(Harry Glawe, CDU: Da haben Sie ja mit- gemacht. Haben Sie das schon vergessen? – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)
(Unruhe bei der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Das waren doch alles Seite und Jäger. Damit hat er nichts zu tun. – Glocke der Vizepräsidentin)
sie haben aber konkret mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern nichts zu tun.
Die sechs Vorschläge, die Sie gemacht haben, werde ich nachher eingehend erörtern. Jedenfalls möchte ich, bevor ich das tue, die Gelegenheit nehmen, und Sie haben ja dazu aufgefordert, die Maßnahmen der Landesregierung gegen den Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern zu erläutern.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat 1999 einen Erlass herausgegeben unter dem Titel „Ordnungsbehördliches und polizeiliches Vorgehen bei Veranstaltungen von Rechtsextremisten“ – abgekürzt „Konzerterlass“.
Um erkannte Unsicherheiten bei den Polizeibehörden und bei den Ordnungsbehörden in der rechtlichen Bewertung rechtsextremistischer Veranstaltungen durch die vor Ort agierenden Beamten sowie entsprechende Handlungsdefizite zu beseitigen, ist dieser Erlass auf den Weg gebracht worden. Hierin wurden die Polizeibehörden angewiesen, soweit Musikveranstaltungen rechtlich als Versammlungen einzuordnen sind, die gemäß Versammlungsgesetz zulässigen Eingriffsermächtigungen anzuwenden. Musikveranstaltungen, die als Geburtstagsfeiern getarnt werden, fallen dagegen nicht unter den Schutz des Versammlungsgesetzes, weshalb in diesen Fällen die umfassenden Eingriffsermächtigungen des Polizeigesetzes anzuwenden sind.
Dieser Konzerterlass, meine Damen und Herren, ist inzwischen von Sachsen-Anhalt und Thüringen übernommen worden. Ich will Ihnen auch hier Zahlen nennen: Wir hatten 1998 33 dieser getarnten rechtsextremistischen Veranstaltungen, 1999 waren es 12 Veranstaltungen – eine Auswirkung der Politik der Landesregierung gegen Rechtsextremismus.
Ich will darauf hinweisen, dass diese getarnten rechtsextremistischen Treffen Umschlagplätze für Ideologien, Broschüren, CDs und sonstiges anderes Material dieser Szene sind und gerade deswegen, weil sie eine wichtige Funktion in der rechten Szene haben, zu verbieten sind.
Weiterhin haben wir im Juni letzten Jahres den Erlass zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern herausgegeben. Mit diesem Erlass haben wir auf polizeilicher Seite ein Bündel von Maßnahmen initiiert, das insbesondere zu einer Effektivierung der Strafverfolgung rechtsextremistischer Straftaten geführt hat und gleichzeitig die Zusammenarbeit aller beteiligten Behörden verbessern soll. Kernpunkt des Erlasses ist die Einrichtung der MAEX-Gruppen in den fünf Polizeidirektionen unseres Landes und der Koordinierungsstelle MAEX im LKA. Hauptsächlich geht es darum, präventiv in der rechten Szene tätig zu werden, um Gefahren in diesem Bereich zu verhüten.
Weiterhin sollen durch die MAEX-Gruppen Treffpunkte der rechtsextremistischen Szene aufgeklärt, straftatenfördernde Anlässe erkannt sowie Personen und Gruppenerkenntnisse für eine qualifizierte täterorientierte Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gewonnen werden.
Meine Damen und Herren, weiterhin sind mit diesem Erlass im letzten Jahr auf den Weg gebracht worden, in diesem Bereich die Aus- und Fortbildung der Landespolizei zu verbessern und die Präventionsarbeit sowie die sachbearbeitende Vorgangsbekämpfung auf eine qualitativ neue Stufe zu heben.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, das will ich als nächsten Punkt nennen, dass die Landesregierung den Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung neu belebt hat. Dieser hat in der Arbeitsgruppe „Extremismus“ gerade vor wenigen Wochen seine Broschüre „Kritisch integrieren“, die er mit langer Diskussion erarbeitet hat, veröffentlicht. In dieser Broschüre geht es darum, den jugendlichen Gruppen im Bereich des Rechtsextremismus Angebote zu machen, um sie aus dem Halbdunkel des Geschehens in das Licht der Öffentlichkeit zurückzuholen und den Kommunen, den Trägern der Jugendarbeit und auch den Landesbehörden Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, die inhaltliche und auch politische Auseinandersetzung mit diesen Jugendlichen qualitativ und konstruktiv zu führen. Die Debatte ist in vollem Gange und ich freue mich sehr darüber, dass wir derzeit eine unglaubliche Nachfrage nach diesen Konzepten haben.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, geht es darum, Fortbildungsseminare an der Fachhochschule auf den Weg zu bringen, Seminare zum Thema „Rhetorik gegen Rechts“ an der Akademie für Politik, Wirtschaft und Kultur fortzuführen, die Projektarbeit an den Schulen, den Landeswettbewerb „Schüler arbeiten für Demokratie, Schulen ohne Fremdenfeindlichkeit“ zu verbessern und weiterzuführen, Handlungsanweisungen für die Schulen auf den Weg zu bringen und darüber hinaus die Zusammenarbeit des Landeskriminalamtes, des Verfassungsschutzes, der Landeszentrale für politische Bildung und weiterer Träger der Bildungsarbeit in diesem Lande zu verbessern.
