Martin Brick

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Das werde ich mir merken.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Dies ist ein Antrag, der nicht viel Lust auf Agrarpolitik macht.
Der Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs zum Agrarteil der Agenda 2000 vom 26. März 1999 beinhaltet in der Tat auch eine Halbzeitbewertung oder, wie es neudeutsch heißt, Midterm Review. Und wenn man dies mal übersetzt, Review heißt nichts weiter als Rückschau, allenfalls Bewertung. Allerdings soll nach dem Willen der Bundesregierung die Halbzeitbewertung für eine umfassende und grundlegende Reform, also quasi eine Reform der Reform, genutzt werden.
Der Slogan, unter dem dieses Reformpaket den Bauern schmackhaft gemacht werden soll, lautet „Vertrauen durch Veränderung“. Bekanntlich – das wissen wir alle – stehen Menschen Veränderungen eher skeptisch, oft misstrauisch gegenüber, aber bei den Grünen ist ja alles ein wenig anders. Andererseits bleibt mir nur zu hoffen, dass dieses Motto denn wenigstens für die im September anstehenden Wahlen Gültigkeit hat.
Landwirtschaft braucht aber Planungs- und damit Zukunftssicherheit. Ein ständiges Hin und Her nach der Maxime „Rin in die Kartüffel, rut ut de Kartüffel“ mag für Politiker gelten, nicht für Bauern. Ihnen schadet dies nur. Eine Prämie, die ein Landwirt in diesem Jahr bekommt, muss er auch im nächsten oder übernächsten Jahr noch bekommen. Wie soll er sonst eigentlich sein betriebswirtschaftliches Konzept entwickeln und umsetzen können? Schon die Agenda 2000 wurde dieser Forderung nicht gerecht, da mit der Möglichkeit der Halbzeitbewertung abzusehen war, welche Begehrlichkeiten geweckt werden können. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, welcher junge Landwirt baut denn auf einem derart wackligen Fundament seine Zukunft auf? Ich jedenfalls könnte das niemandem empfehlen.
Dass nun eine Halbzeitbewertung kommt, müssen, wenn auch wie eben dargestellt zähneknirschend, alle – Oppositionspolitiker wie Bauern – hinnehmen. Dass es in den Vorschlägen von Kommissar Fischler, die er nun wohl am 10. Juli vorstellen wird, bestimmte Änderungen und Anpassungen geben wird, das ist durchaus wahrscheinlich. Ich könnte mir vorstellen, dass die Kommission Änderungen bei Roggen und Rindfleisch vornehmen will, um die hohen Interventionsbestände abzubauen.
Der rot-grünen Bundesregierung ist das jedoch nicht genug. Sie will nicht die Bewertung, sie will die grundlegende Reform oder, wie es im vorliegenden SPD/PDSAntrag heißt, die grundlegende Neuausrichtung der EUAgrarpolitik. Das heißt schrittweise Kürzung der Flächenund Tierprämien, um mit den frei werdenden Mitteln die Spielwiesen rot-grüner und rot-roter Agrarpolitik zu bewässern.
Man kann ja die Finanzierung der europäischen Landwirtschaft durchaus kritisch hinterfragen und für mehr Wettbewerb zu Weltmarktpreisen plädieren, nur, es gibt weder diesen einheitlichen Weltmarkt noch vergleichbare Preise. Wie ein Paukenschlag wirkt da doch die amerikanische Entscheidung mit der Einführung des Farm-Bill, die Subventionen für die US-Farmer drastisch zu erhöhen, und zwar auf umgerechnet 200 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren. Das hat sicherlich Konsequenzen für die WTO-Verhandlungen, aber auch für die EU-interne Prämiendiskussion.
Deutschland hat im vorauseilenden Gehorsam die Modulation beschlossen, die bereits 2003 in Kraft treten wird. Die Modulation ist in der Agenda lediglich fakultativ vorgesehen. Und nur wenige Länder kürzen die Flächen- und Tierprämien und schichten sie in die so genannte zweite Säule der Agrarpolitik, den ländlichen Raum, um, da sie die Umwidmung der gekürzten Prämien mit eigenen Haushaltsmitteln ergänzen, also kofinanzieren müssen. Die französische Regierung zum Beispiel hat gerade die Modulation ausgesetzt, weil sie zu Recht Einkommensverluste ihrer Landwirte befürchtet und vor allen Dingen zusätzlichen hohen bürokratischen Aufwand ablehnt. Die Halbzeitbewertung wird mit großer Wahrscheinlichkeit
eine obligatorische Modulation für alle EU-Mitgliedsstaaten nach 2006 nach sich ziehen. Nur Deutschland tanzt mal wieder aus der Reihe.
Wer die Halbzeitbewertung der Agenda 2000 zu einer Agrarreform missbrauchen will, der kündigt ohne Not den in der EU bestehenden Finanz- und Agrarkonsens auf. Die Beschlüsse des Berliner EU-Gipfels vom März 1999, so unbefriedigend sie auch für unsere Bauern sind, einer grünen Landwirtschaftspolitik zu opfern wird, so fürchte ich, bei anderen Mitgliedsstaaten heftige Reaktionen auslösen. Die Bundesregierung lässt nun wirklich keine Möglichkeit aus, unsere Landwirte zu benachteiligen.
Stattdessen sollte die Halbzeitbewertung neben der Fortschreibung und Anpassung in einzelnen Segmenten unbedingt erste Aussagen und Vorstellungen zum Zeitraum nach 2006 vorlegen. Zum Beispiel: Wie geht es weiter mit der Milchquote? Wie geht es weiter mit der Zuckermarktordnung oder der Entkopplung der Prämien von der Produktion? Die Landwirte brauchen nun einmal etwas mehr Zeit, um ihre Betriebe den Rahmenbedingungen anzupassen. Eine Maschine können sie einfach abschalten, aber nicht eine ganz Kuhherde, nur weil die Milch nicht mehr auf dem Markt absetzbar ist. Und wer wollte das auch moralisch und ethisch verantworten?
Die im Antrag von SPD und PDS im Absatz 2 aufgestellte Behauptung, die Halbzeitbewertung zum Anlass für eine grundlegende Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik zu nehmen, wird weder von der CDU noch vom Berufsstand getragen. Und mit der Halbzeitbewertung die weitere Ausgestaltung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik zu verknüpfen, wie im Absatz 3 zu lesen, ist schlichtweg falsch.
Im Übrigen wurde auf der 61. Sitzung des Landwirtschafts
ausschusses zur Halbzeitbewertung der Agenda 2000 durch den Herrn Staatssekretär ausführlich berichtet, so dass sich mir die Sinnhaftigkeit Ihres Antrages nicht erschließt. Die CDU-Fraktion lehnt diesen Antrag auf besagter Drucksache ab. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich fühle mich durch das Gesagte von den verehrten Kolleginnen und Kollegen durchaus bestätigt und kann immer noch nicht die Sinnhaftigkeit dieses Antrages erkennen.
Erstens. Wir haben nicht erst heute gehört, dass der Minister handelt, und dazu bedarf es Ihrer Aufforderung von der Koalition überhaupt nicht.
Zweitens. Sie interpretieren etwas in meine Worte hinein, was ich überhaupt nicht gesagt habe. Da sollten Sie sich ein bisschen vorsichtiger bewegen. Außerdem erklären Sie etwas, was in Ihrem Antrag überhaupt nicht drinsteht. Dann müssen Sie endlich mal einen Antrag so formulieren, dass wir auch erkennen können, was Sie wollen.
Und drittens. Sie tun immer so, als ob Sie etwas alleine bewegen. Fakt ist, Sie geben durch vorschnelles Handeln keine Planungssicherheit – der gleichen Meinung ist der Berufsstand – an die Landwirte und Sie setzen keine Signale an die Nachfolger.
Und es bleibt dabei, wir lehnen diesen Antrag ab, weil er einfach unsinnig ist.
Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wenn ich hier so in den Saal schaue, dann könnte man denken, einige warten immer noch auf eine Verlängerung oder auf ein Elfmeterschießen beim Fußballspiel.
Ich weiß.
Nun liegen Landtage nicht so, wie die Lebensmittelskandale kommen. Darum hat die Aktuelle Stunde schon eine ganze Menge an Aktualität verloren.
Verehrte Damen und Herren! „Die Hysterien der Anständigen“ lautete unlängst die Überschrift eines „Spiegel“-Artikels und schlimm, im Untertitel hieß es weiter, ich zitiere: „Ist das Essen vergiftet, haben Neonazis einen kleinen Jungen ertränkt?“ Mit heftigen Gefühlen reagieren Menschen und Medien auf sensationelle Meldungen, die Politik kommt mit dem Krisenmanagement und einigen Gesetzen kaum hinterher und vergrößert so die Unsicherheit noch. Was kann hier eigentlich noch helfen? Ich meine, die Aufklärung gegen die Panik. Die Überzeugung, dass Rindfleisch krank macht, half nur bei BSE, bei Nitrofen versagt sie. Selbst eingefleischte Vegetarier bekommen zunehmend Probleme mit ihrer Ernährung. Denken Sie nur an prognostizierte vermeintlich krankmachende Folgen der Gentechnologie!
