Birgit Schwebs

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die Agenda 2000 im März 1999 beschlossen wurde, hatte sie im Wesentlichen zwei grundlegende Ziele: Zum einen sollte die bis dahin bestehende massive Überproduktion im Verbund mit umfänglichen Exporterstattungen eingedämmt und zurückgeführt werden. Dies sollte durch die Senkung der Preisstützung und im Gegenzug über die weitere Einführung von flächen- und tierbezogenen Ausgleichszahlungen geschehen. Des Pudels Kern war aber hier eine weitere Liberalisierung des Agrarmarktes, ein Fitmachen der Landwirtschaft für den Weltagrarmarkt. Und zum anderen wurden erstmals die Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes in der so genannten zweiten Säule zusammengefasst und konzentriert. Mit einer Laufzeit der Agenda bis in das Jahr 2006 s ollte den Landwirten zugleich Planungssicherheit hinsichtlich der Rahmenbedingungen für ihre Arbeit gegeben werden. Mit den Beschlüssen vom März 1999 wurde aber auch festgelegt, dass 2002/2003 eine Bewertung der bisherigen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin erfolgt.
Genau über den Umfang dieser Halbzeitbewertung streiten sich die Geister heute. Die einen sagen, die Agenda geht bis 2006 und so lange bleibt alles, wie es ist. Die anderen, unter anderem auch meine Fraktion und meine Partei, meinen, die Bedingungen für die Landwirtschaft haben sich so verändert, dass man darüber nachdenken muss, ob wirklich alles so bleiben kann, wie es ist.
Und natürlich gibt es Veränderungen, neue Ansprüche und Aufgaben an die landwirtschaftliche Tätigkeit und es gibt auch neue Probleme oder, man kann auch sagen, neue Skandale. Wir haben gestern darüber geredet. Und bei einer kritischen Bewertung der Agenda muss man heute nüchtern feststellen, dass wesentliche Ziele eben nicht erreicht worden sind.
Erstens ist es beispielsweise nicht gelungen, die Überproduktion, als Beispiel sei hier nur der Roggen genannt, entscheidend einzudämmen. Und so kommt es, dass die Landwirte heute ihren Roggen im Wissen um seinen Ankauf in die Intervention durch die EU anbauen. Und das kann ja nicht sein. Hinzu kommt, die Prämiengestaltung selber ist in sich ungerecht. Grünlandstandorte werden gegenüber Ackerfruchtstandorten eindeutig benachteiligt.
Zweitens ist die in der Agenda 2000 geforderte stärkere Berücksichtigung von Umweltbelangen bisher in nicht zureichendem Maße erfolgt. Der weitaus größere Wettbewerbsdruck durch die Agenda 2000 führte dazu, dass betriebliche Nährstoffkreisläufe weiter aufgelöst wurden, Ackerbau und Viehhaltung immer weiter getrennt wurden. Auch jetzt noch ist die Landwirtschaft einer derjenigen Industriezweige, die mit Abstand die stärksten Belastungen für Boden, Luft, Flora und Fauna hervorrufen. Und daran ändert auch ein Wirtschaften nach der guten fachlichen Praxis nicht so sehr viel.
Drittens ist es mit der zweiten Säule nicht gelungen, eine integrierte Entwicklungspolitik für den ländlichen Raum zu initiieren. Das liegt zum einen an ihrer schwachen finanziellen Ausstattung – nur zehn Prozent der Mittel im Vergleich zur ersten Säule – und zum anderen am engen Korsett der förderfähigen Maßnahmen. Sehr geehrte Damen und Herren, der Agrarhaushalt macht bei aller Kritik, die man mit dieser vereinfachenden Bewertung haben mag, mit rund 43 Milliarden Euro etwa 50 Prozent des gesamten Haushaltes der Europäischen Union aus. Hier ist doch die permanente Frage angebracht, wie diese Mittel am sinnvollsten und effektivsten nicht nur für die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch und gerade im Interesse der Produzenten eingesetzt werden können, denn gerade die sozialen Belange sind bisher komplett unterbelichtet.
