Peter Ritter

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Herr Präsident!
Sehr verehrter Herr Born, ich hätte mir in der Legislaturperiode von 1994 bis 1998 schon eine solch interessante inhaltliche Debatte zu einem Verkehrskonzept der Landesregierung gewünscht. Allein diese Debatte hat es nicht gegeben, weil es dieses Verkehrskonzept nicht gegeben hat.
Insofern will ich schon an dieser Stelle sagen, dass ich froh bin,
dass wir jetzt ein solches Konzept haben, was in die Zukunft weist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber zunächst die Frage: Was hat eine Sitzung des Landwirtschaftsausschusses unseres Landtages mit dem Verkehrskonzept zu tun? Auf den ersten Blick herzlich wenig. Aber folgende Feststellung von einem Kollegen, der es wissen muss, nämlich vom Kollegen Brick, geäußert auf einer Ausschusssitzung im Mai, hat mich zumindest nachdenklich gemacht. Sinngemäß hat er da geäußert: Die Hochwasser, die die Felder der Bauern in unserem Land lange Zeit unbrauchbar machen, finden jetzt häufiger als früher statt. Daraufhin angesprochen sagen viele Bürgerinnen und Bürger des Landes, ach ja, Treibhauseffekt, Klimaschutz, Umdenken. Gleichzeitig sammelt eine Bürgeraktion Unterschriften für eine neue Autobahn. Daraufhin angesprochen sagen viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, ach ja, da bin ich dabei, schließlich braucht unsere Wirtschaft, braucht unser Land dieses neue Betonband. Keiner aber redet davon, dass vor 2010 kaum Verkehr auf dieser neuen Autobahn fließen wird, der motorisierte Verkehr bis dahin trotzdem stetig zunehmen wird, die Hochwasser vielleicht noch viel öfter die Felder des Landes unbestellbar machen. Wir werden noch viel öfter im Stau stehen und merken nicht, dass wir selber der Stau sind.
Auch dieses Szenario, meine sehr verehrten Damen und Herren, war für meine Fraktion im Oktober des letzten
Jahres Anlass, die Initiative für ein integriertes Verkehrskonzept des Landes zu ergreifen. Ziel des Konzeptes sollte eine die Wirtschaft fördernde und die Umwelt schonende Verkehrspolitik sein. Bis heute lag kein aufeinander abgestimmtes, modernes, den Anforderungen der Nachhaltigkeit entsprechendes Verkehrskonzept vor. Und ich sage es noch einmal, somit ist das nun vorliegende Konzept schon allein deshalb ein Fortschritt gegenüber aller bisherigen Verkehrspolitik im Land Mecklenburg-Vorpommern. Bisher nebeneinander existierende Konzepte zur Entwicklung der einzelnen Verkehrsarten wurden mit diesem Verkehrskonzept überprüft und miteinander verknüpft.
Und ich will auch hier deutlich sagen, die Verkehrspolitik der PDS hat nicht zum Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern des Landes das Autofahren zu vermiesen. Es geht uns um eine Verkehrspolitik, die ökologisch vernünftig, wirtschaftlich effektiv und sozial vertretbar ist.
Verkehrspolitik in Mecklenburg-Vorpommern muss sich auch endlich an den Kriterien der Nachhaltigkeit orientieren. Ökologische, ökonomische und soziale Ziele in der Verkehrspolitik dürfen nicht länger isoliert betrachtet werden und mit dem vorliegenden Konzept gehen wir einen Schritt in die richtige Richtung. Verkehrswende heißt für uns nicht Verzicht, sondern Gewinn an Lebensqualität. Und so stimmt es mich natürlich froh, wenn im Verkehrskonzept zu lesen ist: „Verkehrspolitik muss Bedingungen schaffen, die den Wechsel vom motorisierten Individualverkehr auf umweltfreundlichere Verkehrsträger ermöglicht und erleichtert.“ „Vor allem sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen sowie die Bewohner verkehrsferner Regionen müssen ein ausreichendes Verkehrsangebot vorfinden. Eine Politik, die dazu führt, dass viele Wege nur noch mit dem Auto zurückgelegt werden können, würde die Mobilität großer gesellschaftlicher Gruppen einschränken.“ Zitatende.
So weit das Verkehrskonzept. Wir aber alle wissen, das Kriterium der Wahrheit ist die Praxis und so wird sich auch in Zukunft erst erweisen müssen, ob die praktische Politik dazu führt, diese ehernen Ansprüche des Konzeptes Wirklichkeit werden zu lassen.
Um die Ernsthaftigkeit dieses Anspruches auch schon im Konzept zu verdeutlichen, wäre es vielleicht angebracht gewesen, in den einzelnen Kapiteln eine andere Reihung vorzunehmen. So aber liest man immer: erstens Autobahnen, zweitens Straßenneu- und -ausbau und erst dann Aussagen zum ÖPNV, zur Schiene und zum Schienenpersonen- und -güterverkehr. Natürlich, vor allem in ländlich strukturierten Räumen wie in unserem Land gibt es zur Überwindung von Entfernungen kaum noch Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, gab es nicht schon einmal in fast jedem Dorf in unserem Land eine Verkaufsstelle, einen Friseur, eine Arztstation, einen Kindergarten, Arbeit. Diese Strukturen wieder herzustellen muss Ziel unserer Politik sein. Das hilft, Verkehre zu minimieren und Abwanderungen zu stoppen.
Und es hätte das gute Verkehrskonzept noch besser gemacht, wenn Aussagen wie „gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilräumen herstellen“ oder „auf kommunaler Ebene ,die Stadt der kurzen Wege‘ mit Nutzungsmischung, starken innerstädtischen Zentren und ÖPNV-freundlichen Siedlungs- und Erschließungsformen
anstreben“ am Anfang des Konzeptes stehen würden, um so die Schwerpunkte zu verdeutlichen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie dringend notwendig die Vorlage dieses Konzeptes war, zeigt auch die Tatsache, dass 31 Stellungnahmen von Gebietskörperschaften, von Industrie- und Handelskammern, von Ämtern für Raumordnung, Umweltverbänden und anderen eingebracht wurden. Bei der Umsetzung des Konzeptes sollten viele dieser Hinweise weiter berücksichtigt werden, so zum Beispiel
Fragen der Finanzierungskraft der Kommunen beim Radwegebau oder bei der Umsetzung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes,
Aussagen zu Anforderungen an den grenzüberschreitenden Verkehr im Zuge der EU-Osterweiterung,
Fragen zur Anbindung des Oberzentrums Neubrandenburg an den Schienenpersonenfernverkehr,
Fragen der weiteren Entwicklung des Güterverkehrs auf den Binnenwasserstraßen unseres Landes,
Aussagen zum Fußgängerverkehr, zum Fußwegeprogramm,
Vorstellungen zum Ausbau von Kreisverkehren als Alternative zu Risiken und teuren Ampelanlagen.
Vieles mehr könnte benannt werden, doch schon allein diese Aufzählung macht deutlich, dass Umsetzung und Fortschreibung des Konzeptes in Zukunft parallel erfolgen müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zwei grundlegende Kritikpunkte möchte ich bei allen positiven Ansätzen des Verkehrskonzeptes dann doch noch erwähnen.
Da sind zum einen die Aussagen zum Bundesverkehrswegeplan. Jeder weiß, dass der noch gültige Plan aus dem Jahr 1992 hoffungslos unterfinanziert ist. Und da ist die Feststellung im Konzept „Der BVWP“ – Bundesverkehrswegeplan – „stellt keine Finanzierungsvorgabe dar“ doch nur der hilflose und vergebliche Versuch, vom Versagen der Verkehrspolitik des Bundes seit 1992 abzulenken. Auch das Zitat aus der rot-grünen Koalitionsvereinbarung entbehrt an dieser Stelle nicht einer gewissen Komik, es heißt dort, ich zitiere: „Der Bundesverkehrswegeplan ist... zügig zu überarbeiten.“ Unter zügig, meine sehr verehrten Damen und Herren, stelle ich mir nun wirklich etwas anderes vor als das, was Berlin hier geleistet hat.
Zweiter Kritikpunkt: Unter der Überschrift „Neue Technologien“ – ich sage es noch mal: „Neue Technologien“ – ist doch tatsächlich an erster Stelle das Stichwort Magnetschwebetechnik zu lesen.