Also bleibt nur das Fazit: Landwirtschaft macht krank! Oder der Verbraucher fragt: Macht Landwirtschaft krank? Das ist der Nährboden, der den Ruf nach Umkehr, nach Agrarwende laut erschallen lässt, bis hin zum Bundeskanzler, der für eine Politik weg von den Agrarfabriken, heute muss man sagen, plädierte. Die größeren Strukturen der Landwirtschaft der neuen Bundesländer, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern, als Grund allen Übels darzustellen hilft aber in der Sache nicht.
Was ist nun eigentlich passiert? Wir wissen es alle, schließlich berichteten die Medien so umfänglich, dass beinahe schon der Einzug Deutschlands ins Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft unterging. Also, da wurde nach intensiven Ermittlungen festgestellt, dass aus einer Lagerhalle der Norddeutschen Saat- und Pflanzgut AG Neubrandenburg in Malchin mit dem Herbizid Nitrofen belasteter Futterweizen an die verschiedensten Landwirtschaftsbetriebe, zunächst Öko-Betriebe, dann auch an konventionelle Betriebe, geliefert wurde.
Nitrofen ist ein bereits 1964 auf dem Markt eingeführter, in der Bundesrepublik Deutschland aber seit 1980 nicht mehr in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthaltener herbizider Wirkstoff. Der damalige wichtigste Hersteller, eine US-amerikanische Firma, hat diesen Wirkstoff aufgrund gesundheitlicher Bedenken aus dem Markt genommen, insbesondere wegen kanzerogener und teratogener Effekte bei Versuchstieren – bereits 1978, freiwillig. Zu dieser Zeit ist Nitrofen unter anderem noch in der DDR in Bitterfeld hergestellt worden.
Laut geltender Pflanzenschutzanwendungsverordnung besteht in Deutschland alt seit 1988 ein vollständiges Anwendungsverbot, in Deutschland neu seit 1990, wobei Restbestände bis 1994 aufgebraucht werden konnten. Nitrofenhaltige Herbizide sind in besagter Malchiner Halle, übrigens in meinem Wahlkreis, gelagert worden, haben vielleicht durch beschädigte Verhältnisse den Fußboden durchtränkt und konnten so anscheinend mit BetonGetreide-Staub beim Umschlag größerer Chargen Getreide kontaminieren, die dann im Rahmen der Handelsbeziehungen weiterverbreitet wurden. Der ökologisch wirtschaftende Landwirt wie der konventionelle haben die Futtermittel eingesetzt, ohne ahnen zu können, was diese außer auf den Beipackzetteln angegebenen Inhaltsstoffe noch enthalten. Die Bauern sind also die Opfer.
Ich wollte Sie mit diesen allseits bekannten Vorgängen nicht langweilen. Aber sind es nicht diese alltäglichen Abläufe, die Risiken in sich bergen? Vor einem Jahr hatten wir den BSE-Skandal, der die Agrarwende und das Wort von der „gläsernen Produktion“ hervorbrachte. Eine grüne Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist es, die in der ökologischen Landwirtschaft den Heilsbringer schlechthin sieht, die Herkunftsnachweise vom Stall bis zur Ladentheke, vom Feld bis zum Müsliriegel verspricht. Also eine gläserne Produktion, in der nichts, aber auch gar nichts verborgen bleibt, vielleicht letztendlich noch ein „gläserner Bauer“, der sein Innerstes nach außen kehren muss, und das zu jeder Zeit.
Nicht dass ich missverstanden werde: Herkunftsnachweise, kontrollierte Produktion, zertifizierte Betriebe sind wichtige Bestandteile einer gesunde Nahrungsmittel herstellenden Land- und Ernährungswirtschaft. Nur – und dieses „nur“ wird medienträchtig immer vergessen – eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, die kann es
auch nicht geben. Die Schwachstelle Mensch, das menschliche Versagen ist nicht kalkulierbar. Kein Programm, keine Wende, kein Gesetz kann diesen Unsicherheitsfaktor ausschalten. Wenn den Verbrauchern vorgegaukelt wird, dass gläserne Produktion und Agrarwende einem Netz mit doppelten Boden gleichen, dann kann – wie jetzt geschehen – dieser umso schmerzlicher, weil unvorbereitet, schwanken, das Netz kann reißen, der Boden morsch werden, auch trotz Grünstempel „ÖkoPrüfstelle“. Das sollte man der Ehrlichkeit halber dem Verbraucher auch sagen.
Lassen Sie mich, Frau Gramkow hat mich dazu angeregt, sonst wäre ich vielleicht jetzt fertig, aber lassen Sie mich noch kurz etwas zum Verbraucherinformationsgesetz sagen.
Frau Künast hat vollmundig behauptet, die Ablehnung des Verbraucherinformationsgesetzes im Bundesrat durch die Union sei mit ursächlich für den Nitrofenskandal.
Und Sie, verehrter Herr Minister, haben an die CDU appelliert, dem Gesetz zuzustimmen,
da am Beispiel Nitrofen eine wichtige Lücke in Bezug auf Informationspflichten geschlossen werden kann. Dies kann man auch einfacher haben, ist ja auch geschehen im Januar per Organisationserlass. Man hat hier nur die Untersuchungen nach privaten Aufträgen vergessen, sonst hätte es dieses Problem überhaupt nicht gegeben, und zwar nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz. Und man kann auch warnen bei Verdacht über das Produktionssicherheitsgesetz. Also Lücken in den Informationspflichten gibt es wohl, wie wir gesehen haben, aber mit Verlaub, genau diese zu schließen regelt das Verbraucherinformationsgesetz nicht.
Beim Nitrofenskandal geht es ja nicht darum, dass die Behörden die Bürger nicht informiert hätten, sondern darum, dass die Überwachungsbehörden über kritische Untersuchungsergebnisse bei Eigenkontrollen von den Herstellern nicht unterrichtet wurden.
Wir wollen, wir die CDU, eine bessere und umfassendere Information des Verbrauchers. Dies aber ist mit dem Künast-Gesetz nicht zu bekommen.
Ein Verbraucherinformationsgesetz, das seinem Namen gerecht wird, muss europäisch abgestimmt und so formuliert sein, dass Rechtsunsicherheiten auf diesem sensiblen Gebiet von vornherein ausgeschlossen sind.
Nur wenn die gewerblich mit der Herstellung und dem Verkauf von Lebensmitteln befassten Unternehmen festgestellte Risiken unverzüglich an die Behörden weiterleiten müssten, bekommt der Verbraucher die Sicherheit,
die er erwartet. Aber wenn da noch eine staatliche Behörde, nämlich die Bundesanstalt für Fleischforschung, kritische Untersuchungsergebnisse nicht an das Bundesministerium weiterleitet, obwohl diese rechtzeitig bekannt waren und ein rasches Handeln ermöglicht hätten, bleibt mir zum Abschluss nur festzustellen: Verbraucherinformationsgesetz – eine Mogelpackung, Verbraucherschutzministerium – Fehlanzeige, Agrarwende – dreht sich im Kreise. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es hat den Anschein, dass ich neuerdings wiederholt als Letzter einlaufe.
Aber machen Sie die Rechnung bitte nicht ohne den Wirt.
Zum Thema. Mein Thema, Herr Klostermann, ist Fischerei und Windkraftanlagen. Ich verstehe Ihren Angriff auf meine Person nicht. Sie können wohl nicht anders und so was nennt man gemeinhin Schmalspurpolitiker.
Was ich in der Vergangenheit gesagt habe, dazu stehe ich. Hier geht es nicht um Umweltschutz, hier geht es um Wirtschaft. Ich denke, das haben alle Beiträge bisher deutlich gemacht. Und bitte merken Sie sich, das tägliche Duschen ersetzt noch nicht das Kapitänspatent. Wären Sie mal in Stralsund gewesen, dann hätten Sie die Fragen der Grünen-Verbände und die viele Unsicherheit dort gespürt. Was Sie hier abgezogen haben, nennt man wohl „Schaf im Schafspelz“.