Und viertens. Sie wissen es alle, und in diesem Hause beschäftigen wir uns auch mit konkreten Problemen zu diesem Thema, die EU-Osterweiterung steht vor der Tür und die Diskussionen um die Beihilfen für ihre jeweiligen Landwirtschaften nehmen schon groteske Forderungen an, wenn man an das denkt, was der Bundeskanzler in Sevilla geäußert hat. Die PDS tritt für die gleichberechtigte Einbeziehung der Beitrittsländer in die EU ein. Das ist jedoch mit dem bisherigen Haushaltsansatz im EU-Agrarhaushalt nicht zu leisten.
Wer im Wissen um die bestehenden Defizite des gegenwärtigen Systems Änderungen ablehnt, muss sich fragen lassen, wozu überhaupt eine Halbzeitbewertung in ein System eingeführt wurde. Ich meine, in Erkenntnis all
dessen ist es notwendig, jetzt die ersten Weichenstellungen zur Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik zu s tellen, um dann mit dem Auslaufen der Agenda 2000 die Grundlagen für eine neue EU-Agrarpolitik geschaffen zu haben, zumal, wer jetzt nicht zu kleinen Reformschritten bereit ist, um vorgeblich den Landwirten Planungssicherheit zu gewähren, muss mir erklären, wie er dann im Jahr 2007 einen radikalen Schnitt – über dessen Notwendigkeit sind wir uns hier alle einig – ohne massive Brüche in der Landwirtschaft vollziehen will.
Was wir brauchen, ist eine Landwirtschaft, die ökologisch verträglich ist, welche nachhaltige Beschäftigung im ländlichen Raum schafft und zugleich langfristig für die Betriebe ökonomisch tragbar ist. Was wir nicht brauchen, ist eine Fortführung des Status quo, immer billigere und immer mehr Produkte für den Weltmarkt bei gleichzeitigem Sterben von rund 5.000 Höfen pro Jahr in Deutschland
und bei fortschreitender Erosion des ländlichen Raumes. Was wir brauchen, auch und gerade hier im Land, sind regionale Kreisläufe, Wertschöpfung im Lande und transparente Produktionsverfahren. Zentraler Punkt der Halbzeitbewertung muss es auch sein, die Förderung des ländlichen Raumes zu stärken und auf der anderen Seite die Benachteiligung von bestimmten Betriebsarten abzubauen.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich zuerst auf den Abbau der Benachteiligungen von bestimmten Betriebsarten eingehen. Momentan haben wir die Situation, dass es unzählige Marktordnungen und Prämiensysteme für die unterschiedlichsten Kulturen und Tierhaltungen gibt. Dieses System ist natürlich über Maßen kompliziert und verführt gerade dazu, zu tricksen, wie zum Beispiel durch die Ausgliederung von Betriebsteilen, um gleichzeitig die Mutterkuhprämie und die Extensivierungsprämie zu nutzen. Darüber hinaus wird dieses System im Rahmen der laufenden WTO-Verhandlungen nicht greenboxfähig sein und es wird deshalb auch keinen Bestand haben für die Zukunft.
Verschließen wir vor dieser Entwicklung jetzt nicht die Augen, sondern suchen gemeinsam nach Lösungen! Ich denke, ein gangbarer Weg stellt die Zusammenführung der verschiedenen Marktordnungen zugunsten einer einheitlichen Flächenprämie unabhängig von der Nutzungsart dar. Damit wird auch die Benachteiligung von Flächennutzungen wie Klee-, Gras- und Grünland gegenüber dem Getreide- und Silomaisanbau aufgehoben. Und zugleich werden damit regionale Kreisläufe unterstützt.
