noch ein härteres Durchgreifen per Gesetz ab. Und die Berliner SPD will gar beim Verfassungsschutz radikal Personal einsparen. Wenn Sie rechtsextreme Gewalttäter aus dem Verkehr ziehen wollen, dann geht das eben mit den jetzigen rechtlichen Mitteln, Herr Dr. Schoenenburg, sehr schwer oder gar nicht. Das ist das Kernproblem.
Der Justizminister forderte ja nach den Übergriffen auf die Vietnamesen eine Überprüfung der Entscheidung der damaligen Greifswalder Gerichte gegenüber rechtsextremen Straftätern. Das ist gut so. Solange Sie das aber nur plakativ fordern und den Gerichten und den Haftrichtern die notwendigen Rechtsgrundlagen für ihre Forderungen verweigern, solange ist das eben nur Getöse und wenig wirkungslos. Ich denke, da haben Sie eher Nachholbedarf, wir nicht. Und zum Kabinettsbeschluss vom 16.05. ist aus unserer Sicht nur zu sagen, das konnten Sie eben seit Jahren bei uns nachlesen und den Rest – das wird ja manchmal schon peinlich – nennt man Legalitätsprinzip. Ich bin wirklich gespannt, wie Sie heute über unseren Antrag abstimmen werden.
Im Übrigen sollte ein Justizminister, in dessen Verantwortungsbereich Gewalt- und Straftäter so nett behandelt werden, dass ein Ausbruch schon quasi zum vorhersehbaren Programm gehört, sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen wie bei dem Thema Greifswald und Kritik am Greifswalder Richter.
Zur Presseerklärung vom 11.05. von Herrn Schlotmann ist nur zu sagen, zu dieser Erkenntnis haben Sie etwas lange gebraucht, aber ich denke, das ist besser als gar keine.
(Volker Schlotmann, SPD: Sie haben doch mit mir noch gar nicht geredet, weil Sie dazu nicht in der Lage sind. Sie haben Scheuklappen und sind auf dem rechten Auge blind.)
Ich lese aber fleißig Ihre Presseerklärungen und da haben Sie sich noch vor einiger Zeit ganz anders geäußert.
Unser 6-Punkte-Katalog, den wir aufgestellt haben, entspricht im Wesentlichen auch den jetzigen Forderungen aus den Reihen der Regierungskoalition, wie wir in den Medien verfolgen konnten.
Mit dem TOP 1 entsprechen wir dem Beschluss des Vorstandes des Landesrates für Kriminalitätsvorbeugung vom 28.03. und den öffentlichen Statements des Innenministers zu Jugendclubs für die rechte Szene. Mit unserem Präventionsprojekt „Sport statt Gewalt“ konnten wir nach Lichtenhagen mit speziellen Angeboten der Polizeisportvereine für rechtsorientierte Jugendliche beachtliche Erfolge erzielen.
Wir müssen aber eines deutlich sagen, aufgrund der aktuellen Entwicklung in rechtsextremen Bereichen in unserem Land muss diese Präventionsarbeit verbessert und ergänzt werden. Für die zu Gewalt neigende rechte Szene benötigen wir aus diesem Grunde Clubs und Treffs,
in denen qualifizierte und speziell für diese Szene geschulte Jugendsozialarbeiter eingesetzt werden. Na bitte, da sind wir doch mal einer Meinung.
(Monty Schädel, PDS: Ja, die brauchen auch noch Räume, wo sie sich austoben können. – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)
Daran, denke ich, führt kein Weg vorbei und das dürfte wohl auch die Intention des Innenministers sein, ebenfalls Ihre, wie ich gerade höre, die wir dann natürlich voll unterstützen.
Mit der Regelung des Unterbindungsgewahrsams im SOG geben wir den Richtern, die auch mehr oder weniger aus Ihren Reihen – ich glaube, Sie haben sich ähnlich geäußert – kritisiert wurden, die Möglichkeit, rechtsradikale Schläger erst einmal für 14 Tage aus den Verkehr zu ziehen. Das, denke ich, wird sich in der Szene sehr schnell herumsprechen und präventive Wirkung zeigen. Im Übrigen schützen wir damit alle potentiellen Opfer von Gewaltstraftaten und wir schützen Leib und Leben von Polizisten, denen immer wieder laufengelassene Krawalltouristen nach kürzester Zeit gegenüberstehen. Außerdem hätten wir damit auch ein erstes und geeignetes Mittel gegen prügelnde Ehemänner, die ihre Ehefrauen und Kinder prügeln.
(Volker Schlotmann, SPD: Was stopfen Sie denn noch mit in den Sack?! – Dr. Margret Seemann, SPD: Sind die jetzt auch rechtsradikal? Was, sind die auch radikal?)
Die können Sie dann auch 14 Tage aus dem Verkehr ziehen. Offenbar haben Sie das gar nicht begriffen.
(Unruhe bei der PDS – Dr. Margret Seemann, SPD: Sprechen Sie jetzt über die Rechtsradikalen? – Zuruf von Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also die eine Hälfte ist dann außerhalb des Knastes und die an- dere im Knast. So teilt sich dann die Gesellschaft.)