Dieses technische Verfahren, Herr Born, ist nun wirklich nicht mehr neu und es eignet sich eben bisher nur zum Transport von Personen und ist deshalb ungeeignet, die Verkehrsprobleme unseres Landes zu lösen.
Und das eigentliche Problem ist die Tatsache, dass diese Technik ungemein teuer ist. Nicht umsonst hat auch der Bundesrechnungshof jetzt wiederum die im Gespräch befindlichen Strecken kritisiert.
Die Landesregierung, so geht aus dem Konzept hervor, will den Eurorapid vorbehaltlos prüfen. Viel Spaß, kann ich da nur sagen. Laut einer Studie des Konsortiums Transrapid International würde der Bau der 950 Kilometer langen Strecke von Berlin nach Prag, Wien und Budapest 13,5 Milliarden Euro kosten. 13,5 Milliarden Euro, die dann für wirkl ich neue Technologien fehlen würden. Warum liest man dann an dieser Stelle im Konzept nichts von solaren Treibstoffquellen, vom Einsatz von naturbelassenen Pflanzenölen, von vergasten Biomassen, von Wasserstoff und Brennstoffzellen, von effizienten Elektromotoren?
Das sind moderne Technologien und nicht ein Verkehrssystem, Herr Born, bei dem die Fahrgastprognosen ständig nach unten und die Kosten ständig nach oben gerechnet werden müssen.
Und zum Schluss, ich denke, zumindest Herr Gerloff wird mit Spannung darauf gewartet haben: Die PDS-Fraktion nimmt die Unterrichtung und die darin enthaltenen verkehrspolitischen Grundsätze, die einen Weg zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik eröffnen, zustimmend zur Kenntnis. Das heißt auch, dass die darin eingebetteten Aussagen zur A 14 mitgetragen werden,
aber eben nur im Kontext mit dem Gesamtkonzept und nach wie vor mit der Forderung, dass keine anderen Verkehrsprojekte im Land dafür auf Eis gelegt werden. Das heute vorgelegte Konzept erwägt die Hoffnung auf eine neue Verkehrspolitik im Land. Für die Vorlage dieses Konzeptes vielen Dank und für die Durchsetzung wünsche ich uns allen die notwendige Konsequenz. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Jäger und liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Landtagsfraktion, man kann natürlich hier zu einem solchen Thema Nebenschauplätze aufmachen und trefflich darüber debattieren, aber eins ist doch klar: Diese Landesregierung und diese Koalition, das ist die erste Regierung, die erste Koalition, die schon in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus eine Querschnittsaufgabe ist.
Und es hat bis 1998 gedauert, dass sich das hier im Haus durchgesetzt hat. Da können Sie sich hier nicht hinstellen und uns Konzeptionslosigkeit vorwerfen. Sie müssen mal überlegen, was Sie bis 1998 in dieser Hinsicht getan haben! Überhaupt nichts!
Und, Herr Jäger, man kann doch nicht ernsthaft fordern, sich mit dem Thema Rechtsextremismus und Jugend auseinander zu setzen, und im gleichen Atemzug und in jeder Hochglanzbroschüre der CDU fordern, wir schaffen das Programm „Jugend- und Schulsozialarbeit“ ab. Das ist doch Nonsens hoch drei!
Genau diese Zusammenhänge haben nämlich dazu geführt, dass wir es nicht zustande gebracht haben im September, dass sich alle drei Fraktionen hier im Hause gemeinsam zu diesem Thema äußern, weil Sie es nicht wollen, Herr Jäger. Das ist doch offensichtlich und das ist eben auch wieder klar geworden. Es wäre ungeheuer wichtig gewesen, schon im September 2000
und schon 1990, 1994 und 1998 gemeinsam zu verdeutlichen, dass wir gemeinsame Strategien
im Kampf gegen den Rechtsextremismus haben wollen. Aber Sie waren dazu nicht bereit. Die PDS-Fraktion und ebenso die SPD-Fraktion waren zu Kompromissen bereit, schon im Vorfeld Ihres Antrages, im Vorfeld unserer Entschließung.
SPD und PDS sind aufeinander zugegangen, Herr Riemann, und nicht mit Sprechblasen, die Sie immer ablassen. Wir wollten konkrete Maßnahmen auch in der Entschließung formulieren.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU-Fraktion, Sie waren nicht bereit, Abstriche zu machen.
Sie waren nicht bereit, auf uns zuzugehen.
Das ist doch eindeutig und das belegen die Diskussionen in den Ausschüssen.
Sie blieben dabei, nicht auf Aussagen zu verzichten,
auf die Sie bei gutem Willen hätten auch verzichten können, Herr Born. Wir hätten verzichten können zum Beispiel auf Ihre Problematik Einführung des Schulfaches Wirtschaft an Stelle von AWT. Wir hätten verzichten können auf Zeugniskopfnoten oder das Eintragen der Tage in Zeugnisse, wo Schülerinnen und Schüler entschuldigt oder unentschuldigt fehlen. Darüber hätten wir doch debattieren können, hier und an anderer Stelle.
Aber es ist doch völlig klar, dass das nicht passiert ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch dass wir diesen Antrag überwiesen haben, war doch deutliches Zeichen dafür, dass wir gewillt sind, an dem Antrag gemeinsam mit Ihnen zu arbeiten. Das, was dann passiert ist, ist hier schon dargestellt worden – die Tragödie dieses Antrages oder seine Odyssee. Es erfolgte übrigens zunächst eine Anhörung, auf die Herr Jäger schon verwiesen hat. Und in der Anhörung ist vor allem deutlich geworden die Haltlosigkeit vieler Ihrer repressiven Verlangen.
Dazu haben Sie allerdings nichts gesagt. Und was hat die CDU in den Ausschussberatungen getan, und zwar nicht nur im Innenausschuss, den Wirtschaftsausschuss mal ausgenommen, weil wir uns dort auch intensiv mit dieser Problematik beschäftigt haben? Es ist eigentlich nichts passiert in den Ausschüssen seitens der CDU.
Sie haben uns am Text arbeiten lassen, an Ihrem eigenen Antrag,
und haben sich aufs Nörgeln beschränkt, genau so, wie Sie das heute wieder gemacht haben.
Und so liegt doch der Schluss vollkommen nahe, dass die CDU ihren Antrag selber nicht ernst meinte.
Diesen Eindruck haben Sie immer noch nicht ausgeräumt. Dann entstand daraus das Missgeschick, dass wir in zwei mitberatenden Ausschüssen, in gutem Willen, aus dem CDU-Antrag noch etwas zu machen, die Grenzen der Geschäftsordnung überschritten haben, indem wir Texte eingebracht haben, die dem Anliegen der entsprechenden vorstehenden CDU-Texte nicht entsprachen. Das ist klar. Und so kam es dann in den betroffenen Ausschüssen nur zu der Mitteilung, das Ganze halt, und wir standen vor der gleichen Situation, dass wir mit Ihrem ursprünglichen Antrag umgehen mussten. Dann kam noch hinzu, dass inzwischen die verbrecherischen Anschläge vom 11. September passierten und die CDU danach offenbar auch kein Interesse mehr hatte, an diesem eigentlichen Antrag weiterzuarbeiten.
Sie haben uns einen neuen Antrag vorgelegt, ein neues Maßnahmepaket zur inneren Sicherheit, das wirklich kaum sinnvoller war als der ursprüngliche Antrag.
Das hat dann was damit zu tun.
Die inhaltliche Fragwürdigkeit des CDU-Antrages, über den wir heute befinden, liegt allerdings auf der Hand und es bleibt uns auch heute keine andere Entscheidung als eine Ablehnung dieses Antrages.
Ich will auf einen Grund noch hinweisen: Bezeichnenderweise kommt in dem dreiseitigen Antragstext der CDU das Wort „Ausländerfeindlichkeit“ im Zusammenhang mit Rechtsextremismus ein einziges Mal vor.
Und da gibt es auch nur eine Maßnahme für die CDU, die heißt internationaler Jugendaustausch.
Natürlich ist gegen den Jugendaustausch nichts einzuwenden, aber das ist doch viel zu wenig im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Ausländerfeindlichkeit und des Rechtsextremismus.
