Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 36. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.

Ich möchte unserem Kollegen Dr. Arnold Schoenenburg nachträglich zum 60. Geburtstag ganz herzlich gratulieren und alles Gute wünschen.

(Beifall bei den Abgeordneten)

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, gestatten Sie mir noch zwei Hinweise.

Mit der heutigen Sitzung werden die Plenardebatten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern live im Internet auf der Homepage des Landtages übertragen. Nach dem Deutschen Bundestag ist unser Landtag eines der ersten Parlamente, das das Angebot macht, seine Sitzungen weltweit im Internet zu verfolgen. Theoretisch könnte jetzt auch unsere Kollegin Frau Schnoor unsere Debatte verfolgen. Wir befinden uns mit dem Angebot des Web-TV bis zum Herbst in einer Testphase, in der nur eine sehr begrenzte Anzahl gleichzeitiger Zugriffe möglich ist. Wir erheben jetzt den Bedarf anhand der Zugriffsversuche. Nach der Sommerpause werden wir unser Web-TV dann allen Interessierten uneingeschränkt zur Verfügung stellen. Ich möchte an dieser Stelle den Technikern der Landtagsverwaltung meinen Dank aussprechen, dass sie das Vorhaben des Web-TV-Angebotes so zügig umgesetzt haben.

(Beifall bei den Abgeordneten)

Und eine zweite Bemerkung: Wir haben heute eine etwas schwierige Situation im Bereich der Kantine. Aufgrund der Baumaßnahmen im Schlosscafé steht dieses für die Bewirtung der Besuchergruppen nicht wie sonst zu den Plenarsitzungen zur Verfügung. Deshalb müssen die Besuchergruppen ihr Mittagessen auf dem Flur der Kantine einnehmen. Der Zugang zur Kantine von der Roten Marmortreppe aus kann aus diesem Grund heute nicht benutzt werden. Ich bitte Sie deshalb, über die Weiße Marmortreppe in die Kantine zu gehen beziehungsweise den Aufzug zu benutzen. Haben Sie dafür bitte Verständnis.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der PDS hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Zu aktuellen Entwicklungen im rechtsextremistischen Spektrum in Mecklenburg-Vorpommern und zu gesellschaftlichen Maßnahmen ihrer Zurückdrängung“ beantragt.

Aktuelle Stunde Zu aktuellen Entwicklungen im rechtsextremistischen Spektrum in MecklenburgVorpommern und zu gesellschaftlichen Maßnahmen ihrer Zurückdrängung

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Ritter von der PDSFraktion. Bitte sehr, Herr Ritter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Sonntag gingen wieder Nachrichten um die Welt, die das Bild der Bundesrepublik nachhaltig prägen. Deutsche Neonazis marschierten zum Jahrestag der Annexion Österreichs durch Hitlerdeutsch

land um das Brandenburger Tor in Berlin und skandierten „Wir sind ein Volk“. Gut, dass sich auf der anderen Seite des Brandenburger Tores viel mehr Menschen trafen, um gegen den erstarkenden Rechtsextremismus zu protestieren.

Diese Ereignisse belegen, wie wichtig die Ausgestaltung des Kampfes gegen den Rechtsextremismus als politische Querschnittsaufgabe ist. SPD und PDS haben sich in ihrer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, dieser Aufgabe hohe Priorität beizumessen. Dabei gibt es schon positive Ergebnisse wie die zahlreichen Aktivitäten des Innenministers. Es gibt aber auch noch viel zu tun wie zum Beispiel die umfassende, auch finanzielle Unterstützung des Vereins „Demokratie und Toleranz Mecklenburg-Vorpommern“.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Volker Schlotmann, SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rechtsextremismus ist ein Thema, das unsere Gesellschaft weiter und immer wieder beschäftigen muss. Obwohl Denkweisen und Handlungsmuster dieser Prägung nicht immer offen zutage treten, sind sie aber gegenwärtig in beunruhigendem Maße auch in Ländern mit entwickelter parlamentarischer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit präsent.