Die Gesellschaft jedoch ist auch immer weniger bereit, Mittel für die Landwirtschaft bereitzustellen, ohne dafür eine sichtbare Gegenleistung zu erhalten, die über die Produktion von gesundheitlich unbedenklichen Lebensmitteln hinausgeht. Deshalb sollte nach unserer Auffassung die einheitliche Flächenprämie an die Einhaltung spezifischer, ökologischer und sozioökonomischer Kriterien gebunden werden.
Mit diesem Weg über die Einführung der Flächenprämie ist es auch möglich, die anstehende Erweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 für alle Mitgliedsländer gleichberechtigt zu finanzieren und zu verhindern, dass es innerhalb der EU eine Zweiklassenmitgliedschaft gibt, und
zwar zwischen den Ländern, welche die volle Prämienhöhe erhalten könnten, und den Ländern, die da nur auf einen Teil dieser Prämien zurückgreifen dürften.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich sagte schon, mit der Halbzeitbewertung muss es gelingen, die Förderung des ländlichen Raumes umfassend zu forcieren. Es müssen Mittel aus der ersten Säule in die zweite Säule umgeschichtet werden, denn nur mit diesen Mitteln können gesellschaftlich gewünschte, jedoch nicht am Markt nachgefragte Maßnahmen finanziert werden, um die Attraktivität und auch die Vitalität des ländlichen Raumes zu stärken. Hier kann ich mir insbesondere Maßnahmen im Bereich des Umwelt- und Tierschutzes, der Kulturlandschaftspflege, des Verbraucherschutzes sowie im sozialen Bereich vorstellen. Dazu ist es aber notwendig, den Anwendungsbereich der zweiten Säule im Rahmen der Halbzeitbewertung umfassend auszubauen, um den möglichen Handlungsrahmen zu erweitern.
Alle diese Reformen sind nicht von heute auf morgen und ohne die Einbeziehung der Akteure zu erreichen. Ich denke, auch EU-Agrarkommissar Fischler wird sich am 10. Juli so oder ähnlich äußern. Erste Verlautbarungen deuten darauf hin, dass die Reformvorschläge der Europäischen Kommission eine Stärkung des ländlichen Raumes zum Ziel haben werden, dass Freibeträge für im Unternehmen Beschäftigte gewährt werden sollen und dass es auf alle Fälle zu einer Entkopplung der Zahlungen von der Produktion kommen wird. Ich meine, und das ist mein letzter Satz, wir tun heute gut daran, uns schon Gedanken zu machen, wie es mit unserer Landwirtschaft langfristig weitergehen könnte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir uns hier vor rund einem Jahr über die BSE-Krise unterhalten haben, sprach ich davon, dass BSE das Menetekel für die Agrarwirtschaft sei. Heute jedoch muss ich zu meinem Bedauern feststellen, ich habe mich geirrt. Es hat sich nicht um ein Menetekel gehandelt, sondern die BSE-Krise war nur ein Gipfel im weiten Gebirge mit dem Namen „Agribusiness“. Man könnte auch noch viele andere Berggipfel nennen, Dioxin oder Nikotin beispielsweise.
Ich finde, es ist an der Zeit zu fragen, warum es in der Agrarwirtschaft immer wieder zu Skandalen, Vertuschungen und Mauscheleien kommt. Das, meine Damen und Herren, so meine ich, liegt an den Strukturen in der deutschen Agrarwirtschaft sowie in ihrer bisherigen Ausrichtung. Der Landwirt ist doch quasi nur noch ein ganz, ganz kleines Rädchen in diesem Industriezweig, eben dem Agribusiness. Er ist von den Lieferungen der Futtermittelproduzenten und Saatgutfirmen ebenso abhängig wie von den nachgeordneten Bereichen, welche ihm die Preise diktieren. Eigener unternehmerischer Spielraum existiert doch nur in minimalen Größen.