Die Fischer sind nicht gegen moderne Technik und auch nicht gegen alternative beziehungsweise erneuerbare Energien. Dieser mit zu den ältesten Handwerken gehörende Berufszweig wehrt sich ganz einfach gegen weitere Einschränkungen seines Tuns. Und er hat Grund dazu. Dem Berufsstand fehlt es an Lobby und er stößt zunehmend auf Unverständnis und Unkenntnis vor allen Dingen in Berlin, was die Politik angeht. Sein Anteil am Bruttosozialprodukt, am Bruttoinlandsprodukt ist gering, die Arbeitskräftezahl wird immer bedeutungsloser und die meisten Anlandungen kommen aus dem Ausland. Das ist sicher dann auch der Grund, wie wir es jetzt gerade erlebt haben im Bundesnaturschutzgesetz, dass Fischerei keine Berücksichtigung findet trotz guter Zuarbeit. Ich denke hier insbesondere an die Paragraphen 3 und 3 a Seeanlagenverordnung, Versagungsgründe, auch hier kommt die Fischerei nicht vor.
Das wissen nun mal die Politiker und sie erinnern sich in der Regel nur in bestimmten Zeiten an diesen Berufszweig. Jetzt ist deutschlandweit so eine Zeit. Politiker werden blind und taub, wenn es um Investitionen und Arbeitsplätze geht. Und darum geht es in der Tat bei der Offshoretechnik. Aber lassen Sie sich von mir sagen: Das, was an Arbeitskräften bei den Atomkraftwerken, AKWs, abgebaut wird, wird nicht im Entferntesten kompensiert.
Dies alles ändert nichts an den fortwährenden Einschränkungen. Und darum geht’s, Quotierungen auf allen Gebieten für die Fischerei. Und bitte bedenken Sie, ein Fischer muss entweder an Bord oder im Kopf bisher über 3.000 Verordnungen und Gesetze haben. Die überaus
sensiblen Gebiete Ost- und Nordsee – man kann eben das alles woanders machen – scheinen Tummelplatz für Entfaltungsmöglichkeiten aller möglichen Bereiche zu sein. Nur für die Fischerei häufen sich Einschränkungen, vor allen Dingen was die Fanggebiete angeht. Und darum geht es mir.
Ich darf Ihnen vielleicht mal darstellen, wo die Einschränkungen bisher schon liegen: Kiesabbau, Ölbohrungen, die Bundeswehrgebiete,
Verkehrstrennungslinien, nicht abgedeckte Kabel, Altlasten auf der einen Seite, Nationalparke, Nullnutzungszonen, Walschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, FFH-Gebiete, Meeresboden- und Meeresumweltschutzgebiete auf der anderen Seite. Nun auch noch Offshoreanlagen, sagen die Fischer, und dagegen wehren sie sich. Sowohl der Deutsche Verband als auch die Fischer in MecklenburgVorpommern haben Widerspruch eingelegt. Man hat nicht einmal gemerkt, dass ein Verband gar keinen Widerspruch einlegen darf, sondern nur Betroffene.
Aber weil man diese nicht informiert hat, haben die ein Jahr lang Zeit, Widerspruch einzulegen. Und sie werden es für jede Anlage tun. Bisher ist es für die einzige genehmigte gemacht worden, für die, die vor Borkum genehmigt worden ist.
Darüber hinaus wird der VDSF als Paragraph-29-Verband – oder heißt er jetzt Paragraph-58-Verband? – die Verbandsklage bemühen.
Und daraus erklärt sich auch mein abweichendes Stimmverhalten von gestern. Vielleicht ist es dem einen oder anderen nicht aufgefallen.
Der Grund also über eigene Belange,
der Grund über eigene Belange der weiteren Einschränkung hinaus ist für die Fischer die Unausgegorenheit der Projekte. Das betrifft einmal die Größenordnung. Die ist nirgendwo erprobt, das heißt, es stimmt nicht ganz, in Deutschland gibt es ganze zwei Anlagen. Eine davon ist unlängst umgekippt und dies wird nun erst mal untersucht. Zweitens gibt es keinerlei Erfahrungen, was die Schadwirkungen angeht auf die Meeresumwelt. Hier ist gar nichts erforscht. Und dies lässt sich in Kürze auch nicht machen. Wer auf der Tagung in Stralsund gewesen ist, in der es sachlich, harmonisch zuging und die gut besucht war, der hat dort erfahren, dass es 15 Projekte für 3 Millionen Euro gibt, um die eventuellen Auswirkungen zu untersuchen. Es ist sogar schon ein Schiff draußen, obwohl noch gar keine Anlage steht. Was will das da eigentlich für Auswirkungen untersuchen? Also 15 Projekte für 3 Millionen Euro, aber nicht ein einziges Projekt untersucht die Auswirkungen auf die Fischbestände.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus läuft die Zeit. Die Förderung über das EEG geht bis 2006. Und das erklärt eigentlich alles, das erklärt die Eile, den Run auf diese Eignungsgebiete.
Und lassen Sie mich noch etwas sagen zu den Eignungsgebieten. Juristisch gesehen gibt es keine Rechtsgrundlage für Eignungsgebiete, so dass die Betreiber sich mit diesen Eignungsgebieten überhaupt nicht zufrieden geben werden, auch nicht zufrieden geben müssen. Aber...
Ja, und ich komme zum Schluss: Wenn die Untersuchungen nicht aussagekräftig sind, dann können wir damit gar nichts anfangen. Wir brauchen Zeit. Was passiert eigentlich – diese Frage wird auch nicht beantwortet – mit den 30 gestellten Anträgen vor dem 4. April? Darum bitte ich die Landesregierung persönlich, das betrifft ja vier Ministerien, um diesen Bericht, um Unkenntnis, Ungewissheit zu beseitigen. Die machen Angst und lassen die Gerüchteküche kochen. Helfen Sie mit uns, die richtige Meinung an die richtigen Leute zu bringen! – Ich schließe damit dann meinen Vortrag.
Ja, sonst müsste ich nach vorne gehen. Vielen Dank, Herr Präsident.
Eine kurze Frage: Sind wir uns einig, dass Pilotanlagen zur Prüfung der Auswirkungen von Windkraftanlagen für uns beide innerhalb der 12-Seemeilen-Zone tolerabel sind? Wenn ja, warten wir wirklich die Ergebnisse ab und können erst danach in der AWZ Anlagen errichten oder meinen Sie nicht auch, dass da keiner nachfragen wird nach Ergebnissen, sondern diese parallel errichtet werden?
Ach so. Entschuldigung. Ich habe lange genug gesessen.
Mache ich gerne.
Ja, danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Wir sollten beide, Herr Minister, angesichts der Saalbesetzung vielleicht Interessierte in eine gemütliche Ecke einladen.
Machen Sie mich doch nicht für meine Brüder verantwortlich, das steht schon in der Bibel!
Aber wir wollen ja schnell fertig werden, Herr Dr. Schoenenburg, darum lassen Sie mich mal erst vom Leder ziehen.
Zum Antrag: Auf allen Delegiertenkonferenzen oder Jahreshauptversammlungen von Fischereiverbänden, so
auch auf denen des Landesanglerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, heben Politiker aller Couleur gern die identitätsprägende Rolle der Fischerei und der Angelei unseres gewässerreichen Bundeslandes hervor. Dies ist keineswegs zu bestreiten, doch müssen Lippenbekenntnissen auch Taten folgen. Mit dem Ihnen, verehrte Abgeordnete, vorgelegten, schlichten, einfachen, leicht überschaubaren Antrag zur Zuordnung und Verpachtung der Fließgewässer zweiter Ordnung möchte die CDU-Fraktion zum Handeln im Interesse unserer Angler auffordern.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern verfügt – und hier nageln Sie mich bitte nicht auf die Zahl fest – ungefähr über 1.000 Hektar Fließgewässer zweiter Ordnung. Ich mache auch darauf aufmerksam, im Landeswassergesetz sind die Gewässer erster Ordnung, die sich im Eigentum des Landes befinden, sofern es nicht Bundeswasserstraßen sind, aufgeführt. Die restlichen nicht aufgeführten Gewässer sind die Gewässer zweiter Ordnung, die den Eigentümern der Ufergrundstücke gehören, es sei denn, sie bilden ein selbständiges Grundstück, und nur um diese Fließgewässer geht es in diesem Antrag.
Von den 1.000 Kilometern Fließgewässer hat die Eigentümerermittlung bisher ergeben, dass derzeit rund 400 Kilometer zum Eigentum des Landes, also zum allgemeinen Grundvermögen gehören. Eine Ressortzuordnung an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei ist bisher nur in sehr geringem Umfang erfolgt. Zum besseren Verständnis nenne ich Ihnen mal, vielleicht ist das eine oder andere in Ihrem Wahlkreis darunter, einige der Fließgewässer, die in Frage kommen: die Datze bei Neubrandenburg, Radegast bei Grevesmühlen, Banzkower Kanal, Löcknitz bei Ludwigslust, Beke bei Güstrow, Obere Rück bei Anklam oder die Kösterbeck im Landkreis Bad Doberan. Die Aufzählung kann man natürlich fortsetzen.
Verehrte Damen und Herren, wie sieht nun die rechtliche Konstellation aus? Ich will das versuchen, in gebotener Kürze hier darzustellen.
