Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 51. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratung vereinbarungsgemäß fort.
Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen auf Drucksache 3/1723 ein interfraktioneller Antrag zum Thema „Änderung der Anlage 3 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden. Nach Paragraph 40 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden.
Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Erweiterung der Tagesordnung ist einstimmig beschlossen. Kann ich davon ausgehen, dass wir diese Vorlage am Schluss der heutigen Sitzung verhandeln? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Aufgaben im Öffentlichen Gesundheitsdienst und zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes, Drucksache 3/1624.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Aufgaben im Öffentlichen Gesundheitsdienst und zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes (ÖGDNeuregG) (Erste Lesung) – Drucksache 3/1624 –
Das vorliegende ÖGD-Neuregelungsgesetz soll und muss die Umwandlungen des Landeshygieneinstituts in ein Landesamt für Gesundheit regeln. Strukturumbrüche in den letzten zehn Jahren haben die ehemals drei Bezirkshygieneinstitute und später das Landeshygieneinstitut nicht zur Ruhe kommen lassen. Es gab viele Gründe, über die Zukunft der Einrichtung nachzudenken. Insbesondere für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine verlässliche Perspektive dringend geboten.
Die Zeit der Ungewissheit, der Unruhen, der Ängste geht nun vorüber. Das Landeshygieneinstitut soll von einem erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Landesbetrieb, der in einem erheblichen Umfang Untersuchungsleistungen auch für Private erbracht hat, zu einer Behörde mit hoheitlichen Aufgaben unter Beibehaltung der Serviceleistungen für andere Behörden, insbesondere für die Gesundheitsämter umgewandelt werden.
Anlässe für diese Umstrukturierungen waren zum Ersten ein Ersuchen des Landtages, Drucksache 3/950, das forderte, „ausgehend von dem Gutachten zur zukünf
tigen Organisation der Labore kurzfristig wirksame Konzepte zur organisatorischen Straffung und Kostenreduzierung unter Berücksichtigung der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in den Verantwortungsbereichen des Sozialministeriums und des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei zu erarbeiten und umzusetzen“.
Dieser Auftrag basiert zweitens auf einem Bericht des Landesrechnungshofs vom Januar 1998, in dem festgestellt wird, dass die Gebühren für die erwerbswirtschaftlich durchgeführten Untersuchungen des LHI nicht kostendeckend sind und dass bei kostendeckenden Gebührensätzen keine Erhöhung der Einnahmen, sondern wegen der Konkurrenzsituation eher ein Rückgang zu erwarten sei. Der Landesrechnungshof empfiehlt daher einen Abbau der Untersuchungskapazitäten.
Letztlich war auslösender Anlass für die Umstrukturierung drittens eine nicht kostendeckende Erfüllung der Aufgaben als Wirtschaftsbetrieb, denn erhebliche Zuschüsse, nämlich Verlustausgleiche, mussten dem LHI in der Vergangenheit gezahlt werden, zum Beispiel 1995 15 Millionen DM, deren erforderliche Herabsetzung bei dem bisherigen Aufgabenspektrum nicht mehr unter den gegenwärtigen Stand, Haushaltsplan 2000 bekanntlich 8,5 Millionen DM, möglich war. Die erwerbswirtschaftlich durchgeführten Untersuchungen zeigten, dass wegen der Konkurrenzsituation zu privaten Laboren keine höheren Entgelte am Markt durchzusetzen sind. So weit die Auftragslage.
Nachdem anfängliche Bemühungen scheiterten, ein ressortübergreifendes Laborkonzept zu entwickeln, machten wir uns im Sozialministerium gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des LHI eigenständig ans Werk. Seit März 1999 lief die Aufgabenkritik des Bisherigen und die Konzentration auf gesetzlich definierte Aufgaben für die Zukunft.
Es kam zu Aufgabenausgliederungen, die zum Teil dem freien Markt überlassen oder im Zusammenwirken mit den Universitäten und einigen Kliniken verlagert wurden. Es wurden neue Aufgaben bestimmt, so insbesondere die Überwachung der Krankenhaushygiene, die bisher den Gesundheitsämtern der Kreise oblag. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung wird verstärkt, insbesondere das Heranbilden von Amtsärzten wird ermöglicht, damit die Kreise den Generationswechsel besser bewältigen können. Zu den neuen Aufgaben gehört auch, über Arbeiten mit Krankheitserregern und über gentechnische Arbeiten zu entscheiden, was bisher im Sozialministerium geschah, aber dort nicht notwendig angesiedelt sein muss. Unverändert blieben insbesondere die Untersuchungsaufgaben, die das LHI für die Gesundheitsämter durchführt, zum Beispiel bei Trink- und Badewasser, und die Aufgabe der fachlichen Beratung der Gesundheitsämter und des Sozialministeriums.