Herr Jäger, eins will ich Ihnen deutlich sagen: Wer gegen den Rechtsextremismus kämpfen will, muss sich mit der Fremdenfeindlichkeit auseinander setzen
und nicht gegen das Zuwanderungsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Das sind die Tatsachen, um die es geht.
Ich kenne garantiert mehr Ausländer als Sie, Herr Jäger.
Das ist ja nun wirklich eine blödsinnige Feststellung, die Sie machen.
Die Linientreuen! Also Sie erzählen wirklich nur Unsinn.
Das muss ich hier so deutlich sagen.
Herr Jäger, in der Zeit der ganzen Debatte, die wir hier miteinander geführt haben, hat die Landesregierung, haben die Koalitionsfraktionen den Handlungsrahmen für Demokratie und Toleranz vorgelegt. Sie haben ihn offensichtlich noch nicht einmal gelesen. Es ist das erste Papier einer Landesregierung, das sich mit konkreten Schritten beschäftigt im Kampf gegen Rechtsextremismus.
Ich will nicht verhehlen, dass wir immer gefordert haben, und das wird auch eine Forderung in Zukunft sein, dieser Handlungsrahmen muss auch ausreichend finanziell untersetzt werden, damit er wirksam werden kann.
Da sind wir doch einer Meinung und wir werden das in Zukunft auch tun.
Aber nicht mit solchen platten Sprüchen, wie Sie sie hier loslassen!
Das, was ich eigentlich so sehr bedauerlich finde, ist, wie Sie hier agieren, Herr Jäger, im zehnten Jahr der Wiederkehr der Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen. Wir sollten diesen Anlass wirklich ernst nehmen und gemeinsam darüber nachdenken, wie wir Strategien entwickeln im Kampf gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Der 10. Jahrestag Rostock-Lichtenhagen sollte uns Anlass sein, noch mehr Menschen zu gewinnen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Aber nicht mit solchen Vorwürfen, wie Sie das hier gemacht haben!
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht in der Tat heute nicht um den originären Antrag der CDU, sondern um die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses zum Antrag.
Und die Beschlussempfehlung lautet: „Der Landtag möge beschließen, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 3/1930 abzulehnen.“ Ein Punkt, über den es jetzt zu entscheiden gilt.
Ja, Sie können ja jeden einzelnen Punkt abstimmen. Das ist das, was hier zur Abstimmung steht.
Herr Riemann,...
Herr Riemann, und außerdem wird doch sehr deutlich oder ist bisher deutlich geworden, dass es hier um zwei Dinge geht, die wir unterscheiden müssen. Da ist zum einen die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Antrag der Fraktion der CDU und dann ist zum anderen die Arbeit der IMAG. Beide Dinge gilt es also hier in der Debatte, denke ich, deutlich zu benennen und zu unterscheiden.
Und da will ich dann am Anfang, wenn Sie sich wieder ein bisschen beruhigt haben, erstens feststellen: Meine Kritik an der unzureichenden Unterstützung des Bundes und des Landes für die von Konversionsmaßnahmen betroffenen Kommunen und meine Kritik an der Arbeit der IMAG ist berechtigt.
Und zweitens: Ihrem Antrag, meine sehr verehrten Herren der CDU-Fraktion, konnte und kann meine Fraktion nicht zustimmen, weil er einen entscheidenden Fehler hat. Wir sollten damals die getroffenen Standortentscheidungen ablehnen, was wir aber nicht tun.
Ich habe das auf der Landtagssitzung im Februar 2001 schon ausführlich begründet. Und das geht aber nicht, weil wir hier eine Beschlussempfehlung haben, Herr Jäger. Ich habe auf der Landtagssitzung im Februar 2001 begründet, warum wir schon zum damaligen Zeitpunkt keine acht Punkte einzeln abgestimmt hätten. Ich will es hier noch einmal kurz tun.
Die PDS tritt entschieden für die Verkleinerung der Bundeswehr ein. Sie hat ein 100.000-Mann-Konzept vorgelegt. Und für uns ist doch völlig klar: Verkleinerung der Bundeswehr bedeutet auch Reduzierung der Standorte.
Und das wiederum erfordert Konversions- und Kompensationsmaßnahmen für die betroffenen Kommunen. Es geht also nicht – ich will es hier deutlich sagen –, wie die CDU fordert, Geld für Um- und Aufrüstung der Bundeswehr zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig Geld für Konversionsmaßnahmen einzufordern, dieses aber nicht zu Lasten des so genannten Verteidigungshaushaltes durchzuführen. Wer so etwas verspricht, ohne zu sagen, woher die finanziellen Mittel kommen sollen, der handelt unredlich, das ist einfach so.
Und genauso unredlich ist es, wenn Herr Rehberg und Herr Adam – jetzt CDU-Bundestagsabgeordneter und Kandidat für die Bundestagswahlen, im Wahlkreis, wo Basepohl liegt –, wenn beide Herren vor Ort verkünden, sie wollen im Falle eines Wahlsieges Basepohl wieder auf die Agenda setzen. Dabei wissen Sie genau, dass man solche Planungen wie die zur Bundeswehrstrukturreform nicht einfach am 23.09. stoppen kann. Das ist also unredlich.
Und ich frage natürlich Herrn Rehberg und ich frage Herrn Adam und ich frage Sie: Warum denn eigentlich nur Basepohl? Was ist denn mit Karow? Was ist denn mit Demen, was ist mit Flächen und Gebäuden in Schwerin, in Neustadt-Glewe, in Viereck, um nur einige von den aktuellen Strukturmaßnahmen der Bundeswehr betroffenen Kommunen zu nennen? Und – und das ist der entscheidende Fehler, dem Herr Jäger aufsitzt – was ist zum Beispiel mit Altlasten wie...
Ja, es hätte ja sein können, dass er irgendwo schwätzt,
aber nicht mal das.
Was ist also mit Altlasten wie zum Beispiel in Tutow, wo die Einwohnerinnen und Einwohner schon seit über zehn Jahren, also seit dem Abzug der Westgruppe der russischen Streitkräfte, auf Hilfe und Unterstützung warten?
Seitens des Bundes und der Landesregierung – CDUgeführt seit diesem Zeitpunkt – keine Hilfe und Unterstützung. Was ist also mit solchen Kommunen? Nichts dazu zu hören.
Und Ihre Aktivitäten, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU,
seit Antragstellung zu diesem konkreten Problem...
Das hat nichts mit Ablenken zu tun. Hören Sie zu, Herr Glawe!
Was ist denn passiert von Ihrer Seite her seit Antragstellung? Außer Sprechblasen habe ich von Ihnen nichts vernommen. Und Sie sind einer, der die größten Sprechblasen fabriziert. Ich will Ihnen deutlich sagen: Wir hingegen haben gehandelt. Wir haben Stavenhagen bei der Erarbeitung der Machbarkeitsstudie unterstützt. Wir haben Stavenhagen geholfen, Fördermittel für den Neubau einer Turnhalle oder für die Modernisierung des Waldbades zu erschließen. Wir haben auf Konversionskonferenzen in Stavenhagen und in Demen
mit den betroffenen Kommunalpolitikern diskutiert. Wir haben Handreichungen für die Kommunalpolitik erarbeitet. Und wir haben begonnen, den Konversionsprozess wissenschaftlich zu begleiten. Und hier genau setzt meine Kritik an der Arbeit der IMAG an. Wiederholt – und das wurde hier schon deutlich gemacht – wurde den Kommunen vorgehalten, sie hätten keine Konzepte. Deshalb könne die IMAG nicht aktiv werden. Wäre es denn aber nicht im Interesse der Sache, wenn die IMAG sich als Dienstleister der Kommunen versteht und für die Kommunen Konzepte erarbeitet?
Im zweiten Zwischenbericht über die Tätigkeit der IMAG vom 16. April 2002 heißt es: „Zum Zeitpunkt des Zwischenberichts im Oktober 2002“ – offensichtlich ist der Oktober 2001 gemeint – „lagen nur wenige Maßnahmen oder Projekte vor, die realistisch betrachtet finanzierbar waren. Die Situation hat sich noch nicht deutlich verbessert.“
So weit die Feststellung im Bericht. Und nun? Nehmen wir das so zur Kenntnis? Wartet die IMAG wirklich ab, bis sich die Situation von selbst deutlich verbessert in den Kommunen? Oder begibt man sich nicht endlich mal hin zu den Kommunen und berät und hilft und unterstützt?