Zu DDR-Zeiten waren die Bezirksfachausschüsse des DAV, jeder Bezirk hatte einen, die Inhaber des fischereilichen Nutzungsrechts an den Fließgewässern zweiter Ordnung, die sich, wie es so schön hieß, im Eigentum des Volkes befanden. Mit der Bildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern schlossen sich die drei DAV-Bezirksfachausschüsse Rostock, Schwerin und Neubrandenburg zum Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern zusammen. Der Landesanglerverband trat als Rechtsnachfolger der Bezirksfachausschüsse in die bestehenden unentgeltlichen Nutzungsverträge ein, für die nach Paragraph 23 Absatz 6 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ein besonderer Kündigungsschutz noch bis zum 31.12.2002 besteht. Wenn also in unserem Antrag vom bisherigen Nutzer die Rede ist, dann verbirgt sich dahinter, wie ich versucht habe darzulegen, der Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern.
Nun mag mancher von Ihnen denken, die eineinhalb Jahre bis zum 31.12.2002 sind noch eine lange Zeit, so dass eigentlich aktueller Handlungsbedarf überhaupt nicht besteht. Aber für eine ordnungsgemäße Gewässerbewirtschaftung ist ein längerer Zeitraum notwendig und vor allem Rechtssicherheit und ich meine, darauf haben unsere Angler auch ein Anrecht. Als Jäger und Nutzer der Natur denken sie, wie auch Landwirte, Förster und Jäger, in größeren Zeiträumen, als wir heute in unserer schnelllebigen Zeit vielleicht gewöhnt sind.
Nun sind ja von den in Frage kommenden Fließgewässern nur 400 im Eigentum des Landes. Von den anderen etwa 600 Kilometern sind die Eigentümer größtenteils unbekannt. Und ich will doch das eigentliche Problem berühren, Herr Minister, was Sie mir in Ihrer heutigen Presseerklärung absprechen. Das Land soll zunächst in einem ersten Schritt die 400 Kilometer verpachten. Dies kann auf dem Wege der beschränkten Ausschreibung gemäß der Richtlinie für Verpachtung von Gewässern an Angler und andere Interessenten vom 26.03. dieses Jahres erfolgen. Damit würde das Land auch entsprechende Einnahmen erzielen, denn die Pachthöhe von 100 DM pro Hektar sind eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung. Aber was passiert mit den restlichen 600 Kilometern? Erlauben Sie mir, dass ich auch dazu kurz Stellung nehme:
Die Eigentümer sind also größtenteils unbekannt. Eine Eigentümerrecherche ist bei kleinparzelliertem Eigentum schwierig, zumindest so kosten- und zeitaufwendig, dass der Landesanglerverband dies nicht zu leisten vermag. Die Landesregierung, wie ich festgestellt habe, kann dies auch nicht leisten. Darum ein Vorschlag: Für das fischereiliche Nutzungsrecht zahlt der Landesanglerverband eine adäquate Pacht auf ein notarisches Konto ein. Wird ein Eigentümer ermittelt, kann die Pacht abzüglich eventueller Nebenkosten ausgekehrt werden. Der Eigentümer entscheidet dann, ob und auf welcher Basis ein Pachtverhältnis fortgeführt wird. Mit diesem Verfahren würde keine Seite benachteiligt und unsere Angler könnten in für sie interessanten Fanggründen ihrer Passion nachgehen. Aber das sollte nur eine Anregung am Rande sein, da es ja nicht direkter Gegenstand unseres Antrages ist.
So lassen Sie mich dann abschließend sagen, der vorgelegte Antrag möchte für den als Naturschutzverband anerkannten Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern Rechtssicherheit schaffen, indem ihm als Grundlage seiner Tätigkeit zumindest die landeseigenen Fließgewässer zweiter Ordnung verpachtet werden. Zuvor sollte zweckmäßigerweise die Zuordnung an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei erfolgen, da es ja, wie schon in der Ressortbezeichnung zum Ausdruck kommt, für dieses Gebiet der Fischerei auch zuständig ist.
Verehrte Abgeordnete, so weit zur rechtlichen Begründung des Antrages. Ich werde mich nachher in der Aussprache noch mal zu Wort melden. – Danke.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Ich will gleich mal darauf eingehen, Frau Schwebs: Man muss besser lesen können.
Punkt 2 bezieht sich auf den ersten Punkt und da steht klar „die zum Eigentum des Landes gehörenden Fließgewässer“. Und nichts anderes meinen wir!
Und dann haben wir geschrieben: „das Fischereirecht, das auf diesen … liegt, an den bisherigen Nutzer weiterzuverpachten.“
Nichts anderes meint dieser Antrag! Ich habe betont in meiner Einbringung, was …
Frau Borchardt, Sie haben keine Ahnung davon. Halten Sie sich lieber zurück!
Also, ich werde mich jetzt kurz fassen, denn wir sind im Prinzip so weit nicht auseinander,
ob Abgeordneter, Minister oder wir. Ich sprach nur bei der Einbringung davon, dass der LAV als bisheriger Nutzer einen Anspruch hat auf langfristig gesicherte Verhältnisse. Mehr sage ich ja gar nicht. Ich glaube, allen Politikern stände es gut zu Gesicht, wenn sie sich der durchaus berechtigten Interessen des Verbandes annehmen würden.
Das sage ich ja nicht nur, weil ich als Interessenvertreter eine besondere Beziehung zu diesem Verband habe, sondern weil der Landesanglerverband …
Herr Dr. Schoenenburg, ich glaube, das bringt nichts und trägt nichts zum Fortkommen bei.
Ich habe Ihnen das schon mal gesagt.
… sowohl für den Fortbestand der Angelei als einer Form anerkannt umweltschutzgerechter Naturnutzung als auch für soziale und erzieherische Aufgaben steht.
Verehrte Abgeordnete, diesem Landesanglerverband mit seinen organisierten Mitgliedern sollen nach unserem Antrag die Gewässer zweiter Ordnung verpachtet werden. Ich hoffe, das ist nun klar. Dass darüber auch schon im zuständigen Ministerium nachgedacht wurde, haben Sie, verehrter Herr Minister, den Anglern ja schon auf der Delegiertenkonferenz am 24.03.2001 mitgeteilt. Ich war ja da und weiß das wohl.
Jetzt bleibt aber nur noch – und dabei bleibe ich –, dass dem Wort die Tat eben auch folgt. Rechtliche Probleme bei diesen 400 Kilometern Fließgewässer in Landeseigentum kann ich eben nicht erkennen, zumal ja mit der bereits vorhin erwähnten Richtlinie eine Verfahrensgrundlage existiert. Die Kriterien und Voraussetzungen, die ein Pachtinteressent zu erfüllen hat, erfüllt eben auch der Landesanglerverband. Den Fischereischein besitzen die Angler, der Hegeverpflichtung und ordnungsgemäßen Gewässerbewirtschaftung kommen sie nach und dem Schutz der Tier- und Pflanzenwelt sind sie verpflichtet. Weiterhin schreibt die Verpachtungsrichtlinie fest, dass diejenigen, die die beantragten Gewässer bisher genutzt beziehungsweise Teile des Gewässers von Dritten gepachtet haben, bevorzugt zu berücksichtigen sind. Auch dies trifft, denke ich, für den Landesanglerverband zu.
Verehrte Damen und Herren! Herr Minister! Damit haben Sie doch eine Handlungsgrundlage, die es erlaubt, ordnungsgemäße Pachtverträge über die Landesfließgewässer zweiter Ordnung jetzt ganz schnell mit dem Landesanglerverband abzuschließen. Der einzige für mich erkennbare Haken ist die bislang nur unzureichende Ressortzuordnung an das Ministerium, ich kürze ab, für Fischerei. Und ich bleibe dabei, Frau Schwebs, soweit der weitaus größere Teil der landeseigenen Fließgewässer sich im allgemeinen Grundvermögen des Landes befindet, ist an eine Verpachtung wohl schwerlich zu denken. In allem anderen gebe ich Ihnen Recht, dass das auf Antrag geschehen muss.
Deshalb, verehrter Herr Backhaus, setzen Sie sich durch! Ansonsten erfolgt vielleicht eine Verpachtung, ohne Sie zu fragen. Und das ist mir nicht unbekannt, dass es Begehrlichkeiten aus dem Umweltministerium gibt, was allerdings unnötig ist, weil ja der Gesetzesrahmen beim Bund ohnehin vorsieht, alle Uferstreifen unter Naturschutz zu stellen.
Wer dann aber Pächter sein wird, das steht wohl in den Sternen.