Mit dem neuen Aufgabenspektrum ist auch eine neue Struktur verbunden. Das künftige Landesamt für Gesundheit hat seinen Sitz in Rostock mit einer Außenstelle in Neustrelitz. In Greifswald und Schwerin wird es Untersuchungs- und Beratungsstellen geben, vor allem um dem so genannten Drogentourismus entgegenzuwirken.
Trotz aller Bemühungen um neue sinnvolle Aufgaben besteht eine Diskrepanz zwischen Arbeitsumfang und Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterzahl. Dennoch ist das sozialpolitische Herangehen dieser Landesregierung an
die Umstrukturierung davon geprägt, keine betriebsbedingten Kündigungen zuzulassen. Das war nur über einen Tarifvertrag möglich, der am 10. Mai diesen Jahres unterzeichnet wurde. Eine großzügige Altersteilzeitregelung und die Reduzierung von Arbeitszeit und Lohn auf 80 Prozent, befristet auf die kommenden drei Jahre, werden den Umstrukturierungsprozess begleiten.
Lassen Sie mich neben diesen konzeptionellen Aspekten noch etwas detaillierter zum vorliegenden Gesetzentwurf kommen.
Der Gesetzentwurf enthält als Artikel 1 das so genannte Errichtungsgesetz mit einer Beschreibung der Aufgaben des zukünftigen Landesamtes für Gesundheit. Parallel dazu sind Anpassungen im Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (Artikel 2) und im Landeskrankenhausgesetz (Artikel 3) sowie in einigen weiteren landesrechtlichen Vorschriften (Artikel 4 und 5) erforderlich.
Das Gesetzgebungsvorhaben dient außerdem dazu, im ÖGDG und im Landeskrankenhausgesetz einige ohnehin erforderliche Änderungen vorzunehmen, so die Anpassung von Ministeriumsbezeichnungen, die Umwandlung der DM- in Eurobeträge, die Verlagerung der Überwachung des Arzeimitteleinzelhandels außerhalb der Apotheken von der AMÜSt, also der Arzneimittelüberwachungs- und -prüfstelle, auf die Gesundheitsämter, die Berücksichtigung einer EG-Richtlinie und der neueren Rechtsprechung bei den Datenschutzvorschriften des Landeskrankenhausgesetzes.
Der Gesetzentwurf war im Sommer dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, den kommunalen Landesverbänden, der Krankenhausgesellschaft und dem Landesverband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Stellungnahme zugeleitet worden. Bedenken gab es vor allem von den kommunalen Landesverbänden, und zwar gegen die Verlagerung der krankenhaushygienischen Überwachung von den Gesundheitsämtern auf das Landesamt für Gesundheit. Befürchtet wird hier anscheinend eine Schwächung der Gesundheitsämter. Stark betont wird die Ortsnähe und die hohe fachliche Kompetenz der Gesundheitsämter. Doch wir meinen, der medizinische Fortschritt und das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten erfordert eine landeseinheitliche Überwachung der Krankenhäuser. Als Kompromiss haben wir aufgenommen, dass die Gesundheitsämter der Kreise an den Krankenhausbesichtigungen des Landesamtes für Gesundheit teilnehmen können.
Bedenken gab es auch gegen die Verlagerung der Überwachung des Verkehrs mit nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Drogerien, Supermärkten und ähnlichen Geschäften von der Arzneimittelüberwachungs- und -prüfstelle auf die Gesundheitsämter. Hervorgebracht wurde, dass diese Aufgabe von den Gesundheitsämtern nur mit erheblich größerem Zeitaufwand als im Gesetzentwurf angenommen leistbar ist und ungedeckte Kosten verursacht würden. Es kam zu dem Vorwurf Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip. Da hier ein Gebührenrahmen von 50 bis 6.000 DM pro Einzelfall zur Verfügung steht, scheinen uns das Scheinargumente zu sein und vor allem ein Sperren gegen eine Aufgabe, die sinnfällig flächendeckend und damit in der Regel auf kommunaler Ebene wahrgenommen werden sollte.