Da würde man zum Beispiel erfahren, dass in Demen der Eigenanteil fehlt, um eine Machbarkeitsstudie überhaupt zu erarbeiten und somit Konzepte vorlegen zu können. Das kann einfach nicht stattfinden. Aber wenn man das in der IMAG nicht weiß, kann man auch nicht helfen.
Die Demminer Kreisverkehrswacht und der Stavenhagener Motorsportverein haben konkrete Planungen für ein Verkehrssicherheitszentrum auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes in Basepohl. Die Initiatoren werden
im Wirtschaftsministerium vorstellig und erhoffen sich dort Hilfe. Dagegen ist erst mal nichts einzuwenden. Aber weiß die IMAG davon? Offensichtlich nicht, denn von dort oder besser vom Innenminister hört man ja immer, es lägen keine Konzepte vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Tutow – ich komme wieder auf Tutow zu sprechen, auch wenn Herr Glawe meint, es hat damit nichts zu tun – wurde die Schule mit Millionenaufwand rekonstruiert. Jetzt soll die Schule geschlossen werden, weil neun Schüler fehlen. Schon jetzt steht jede fünfte Wohnung in Tutow leer. Weiß die IMAG davon? Natürlich nicht, denn die IMAG ist ja nur für die Folgen der Bundeswehrstrukturreform zuständig. Und weil das so ist, kann ich auch wirklich die Haltung oder die Weigerung der Landesregierung nicht verstehen, die Konversionsleitlinien des Landes nicht fortzuschreiben. Ein Landtagsbeschluss und die Landesregierung teilt mir in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage mit: Die Landesregierung nimmt formalen Abstand von der Fortschreibung dieser Konversionsleitlinien.
Ich denke, das kann’s einfach nicht sein und damit wird...
Deswegen benenne ich das ja auch hier, Herr Glawe.
Damals war das ja in Ihrer Regierungszeit undenkbar. Aber abgesehen davon, dass sich die Landesregierung einfach mal so damit über einen Landtagsbeschluss hinwegsetzt, so wird doch deutlich, dass die vorhandenen Instrumentarien und auch nicht die im CDU-Antrag aufgelisteten Instrumentarien ausreichen, um die Aufgaben der alten und neuen Konversion umzusetzen. Ich betone, die Aufgaben der alten und neuen Konversion umzusetzen. Das Problem der einigungsbedingten Demilitarisierung – das Problem ist an Herrn Jäger offenbar völlig vorbeigegangen – ist noch lange nicht bewältigt und mit dem Umbau der Bundeswehr entstehen schon wieder neue Konversionsaufgaben. Wir aber tun so, als ob diese Probleme mit den Instrumentarien und vor allem dem Geld von gestern zu lösen wären. Das geht aber so nicht. Die neuen Anforderungen und die neuen Qualitäten der Konversion und der damit verbundenen Kompensation fordern eine Reform der rechtlichen, fiskalischen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen.
Diese sind in erster Linie vom Bund zu schaffen und von den Ländern zu untersetzen.
Konversion und Kompensation sind auf eine verlässliche Finanzierungsgrundlage zu stellen, auf der sie noch nie gestanden haben. An dieser Stelle möchte ich auch ein Zitat einfügen, das heißt: „Erlöse aus der Veräußerung ehemals militärischer Liegenschaften, die über den Haushaltsansatz hinausgehen, fließen in einen Konversionsfonds. Aus dem Fonds werden Kosten für Konversionsmaßnahmen in den betroffenen Regionen g e t r a g e n. “
Das Zitat hätte stammen können aus einem PDSAntrag. Es stammt aber aus einem Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion, also von Kolleginnen und Kollegen von Herrn Scharping vom 6. November 1996.
Schon damals hat also die SPD zumindest erkannt, dass Konversion Geld kostet, aber offenbar weiß Herr Scharping heute davon nichts mehr.
Deshalb noch einmal deutlich: Konversion kostet Geld und man kann nicht gleichzeitig, wie auch die CDU es möchte, die Bundeswehr um- und aufrüsten und gleichzeitig Geld für Konversion verlangen, das funktioniert nicht.
Und ich will es deutlich sagen: Konversion kostet Geld, kurz- beziehungsweise mittelfristig vielleicht sogar noch mehr Geld als die Fortsetzung der Rüstung.
Aber sie bringt auch langfristig für uns alle gesehen Gewinn, der nicht allein in Geld auszudrücken ist. Die PDS-Fraktion fordert deshalb:
1. ein Bundeskonversionsprogramm, das durch Landeskonzepte untersetzt wird,
2. Zukunftssicherung durch Abrüstung, was zur Erschließung von finanziellen Mitteln für Konversionsprogramme führt,
3. die Fortschreibung der Konversionsleitlinie für Mecklenburg-Vorpommern,
4. die sofortige Überprüfung der Wirksamkeit der Arbeit der IMAG und die Überprüfung der gegenwärtigen Fördermechanismen,
5. damit im Zusammenhang die Einrichtung eines effektiven und professionellen Konversionsmanagements,
6. eine mittelfristige Begleitforschung zu den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen der Konversion im Land.
Und wir wollen
7. eine wirkliche Bundeswehrstrukturreform, die zur Reduzierung der Streitkräfte führt und Schluss macht mit Reformen, die Steuergelder verschwenden, weil neue Militärbasen gebaut und gleichzeitig sanierte Standorte geschlossen werden.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Völkerwanderung beendet ist, würde ich ganz gerne beginnen wollen, und zwar mit einer kurzen Widerspiegelung der Bundestagsdebatte vom 19. April 2002 zur Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten „Jahresbericht 2001“. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Heidi Lippmann führte aus, ich zitiere aus dem Sitzungsprotokoll: „Wir fordern ganz klar das, was der Herr Wehrbeauftragte angesprochen hat, zwölf Jahre nach der deutschen Einheit endlich die Anpassung der Besoldung in Ost und West vorzunehmen.... 50 Millionen Euro im Jahr würde die Angleichung, also gleicher Wehrsold in Ost und West, kosten.“ Zwischenruf Peter Zumkley, SPD: „Wo bleibt denn der Antrag von Mecklenburg-Vorpommern dazu?“ Und Zwischenruf Johannes Kahrs, SPD: „Die PDS will es doch gar nicht! Ihre eigene Partei könnte im Bundesrat einen Antrag stellen! Sie haben keine Ahnung, gnädige Frau!“ Ende des Zitats.
Abgesehen davon, dass Herr Kahrs keine Ahnung hat, denn Parteien können im Bundesrat keine Anträge stellen, liegt er nun vor, dieser Antrag zur Bundeswehrbesoldung. Und ich verhehle nicht, dass ich geneigt bin auszurufen: Dass ich das noch erleben durfte! Denn es benötigte eben nicht erst der Aufforderung von Herrn Zumkley im Bundestag, einen solchen Antrag zu stellen. Bereits in der zweiten Wahlperiode unternahmen mein geschätzter Kollege Putensen und ich mit einem Antrag in diesem Haus einen Versuch, diese Frage zu thematisieren. Allerdings sind wir damals an der breiten Front der großen Koalition gescheitert. Und dass es nun wiederum vier Jahre gedauert hat, spricht dafür, dass man bei einigen Dingen eben einen langen Atem haben muss.
Schon damals, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren wir mit der Forderung nach Angleichung des Ost/West-Soldes nicht allein. Der damalige stellvertretende Befehlshaber des Wehrbereichskommandos VIII, Admiral von Hößlin, äußerte am 01.11.1995 im „Nordkurier“: „Ich halte im sechsten Jahr der Vereinigung den Zeitpunkt für gekommen, hier ein Signal zu setzen. Es darf nicht sein, daß für dieselbe Tätigkeit im selben Dienstgrad entweder 84 oder 100 Prozent Sold gezahlt werden.“ In seiner Presseerklärung 21/95 stellte der Bundeswehrverband fest, dass die Bundeswehr der Einheit nicht die Bundeswehr der sozialen Ungerechtigkeit bleiben darf.