Bei Rechtsextremismus geht es nicht um ein importiertes Problem. Es handelt sich um eine mobilisierungs- und handlungsfähige extreme Rechte, der wohl kaum mit Verboten, wohl aber damit zu begegnen ist, dass sich entschieden mehr Menschen gegen Rassismus, Nationalismus und gegen autoritäre Politikmodelle engagieren. Rechtsextremismus ist dehumane Bedrohung demokratischer Verfasstheit der Gesellschaft. Er ist Gefahrenpotential und große politische wie alltägliche Herausforderung.

Trotz klar mehrheitlicher Verurteilung von rechtsextremen Handlungen gehen die Meinungen zu Ursachen, Aufkommen oder wirksamer Bekämpfung oft weit auseinander. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es bedarf nicht unbedingt organisierter terroristischer Schlägertrupps, sondern lediglich einer populistischen Massenpartei, die sich der Ängste einer überflüssig gewordenen Generation bedient und sich deren psychischer Disposition für totalitäre Lösungen zunutze macht.

Ich verweise auf eine Meinungsumfrage des Bundesverbandes deutscher Banken, vorgelegt im Januar diesen Jahres. Danach möchte eine Mehrheit von 58 Prozent der Bundesbürger am liebsten einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus ziehen – 59 Prozent im Westen, 53 Prozent im Osten. Andererseits sind nur noch 58 Prozent der Meinung, dass das bestehende politische System im Großen und Ganzen gut funktioniere, während der Anteil derjenigen, die vom Gegenteil ausgehen, inzwischen auf 30 Prozent angewachsen ist – „inzwischen“ heißt Tendenz steigend. Eine Studie des Bundesinstitutes für Berufsbildung, vorgestellt vor wenigen Wochen, ergab unter anderem, 39 Prozent der ostdeutschen Jugendlichen sind der Meinung, dass die Demokratie die gesellschaftlichen Probleme nicht löst. 50 Prozent wünschen sich einen starken Mann, um die Probleme der Gesellschaft zu lösen.

Diese Zahlen sind alarmierend, genau wie die neuesten Befunde, nach denen die Entstehung rechtsextrem orientierter Denkmuster früher einsetzt, als das von vielen angenommen wird. Dem Anschein nach verläuft dieser Prozess parallel beziehungsweise in Wechselwirkung mit

der Ausformung ursprünglicher Wertorientierungen. Deshalb sollte dem Entwicklungszeitraum von Jugendlichen zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr und der Herausbildung von Werthaltungen, die dann gleichsam als Filter für die Annäherung an rechtsextremes Denken fungieren, in der pädagogischen Arbeit dringend mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Zugleich wird anhand von Daten die große Wirkung sozialer Frustrationsfaktoren bestätigt, wobei das nicht allein auf die Arbeitslosigkeit reduzierbar ist, sondern auf einem Mix von Benachteiligungsgefühl, Bewertungen von Perspektiven, Ohnmachtsempfindungen und Unsicherheit beruht. Der Soziologe Ulrich Beck aus Frankfurt am Main schrieb im Jahre 1999: „Eines jedenfalls ist klar: Endemische Unsicherheit ist das Merkmal, das die Lebenswelt und Lebensgrundlage der Mehrheit der Menschen – auch in der scheinbar wohlhabenden Mitte – kennzeichnet.... Niemand täusche sich: Der EigentümerKapitalismus, der auf nichts als Gewinn zielt und die Beschäftigten, den (Sozial-)Staat und die Demokratie ausgrenzt, gibt seine eigene Legitimation auf.... Die einfache Wahrheit lautet: Ohne materielle Sicherheit keine politische Freiheit.“

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

„Also keine Demokratie, also Bedrohung aller durch neue und alte totalitäre Regimes und Ideologien.“

