Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 48. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich unserer Kollegin Frau Sylvia Bretschneider nachträglich ganz herzlich zu ihrem 40. Geburtstag gratulieren.
Herzlichen Glückwunsch, alles Gute. Das Alter stand hier drauf, darum habe ich gewagt, es auszusprechen, ansonsten hätte ich es nicht gemacht.
Meine Damen und Herren! Von der Fraktion der CDU liegt Ihnen auf Drucksache 3/1603 ein Antrag zum Thema „Erhalt der Coca-Cola AG Ost am Standort Stralsund“ vor. Auf Wunsch der Antragsteller soll die Tagesordnung um diesen Antrag erweitert werden.
„1. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern erachtet es für die Entwicklung des Landes für außerordentlich wichtig,“
„neue internationale Investoren zu akquirieren sowie bestehende Unternehmen im Land zu halten. Dazu ist es notwendig, Rahmenbedingungen zu schaffen,“
„die es den Unternehmen ermöglichen, eine Standortentscheidung zu Gunsten des Landes MecklenburgVorpommern zu treffen.
2. Der Landtag fordert die Landesregierung unter dieser Zielsetzung auf, alle erdenklichen Schritte zu unternehmen, um die drohende Schließung der produzierenden Bereiche der Coca-Cola AG Ost am Standort Stralsund abzuwenden. Dazu erscheinen insbesondere konzertierte Maßnahmen von Land und Kommune angemessen, wie zum Beispiel Angebote für Fördermittel, infrastrukturelle Absicherung, Grundstückserweiterungen und Sonderkonditionen der Versorger. Auf diese Weise sollen optimale Rahmenbedingungen für die Erweiterung der Produktpalette am Standort gewährleistet und der sozialen Verantwortung für den Erhalt von ca. 100 Arbeitsplätzen Rechnung getragen werden.
3. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern erklärt sich bereit, seinerseits die Maßnahmen der Landesregierung auch kurzfristig flankierend zu begleiten, wenn
Derzeit werden Gespräche zur Zukunft des Standortes Stralsund der Coca-Cola AG geführt. Diese verlaufen sowohl unternehmensintern sowie zwischen dem Unternehmen und öffentlichen Institutionen. Eine Tendenz dieser Gespräche zur Variante der Stilllegung ist deutlich erkennbar, obwohl ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer (TGS) auf eine weitere Alternative durch Erweiterung der Produktpalette verweist. Diese Variante ist zwischen Vorstand, Betriebsrat und Gewerkschaft unumstritten als gewinnbringend für den Konzern eingeschätzt worden. Zu diesem Zeitpunkt scheint es gerechtfertigt, dass seitens des Landtages ein Zeichen gesetzt wird, dass im Land ein weitreichendes Interesse am Erhalt des Standortes in Vorpommern besteht. Dieses Zeichen muss unmittelbar gesetzt werden, da nicht absehbar ist, wann eine endgültige Entscheidung zum Standort Stralsund fällt.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei Anmerkungen zu diesem Dringlichkeitsantrag der CDU-Fraktion:
Erstens. Der ausdrückliche Dank meiner Fraktion und auch der PDS-Fraktion geht an den Kollegen Nitz, hier die Initiative ergriffen zu haben. Dafür danken wir ihm.
Zweitens. Wir bedauern, dass die CDU-Fraktion sich nicht in der Lage gesehen hat, im Vorfeld einen interfraktionellen Antrag im Interesse der Sache mitzutragen.
Nach Paragraph 40 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung kann diese Vorlage beraten werden, wenn zwei Drittel der Mitglieder des Landtages die Dringlichkeit bejahen. Zugleich muss über die Einreihung in die Tagesordnung beschlossen werden. Wer stimmt der Erweiterung der Tagesordnung um diese Vorlage zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit einstimmig beschlossen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der PDS hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Auswirkungen der Entscheidung der Europäischen Kommission zur Beseitigung von spezifiziertem Risikomaterial für die Landwirte Mecklenburg-Vorpommerns“ beantragt.
Aktuelle Stunde Auswirkungen der Entscheidung der Europäischen Kommission zur Beseitigung von spezifiziertem Risikomaterial für die Landwirte Mecklenburg-Vorpommerns
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1986 wurde erstmalig das Auftreten von BSE bei Rindern als eine neue Form der Tierseuche beobachtet. In den Folgejahren konnte das Auftreten dieser Form von Erkrankungen auch bei anderen Tierarten, namentlich bei Schafen und Ziegen, nachgewiesen werden.