Und empfängt man im Jahr 2002 Besuchergruppen der Bundeswehr, muss man feststellen, dass diese Forderungen und Feststellungen nichts an Aktualität verloren haben. Genauso muss man feststellen, dass die PDS-Bundestagsfraktion mit schöner Regelmäßigkeit in den Haushaltsberatungen Anträge stellt, diesen Missstand zu beseitigen, und dass diese Anträge in schöner Regelmäßigkeit von der Mehrheit im Bundestag, egal wer sie hatte, abgelehnt wurden.
Wenn wir uns, sehr verehrte Damen und Herren, wieder und wieder diesem Thema zuwenden, hat das nichts mit unseren Vorstellungen zur weiteren Entwicklung der Bundeswehr und nichts mit unserer Haltung zu ihren gegenwärtigen Einsätzen im Ausland zu tun. Das 100.000Mann-Konzept der PDS zur Umwandlung der Bundeswehr liegt auf dem Tisch, unsere ablehnende Haltung zu Auslandseinsätzen bleibt bestehen. Über Einsätze im Inland nachzudenken, wie es Herr Schäuble gegenwärtig wieder macht, kommt für uns nicht in Frage. Nein, unsere Initiative zielt auf ein Stück soziale Gerechtigkeit. Von dieser Grundforderung bleibt auch jene Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern nicht ausgeschlossen, nur weil sie Angehörige der Bundeswehr sind. Die Lebensverhältnisse Ost/West angleichen darf nicht länger Lippenbekenntnis von Kanzlern oder Möchtegernkanzlern sein, sondern muss endlich Realität werden.
Auch der Wehrbeauftragte hat in seinem Jahresbericht 2001 erneut auf diese Problematik aufmerksam gemacht.
Im Bericht, Herr Riemann, heißt es im Punkt „Besoldung und Versorgung“ – hören Sie bitte genau zu –,
ich zitiere: „Ein besonderes Problem ist die Ungleichheit der Besoldung in den neuen und alten Bundesländern.“ Doch Sie haben es versäumt, das umzusetzen, Herr Riemann. „Im Hinblick auf vermehrte Auslandseinsätze wird dies besonders deutlich. Namentlich die daran beteiligten Soldaten haben einen Anspruch auf gleiche Besoldung und Versorgung. Es erscheint nicht angängig, die Soldaten in den Bundesländern auf eine nicht ruhegehaltsfähige Zulage zu beschränken. Die Bundeswehr und insbesondere die Soldaten können auf Dauer nicht mit einer unterschiedlichen Besoldung und Versorgung zusätzlich belastet sein.“ So weit der Wehrbeauftragte.
Und so hoffe ich, dass sich unsere Landesregierung mit diesem Antrag im Hintergrund gegenüber dem Bund mit Nachdruck für die Interessen der Betroffenen einsetzt. Und dass es sich bei meiner Fraktion dabei nicht um Wahlkampfgetöse handelt, hat der Verweis auf unsere früheren Aktivitäten hoffentlich deutlich gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun hört man in diesem Zusammenhang immer wieder das Argument: Wer soll das bezahlen? Bei 50 Millionen Euro im Jahr eine nicht ganz unberechtigte Frage. Wir wissen aber auch, dass seit 1998 23 Milliarden Euro Neuinvestitionen im Rüstungsbereich getätigt wurden. Was noch alles auf der Wunschliste von Herrn Scharping steht, wissen wir auch. Auch was die Auslandseinsätze kosten, wissen wir. Diese Summen aufzubringen sind allesamt politische Entscheidungen. Warum sollte dann eine politische Entscheidung zur Angleichung des Ost/West-Soldes nicht möglich sein?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der zweite Punkt unseres Antrages ist eine politische Entscheidung. Mit der Herstellung der deutschen Einheit nach Artikel 23 des Grundgesetzes wurde die NVA aufgelöst. Für Forderungen der Soldaten, wie sie vom Verband der Berufssoldaten der DDR gestellt wurden, fand sich im Einigungsvertrag kein Platz. Und wer nun meint, diese Betroffenen hätten eh kein Recht, irgendwelche Forderungen zu stellen, dem will ich mit Egon Bahr antworten, der 1992 schrieb: „Zur Geschichte der NVA gehört, daß sie lange vor der Wende, wozu damals noch Mut gehörte, der politischen Führung der DDR klarmachte, daß sie sich nicht gegen das Volk einsetzen lassen würde.“ Zur Geschichte der NVA gehört auch, neben vielen anderen Dingen, die kritisch hinterfragt und historisch untersucht werden müssen, die Tatsache, dass die Soldaten dafür sorgten, dass bis zum 02.10.1990 ihre Waffen und jene, die sie bei der Auflösung der Kampfgruppen, der Staatssicherheit und der Bereitschaftspolizei übernehmen mussten, nicht in fremde Hände gerieten.
Und diese Soldaten glaubten an Fairness. Bis heute jedoch gelten die Soldaten, die vor dem 03.10.1990 aus dem Wehrdienst ausgeschieden sind, als „Gediente in fremden Streitkräften“. Im Unterausschuss für Streitkräftefragen in den neuen Bundesländern hieß es 1993 dazu: „Die Befugnis für Soldaten der NVA, die Bezeichnung des dort erreichten Dienstgrades nach dem Ausscheiden mit dem Zusatz ,der Reserve‘ oder ,a. D.‘ weiterführen zu dürfen, sei eine gesetzliche Folge der Reservistenordnung der DDR gewesen. Nach dem Einigungsvertrag ist dies kein fortgeltendes Recht.“ Ferner wurde mitgeteilt, dass sich für Angehörige der Reichswehr oder der Wehrmacht diese Frage nie gestellt hätte, da diese Streitkräfte nicht zeitgleich neben der Bundeswehr bestanden haben, die Dienstgrade also mit dem Zusatz „a. D.“ oder „der Reserve“ geführt werden können.
Interessant ist die Tatsache, dass es bereits 1994 Änderungsbestrebungen gab. Jedenfalls zeugt davon eine Gesetzesinitiative der damaligen SPD-Bundestagsfraktion auf Drucksache 12/8525 vom 22.09.1994, die im Verteidigungsausschuss des Bundestages aber keine Mehrheit fand. Ich denke, es ist an der Zeit, diese Initiative wieder aufzugreifen, denn es geht nicht nur darum, hinter dem Dienstgrad eine Bezeichnung tragen zu dürfen, es geht auch hier um Gerechtigkeit. Zum Beispiel findet Paragraph 11 a des Arbeitsplatzschutzgesetzes, wonach eine bevorzugte Einstellung in den öffentlichen Dienst für diejenigen erfolgt, die ihren Grundwehrdienst geleistet haben, keine Anwendung für die Betroffenen, die ihren Wehrdienst bis zum 03.10.1990 in der NVA geleistet haben. Und es geht natürlich um Rentenfragen, um die Ergänzung der vorhandenen Bestimmungen zur Anerkennung von Bildungsabschlüssen, es geht um die Gleich
stellung von Bürgern der neuen Bundesländer. Und ich denke, zwölf Jahre nach Herstellung der Einheit ist es dringend notwendig, diese Ungleichheiten zu beseitigen. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Verehrte Kollegin Frau Peters, ich möchte mich recht herzlich bei Ihnen für Ihren Redebeitrag, den Sie hier gehalten haben, bedanken, der sich wohltuend abgehoben hat von den Ausreden des Kollegen Caffier. Mehr habe ich nicht hinzuzufügen. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Herr Gerloff etwas von mir hören wollte zur A 14, will ich ihm gern die Freude bereiten. Obwohl, ich habe mich auch in der Vergangenheit ausgiebig dazu geäußert, Sie hätten nur aufmerksam lesen müssen.
Es ist in den vergangenen Tagen und Wochen viel zur A 14 bereits geäußert worden, auch heute in der Aktuellen
Stunde wieder, allerdings wenig Substantielles. Im Vordergrund stand wohl eher der Wahlkampf. Ich denke aber, hilfreich wäre gewesen, wenn der Herr Bundeskanzler auf dem Ostparteitag der SPD erklärt hätte, die A 14 wird gebaut zwischen Magdeburg und Schwerin
und zusätzlich finanziert. Und ich hätte es hilfreich gefunden, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wenn die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag erklären würde, die A 14 wird gebaut zwischen Magdeburg und Schwerin
und zusätzlich finanziert. Und ich würde es hilfreich finden, wenn die selbsternannten Ostberater des Kanzlerkandidaten das Gleiche tun würden.