Um wirkungsvoll gegensteuern zu können, ist eine tiefgründige Ursachenforschung unumgänglich, weil jede Ursachenanalyse im Keim auch stets Anregungen zum Handeln enthält. Dabei geht es um Ursachenforschung ohne Tabus und Denkverbote. Das gilt für alle Parteien links vom Rechtsextremismus, das gilt für alle Fraktionen im Landtag und das gilt selbstverständlich auch für alle Ressorts der Landesregierung. Ressortübergreifende neue Politikgestaltung ist nicht zuletzt zum Zurückdrängen rechtsextremistischer Entwicklungen ein unbedingtes Muss. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Um das Wort hat gebeten der Innenminister Herr Dr. Timm. Bitte sehr, Herr Innenminister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktualität dieser Aktuellen Stunde ergibt sich schon allein aus dem Prozess, der derzeit gegen die Beschuldigten im „EggesinVorfall“ geführt wird, Herr Ritter. Insofern gebe ich Ihnen Recht, aber auch darüber hinaus, es ist ein sehr aktuelles und wichtiges Thema.

Das derzeitige Lagebild im Bereich des Rechtsextremismus ist ein Spiegelbild der Verfassung unserer gesamten Gesellschaft. Diese Erscheinung der jungen Demokratie in unserem Land ist nur durch ein leidenschaftliches Eintreten für demokratische Werte und für demokratische Verhaltensweisen in den Griff zu bekommen.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Dieses Eintreten muss jedoch aus der Mitte der Gesellschaft heraus erfolgen. Nur gemeinsam können wir alle den rechten Rand von den Vorteilen einer demokratischen Grundordnung überzeugen. Die Landespolizei, meine Damen und Herren, kann und wird repressiv und präventiv die unmittelbaren Erscheinungsformen rechtsextre

mistischer Gruppen eindämmen. Die Ursachen, das hat Herr Ritter schon gesagt, liegen jedoch weitaus tiefer und müssen, wie bereits gesagt, aus der Mitte der Gesellschaft heraus angegangen werden, das heißt von allen demokratischen Parteien, von Gewerkschaften, Kirchen, Bildungsträgern, Kommunen, von allen Ministerien der Landesregierung, letztlich von allen Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sehr wahr!)

Besonders sind hier die für die Erziehung unserer jungen Generation Verantwortlichen anzusprechen, ich nenne zuerst die Eltern und dann die Schule. Es geht um das offensive Eintreten für Toleranz und Humanismus, für Freiheit und Demokratie und damit gegen jede Gewalt, gegen Ausländerfeindlichkeit und Extremismus.

Die braunen Ideologen gaukeln uns vor, dass viele Probleme unserer jungen Demokratie, die ja tatsächlich existieren, nach simplen Mustern zu lösen sind, etwa nach dem Motto: „Ein Problem – ein Feindbild – eine Lösung“. Wer mit solchen Rattenfängermethoden auf Menschenfang geht, der muss von uns allen gemeinsam im grellen Licht der Öffentlichkeit zur Rede gestellt werden.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD, und Volker Schlotmann, SPD)

Und diejenigen, die die Jugend zu verführen versuchen, müssen mit einer konsequent einschreitenden Landespolizei rechnen – und das können sie auch.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen das aktuelle Lagebild zum Rechtsextremismus aufzeichnen.

Zu den rechtsextremistischen Straftaten: 1999 wurden circa 1.800 Personen in Mecklenburg-Vorpommern rechtsextremistischen Bestrebungen zugeordnet. Die Entwicklung des Rechtsextremismus im Lande wird nach wie vor von rechtsextremistischen Skinheads und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten beherrscht. Dieser Szene gehören circa 800 Personen als harter Kern an. Sie ist subkulturell geprägt und folgt ideologischen Versatzstücken des Nationalsozialismus. Kennzeichnend für dieses Spektrum ist ein ausgeprägter Hass auf Ausländer und alles, was als fremd empfunden wird.