Diese hohe Zergliederung führt unter anderem dazu, dass zwischen den einzelnen Teilbereichen Informationshürden aufgebaut werden. Sie sorgen dafür, dass letzten Endes die eine Hand nicht mehr weiß, was die andere tut. Nur so ist es erklärbar, dass erst ein Lebensmittelhersteller den Nachweis über Nitrofen in Lebensmitteln in die Öffentlichkeit gebracht hat, obwohl bereits im Vorfeld andere über die Belastung des Futters und der nachfolgenden Produkte Bescheid wussten.
Die Bezeichnung „Kartell des Schweigens“, wie Minister Backhaus es nannte, scheint mir für diese Situation
treffend und auch zielführend zu sein. In diesem Bereich wirtschaftet jeder in der Anonymität, im Schatten vor sich hin. Die Dummen sind am Ende wieder mal die Landwirte sowie die Verbraucher und Verbraucherinnen, die bei Skandalen hinsichtlich der Feststellung von Verantwortlichkeiten und Beseitigung der Defizite in die Röhre sehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, neben der hohen Anonymität in diesem Bereich führt meines Erachtens auch die Ausrichtung des Agribusiness zu den Skandalen. Mit der Forderung und dem eigenen Anspruch der Branche, gegen den Weltmarkt konkurrieren zu können, sorgt sie selber dafür, dass lange Transportwege, weite Informationsketten und nicht nachzuvollziehende Warenströme entstehen.
Im Nitrofenskandal konnten wir genau dieses Manko wie unter einer Käseglocke beobachten. In Malchin gelagertes Getreide läuft über den nordrhein-westfälischen Hersteller GS agri in konventionelle und ökologische Höfe oder wird bei FUGEMA mit Tausenden Tonnen unbelasteten Getreides vermischt und dann über die ganze Bundesrepublik verteilt. Oder das Interventionsgetreide – der Überschuss unserer subventionierten Landwirtschaft –, das in der Malchiner Halle gelagert wurde, wird in aller Herren Länder verschifft. Wer es letztlich wozu verbraucht hat, ist nicht mehr zu ermitteln, denn es ist nicht mehr da. Es ist wie im Mackie-Messer-Song von Brecht: Die im Dunkeln sieht man nicht und alle Beteiligten waschen sowieso ihre Hände in Unschuld und beteuern, von all dem nichts gewusst zu haben.
Wie so oft ist die Lobby der vorgelagerten Produktion erfolgreicher in Politik und Wirtschaft als die Landwirte und kommt bei Belastungen und Katastrophen mit ihren Produkten nicht für Folgeschäden auf. Ich denke, es muss schnellstens weitreichende Haftungsregularien, und zwar nicht nur Produkthaftung, sondern auch Umwelthaftung, und nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch weltweit geben. Das ist aber kein Schritt zu sagen, Deutschland soll erst mal warten, bis es EU-weit so weit ist, und dann machen wir ein Verbraucherinformationsgesetz. Ich denke auch, es ist eine verpasste Chance, das Verbraucherinformationsgesetz nicht verabschiedet zu haben.
Auch in der Agrarwirtschaft ist klar, produziert und gekauft wird nur, worüber Vertrauen und Unbedenklichkeit besteht. Doch der Markt bei Nahrungsmitteln ist mehr als störanfällig. Jeder Skandal führt nicht nur dazu, dass die Landwirtschaft am Pranger steht und der anspruchsvolle Verbraucher sensibel reagiert, sondern er kostet auch den Steuerzahler immense Summen. Der Gesamtschaden für die betroffenen Landwirte aus dem Nitrofenskandal wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Darin eingeschlossen sind die Kosten für das herdenweise Töten der Tiere, das Durchforsten und Kontrollieren der gesamten Warenströme, die Vernichtung von Futter- und Lebensmitteln, die Analyse der Futtermittel- und Fleischproben und nicht zuletzt die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft und des LKA.