Und ich hätte es sehr hilfreich gefunden, wenn die rotgrüne Koalition in Berlin sich selbst ernst genommen hätte und den Koalitionsvertrag umgesetzt hätte – in dem sie festgehalten hat, dass es eine zügige Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes gibt – und mit der zügigen Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes der Bundesverkehrswegeplan auf eine solide Finanzierung gestellt würde. Hätte …! Wir kennen alle das Sprichwort vom Hund und dem Hasen, aber stattdessen hören wir, die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes wird im Jahr 2003 abgeschlossen. Die Entscheidung über die Neueinordnung der A 14 erfolgt im Jahr 2003. Ach ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, 2003 sind die Wahlen dann schon wieder lange vorbei und egal, wer dann regiert, er kann sich heftig daranmachen, seine Wahlversprechen zu vergessen.
Die PDS-Landtagsfraktion hat versucht, sich in einer sachlichen Analyse an das Problem A 14 heranzuarbeiten. Wir haben uns in der Fraktion mehrmals mit dieser Problematik beschäftigt und wir sind dabei, Herr Gerloff, auch auf eine Antwort der Bundesregierung gestoßen, die auf Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion zum Ausdruck bringt, ich zitiere sinngemäß, dass Neuanmeldungen in den so genannten vordringlichen Bedarf – und darum geht es ja hier – nur zu Lasten bisher gemeldeter Maßnahmen im vordringlichen Bedarf erfolgen. Das ist doch eine klare Ansage. Und da interessiert mich schon als Landespolitiker, der eben nicht nur Verantwortung hat für die Region Westmecklenburg, welche Maßnahmen aus dem bereits jetzt gemeldeten vordringlichen Bedarf vielleicht zugunsten der A 14 gestrichen werden müssen. Ist es vielleicht eine Ortsumgehungsstraße im Landkreis Nordvorpommern?
Ist es eine Brücke im Landkreis Ostvorpommern?
Ist es ein Grenzübergang nach Polen im Landkreis Uecker-Randow? Eine Antwort, eine klare Antwort auf diese Fragen habe ich bis jetzt nicht gefunden und auch meine Fraktion nicht.
Und deshalb stellen wir uns die Frage und wägen ab in diesem Prozess. Und ich denke, das muss man uns zugestehen.
In einem Brief des Sprechers der Bürgeraktion A 14 heißt es deshalb auch, ich zitiere aus diesem Brief: „Weiterhin sehe ich als Vorsitzender und Sprecher der BAFA 14 als positiv an, dass Sie sich selbst in Zeiten des Vorwahlkampfes nicht scheuen, Ihre abweichende Meinung mit der Sie nach meiner Auffassung relativ allein dastehen, öffentlich zu äußern. Diese Ehrlichkeit verdient meinen Respekt.“ Zitatende. Und aufgrund dieser Aussage sind wir in einem sehr intensiven Dialog mit der Bürgeraktion und wägen die Argumente für und wider sehr aufmerksam ab. Und das ist mir viel wertvoller und sinnvoller als ein Schlagabtausch hier an dieser Stelle im Parlament. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Freunde der Eisenbahn, vor allen Dingen in der CDU-Fraktion! Es fasziniert mich schon, wie Sie jetzt seit 1998 Ihr Herz für die Politik der Eisenbahn in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt haben.
Und, sehr verehrter Herr Gerloff, ich könnte natürlich aus dem Nähkästchen plaudern, aber ich lasse es an dieser Stelle sein. Ich will mich vielmehr dem Thema zuwenden, denn das, was heute hier passiert und in den vergangenen Tagen zum Thema Regionalisierungsmittel passiert ist, das ist schon von besonderer Qualität, da muss ich meinem Vorredner zustimmen. Nicht nur, dass sich alle Fraktionen gemeinschaftlich bemühen, was schon allein bemerkenswert ist, plötzlich gibt es in Verkehrsfragen sogar eine länderübergreifende Einigkeit mit Brandenburg, Schleswig-Holstein und auch Hamburg.
Was jetzt noch fehlte, meine sehr verehrten Damen und Herren, war die Schützenhilfe der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Dagmar Wöhrl, die mit Blick auf das neue Regionalisierungsgesetz bemerkt: „Entgegen jeder verkehrspolitischen Vernunft soll der Nahverkehr der Eisenbahn ausgetrocknet werden“. Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein nicht zu erwartender breiter Konsens, der aber hoffentlich nicht nur wahltaktisch geprägt ist, denn ein Blick in die verkehrspolitischen Konzepte von CDU und CSU auf Bundesebene oder der CDU hier auf Landesebene trägt nicht gerade zur Beruhigung bei.
Ich meine aber, dass das konkrete Thema die Achtung aller Beteiligten verdient, denn bei der Ausgestaltung des neuen Regionalisierungsgesetzes geht es in der Tat an die Substanz dessen, was den öffentlichen Personennahverkehr in den Ländern ausmacht. Deshalb bin ich aufrichtig zufrieden, dass es uns gelungen ist, gemeinsam dafür zu streiten, dass sich der Bund zu seiner Pflicht für den Personenverkehr im Sinne der Daseinsvorsorge
nicht nur bekennt, sondern ihr auch entspricht, Herr Glawe, denn dass er um seine gesetzlichen Verpflichtungen weiß, zeigte der Bund nicht zuletzt in den Verhandlungen und mit den Tricks, beispielsweise bei der Interregio-Verbindung Rostock –Berlin.
Und mit welchen Tricks sich auch der Bund aus seiner Verantwortung gestohlen hat, da unter anderem das gültige Regionalisierungsgesetz aussagt, dass Reisewege von unter 50 Kilometern Länge oder einer Dauer von unter einer Stunde dem öffentlichen Personennahverkehr zuzurechnen sind, grenzte es schon an einen Taschenspielertrick, dass der Bund und die Bahn dem Lande unterjubelten, dass die meisten Fahrgäste auf der Strecke Rostock– Berlin ohnehin nur weniger als 50 Kilometer unterwegs seien. Das bedeutet, wir hätten es hier nicht mit Fernverkehr zu tun, damit sei der Bund aus seiner Pflicht zur Daseinsvorsorge im Fernverkehr. Das Dumme ist nur – und das wissen wir alle –, dieser Trick hat sogar funktioniert mit der Konsequenz, dass wir von Rostock nach Berlin, und da hilft auch kein Transrapid, sozusagen auf fünfmal 50 Kilometern mit einem Vorortzug der modernen Art unterwegs sind, der an jedem Milchbock anhält.
Ich kann unserem Wirtschaftsminister nur beistehen, wenn er öffentlich die Bahnverbindung von Rostock nach Berlin einen Alptraum nennt. Das Schizophrene an der ganzen Sache ist dann außerdem, dass das Land jetzt auch noch jährlich 6 Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln für diesen Alptraum löhnen darf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn jetzt, wie soeben geschehen und von meinen Vorrednern schon dargestellt, der Bund noch einen Vorschlag für ein novelliertes Regionalisierungsmittelgesetz auf den Tisch legt, in dem die Mittel für den ÖPNV gekürzt oder trotz steigenden Bedarfes eingefroren werden sollen, ist – da, denke ich, sind wir uns alle einig – die Schmerzgrenze überschritten.
Es ist im Grunde schon erstaunlich, dass sich die Länder so lange zurückgehalten haben in dieser Frage, denn wenn wir den Wortlaut des bisher geltenden Regionalisierungsgesetzes einmal hernehmen, wird deutlich, dass es der Bund auch in der Vergangenheit schon nicht so eilig hatte mit notwendigen Nachbesserungen.