Verehrte Damen und Herren, mir bleibt also abschließend nur die Bitte, unseren Antrag zu überweisen oder ihm zuzustimmen, wie Sie wollen, um eine schnellere Ressortzuordnung an das Ministerium für Fischerei und die anschließende Verpachtung an den bisherigen Nutzer, den Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern, zu erreichen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit MKS ist es ähnlich wie mit der Schiffssicherheit in der Kadet-Rinne. Wir wissen alle, dass ein Gefahrenpotential vorhanden ist und nicht gering. Es ist aber noch zu keiner Katastrophe gekommen. Und da lehnen wir uns zurück mit dem Gedanken: „Noch einmal Glück gehabt.“
Ich tue das nicht.
Unser Antrag will die Landesregierung auffordern, in ihren Initiativen nicht innerhalb des Landes – Herr Minister, damit wir uns richtig verstehen, da will ich Ihnen durchaus Qualität bescheinigen –,
sondern nach außen nicht nachzulassen, denn die Gefahr ist nicht beseitigt, sondern sie ist permanent vorhanden.
Ich bin etwas enttäuscht, muss ich ehrlich sagen, dass Sie in Ihrer heutigen Presseerklärung ausgerechnet mir
populistische Erwägungen unterstellen. Ich hoffe, dass ich Sie noch umstimmen kann. Es ist richtig, weder in Deutschland noch in anderen Ländern der EU wird es auf absehbare Zeit flächendeckende Impfungen geben. Die Strategie zur Bekämpfung der Seuche soll zurzeit nicht geändert werden. Das beschlossen die EU-Agrarminister am 10. April. Heute ist eben alles einen Zacken schwieriger. Nicht die Gesundheit von Tieren ist die Richtschnur, sondern das Geld diktiert, wie wir mit der Ware „Tier“ umgehen. Erst wenn die jetzige Krise ausgestanden ist, soll über eine neue Ausrichtung der EU-Impfpolitik nachgedacht werden.
Die Debatte über vorbeugende Impfungen verlief in Deutschland besonders öffentlich, breit und kontrovers. Politiker von Bund und Ländern, so auch der hiesige Minister – bestätigt durch seine heutige Presseerklärung –, bekannten sich zuletzt am 18. April bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich zur EU und deren Politik des Stamping out beziehungsweise zur suppressiven Impfung mit anschließender Keulung, und dies nur, um Zeit zu gewinnen, wenn die Kapazitäten zur Beseitigung der Kadaver nicht ausreichen.
Viele Verbände und Wissenschaftler aber fordern eine Abkehr von der Nichtimpfpolitik, wenn auch mit einer flächendeckenden Meinungsvielfalt. Größte Einigkeit bestand darin, dass die Seuchenpolitik überdacht werden muss und zukünftig neu ausgerichtet wird. Impfstoffe und/oder differenzierende serologische Tests werden als notwendige Voraussetzungen gesehen.
Und, Herr Minister, so weit auseinander sind wir ja nun auch hier wieder nicht. Ich zitiere dazu aus Ihrer Presseerklärung vom 6. April: „,Für mich ist Impfung Tierschutz. Auch die Rechtsprechung’“ – sagen Sie weiter – „,betont ausdrücklich, dass wirtschaftliche Erwägungen allein keine ausreichende Begründung dafür sind, den Tierschutz zu vernachlässigen.’“ Machen Sie es bitte wahr!
Echte Chancen auf eine tierfreundlichere Politik wird es aber nur dann geben, wenn in der EU genügend Verbündete gefunden werden können – ich erinnere daran, dass alle zwei Minuten in der Europäischen Union ein Bauernhof aufgibt –, die bereit sind, den Tierschutz nicht anderen wirtschaftlichen Interessen zu beugen. So weit zur Einbringung. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist eine Tatsache: Fast alle unabhängigen Seuchenexperten haben gewarnt, dass nach Ende der Impfung 1991 wieder mit MKS-Ausbrüchen zu rechnen ist – also hat die Impfung einen Sinn gehabt –, da sah die Mehrheit der Agrarminister keinen Grund, das Vorgehen zu ändern.
Und, lieber Hans Scheringer, es gibt keine einzige Entscheidung zu Impfungen. Insofern hat der Antrag seine Berechtigung. Es gibt nur Entscheidungen gegen Impfungen. Es ist das Anliegen des Antrages, das zu ändern.
Und, Herr Minister, eine Impfung war auch zu DDR-Zeiten von den Veterinären flächendeckend in eineinhalb Tagen zu schaffen und wir hatten mehr Tiere als heute. Insofern dauert das nicht Monate. Und es ist auch falsch, was Ihre Typentheorie anbelangt. Es gibt drei Haupttypen und 80 Subtypen. Die Grundimmunität ist bei jeder Impfung gegeben. Davon sind wir auch zu DDR-Zeiten ausgegangen. Es hat sehr gut geholfen,
aber die europäischen Agrarpolitiker haben einfach zehn Jahre Glück gehabt.
Die europäische Kommission hatte 1990 eine beachtliche Wirtschaftlichkeitsrechnung aufgemacht: Auf zehn Jahre berechneten Impfkosten von 2,2 Milliarden DM standen nur veranschlagte 70 Millionen DM für eine Nichtimpfpolitik gegenüber. Die Wende in der Seuchenpolitik war ein Produkt – nun kannst du genauer hinhören, Hans Scheringer, weil ich von dir Kritik bekommen habe – des schrankenlosen europäischen Binnenmarktes und von Exportinteressen. Aber seit dem 20. Februar dieses Jahres wachsen die Zweifel an der Strategie.
Mit jedem Tag, den die Seuche die EU in Atem hielt beziehungsweise hält,
zeigt sich die Fragwürdigkeit der gesamtwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analyse.
Den eingesparten Impfkosten, Herr Minister, stehen – ganz anders als im zweiten Absatz Ihrer Presseerklärung, wo Sie es genau umdrehen – Milliardenverluste durch die Lähmung des öffentlichen Lebens in den betroffenen Gebieten gegenüber: Einbußen beim Tourismus, Wartezeiten von Lastwagen an der Grenze, Schließungen von Tierparks, Zirkusse dürfen nicht auftreten, Reitturniere finden nicht statt, Galopprennen nicht, Viehmärkte nicht, Verdienstausfälle sind zu verzeichnen und Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Das Virus ist also ein echter Konjunkturkiller. Dazu
kommt die Entschädigung für gekeulte Tiere. Nach Angaben vom Verbraucherschutzkommissar Byrne sind das vom Jahresanfang bis jetzt bereits 500 Millionen DM.
Richtig, es geht vordergründig um den Export. In Wahrheit geht es aber um Geld, globale Märkte und um den schrankenlosen Handel. Der Export war schon vor Beginn des aktuellen Seuchenzuges ein zweifelhaftes Argument, sich gegen Impfungen zu wehren. Wer definiert eigentlich, und das fragt unser Antrag auch, grundlegendes gemeinschaftliches Interesse?
Sicher hat der Verkauf von Fleisch auf dem Weltmarkt
einigen in der Landwirtschaft, vor allem aber den Handelsunternehmen einiger EU-Länder, viel Geld gebracht. Der Großteil der Einnahmen stammt aber nicht aus den Verkaufserlösen, sondern aus Beihilfen für den Export. Nichtimpfpolitik sichert den Fleischexporteuren ungestörten Zufluss von Subventionen, wenn die Gemeinschaft die hohen Inlandspreise jedes Jahr mit Milliardenbeträgen aus der Agrarkasse auf das Weltmarktniveau heruntersubventioniert.
Dabei tritt Deutschland – auch das sollte man festhalten, wenn man von Impfung redet – kaum als Schnitzeloder Steakexporteur auf. Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 81 Prozent, bei Milch bei 98 Prozent, bei Rindfleisch sind es 112 Prozent, und das auch nur dank der Exporterstattung, der Silomaisprämie und der Rinderprämie, sonst wäre das nämlich nicht so. Der deutsche Markt wäre also groß genug, um die Existenz der Bauern trotz Exportverbotes zu sichern. Dies ist auch die Chance – das wünschen Sie sich ja immer alle so sehr – für regionale Märkte und zur Abschaffung von langen Lebendtiertransporten. Wird Fleisch nur tiefgekühlt transportiert, fällt eine der Übertragungshauptursachen einfach aus. Nichtimpfpolitik ist letztendlich die Konsequenz verfehlter Agrarpolitik.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Kommission und die Landwirtschaftsminister die Forderungen des wissenschaftlichen EU-Ausschusses für Tiergesundheit, die Impfpolitik zu überprüfen, nicht zur Kenntnis genommen haben. Dieses oberste Beratungsgremium warnte schon im Frühjahr 1999 vor dem außerordentlichen Risiko neuer Seuchenausbrüche und forderte von den Regierungen der Mitgliedsstaaten umfassende Notimpfpläne. Das Gutachten verstaubte. Die Folge: Die EU war auf die Seuche nicht vorbereitet. Das alles zeigt, dass man sich zu sehr auf der sicheren Seite geglaubt hat. Es gab nie eine wissenschaftlich überzeugende Begründung für einen Impfstopp. Die Entscheidung hatte allein handelspolitische Gründe.