Dass wir angesichts der zunehmenden Gewaltbereitschaft im rechts- aber auch im linksextremistischen Lager bei Demonstrationen verbesserte Verbots- und Sanktionsmöglichkeiten benötigen,
Die derzeitigen rechtlichen Hürden sind so hoch, dass aus rechten Schlägern und militanten Autonomen wohl eher Mönche werden, als dass Richter das Demonstrationsverbot einer Behörde in Deutschland bestätigen würden beziehungsweise aufgrund der Rechtslage bestätigen könnten. Das ist doch unser Kernproblem.
Den Politikern von SPD und Grünen, die die Ordnungsbehörden immer noch in der Pflicht sehen, muss klar Folgendes gesagt werden und das sagen die im Übrigen bis heute noch:
Erstens. Die Ordnungsbehörde muss nach der Rechtslage zwingend nachweisen, dass im Vorfeld der Demonstration gewonnene Erkenntnisse eine Eskalation der
Gewalt zwingend erwarten lassen, die von den Polizeikräften nicht beherrscht werden kann. Dieser Nachweis ist aber nur zu führen, wenn die Anwärter der Demo öffentlich erklären würden, dass sie Gewalts- und Demonstrationszwecke erheben oder verfassungsfeindliche Ziele damit verfolgen. Diese Beweislast in den wenigen Tagen nach der Anmeldung der Demonstration zu führen und noch gerichtsverwertbare Erkenntnisse zu sammeln, ist schier nicht möglich.
(Heike Lorenz, PDS: Aber Sie wissen, dass es auch andere Erkenntnis- sammlungen gibt in diesem Land.)
Zweitens. Es gäbe noch eine Alternative zur Durchsetzung des Demonstrationsverbotes. Der zuständige Polizeichef müsste öffentlich erklären, dass seine Personalressourcen nicht ausreichen, um das zu erwartende Gewaltszenario in den Griff zu bekommen. Eine solche Erklärung des Polizeichefs wäre aber die Erklärung der eigenen Inkompetenz und zugleich die Bankrotterklärung des staatlichen Gewaltmonopols, ich denke, das will weder Herr Dr. Ringstorff noch Herr Dr. Timm –, aber damit könnten Sie fast jede NPD-Demo verbieten.
Ich bin auch hier gespannt, wie Sie sich entscheiden – für unseren oder für Ihren Weg. Na, wenn Sie so mit dem Kopf schütteln, dann haben Sie wirklich keine Ahnung von der Rechtslage.
Ich darf daran erinnern, dass das vom Berliner Innensenator ausgesprochene Verbot des NPD-Marsches durch das Brandenburger Tor eben vom Oberverwaltungsgericht aufgehoben wurde, weil diese Beweispflicht niemals erbracht werden konnte und erbracht werden kann.
Die aktuelle Haltung der rot-grünen Bundesregierung, die das, was wir fordern, was die ja auch gefordert haben, immer noch ablehnen, ist wohl geprägt von einer gezielten Gutgläubigkeit gegenüber ihren politischen Freunden auf der Straße, die sich nicht immer, um das mal nett und freundlich zu sagen, an Recht und Gesetz halten. Bei den Rechtsextremen aber fällt uns das heute sehr hart auf die Füße.
Ich meine, das wäre eigentlich schon ein Problem des Justizministers gewesen, diese Sache versuchen zu klären und nicht immer erst dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und uns einfällt, wir haben nicht diese rechtlichen Möglichkeiten. Wir fordern das schon seit Jahren. Wir fordern auch eine Verschärfung des Straftatbestandes bei Landfriedensbruch, eben auch aus dem Grunde. Zur Ausdehnung des Straftatbestandes des Paragraphen 125 STGB auf Personen einer Menschenmenge, die sich trotz Aufforderung der Polizei wegen drohender Gewalttätigkeiten nicht entfernen, gibt es aus unserer Sicht und vor dem Hintergrund der genannten Vorfälle nun wirklich keine Alternative mehr. Wer dieses Instrument nach all den jüngsten Erfahrungen immer noch ablehnt, ich meine, der fällt der Polizei in den Rücken und argumentiert dann vergleichsweise auch politisch unglaubwürdig.
Und nicht zuletzt sehen wir in der seit langem von uns geforderten Änderung des Jugendgerichtsgesetzes eben
(Heike Lorenz, PDS: An dieser Stelle kennen Sie die Rechtslage auch nicht gut genug, wie man an Ihrer Begründung sieht.)
Aber da sind Sie wohl sehr still geworden. Das wollen Sie ja offenbar nicht. Wer durchgreifen will, und das haben wir aus den Reihen der Regierungsfraktionen vernommen, der muss natürlich auch jugendliche Gewalttäter in geschlossene Heime einweisen können und das auch tun.
Im Übrigen, und das muss man auch ganz deutlich sagen, sind jene jugendlichen Gewalttäter nicht dadurch klüger geworden, dass SPD und PDS ihnen das Kommunalwahlrecht ab 16 Jahren förmlich aufgedrängt haben.
Abschließend fordern wir den Innenminister, der bei der letzten Innenministerkonferenz zugestimmt hat, auf, auch die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes zur Überwachung der rechtsextremen Szene und anderer extremistischer Szenentreffs einzusetzen. Ich glaube, auch das ist eine wirksame präventive Maßnahme.
Abschließend danke ich für Ihre Aufmerksamkeit, auch für Ihre, Herr Dr. Schoenenburg, und hoffe, dass Sie diesmal unserem Antrag zustimmen, denn wir haben uns an Ihren öffentlichen Statements orientiert. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es beschlossen.