Diese Haltung zeigt sich immer wieder in entsprechenden Straf- beziehungsweise Gewaltstraftaten. So wurden 1999 vom Landeskriminalamt in Mecklenburg-Vorpommern 268 Straftaten registriert, bei denen eine rechtsextremistische Motivation vorliegt oder nicht ausgeschlossen werden kann. 1998 waren es im Vergleich dazu noch 303. 1999 waren von diesen Straftaten 53 Gewaltstraftaten, davon 37 mit fremdenfeindlicher Zielrichtung. 1998 wurden 51 Gewalttaten mit rechtsextremistischer, davon 34 mit fremdenfeindlicher Motivation registriert.

Einige Erläuterungen zu den im allgemeinen Kontext als rechtsextremistisch eingestuften Straftaten: Ihre Gesamtzahl ergibt sich aus der Addition von Gewalt, Propaganda und sonstigen Delikten. Dazu zählen wir unter anderem Körperverletzungen, Brand- und Sprengstoffdelikte, Landfriedensbruch, Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und Verwenden ihrer Kennzeichen, Verunglimpfung von Verfassungsorganen, Verleumdungen oder Verstöße gegen das Waffen-, Vereins- und Versammlungsgesetz.

Meine Damen und Herren! Im Vergleich zum Jahr 1998 hatte die Landespolizei 35 rechtsextremistische Straftaten weniger zu verzeichnen. Das entspricht einem Rückgang von über 11 Prozent. Gesteigert wurde dagegen die Aufklärungsquote, und zwar um 8,1 Prozent auf nunmehr 73,1 Prozent.

Diese Zahlen, in deren Tendenz sich auch der Rückgang rechtsextremistischer Musikveranstaltungen im Lande einreiht, verdeutlichen, dass das konsequente Einschreiten der Landespolizei im Jahr 1999 Wirkung zeigt. Gleichwohl zeigen die Zahlen auch, und vor allem der Anstieg der Gewalttaten von 51 auf 53 Fälle, dass weiterhin in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz alle staatlichen und privaten Institutionen, Vereine, Körperschaften und so weiter den Rechtsextremismus im Lande gemeinsam bekämpfen müssen.

Zweitens, ich komme zu der Kameradschaftsszene in Mecklenburg-Vorpommern. Die rechtsextremistische Skinheadszene meidet feste Strukturen, wie wir seit einigen Jahren feststellen. Trotzdem hält die Tendenz zur Bildung so genannter Kameradschaften an. Dem Verfassungsschutz des Landes sind 1999 etwa 49 dieser Verbindungen bekannt, zum größten Teil lediglich namentlich. Meist handelt es sich dabei um lockere Zusammenschlüsse auf Zeit, Umbenennungen oder Auflösungen nach kurzer Lebensdauer sind nicht untypisch. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes dienen diese Kameradschaften sowohl der Pflege des gemeinsamen Gedankengutes als auch der Planung und Durchführung einschlägiger Aktivitäten. Daneben bieten diese Gruppen einen gewissen sozialen Rückhalt für ihre Mitglieder.

Bedenklich allerdings ist die zunehmende Ausrichtung der Kameradschaften an Ideen des Nationalsozialismus. Aus diesem Grunde wurden dem Lager der Neonazis im Jahre 1999 300 Personen im Land zugerechnet, während es 1998 „lediglich“ 250 waren.

Eine stärkere Organisierung und Ideologisierung der Szene ist unverkennbar. Als Beispiel hierfür mag der Volkstrauertag dienen, der im Szenejargon „Heldengedenktag“ heißt. Die einschlägigen Personen und ihre Verbindungen gedenken an diesem Tag nicht der Opfer von Krieg und Gewalt, sondern machen deutlich, dass der Zweite Weltkrieg gerechtfertigt gewesen sein soll. Insoweit gilt ihre Verehrung den hierfür gefallenen Helden. Landesweit versammelten sich 1999 insgesamt etwa 400 Personen zu Kranzniederlegungen. Besonders schlimm sind – auch für mich als Vorsitzender des Volksbundes der Kriegsgräberfürsorge – beispielsweise die Kranzniederlegungen auf der Gedenkstätte Golm. Darüber hinaus gab es Aktivitäten zu den üblichen Anlässen wie Hitlergeburtstag, Rudolf-HessGedenktag oder Sommer- und Winter-Sonnenwende.