Zu allem kommt, dass wir es mit einer völlig unangebrachten Hysterie zu tun haben. Die heutigen Impfstoffe – und das sollte man festhalten – sind zuverlässig. Wer als verantwortlicher Politiker das Gegenteil behauptet, ist schlecht beraten. Es ist Schnee von gestern, wenn behauptet wird, dass die MKS durch Impfung ausgelöst werden kann. Meine Damen und Herren, seit es moderne Impfstoffe gibt – und das ist 20 Jahre her –, gibt es keinen einzigen nachweislichen Fall dieser Art. Dass ausgerechnet gegen die hochinfektiöse MKS nicht geimpft werden darf, ist tiermedizinisch nicht einzusehen. Geimpfte Tiere scheiden keine Viren aus. Die Gefahr der Ansteckung nicht geimpfter Tiere durch geimpfte, ist also gleich null.
Die Forcierung der Forschung ist sicher außerordentlich wichtig. Aber wenn es in den USA einen einfachen Bluttest gibt – wenn, sage ich, wenn es wahr ist –, der geimpfte von ungeimpften Tieren unterscheiden kann, ist Geld für die Entwicklung von „Marker-Impfstoffen“ überflüssig. Genau dies alles wird auf die Aktion der Bauern dieses Landes, die 11.000 Unterschriften gesammelt und ans MVEL geschickt haben, von eben diesem Ministerium mit genau den gegenteiligen Aufmachungen und Behauptungen beantwortet. Es wird wieder völlig unkorrekt dargestellt.
Es mag sein, dass wir zurzeit keine flächendeckende Impfung benötigen, aber wir sollten sie als unverzichtbare strategische Waffe in der Hand haben und im Einzelfall nicht erst die EU fragen müssen, ob sie es denn erlaubt. Ringimpfungen mit anschließender Tötung sind zur Seuchenbekämpfung nicht erforderlich. Wir allerdings sollten nicht immer darüber klagen, dass wir zu geringe Tierbestände haben, wir müssen sie auch schützen dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne medizinische Gründe werden auf lange Zeit Millionen Tiere der Unersättlichkeit der Menschen geopfert. Perverser geht es nicht! Tragen wir dazu bei, dass das geändert wird! Die Scheiterhaufen in Großbritannien dürfen nicht die letzte Antwort in der Seuchenbekämpfung sein! – Danke.
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nichts ist so gut, dass es nicht auch noch besser werden könnte. In dem vorliegenden Koalitionsantrag soll die Landwirtschaft zu mehr Verbraucherschutz entwickelt werden. Aber Verbraucher sind wir ja eigentlich alle, also auch der Landwirt. Somit könnte man auch sagen, der Landwirt soll also vor sich selbst geschützt werden, vielleicht eine neue Form des Wahns.
Aber dieses Thema ist, seit BSE-Fälle auch in Deutschland aufgetreten sind und ein ganzes Volk in Angst und Schrecken versetzt haben, sehr populär. Der Verbraucher scheint sich beim Anblick einer wohlgefüllten Ladentheke bedroht zu fühlen. Und wer Angst hat, der redet gern laut vor sich hin, um sich selbst Mut zu machen. Wie gut muss es uns doch gehen, dass wir uns von hochwertigen Nahrungsmitteln so bedroht fühlen?!
Der Umgang Deutschlands mit der so genannten BSEKrise und den daraus erhobenen Forderungen ist eigentlich beispiellos. Ob es das unbefristete Tiermehlfütterungsverbot ist oder der vollständige Verzicht von Fischmehl, ob es das vorzeitige Testen aller Tiere ab dem 24. Lebensmonat ist oder die Bestandskeulung oder die Testung und anschließende Vernichtung der 400.000 Rinder im Rahmen der Herauskaufaktion, die rot-grüne Agrarpolitik ist maßlos, ja selbstzerstörerisch, und all diese Maßnahmen werden mit den Schlagworten „Entwicklung der Landwirtschaft zu mehr Verbraucherschutz“, „Agrarwende“ oder „neue Agrarpolitik“ verbrämt. Dabei hat das eine, wie ich gestern auch schon erläuterte, mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.
Verehrte Damen und Herren! Die Landwirtschaft erfüllt im Wesentlichen vier Grundaufgaben:
die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen,
die Prägung der Entwicklungen im ländlichen Raum,
die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturlandschaft
und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Für diese materiellen und immateriellen Leistungen, die weit über die Urproduktion hinausgehen, erfolgt eine gesellschaftlich akzeptierte Unterstützung der Landwirtschaft. Diese Ausgleichszahlungen an die Landwirtschaft sind in ihrer Akzeptanz eng gekoppelt an die Einhaltung definierter Mindeststandards, die in ihrer Gesamtheit üblicherweise unter dem Begriff der guten fachlichen Praxis zusammengefasst werden.
Deutschland ist ein Land mit sehr hohen Anforderungen und Standards an die Erzeugung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln, zum Beispiel Umweltauflagen, Auflagen an den Tierschutz, Tierhaltung, Düngeverordnung, Transportverordnung, Medikamenten- und Hormoneinsatz und so weiter, die in anderen Ländern, insbesondere in Drittstaaten, so nicht gelten und dementsprechend stark wettbewerbsbenachteiligend für unsere Landwirte sind. Wenn in Australien der Bauer umgerechnet 38 Pfennig für den Liter Milch erhält, interessiert es auch niemanden, wenn auf dem Schlachttiertransport in den so genannten Beeftrains Transportverluste von 15 bis 20 Prozent auftreten. Das ist in Deutschland unvorstellbar.
Deutschland als Mitglied der Europäischen Union und der Welthandelsorganisation ist vielfältigen Handelsbeziehungen unterworfen, die sowohl Im- als auch Exporte gleichermaßen beinhalten und demzufolge eine Abschottung gegen unerwünschte Produkte weitgehend ins Leere laufen lässt. Lebensmittelimporte aus Drittstaaten können nicht verhindert werden und deren Erzeugung entspricht, wie wir wissen, oft nicht den hohen Anforderungen in unserem Land. Gerade hat ja, das wissen Sie vielleicht, der EU-Gipfel 27 der ärmsten Länder den freien Zugang für ihre Produkte in die EU erlaubt. Mecklenburg-Vorpommern ist also keine Insel einer glückseligen Viehhaltung.
Mehr als 80 Prozent der Lebensmittel werden von Verbrauchern in Supermärkten gekauft. In gerade diesen Supermärkten findet ein beispielloser Preiskampf statt, der dem Verbraucher Preisvorteile beschert, dem Erzeuger, dem Landwirt also erhebliche Nachteile. So ist es den Handelsketten kartellrechtlich erlaubt, 10 Prozent der Lebensmittel unter Einstandspreis zu verkaufen, und dieser ruinöse Wettbewerb wird einseitig zu Lasten der Bauern ausgetragen. Der Verbraucher profitiert davon. Das heißt nichts anderes, als dass über landwirtschaftliche Subventionen die Verbraucherpreise niedrig gehalten werden und eine Alimentierung des übrigen Konsumbedarfs erfolgt.
Verehrte Damen und Herren! Wenn man Verlautbarungen der Bundeshauptstadt Glauben schenken darf, beabsichtigt das grüne Verbraucherschutzministerium, mit einer Neugestaltung der Förderpolitik und einer breit angelegten staatlichen Kampagne zur Änderung des Konsumverhaltens und der Essgewohnheiten in der Bevölkerung den angekündigten Umbau der Agrarwirtschaft zu erreichen. Danach soll es anscheinend künftig keine Direktzahlungen mehr an die Landwirtschaft ohne gesellschaftliche Gegenleistungen geben. Also wissen Sie, als mündiger Bürger entscheide ich, was, wann und wie viel ich esse. Davon werde ich mich auch durch eine Kampagne nicht beeinflussen lassen. Allein der Verbraucher entscheidet an der Ladentheke, welches Produkt er kaufen will, und dabei ist nun mal der Preis das Hauptentscheidungskriterium, erst danach die Qualität oder die Herkunft des Produktes.
So gesehen ist die Forderung, 20 Prozent des Lebensmittelbedarfes durch ökologisch erzeugte Produkte künf
tig abzudecken, unrealistisch. Ich denke, 10 Prozent sind das maximal Vertretbare. Und Frau Künast, wie unlängst am 06.03. in Ludwigsburg, rudert ja auch schon zurück. Sie sagt, die Agrarwende wird eine lange Reise. Das wussten wir schon vorher. Richtig, Frau Künast, es wird sich zeigen müssen, wie lange Sie das Tempo, das Sie bis jetzt bei Ankündigungen an den Tag gelegt haben, in der Praxis der Umsetzung durchhalten werden.