Die im Gesetz zum 31. Dezember 1997 festgeschriebene Prüfung, ob die ausgereichten Mittel denn auch ausreichend seien, ist sicher der Diskontinuität eines Legislaturwechsels zum Opfer gefallen, hätte doch ein festgestellter Mehrbedarf die gesetzliche Verpflichtung für den Bund nach sich gezogen, die Mittel für die Länder aufzustocken. Ein Einfrieren der kommenden Mittel auf abgesenktem Niveau widerspricht meines Erachtens nicht nur dem realen Bedarf, sondern auch gleichsam dem gelten
den Recht. In Paragraph 5 des Regionalisierungsgesetzes heißt es in Absatz 2 zur Finanzierung der Mittel: „Im Jahr 2001 wird mit Wirkung ab dem Jahr 2002 auf Vorschlag des Bundes durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Höhe der Steigerungsrate neu festgesetzt sowie neu bestimmt, aus welchen Steuereinnahmen der Bund den Ländern den Betrag nach Absatz 1 leistet.“ In 2001 ist offensichtlich nicht viel passiert, was dem Anliegen dieses Gesetzes entsprochen hätte, stattdessen erleben wir jetzt diese verheerenden Schnellschüsse.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die praktischen Auswirkungen ständig neuer Einschnitte in ÖPNV und SPNV wurden hier schon hinreichend beschrieben und können tagtäglich als Reisende erlebt werden – der Rückzug der Bahn aus der Fläche, steigende Fahrpreise, mangelnder Service, um nur einiges zu nennen.
Dafür, dass die Bahn sich als Wirtschaftsunternehmen – und das ist ja auch von Ihnen unter anderem so gewollt worden – sich auf die Filetstücke und auf die gewinnbringenden Fernverbindungen konzentriert, bringe ich aus finanzpolitischer Sicht ein gewisses Verständnis auf. Und so gesehen ist der vielgescholtene Vorstandsvorsitzende der Bahn AG, Herr Mehdorn, auch nur bedingt für die Misere zuständig.
Die weit wichtigeren Adressaten sitzen in der Bundesregierung und in ihren nachgeordneten Verkehrsbehörden, darauf haben wir immer wieder hingewiesen. Die Schweriner Erklärung der Teilnehmer der Fachberatung vom 9. Januar diesen Jahres und der uns heute vorliegende Antrag sind demnach auch nicht die ersten protestierenden Signale aus Mecklenburg-Vorpommern an die Verantwortlichen im Bund.
Vor allem aber werden sie nicht die letzten sein. Ich hoffe, dass es nicht die letzten Signale sein werden! Ich hoffe, dass es endlich gelingt, den verkehrspolitischen Kollaps – hauptsächlich der Bahn in unserem Lande – aufzuhalten und die Entwicklung umzukehren.
Notwendig, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist aber auch, dass wir uns und unseren Protest selbst ernst nehmen. Wenn nicht, erleben wir, wie jüngst beim Wochenendticket, ein Einknicken der Länder mit fatalen Signalen für eine moderne Verkehrspolitik. Und da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Gerloff, und auch bei Ihnen, Herr Born.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe meine Rede mit der Beschreibung unserer Verbündeten begonnen, da bietet es sich an, mit einem Verbündeten zu enden, wenngleich seine Interessen mitunter gegensätzlich scheinen. Ich meine die Deutsche Bahn AG. In einer schönen Veröffentlichung zur Standortbestimmung mit Ausblick heißt es unter der Überschrift „Wo wollen wir hin?“: „Dieses Land muss sich heute entscheiden, welche Bahn es im Jahre 2015 oder 2020 haben und was sich die Bahn kosten lassen will und wie wir es schaffen. Um den Verkehrsinfarkt zu vermeiden, ist eine Wende in der Bahnpolitik notwendig“. Dem ist nichts hinzuzufügen. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zieht man ein Fazit aus der Einbringungsrede von Herrn Thomas, müssen wir feststellen:
Erstens. Die Ausländerinnen und Ausländer, die sich 1992 in Rostock aufgehalten haben, sind schuld an der Situation, die in Rostock entstanden ist.
Zweitens. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Rostock protestierten gegen das Nichtstun der Behörden. Da frage ich mich allerdings, warum die Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt Rostock da nicht vor dem Rathaus protestiert, sondern ein Asylheim in Brand gesteckt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident, wenn in Mecklenburg-Vorpommern diese Angeklagten neun Jahre auf den Prozess warten mussten, dann ist das ein Justizskandal. So liest man es in der Begründung des CDU-Antrages. Und in der Tat, meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Skandal.
Ich will aber gleich sagen, Herr Born, es ist keine besonders heldenhafte Leistung Ihrer Fraktion, diesen Skandal auf die Tagesordnung der Landtagssitzung zu setzen.
Angebracht wäre gewesen, Herr Born, im vorgelegten Antrag auf das eigene skandalöse Verhalten aufmerksam zu machen, denn bisher herrschte Schweigen im Walde. Kaum jemand in der Öffentlichkeit hat gewusst oder auch nur geahnt, dass bereits ermittelte und angeklagte Täter noch nicht abgeurteilt worden sind.
Herr Exgeneralstaatsanwalt Prechtl, der hier schon eine Rolle spielte beispielsweise, hat reichlich sieben Jahre lang geschwiegen oder abgewiegelt. Und auch von den zwei der CDU angehörenden Justizministern hat man nichts über dieses schwebende Verfahren gehört oder gelesen.
Und dieser Prozess, um den es jetzt geht, ist der vorläufige Endpunkt der, wie Sie so schön harmlos in Ihrem Antrag schreiben, Krawalle in Lichtenhagen. Die Formulierung des Antrages ist so gewählt, als ob es sich um Krawalle handelte, wie sie etwa im Fußballstadion oder auf öffentlichen Straßen und Plätzen gegenwärtig leider nur allzu oft an der Tagesordnung sind. Das Wort „Krawalle“ ist wirklich eine hübsche und verharmlosende Beschreibung dessen, was in Lichtenhagen geschehen ist,
denn in Wahrheit hat doch wohl dort in Lichtenhagen eine extrem ausländerfeindliche, rassistisch und auch neofaschistisch inspirierte Generalprobe in einem östlichen Bundesland stattgefunden, die vielfach Fortsetzung finden sollte, nicht nur im Osten dieser Republik.
Es war, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Terroranschlag und ein Pogrom gegen Ausländerinnen und Ausländer. Und dieses Pogrom konnte auch deshalb in dieser Massivität stattfinden, weil CDU-Innenminister sträflich ihre Pflichten verletzten, und weil auch die Administration vor Ort versagte.
Dies wenigstens hat der damalige Untersuchungsausschuss festgestellt. Davon ist allerdings in Ihrem Antrag nichts zu lesen. Auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ist ein Skandal!
Also ein wesentlicher Teil der Verschleppung und Vertuschung begann doch wohl bereits 1992 an Ort und Stelle. Dies haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, bisher nicht gesagt und werden es auch mit Sicherheit nicht sagen,
denn Sie wollen wieder einmal die populistische Trommel hier im Landtag schlagen. Zwei ganze Sätze sollen wir also dem Antrag nach absegnen, zwei Sätze, deren Schlichtheit allerdings die Schlichtheit Ihrer Gedanken widerspiegeln.
Was soll man denn beispielsweise mit der Formel im ersten Satz anfangen, der Landtag möge bedauern, dass die Justiz erst nach neun Jahren dazu komme, Verbrechern – und es handelt sich der Anklage nach um Mörder und schwere Brandstifter – den Prozess zu machen?
Ja, Herr Thomas, wen sollen wir denn da bedauern? Den zuständigen Richter und die Kammer, den Staatsanwalt oder vielleicht die Angeklagten, die, wie Sie in Ihrer Begründung sagen, neun Jahre lang auf ihren Prozess warten mussten, die Ärmsten? Was wollen Sie uns denn eigentlich noch alles hier zumuten?!
Sie schreiben in der Überschrift Ihres Antrages ganz fett „Prozessverschleppung bei dem Landgericht Schwerin“. Sie unterstellen also dem Gericht bewusste Verschleppung. Prozessverschleppung ist natürlich für die Richterschaft ein ätzender Vorwurf und sie hat das in Gestalt des real existierenden Richterbundes auch zu Recht mit Empörung weit von sich gewiesen.
Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem Unbehagen sind wir dennoch für eine sachliche Behandlung dieses Problems. Die Öffentlichkeit ist empört, und das zu Recht. Die Frage, wie es dazu kommen konnte, verdient aus unserer Sicht schön nähere Aufklärung und Begründung. In diese Wunde muss man den Finger legen. Dass in diesem Verfahren Staatsanwälte und Justizminister, ganz vorsichtig gesagt, irgendwie nicht ganz wach oder präsent waren, liegt doch wohl auf der Hand. Also muss ich allerdings nun der CDU, so Leid es mir tut, doch irgendwie zustimmen, wenn es im Begründungstext heißt: Das ist „ein Justiz-Skandal“.
Mörder und Brandstifter neun Jahre lang nicht zur Rechenschaft gezogen zu haben, ist ein Skandal. Was ist
da eigentlich gelaufen? Das ist auch unsere Frage. Klar ist aus unserer Sicht vor allen Dingen Folgendes: Hier ist Aufklärung nötig, denn was hier gelaufen ist, ist mit einiger Gewissheit etwas mehr, als dass irgendein Amtsgericht gegen die guten Sitten verstoßen hätte.
Und da hört man nun – und das greift wohl auch die CDU mit Ihrem Antrag auf –, dass das Gericht nicht tätig werden konnte, da man fortwährend in Untersuchungshaft Sitzende verarzten musste. Es wären demnach also widrige Zeitgründe, die diesen Prozess bisher nicht möglich machten. Ich frage da mal nur beiläufig, meine sehr verehrten Damen und Herren, was für ein Täterspektrum wir im Land haben müssen, wenn andere Prozesse Vorrang haben mussten und diese Täter – wie gesagt, der Vorwurf der Anklage lautet auf versuchten Mord und schwere Brandstiftung – nicht einmal in Untersuchungshaft gekommen sind. Da kann doch wohl das Jugendstrafrecht kaum schuld daran sein.
Und ich frage mich auch: Was hat die Staatsanwaltschaft getan? Wo sind deren Anträge? Warum hat, wenn die Kammer nicht reagierte, keiner Krach geschlagen? Oder, meine sehr verehrten Damen und Herren, hatte etwa auch sie anderweitige Arbeitsüberlastungen, um zum Beispiel Verfahren gegen Anti-Nazidemonstranten auf den Weg zu bringen?
Es ist doch mehr als lächerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn beispielsweise zum Stichwort „Verfahrensbeschleunigung“ immer gesagt wird, man müsse möglichst jeden Hühner- und Ladendieb noch am selben Tag vor den Kadi bringen und sollte ihn, wenn es nicht anders geht, für die Prozesssicherung sogar in vorbeugende Untersuchungshaft nehmen, während man derartige Täter neun Jahre ungeschoren lässt. Das passt einfach nicht zusammen.
Also in diesem Punkt stimmt das, was Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, im Begründungstext schreiben: Es ist in der Tat ein Skandal. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, was sollen denn die 15 Stellen als Schlussfolgerung aus diesem Verfahren? Und Sie sagen in Ihrem Antrag ja auch nicht einmal, wie viele davon Richter und wie viele Staatsanwälte und an welchem Ort notwendig wären. Das ist also wieder einmal die allergrößte Präzision, wie sie eben nur ein CDU-Antrag haben kann. Hauptsächlich 15 Stellen, lautet die Botschaft. Und so wird leider wie bei Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, nur all zu oft zusammengeschrieben, was eben nicht zusammengehört.
Neue Märchen braucht das Land.
Und dann lese ich mit Staunen in Ihrem Begründungstext, dass der Prozess gegen längst ermittelte und längst angeklagte terroristische Verbrecher – und darum handelt es sich nach der Anklage und so reflektieren Sie es auch in der Begründung Ihres Antrages – sage und schreibe neun Jahre lang nicht stattfinden konnte, weil 15 Stellen für Richter und Staatsanwälte fehlten. Schluss des Schlusses Ihres Antrages: Wo kein Ankläger, wo kein Richter, da auch kein Prozess. So ist wohl die eigentliche Logik des Antrages zu verstehen, wenn er überhaupt
einen Sinn machen soll. Diese aus unserer Sicht völlig absurde Argumentation muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Glauben Sie denn allen Ernstes, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, dass wir uns die Hosen mit der Kneifzange anziehen? Man kann es drehen und wenden wie man will,
die Frage bleibt: Was soll denn nach neun Jahren noch ernstlich an Wahrheit über das konkrete Tatgeschehen herauskommen? Die Hintergründe, auf die es allerdings aus unserer Sicht bei diesem Verfahren auch im Interesse der Wahrheitsfindung ankäme, verblassen nach neun Jahren.
Deswegen hätte der Prozess schon längst stattfinden müssen.
Vielleicht sogar in der Zeit von 1992 bis 1994.
Und es gäbe doch wohl auch für heute noch eine ganze Menge von bedeutsamen, aufzuschließenden Wahrnehmungen über den rechtsextremistischen Background – besser gesagt, Underground – wie eben auch über das Versagen des damaligen Innenministers, des Polizeichefs und der Rostocker Chefs, die bekanntlich einer nach dem anderen ihren Hut nehmen mussten. Denn bekanntlich förderte gerade dazu der Untersuchungsausschuss des Landtages herzlich wenig zutage, weil es nämlich bekanntermaßen mannigfaltige Interessen gab, politisch zu mauern. Wäre es nicht gerade auch deshalb richterliche Pflicht gewesen, hier längst ernsthaft nachzufassen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Die Pleite kann allerdings andererseits – das ist unsere Überzeugung – heute nicht damit gerechtfertigt werden, es fehlten 15 Richterstellen. Das ist völlig absurd.
Der Richterbund hat sich kürzlich mit der Forderung von 10 Stellen begnügt. 10 Stellen sind gut, 15 sind besser, sagt die CDU. Warum nicht 20, warum nicht 30, warum nicht 50 Stellen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU?
Denn wenn ein Gericht, wie Sie bereits in der Überschrift Ihres Antrages schreiben, Prozessverschleppung betrieben hat, ist es wohl doch erst einmal logisch, zunächst bei diesem Gericht den rechtsstaatlichen Enterhaken anzusetzen, anstatt gleich auf blauen Dunst 15 – übrigens nicht ganz billige – Staatsanwaltschafts- und Richterstellen hinterherzuwerfen.
Man muss diesen Wahnsinn nicht unbedingt auf die Spitze treiben.
Und was die Finanzierung der Wunschstellen betrifft, so ist das, was im Antrag dazu gesagt wird, allerdings – gestatten Sie diese Bezeichnung, meine sehr verehrten Damen und Herren – eine reine Luftbuchung. Es sollen Stellen aus der Regierung genommen werden, sagen Sie,
die im Prinzip sowieso nicht besetzt sind, allerdings mit Ausnahme des Justizbereiches. So einfach geht das nicht, das hat der Justizminister hier deutlich gemacht. Da sollen Stellen besetzt werden, die sowieso nicht besetzt sind. Wie das alles genau funktionieren soll, sagen Sie uns nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU! Natürlich, Herr Riemann, nehmen wir Ihnen Ihre vorbildliche Fürsorge für die Justiz überhaupt nicht ab. Noch vor einem Vierteljahr haben Sie anlässlich der Haushaltsberatungen 10 Richterstellen verlangt, jetzt sollen es 15 sein. Gut. Aber die Crux war doch, dass Sie, jedenfalls bei den entscheidenden Haushaltsberatungen, so haben es zumindest mir die Mitglieder, die für uns im Rechtsausschuss sitzen, mitgeteilt, dass Sie bei den entscheidenden Haushaltsberatungen im Rechtsausschuss überhaupt nicht dabei waren, um für die Belange der Justiz wie die Löwen zu kämpfen.
Ich rede hier vom Rechtsausschuss, Herr Riemann, vom Rechtsausschuss.
Die Schaumschlägerei im Plenum ist Ihnen wieder einmal wichtiger als die Arbeit im Ausschuss, Herr Riemann.
Dann können wir uns ja eigentlich die Fachausschüsse sparen, wenn Sie dort nicht mehr arbeiten. Dann brauchen wir bloß noch den Finanzausschuss.
Es war Ihnen doch eigentlich vier Wochen ganz piepegal,
was mit Ihrem Antrag auf zusätzliche Richterstellen wurde. Freilich, wie man hörte, hatten Sie flächendeckend Parteiveranstaltungen.
Vielleicht waren Sie ja gerade auf Kanzlerkandidatensuche,