Ein weiterer Punkt, den ich hier nennen will, ist: Wir haben im letzten Jahr erstmalig in einem einheitlichen Lagebericht die Erkenntnisse des Staatsschutzes und die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zusammengeführt und diesen Extremismusbericht allen öffentlichen und sonstigen Stellen zur Verfügung gestellt, um gerade in diesem Bereich für die Arbeit in der politischen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus die erforderlichen Schlüsse zu ziehen. Hinweisen will ich darauf, dass wir uns noch im Monat Juni innerhalb der Landesregierung mit ressortübergreifenden Handlungskriterien bei der Bewältigung des Problems Rechtsextremismus in diesem Bundesland befassen werden. Dieses Konzept wird dann natürlich auch dem Landtag zugeleitet.
Meine Damen und Herren, die CDU schlägt nun vor, unter anderem den Paragraphen 55 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zu verändern. Bislang gibt es die Möglichkeit, vom Tag der Ingewahrsamnahme über den Folgetag hinaus den polizeilichen Gewahrsam durchzuführen und dann den Richterspruch abzuwarten, ob der Gewahrsam fortgesetzt werden kann oder nicht. Diese Maßnahme, meine Damen und Herren, reicht in dem Bereich, in dem wir uns hier bewegen, für die Polizei aus. 14 Tage Ingewahrsamnahme im Bereich Rechtsextremismus ist nach umfassender polizeilicher Lageeinschätzung nicht erforderlich. Wenn das notwendig sein sollte, gibt es immer noch die Möglichkeit, die Gerichte hiermit zu befassen. Bislang allerdings ist im rechtsextremistischen
Milieu so eine Maßnahme nicht erforderlich gewesen. Ich bin gespannt auf Ihre praktischen Beiträge, die ich möglicherweise noch zur Kenntnis bekomme.
das Versammlungsgesetz zu ändern. Ich will Ihnen sagen, dass auch wir in der Innenministerkonferenz derzeit sehr ernsthaft über diese Frage debattieren, und zwar auf der Grundlage eines Gutachtens des ehemaligen Innenministers Bull aus Schleswig-Holstein. Das Gutachten ist Grundlage für die Frage, ob es in bestimmten – sicherlich sehr engen – Grenzen verschärfende Möglichkeiten bei der Versammlungsgesetzgebung gibt. Der Bundesinnenminister hat zu Recht vor einer gesetzgeberischen Hektik gewarnt und ich sage Ihnen, die Warnung unterstütze ich.
Es kann nicht darum gehen, Herr Thomas, mit einem geänderten Versammlungsgesetz beim Bundesverfassungsgericht zu unterliegen. Das kann nicht unser Ziel sein. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist auch durch die Innenminister des Bundes und der Länder zu wahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes sagen: Den Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern kriegen wir nur dann einigermaßen in den Griff, wenn wir erstens alle staatliche Gewalt konsequent und unmissverständlich darauf richten, Straftaten in diesem Bereich, insbesondere Gewaltstraftaten, zu ahnden. Die Strafverfolgungs- und die Polizeibehörden schöpfen hier alle rechtlichen Möglichkeiten v o l l s t ä n d i g aus.
Darüber hinaus muss es darum gehen, im Land Mecklenburg-Vorpommern mit den Bürgern und ihren Institutionen klar und unmissverständlich die politische Auseinandersetzung zum Thema Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit zu betreiben. Und da, meine Damen und Herren von der CDU, das sage ich noch einmal an dieser Stelle ganz klar, erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich an der Auseinandersetzung vor Ort beteiligen, sich auf die richtige Seite stellen
(Wolfgang Riemann, CDU: In die Schulen müssen wir rein. In die Schulen! Gehen Sie in die Schulen und nicht auf die Straße! – Zurufe von einzelnen Abgeordneten der CDU und Peter Ritter, PDS)
(Zuruf von Monty Schädel, PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Auf der Stra- ße, da können Sie gar nichts erreichen.)
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern derzeit kein staatliches Handlungsdefizit. Wir haben ein Defizit in der politischen Auseinandersetzung und ich erwarte, meine Damen und Herren, von allen Fraktionen des Landtages und allen demokratischen Parteien dieses Bundeslandes, dass sie sich gemeinsam diesem Handlungsdefizit stellen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Frau Präsidentin! Wer den CDU-Antrag liest, wird sich, wie so oft in letzter Zeit, verwundert die Augen reiben,
denn die CDU verlangt jetzt das, was sie in ihrer Regierungszeit im Land und im Bund längst hätte erarbeiten können – sie verlangt schlicht und einfach von der jetzigen Landesregierung ein Konzept zur Bekämpfung und Verhinderung rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten.
(Reinhardt Thomas, CDU: Das hatten wir schon. Das hatten wir schon. Wir wollen es nur noch verbessern. – Dr. Armin Jäger, CDU: Nach wie vor.)