Meine Damen und Herren! Eine Warenkorbberechnung besagt, dass der Öko-Warenkorb im Verhältnis zum AldiWarenkorb drei- bis viermal teurer ist. Eine vierköpfige Familie mit Durchschnittseinkommen muss sich einen derart kostspieligen Einkauf natürlich überlegen, umso mehr, wenn noch Arbeitslosigkeit dazukommt. Eine Bevormundung der Verbraucher, welche Lebensmittel sie in welcher Menge und Qualität zu kaufen haben, kann nicht der richtige Weg sein.
Auch wir wollen nicht außer Acht lassen, dass die Verzehr- und Lebensgewohnheiten sich in den letzten Jahren verändert haben. So steigt der Anteil der Singlehaushalte ständig, der der Familie nimmt demgegenüber ab. Dieser Trend wirkt sich auch auf die Verzehrgewohnheiten aus, indem der Anteil von Fertiggerichten zunimmt, dagegen die Nachfrage nach frischen Produkten zurückgeht. Ökologisch erzeugte Nahrungsmittel sind aber zurzeit noch deutlich auf den Frischeverbrauch ausgerichtet, so dass einer von der Bundesregierung propagierten Marktausweitung von daher ganz sicher schon Grenzen gesetzt sind.
Es wird immer wieder der Vorwurf der industriellen Rindfleischerzeugung in Deutschland erhoben. Dies trifft so nicht zu, das wissen wir. Gerade die deutschen Rindfleischerzeuger sind international überhaupt nicht wettbewerbsfähig, weil ihre Betriebsgrößen zu klein sind und die Betriebe nicht hinreichend wirtschaftlich geführt werden. In Deutschland stehen nur etwa 51 Prozent der Rinder in Betrieben mit einem Bestand von mehr als 100 Tieren. In Frankreich sind es bereits 54 Prozent, in den Niederlanden 64 Prozent, in Dänemark 69 Prozent und in Großbritannien gar 71 Prozent. 75 Prozent aller deutschen Rinder stehen bei genauer Betrachtung in Betrieben mit weniger als 200 Tieren und nur 18 Prozent mit mehr als 300 Tieren, stellen wir fest.
Natürlich muss man die Situation nach alten und neuen Bundesländern differenziert betrachten. In den neuen Bundesländern stehen aus historischen Gründen die meisten Rinder in Großbetrieben, in den alten Bundesländern dagegen mehr in mittleren und kleinen. Der Industrialisierung verdächtig sind also vor allem die Großbetriebe. Der Ruf „Weg mit der Industrie!“ in der Landwirtschaft ist also an unsere Betriebe gerichtet. Damit – auch das wissen wir – trifft man genau den Falschen. Gerade die großen Agrargenossenschaften in den neuen Bundesländern tragen den starken Boom der deutschen Ökolandwirtschaft mit. Die Größe der Betriebe ist es nicht, die jene Industrialisierung begründet, die ihrerseits Ursache der BSE-Krise sein soll. Industrialisierung ist also der falsche Begriff. Technisierung, Rationalisierung, Intensivierung sind es, die dem Außenstehenden, dem Verbraucher, Angst vor moderner Landwirtschaft machen. Fortschritt in der Tierhaltung bedeutet nicht, dass die Tiere unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden, sondern vielmehr eine Optimierung der Bedingungen zum Wohle der Tiere und zum Nutzen der Verbraucher.
Verehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hat in den vergangenen zwei Jahren den Preisdruck auf die Landwirtschaft erheblich erhöht. Die Preissenkungen der Agenda 2000, die Steuererhöhungen auf landwirtschaftlich genutzten Diesel und die Kürzungen der Agrarsozialpolitik haben politisch gewollt den Strukturwandel in der Landwirtschaft beschleunigt, das heißt bäuerliche Familienbetriebe zum Aufgeben gezwungen und die Herausbildung größerer Agrarstrukturen begünstigt. Bei einer Entwicklung der Landwirtschaft zu mehr Verbraucherschutz darf die Einkommenssicherung der landwirtschaftlichen Betriebe nicht vergessen werden, sonst bleibt am Ende der Bauer auf der Strecke. Klasse statt Masse, wer das sagt, dem darf man bescheinigen, dass er in Ermangelung von Hirn und Rückgrat wohl den besten BSE-Schutz hat.
Oder war Masse bisher in Deutschland nicht Klasse? Was war es dann?
Also mit Ihrer Bemerkung scheinen Sie mir ein echter Agrarexperte zu sein. Ihnen sei gesagt, besser Hirn in der Leberwurst als gar kein Verstand, ja?
Was war es denn im Vergleich mit den Standards anderer Länder? Bedenkenlos importieren wir bis in die Landtagskantine hinein Krokodil, Känguru, Strauß, Wild und vieles andere mehr.
Ich auch.
Und das Kanzlerwort von den Agrarfabriken hat die Verbraucher auch nicht gerade zum Jubeln gebracht, eher verwirrt. Und da bin ich schon ganz dankbar, dass vor zwei Tagen der Bundeslandwirtschaftsminister a. D. Funke dies einmal korrigiert oder kommentiert hat in der Weise, indem er sagte, der Kanzler hat die Richtlinienkompetenz für die Politik, er hat nicht die Richtlinienkompetenz für die Vernunft. Da will ich nichts anfügen.
Verehrte Koalitionäre, Ihr Antrag greift zu kurz, ist in Teilen ganz einfach unsachlich und begründet durchaus gewünschte Wege zu Veränderungen falsch. Und das zwingt uns zur Ablehnung. – Herzlichen Dank.
Danke, Herr Präsident.
Frau Schildt, die Wertschätzung für Ihren Antrag ist ja nun in diesem Hause nicht sehr hoch.
Wir sind hier nicht mal ein Drittel. Ich frage Sie, ob Sie das in Ordnung finden, dass der Landwirtschaft, die der größte Betriebszweig in diesem Lande ist, so wenig Reverenz erwiesen wird, was auch für die Wertschätzung zu Ihrem Antrag bezeichnend ist.
Richtig.
Vielen herzlichen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zieht man die Geschäfts
ordnung des Landtages zu Rate, wird einem die Aktualität des Themas zweifelhaft bleiben,
es sei denn, der Antragsteller hat ernsten Anlass zur Sorge
oder will wieder einmal Primogenitur betreiben. Aber die Rahmenbedingungen werden nun mal in Brüssel gemacht und es hängt vom Verhandlungsgeschick des MSD ab, wie gut unsere Landwirtschaft abschneidet.
Fast alle Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern haben ihre Chance genutzt. Ich bin überzeugt, dass viele in der Lage sind, auch unter ungünstigeren politischen Bedingungen in Brüssel, Berlin und Schwerin ihren Weg weiterzugehen. Ich stelle allerdings fest, die schönen Zeiten sind nun einmal vorbei.
Aber im Nordosten ist man raues Klima gewohnt. Ich glaube – das sage ich vorweg – an die Zukunft der Landwirtschaft in unserem Land, auch wenn die Zeit der Opfer absehbar nicht vorbei ist.
Es ist wahr, in Deutschland wird an der Landwirtschaft mehr verdient als in der Landwirtschaft. Das deutsche und europäische System der Agrarförderung stellt nicht nur eine Unterstützung der Bauern dar, sondern auch eine Quersubventionierung anderer Branchen, weil die billigen Lebensmittelpreise es den Leuten ermöglichen, ihr Geld für andere Produkte und Dienstleistungen auszugeben.
Die von Berlin und Brüssel propagierte Agrarwende ist ein unter Schock produziertes Erzeugnis,
von dem in keiner Weise zu sagen ist, wie bekömmlich es für wen ist.
Größenwachstum ist Ausdruck der Bemühungen der Landwirtschaft, die Arbeitsproduktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu erhöhen, das ist der Zwang aus den Rahmenbedingungen, die übereifrige deutsche und europäische Politik vorgaben und vorgeben. Dies soll sich nun ändern, nur keiner weiß so recht wie. In einem Zeitalter, in dem man Zahnbehandlungen bereits rektal ausführen kann, bekommt man Seuchen nicht in den Griff,
da versucht man als Allheilmittel die Umorganisation der Agrarpolitik. Und der Bundeskanzler, der Volkes Wille stets blitzartig zu bedienen weiß, zaubert ein Verbraucherschutzministerium aus dem Hut – ich frage, warum nicht auch gleich ein Steuerzahlerschutzministerium –
mit einer Ministerin, die sicher von hohem Unterhaltungswert,
aber von der Herkunft her, und das wiederhole ich, von der Herkunft her für die Bauern eine Strafe ist.
