine Damen und Herren, wenn ich schon die Umbrüche in den Haupt- und Realschulen beklage, dann finde ich für die Situation an den Berufsschulen eigentlich keine Steigerungsform mehr. Der Bildungsminister ist ja der Meinung, dass die demographische Entwicklung die Wunden in den Berufsschulen heilen wird.
schon gar nicht für die Politik der Vernachlässigung, die auf diesem Feld seit 1994 betrieben wird. Seit In-KraftTreten des Lehrerpersonalkonzepts hat die CDU, haben die betroffenen Verbände auf die Nachteiligkeit des Lehrerpersonalkonzepts bei der Einstellung von Berufsschullehrern immer wieder hingewiesen. Mit der gleichen Beharrlichkeit, wie diese Kritik vorgetragen wurde, wurde sie damals von Frau Marquardt mit statistischen Taschenspielertricks immer wieder vom Tisch gewischt. Der Fairness geschuldet allerdings muss ich an dieser Stelle einräumen, dass Herr Professor Kauffold mittlerweile auch seinerseits diesen Negativeffekt öffentlich zugegeben hat. Aber nichtsdestotrotz ist er der Meinung, dass heute Neueinstellungen im Berufsschulbereich zukünftig zwangsläufig zu Entlassungen führen würden.
Aber schauen wir uns einmal die Altersstruktur der Lehrkräfte in den beruflichen Schulen an! 63 Prozent der Berufsschullehrer sind älter als 45.
Die Zahl der Lehrkräfte von der Altersgruppe 35 bis 40 Jahre zur Altersgruppe 30 bis 35 hat sich mehr als halbiert. In der letzten Gruppe haben wir nur noch 160 Lehrer.
Ich würde diese Zahlen nicht so dramatisch sehen, wenn das Lehrerpersonalkonzept perspektivisch eine andere Sprache sprechen würde. Angesichts der beruflichen Perspektiven in diesem Bereich erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass die viel gewünschten Praktiker aus dem Betrieb in die Berufsschule gehen.
(Andreas Bluhm, PDS: Das liegt aber nicht nur am Lehrerpersonalkonzept, Frau Schnoor. Da gibt es auch noch ein paar andere Ursachen für.)
Auch die derzeit 39 Referendare orientieren sich schon während der Ausbildung zum zweiten Staatsexamen um
und haben dann meist mit dem Abschluss schon die Verbeamtung in Niedersachsen oder Hessen in der Tasche.
(Wolfgang Riemann, CDU: 16 Jahre Helmut Kohl würde ich vorschlagen als Ursache. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Selbst Gysi hat gesagt, unter Kohl wäre das nicht pas- siert, als er zur Steuerreform gesprochen hat.)
Wir kennen die Situation zum Lehrerpersonalkonzept und auch die Ergänzung durch das Sabbatjahr hat das Lehrerpersonalkonzept in seinen Grundlagen nicht verändert. Der Bericht der Landesregierung wird nicht über das hinausgehen, was uns im Bildungsausschuss schon berichtet worden ist oder was Herr Bluhm uns hier berichtet hat. Das wissen wir sicherlich gemeinsam.
Sie täuschen hier Aktionismus vor, obwohl Sie die Probleme genau kennen, den Bericht eigentlich nicht brauchen, weil er nämlich schon gegeben ist, haben Sie sich mit der SPD nur auf diese Minimalvariante verständigen können. Sie wissen auch, ein Bericht bringt uns gar nichts, denn die Fakten und Zahlen liegen vor.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Neue Leute brauchen wir. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)
Sicher, der Punkt zum Personalentwicklungsprogramm ließe sich beliebig erweitern. Wir haben hier nur zwei Aspekte aufgeführt, die als besonders beachtungswürdig einer Entwicklung bedürfen. Denn Karl Jaspers hat es richtig erkannt: „Es ist das Schicksal eines Volkes, welche Lehrer es hervorbringt und wie es seine Lehrer achtet.“ Meine Damen und Herren, das ist der Leitsatz für die Fortschreibung des Lehrerpersonalkonzepts
und für ein Personalentwicklungsprogramm, was wir dringend benötigen, und ich wäre froh, wenn wir dazu auch einige Aussagen hören könnten. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU: Sehr gut! Sehr gut!)
(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Herzlicher und stürmischer Beifall – bitte ins Protokoll! – Peter Ritter, PDS: So doll war’s ja nun auch nicht.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich über das Lehrerpersonalkonzept rede, dies sei mir gestattet vorwegzuschicken, tue ich dies aus der Sicht der Betroffenen. Und unter anderem aus diesem Grund, Herr Vierkant, bedurfte
es Ihres Antrags wahrlich nicht, uns aus dem Dornröschenschlaf zu küssen. Wir waren vorher schon wach