Die ursprüngliche Absicht, die nach dem Kurortgesetz den Gesundheitsämtern obliegende Aufgabe, im Antragsverfahren auf Anerkennung als Kurort eine Stellungnahme
abzugeben, auf das Landesamt für Gesundheit zu verlagern, wurde aufgrund der Einwände der kommunalen Landesverbände fallen gelassen.
Auf Wunsch des Landesbeauftragten für den Datenschutz ist in der Gesetzesbegründung zu Paragraph 14 Absatz 1 Landeskrankenhausgesetz eine Änderung vorgenommen worden, die die Vereinbarkeit der neuen Regelung mit der EG-Richtlinie betrifft. Der weitere Wunsch des Landesbeauftragten für den Datenschutz, seine Zuständigkeit auch für nicht öffentlich-rechtliche Krankenhäuser im Landeskrankenhausgesetz zu verankern, ist zurückgestellt worden. Über die Aufgaben des Landesbeauftragten für den Datenschutz wird insgesamt im Rahmen der laufenden Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes zu entscheiden sein.
Bei der Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens gab es seit dem Frühjahr 2000 mehrfach unvorhergesehene Verzögerungen, unter anderem auch, weil es zwischenzeitlich Überlegungen gab, zentrale Aufgaben des Maßregelvollzuges dort zu konzentrieren. Das alles hat dazu geführt, dass das Gesetzgebungsverfahren nicht mehr rechtzeitig zum 1. Januar 2001 abgeschlossen werden kann.
Da der Haushaltsplan 2001 bereits die neue Struktur des LHI beziehungsweise Landesamtes für Gesundheit voraussetzt, sollen diejenigen Vorschriften des Artikelgesetzes, die nur organisatorischer Art sind, rückwirkend zum 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt werden. Soweit es sich um Befugnisse des neuen Landesamtes gegenüber Dritten handelt, ist eine solche Rückwirkung aus verfassungsrechtlichen Gründen jedoch nicht möglich. Aus diesem Grund ist das In-Kraft-Treten in Artikel 8 differenziert geregelt worden.
Gleichwohl ist es natürlich wünschenswert, das Gesetz insgesamt so schnell wie möglich zu verabschieden, damit der Schwebezustand für das neue Landesamt für Gesundheit und die dort Beschäftigten nicht länger andauert. – Ich danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja nichts Neues und eigentlich auch allen bekannt, dass der vorliegende Entwurf und die Errichtung des Landesamtes für Gesundheit beredter Ausdruck des lange anhaltenden Lavierens um das Konzept der Umgestaltung des Landeshygieneinstitutes in ein Landesgesundheitsamt ist.
Die anvisierten Aufgabenzuweisungen, vor allem die in der Begründung dafür notwendigen Erläuterungen sind nicht sehr stichhaltig und wohl auch nicht überzeugend.
(Unruhe bei Siegfried Friese, SPD, und Georg Nolte, CDU – Georg Nolte, CDU: Wir konnten Mausi vorhin nicht ver- stehen. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist eine Frechheit!)
Die Umstrukturierung, meine Damen und Herren, die Personalverschlankung, die tariflichen Lohn- und Arbeitszeitverkürzungen sind doch bereits durchgeführt worden, als noch kein schlüssiges und verabschiedetes Gesamtkonzept für das Landesamt für Gesundheit vorlag.
Und, Frau Ministerin, Sie sagten, gesicherte Perspektive für alle Mitarbeiter. Das kann zumindest für die in den Außenstellen Greifswald und Schwerin so nicht zutreffen.
Jetzt wird krampfhaft versucht, neue Kompetenzen für das Landesamt zurechtzuschneidern. Es entsteht der Eindruck einer Neigung zum Zentralismus, der sich darin äußert, dass den kommunalen Gebietskörperschaften Zuständigkeiten entzogen werden.
Herr Nolte, ich gebe Ihnen einen Ordnungsruf für den eben ausgesprochenen Ausdruck. Wir sollten uns gegenseitig mit Ehrfurcht anreden und nicht mit solchen Worten.
Meine Damen und Herren, unter dem Vorzeichen, die landeseigene Verwaltungsund Ämterstruktur zu verschlanken, wird sie unten, da, wo wirkliche Arbeit geleistet wird, verschlankt