Ich wehre mich nicht gegen eine andere Agrarpolitik,
aber es sollte eine sein, die die Bauern auf andere Weise und besser schützt als bisher,
besser schützt vor Politikern und Agrarbehörden, denen staatliche Preisstützung und Beihilfen nicht unwillkommen sind, um sich unentbehrlich zu machen,
besser schützt vor Subventionen, die die Bauern von politischen Entscheidungen immer abhängiger machen und sie an den Dauertropf des Staates bringen,
besser schützt vor Agrarministerräten in Brüssel, die ständig in die Agrarmärkte hineinregieren und die den Bauern mit Produktionsbeschränkungen, wie Anbauverboten, Milchquoten, Zuckerquoten und anderem, Fesseln anlegen, weil sonst die staatliche Preisstützung wegen fehlender Mittel zum Ankauf und subventioniertem Export der Agrarüberschüsse total zusammenbräche,
besser schützt vor Agrarpolitikern, die mit dieser bisherigen Politik Agrarland besonders wertvoll gemacht, die Preise dafür in die Höhe getrieben, so den Produktionsfaktor Boden zusätzlich verteuert und damit die Landwirtschaft dazu gebracht haben, mit unnötig höheren Kosten zu arbeiten,
besser schützt vor den Wechselbädern häufiger Politikänderung, die auf längere Sicht ausgerichtete unternehmerische Entscheidungen zur Betriebsausrichtung, zur Wirtschaftsweise und zu Investitionen immer aufs Neue untergräbt und damit eben auch bestraft,
besser schützt vor Regulierungen im Natur- und Umweltschutz,
soweit diese überzogen sind – vergleichbare Umweltleistungen sollten gleich gefördert werden –,
besser schützt vor der Überfülle an Vorschriften, die die unternehmerische Freiheit der Bauern immer stärker einengen und ihnen die Zeit für die eigentliche, die produktive Arbeit stehlen,
besser schützt vor deutschem Übereifer und der Nichteinhaltung europäischer Beschlüsse und Verordnungen in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gleichermaßen
und besser schützt vor einzelbetrieblichen Obergrenzen.
Sie bringen keine Vorteile für Verbraucherschutz, Tierschutz und Umwelt. Im Gegenteil, sie hemmen den Strukturwandel, führen zu höheren Kosten, schwächen die Wettbewerbsfähigkeit und lassen sich nicht einmal als einkommenspolitische Maßnahmen rechtfertigen.
Ich glaube, jetzt sind fünf Minuten um. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Also eins will ich mal festhalten, mit der fünften Jahreszeit – Herr Schlotmann ist, glaube ich, nicht im Saal – habe ich überhaupt nichts am Hut.
Ich werde an meinem Stil nichts ändern.
Bei Ihnen, Herr Schlotmann, habe ich die Ideen dem Thema entsprechend total vermisst und, Herr Backhaus, dass Ihnen nun gänzlich der Humor ausgegangen ist, das kann ich gut nachvollziehen.
So viel öffentliche Aufmerksamkeit nämlich wie jetzt haben die Landwirtschaft und die Agrarpolitik lange nicht mehr gehabt.
Da sollte man sie für eine Wende in der Agrarpolitik in der Tat nutzen, jedoch nicht, um nunmehr einer gerade spürbaren Ökogeneigtheit hinterherhechelnd in die nächste agrarpolitische Falle zu stolpern, wenn man sich aus der vorherigen noch gar nicht richtig befreit hat.
In diesem Zusammenhang lassen Sie mich sagen, ich habe nichts gegen ökologischen Landbau, aber 20 Prozent plus, das ist in diesem Zusammenhang für mich eine gesinnungsethische Schnapsidee.
Unterstützenswert ist in Feld und Stall jede Landwirtschaft, die auf den Schutz von Gesundheit, Boden, Pflanze, Tier und Umwelt abstellt und die dies mit wirtschaftlichem Erfolg zu bewältigen versteht. Eine solche Unterstützung kann auch in einem bloßen Nichtbehindern bestehen. Gebraucht wird eine Agrarpolitik, die auf längere Sicht weg vom staatlichen Tropf führt, weg von staatlichen Eingriffen in die Märkte und weg von staatlicher Bevormundung der Landwirte. Wollen mehr Verbraucher als bisher Ökoprodukte haben, werden sie diese bekommen, sowohl vom Handel wie von den Landwirten, wie auch von der Verarbeitungsindustrie, wenn sie bereit sind, den nötigen Preis dafür zu bezahlen.
Politiker haben sich die Entscheidung darüber nicht anzumaßen. Ökologie und Ökonomie sind keine Gegensätze. Der Kampf um zukunftssichere Existenz und gesichertes Einkommen landwirtschaftlicher Unternehmen ist weder mit einem Berliner Menü, bestehend aus
Bundesadler mit Ökogemüse, noch durch das Trinken von Hasse-Schröder Premiumpils, durch die Bauern zu gewinnen, sondern nur mit der Rückkehr zur sachlichen, aber nachdrücklichen Argumentation.
Die Bekämpfung von Seuchen und eine notwendige – ich betone, notwendige – andere Agrarpolitik haben nichts miteinander zu tun, sie bedingen sich auch nicht gegenseitig. Wir haben lange genug zugesehen, wie Sachunkundige dies miteinander vermischen.
Die Zukunft der Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern wird eben längst nicht mehr in diesem Landtag oder von der Landesregierung bestimmt, sondern ist abhängig vom Einsatz, ich sagte es vorhin schon mal, des MSD in Brüssel und da kann man nicht laufend vollmundig hinreisen und mit leeren Händen zurückkommen. – Herzlichen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ein Gespenst geht um in Europa, aber keiner weiß Bescheid, doch alle machen mit. BSE und ihr Infektionsmechanismus machen Forscher verlegen und geben Politikern einen breiten Spielraum für symbolische Aktionen.
Agrarpolitik macht momentan krank. Der Ruf nach Umkehr erklingt, an der Spitze der Bundeskanzler, der für eine Politik weg von den Agrarfabriken plädiert.
Die mit Preisstützung und Ausgleichszahlungen operierende Agrarpolitik mag aus gesamtwirtschaftlichen Gründen kritisiert werden. Ihr Gesundheitsgefährdung vorzuwerfen ist aber falsch. Das Schlagwort von den „Agrarfabriken“ trägt nichts, aber auch gar nichts zur Aufhellung der BSE-Krise bei. Dass Massentierhaltung – wie immer auch definiert und ob überhaupt existent – nicht der entscheidende Faktor ist, geht schon daraus hervor, dass das erste in Deutschland in einem Landwirtschaftsbetrieb gefundene BSE-Rind gewiss nicht aus der Massentierhaltung stammt. Die gesamte Landwirtschaft an den Pranger zu stellen ist nicht nur unfair, es verhindert auch, Schuld an der richtigen Stelle zu suchen.
Wo immer man liest, zuhört oder zusieht, man vernimmt nur Worte wie „ist zu vermuten“, „nicht auszuschließen“, „bedarf weiterer Forschung“, „ist nicht sicher“ und anderes. Aber da sind Menschen, die auch ohne Hirn- und Hamburgerkonsum oder als Vegetarier gar von dieser fürchterlichen Krankheit befallen werden, und da ist jener Erreger, der nahezu unsichtbar und nahezu unsterblich die Forscher vor Rätsel stellt. Es ist dieses verhängnisvol
le Nichtwissen, das die immer gleichen Muster der Politik im Umgang mit BSE erklärt. Und Nichtwissen macht nun mal Angst. Damit wird reichlich und besonders durch Nichtfachleute spekuliert, das lässt sich an den Mann bringen. Jetzt ist er da, der angekündigte Wahn.
Wenn man solchen Leuten zuhört, hat man den Eindruck, dass bei diesen diese tausendstel Millimeter großen Eiweißpartikel, genannt Prionen, die in jedem normalen Hirn vorkommen – man weiß nur nicht wozu –, bereits den Zustand der Dreidimensionalität verlassen haben und ihren kannibalischen Kreislauf begonnen haben. Der Amoklauf der Prionen hat, was Reden und Handeln etlicher Wichtigtuer, unterstützt von allen Medien, betrifft, längst begonnen. Jetzt wird spät, aber immerhin in die Wege geleitet, was bei allem Nichtwissen notwendig ist. Aber werden auch die erforderlichen Konsequenzen gezogen? Es geht hier nicht darum, die BSE-Krise unter den Teppich zu kehren, es geht um Verbraucherschutz. Richtig.
Lassen Sie mich darum etwas sagen zum Tiermehl und zur Notschlachtung. Hier handelt es sich um eine extrem teure Prophylaxe auf der Basis von Spekulationen. Die Frage ist nicht geklärt, ob es eben Schlamperei gibt oder Mutation. Bis zum endgültigen Beweis können alle Notschlachtungen, alle Fütterungsverbote und Herkunftszeugnisse zunächst nur als Vorsichtsmaßnahme verstanden werden. Nicht mehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber eben auch nicht weniger.