Als Pendant zu BSE bei Rindern wurde bei Menschen schnell die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit identifiziert. Diese Krankheit kam bis zum massiven Auftreten von BSE vorwiegend bei älteren Menschen vor. Sie führt dazu, dass sich im Gehirn schwammartige Löcher bilden, die folgernd zu Demenz, Verwirrung und Ausfallerscheinungen bei den motorischen, sensorischen und geistigen Fähigkeiten führen. Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit endet immer, und zwar relativ schnell, tödlich.
1996, also zehn Jahre nach dem ersten Auftreten bei Rindern, trat die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in einer neuen Form beim Menschen auf. Nunmehr sind nicht mehr vorwiegend ältere Menschen von dieser Krankheit betroffen, im Gegenteil, gerade Menschen jüngeren Alters erkranken an dieser neuen Variante. Bis heute sind bereits einige hundert Fälle dieser Krankheit, vor allem in Großbritannien, aufgetreten. Die EU-Kommission entschied schnell, dass vorläufig Rinder aus Großbritannien, dem Land mit den meisten BSE-Fällen, nicht mehr in die anderen Länder der Gemeinschaft importiert werden dürfen. Dieses Verbot der vergangenen Jahre ist inzwischen aufgehoben worden und durch eine allgemeine Kennzeichnungspflicht des Fleisches ersetzt worden.
In neuesten Studien wird davon ausgegangen, dass ein wesentlich höheres Übertragungsrisiko für BSE auf den Menschen besteht, als bisher überhaupt vermutet wurde. Im Gegensatz zu den bisherigen Untersuchungen geht man von bis zu 130.000 infizierten Personen allein auf der Insel aus. Dadurch gewinnt natürlich die gesamte Debatte eine völlig neue Brisanz und Argumentationstiefe. Die Organe der Europäischen Gemeinschaft haben sich mehrmals mit der gesamten Problematik der Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen und der damit verbundenen Frage eines effektiven Schutzes des Verbrauchers beschäftigt. Das Importverbot für britisches Rindfleisch ist jedoch nach Darstellung der EU nicht mit den Interessen des gemeinsamen Marktes zu vereinbaren und daher durch die Kennzeichnungspflicht ersetzt worden. Dieser Markt wird aber im Wesentlichen durch die Interessen der Verarbeitungsindustrie bestimmt, nicht durch die der Erzeuger.
Durch umfangreiche Untersuchungen wurde seitens der Kommission festgestellt, dass der Erreger von BSE, die so genannte TSE, eine völlig neuartige Form von Krankheitserregern ist. Er ist weder Viren noch Bakterien ähnlich, sondern basiert auf veränderten Eiweißen, den so genannten Prionen, die sich in bestimmten Teilen der Tiere konzentrieren und ab einem bestimmten Alter in relevanter Konzentration auftreten. Zum Umgang mit hochgradig prionenhaltigem Material, dem spezifizierten
Risikomaterial, hat die Kommission dann konsequent festgehalten, dass dieses besonders zu entsorgen ist und ein In-Verkehr-Bringen untersagt ist. Ferner ist zukünftig beim Schlachtverfahren darauf zu achten, dass das zentrale Nervengewebe dabei nicht mehr zerstört wird.
Bei ihrer Entscheidung vom 29.06.2000 hat sich die Europäische Kommission von zwei Grundgedanken leiten lassen: Erstens sollte verhindert werden, dass überhaupt neue Fälle von BSE auftreten, und zweitens sollte die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von BSE auf den Menschen reduziert werden. Völlig ungeachtet der Defizite dieser Entscheidung, auf die noch einzugehen sein wird, ist zu erwarten, dass die Zahl der infizierten Rinder sich verringert und gleichzeitig das Übertragungsrisiko auf den Menschen verringert wird.
Meine Damen und Herren! Abschließend bleibt also festzuhalten, dass die Entscheidung der Kommission vom verbraucherrechtlichen Standpunkt zu begrüßen ist, sorgt sie doch dafür, dass die Übertragung von BSE reduziert wird und das Vertrauen der Konsumenten wieder hergestellt werden kann. Welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern hat, wird in den nachfolgenden Beiträgen dargelegt werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zweifelsfrei, ein wichtiges Thema. Monatlich gönnt sich der höchste Souverän des Landes diese Stunde. Aber sie heißt eben nicht Quasselstunde, sondern Aktuelle Stunde. Ich vermisse die Aktualität.
die, so meine ich, immer einen Bezug zur tagespolitischen Situation haben sollte, eignet, wage ich zu hinterfragen, schließlich ist die Betroffenheit der Landwirte seit dem 1. Oktober gegeben, so dass mithin bereits sechs Wochen ins Land gegangen sind.