Drittens, ich komme zu dem Komplex rechtsextremistischer Musikveranstaltungen. Für die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes innerhalb der subkulturellen und vor allem der sehr jungen Szene spielt die Skinheadmusik eine sehr wesentliche Rolle. Diese Musikveranstaltungen sind so etwas wie der Umschlagplatz rechtsextremistischer Ideologien, Atmosphären und auch der Umschlagplatz für so etwas wie ein emotionales Weltbild, das auf diesen Veranstaltungen erzeugt wird. Daher muss gerade in diesem Bereich energisch durchgegriffen werden.

Wir haben im Innenministerium auf diese Situation mit dem „Konzerterlass“ reagiert. Er gibt allen Polizeidienst

stellen des Landes eine Ermächtigungsgrundlage zum Einschreiten gegen getarnte und offene Konzertveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Das konsequente Vorgehen der Landespolizei führte 1999 zu einem Rückgang solcher Konzerte in Mecklenburg-Vorpommern. Wurden 1998 noch 33 Skin-Konzerte, -Liederabende oder ähnliche Partys registriert, so waren es 1999 „nur noch“ 12. An diesen Skin-Konzerten nahmen durchschnittlich circa 200 Personen teil, an den sonstigen Musikveranstaltungen im Durchschnitt 100, allerdings zu Spitzenzeiten bis zu 600 Personen. Und das spielt sich dann in der Regel auf abgelegenen Dörfern in Mecklenburg-Vorpommern ab.

Allerdings nahmen Rechtsextremisten aus Mecklenburg-Vorpommern auch an Veranstaltungen in anderen Bundesländern teil, so dass dieses Phänomen Skin-Konzerte bei uns im Land allein nicht gelöst werden kann. Meine Kollegen in Erfurt und in Magdeburg haben inzwischen den Konzerterlass für ihr Land übernommen.

Ich komme zum vierten Komplex, Kommunikation in der rechtsextremistischen Szene. Für die Verbreitung ideologischer Inhalte und die Vorbereitung von Aktivitäten bedient sich die Szene in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin zweier sogenannter Info-Telefone, deren Inhalte jedoch maßgeblich von Neonazis aus anderen Bundesländern bestimmt werden. Darüber hinaus wird im Land zunehmend das Internet genutzt, das bundesweit bereits zu einem wesentlichen Bestandteil der Kommunikation innerhalb der rechtsextremistischen Szene geworden ist. Beispielsweise will ich hier das in Stralsund ansässige Störtebeker-Netz nennen, in dem auf zynische Weise das aktuelle politische Geschehen kommentiert wird. Antisemitische Ausfälle sind dabei leider an der Tagesordnung.

Fünftens, ich komme zu den rechtsextremistischen Parteien in Mecklenburg-Vorpommern. Die rechtsextremistischen Parteien im Lande konnten ihren politischen Einfluss auch 1999 nicht ausweiten. Sie blieben bei der Europa- und den Kommunalwahlen unter zwei Prozent. Angetreten waren „nur“ die Nationaldemokratische Partei Deutschlands, die NPD, und die Republikaner. Die in Mecklenburg-Vorpommern nahezu bedeutungslose DVU mit ihren schätzungsweise 200 Mitgliedern trat gar nicht erst an. Auch die Republikaner zeigten außerhalb des Wahlkampfes keine wahrnehmbaren Aktivitäten, was sehr wahrscheinlich auch mit der niedrigen Mitgliederzahl von circa 100 Personen zusammenhängt.