Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will gern diesen Tagesordnungspunkt noch einmal zum Anlass nehmen, die Maßnahmen der Landesregierung zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern vorzustellen. Lassen Sie mich aber drei Vorbemerkungen machen, bevor ich die Maßnahmen vorstelle.
Erste Vorbemerkung. Artikel 1 des Grundgesetzes sagt unmissverständlich: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Staatliche Gewalt wird mit aller Konsequenz und Härte gegen Gewaltstraftäter vorgehen, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Das gilt insbesondere auch für rechtsextremistisch motivierte Gewaltstraftaten. Polizei und Strafverfolgungsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern schöpfen alle rechtlichen Möglichkeiten zur Verfolgung der Straftaten aus.
Aber darüber hinaus muss gesagt werden, die Gesellschaft in unserer jungen Demokratie hat mit allen ihren Institutionen und ihren Bürgern die Verpflichtung, Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit unmissverständlich zu ächten. Achtung der Menschenwürde heißt Schutz von Minderheiten, Schutz von Ausländern, Schutz von Behinderten, insgesamt gesagt, Schutz von Schwachen in dieser Gesellschaft, in der wir leben.
Alle demokratischen Parteien, meine Damen und Herren, Sie von der Opposition insbesondere, sind aufgeru
fen, sich unter dem Artikel 1 des Grundgesetzes gemeinsam zu versammeln. Meine Damen und Herren, das gilt in unserem Bundesland und insbesondere auch in Vorpommern. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten auch von der CDU, bei Gegenveranstaltungen zu NPD-Demonstrationen klar und unmissverständlich zu zeigen, wo sie steht.
Meine Damen und Herren, ist es möglicherweise unehrenhaft für eine Volkspartei wie die Christlich-Demokratische Union, zwar im Schloss von Schwerin Anträge zu stellen, aber da, wo sie gebraucht wird, in der politischen Auseinandersetzung vor Ort zu kneifen?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: Wir kneifen nicht in der politischen Auseinandersetzung.)
Meine Damen und Herren! Dieses Auseinanderfallen Ihrer Aktivitäten, hinter dicken Schlossmauern Anträge zu stellen, aber draußen auf der Straße sich unsichtbar zu machen, das passt nicht zusammen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist reine Polemik, Herr Minister. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also den Herrn Riemann hab’ ich noch nie da gesehen.)
Zweite Vorbemerkung. Die Opposition will ein Konzept zur Verhinderung von rechtsextremistisch motivierten Gewaltstraftaten.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Den Herrn Markhoff hab’ ich auch nie dort gesehen. – Dieter Markhoff, CDU: Ich stell’ mich mit Ihnen nicht mehr auf der Straße hin, Herr Schoenenburg.)
(Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Dieter Markhoff, CDU: Mit solchen nicht! – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nur mit der Videokamera hinterm Fenster. – Glocke der Vizepräsidentin)
Sie wollen ein Konzept zur Verhinderung von rechtsextremistisch motivierten Gewaltstraftaten. Und ich sage Ihnen ganz nüchtern, so ein Konzept gibt es leider nicht. Es muss uns gemeinsam um die Bekämpfung und um die Eindämmung des Rechtsextremismus in seiner gewaltbereiten Ausprägung, aber auch im latenten Bereich des Rechtsextremismus gehen.
Auch dort, das kann man bewerten, wie man will, wo die CDU in der Regierungsverantwortung stand oder steht, kann sie rechtsextremistische Gewaltstraftaten leider auch nicht verhindern. Es muss darum gehen, die staatliche Verfolgung und die gesellschaftliche Äch
Ich will Ihnen anhand der Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern zeigen, wo wir statistisch stehen, und vielleicht einen Vergleich zu Thüringen initiieren. Wir wissen, dass die Synagoge in Erfurt derzeit in der öffentlichen Diskussion steht. 1998 hatten wir in Mecklenburg-Vorpommern 187 rechtsextremistische Straftaten, 1999 waren es 156. Thüringen hatte 1998 926 und 1999 1.018 Straftaten. Bei uns fallende Tendenz, jeder Einzelfall ist schlimm genug, aber steigende Tendenz in Thüringen. Ich sage es deswegen, weil wir Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus ab 1998 ergriffen haben, um die Gewaltstraftaten und die sonstigen Straftaten in diesem Bereich abzusenken. 1997 hatten wir über 80 Gewaltstraftaten im Land, 1999 waren es etwas über 50.
Lassen Sie uns, meine Damen und Herren, verantwortlich und ohne falschen Populismus gegen Rechtsextremismus vorgehen. Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist Schall und Rauch,
da auch in den eigenen CDU-Reihen die Forderungen dieses Antrages nicht einmal mehrheitsfähig sind, sonst wären sie ja bereits dort, wo die CDU regierte oder regiert, längst umgesetzt worden. Aber das sind sie nicht. Warum denn nicht?
(Reinhardt Thomas, CDU: Schauen Sie doch mal auf die Initiativen! – Dr. Armin Jäger, CDU: Schauen Sie doch mal in die alten Bundestags- drucksachen, die Sie nachlesen müssten.)
Ich gucke mir die Wirklichkeit an und stelle fest, Herr Dr. Jäger, beim Regierungswechsel in Thüringen
haben dort rechtsextremistische Straftaten zugenommen, beim Regierungswechsel in Mecklenburg-Vorpommern abgenommen.
(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Und wie sieht es in Brandenburg aus? Wie sieht es in Brandenburg aus?)
(Peter Ritter, PDS: Wer ist denn da Innen- minister in Brandenburg? – Zuruf von Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff)
das heißt dem rechtsextremistischen Lagebericht, Herr Riemann, und den Forderungen im CDU-Antrag, zeigt, dass die CDU-Vorschläge an der Wirklichkeit vorbeigehen. Ich will Ihnen ein Beispiel zeigen. Die CDU fordert in Punkt 5 ihres Antrages, der Straftatbestand des Landfriedensbruchs des Paragraphen 125 Strafgesetzbuch ist auf Personen auszudehnen, die sich trotz Aufforderung der Polizei, wegen drohender Gewalttätigkeiten auseinander zu gehen, nicht entfernen.
Meine Damen und Herren, das Problem im Bereich rechtsextremistischer Straftaten ist nicht, dass diese Straftaten unter Anwesenheit der Polizeibeamten begangen werden. Polizei kann sich dort, wo sie auftritt, vor allem im Bereich des Rechtsextremismus, durchsetzen. Platzverweise und Gewahrsamnahmen, beispielsweise bei der Demonstration in Schwerin am 13. Mai, zeigen dies überdeutlich.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Das ist nicht das Ver- dienst des Innenministers, sondern der Polizei.)
Das Problem im Bereich Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern ist, diese Straftaten werden im Halbdunkeln der Öffentlichkeit begangen und eben gerade unter Abwesenheit der Behörden. Das ist das Problem. Deswegen ist der CDU-Vorschlag, der wiederum zeigt,
dass die Opposition zwar Vorschläge aus ihrer Mottenkisten zieht, aber eben nicht die Wirklichkeit berücksichtigt, leider wirklichkeitsfremd,
abgesehen davon, meine Damen und Herren, dass solche Vorschläge – und deswegen sind Sie auch in der eigenen Partei nicht mehrheitsfähig – eben als Schnellschüsse vor dem Verfassungsgericht landen und kassiert werden können.
(Harry Glawe, CDU: Da haben Sie ja mit- gemacht. Haben Sie das schon vergessen? – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)