Wer kommt denn letztlich für diese Kosten auf? Es ist auch noch nicht klar, wer bei den durch Nitrofen betroffenen Landwirten für den materiellen und finanziellen Schaden aufkommt. Herr Backhaus hat hier einige Möglichkeiten aufgezählt, wo das Land einspringen wird, aber dennoch wird der Schaden bei den Landwirten hängen
bleiben. Und Frau Künast hat auch Hilfe versprochen. Sie wird mit den Länderministern und auch mit der EU abgestimmt. Aber wie lange wird es dauern, bis dieses Programm von den Betroffenen genutzt werden kann?
Letztendlich muss es aber darum gehen, dass notwendige Bedingungen für mehr vorsorgenden Verbraucherschutz geschaffen werden. Da sind Bund und Land gleichermaßen in der Pflicht. Möglich wäre es, hier im Rahmen der PLANAK oder der Gemeinschaftsaufgabe nachzudenken beispielsweise über eine anteilige Mitfinanzierung einer Mehrfachgefahrenabsicherung für Landwirte durch Bund und Länder, damit die Landwirte nicht von heute auf morgen und noch dazu unverschuldet in den Ruin getrieben werden.
Gerade in solchen Situationen, wie wir sie in den letzten Wochen live miterlebt haben, zeigt sich die Störanfälligkeit des Lebensmittelmarktes. Jeder Skandal führt nicht nur dazu, dass die Landwirte am Pranger stehen und der Verbraucher mehr oder weniger sensibel reagiert, nein, jeder Skandal kostet den Steuerzahler ungeheure Summen, sei es bei seiner Vertuschung und der folgenden Aufdeckung, sei es bei dem offensiven Umgang mit dem Problem, wie es der Minister Backhaus in den letzten Wochen getan hat. Deshalb sage ich es abschließend noch einmal: Notwendig sind unabhängige Kontrollen der Futtermittel und der Lebensmittel gleichermaßen. Deshalb ist es unabdingbar, dass die staatlichen Kontrollen und Kontrollstellen überhaupt in die Lage versetzt werden, effektiv die Einhaltung des geltenden Rechtes zu prüfen. Es erscheint notwendig, ihre finanzielle Ausstattung zu erhöhen, um zukünftig Kontrolllücken und auch Wartezeiten zu verhindern. Das Sprichwort „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gilt jetzt nur noch in dem Sinne: „Wo keine Kontrollen sind, kann auch kein Vertrauen mehr sein“.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist hoffentlich das letzte Mal, dass sich der Landtag in dieser Legislaturperiode mit dem Thema „Maritime Sicherheit im Ostseeraum“ beschäftigt, und dennoch hoffe ich, dass es nicht das letzte Mal überhaupt ist.
Wir haben bisher einiges erreicht, doch Stillstand ist Rückschritt. In diesem Sinne muss es so sein, dass sich
auch kommende Landtage mit diesem bedeutsamen Thema auseinander setzen, denn, meine Damen und Herren, die Zahl der Landtagsdebatten, der Ausschussdiskussionen, der Seminare, Konferenzen und sonstiger Fachberatungen, in denen wir uns in dieser Legislaturperiode mit Fragen der Schiffssicherheit, der Sicherheit des Schiffsverkehrs und der maritimen Notfallvorsorge beschäftigt haben, ist in der Tat beachtlich.
Um diese Aussage zu illustrieren, möchte ich einmal auf die Parlamentsdokumente unseres Hauses verweisen. Wenn Sie in die Suchmaschine der Parlamentsdokumentation des Landtages nur das Wort „Schiffssicherheit“ als Suchbegriff eingeben, erhalten Sie allein für den Zeitraum vom 23. Januar dieses Jahres bis zum 12.06., also für das letzte halbe Jahr, 29 Vorgänge angezeigt, die sich mit diesem Thema befassen. Das sind Landtagsanträge, Kleine Anfragen und ihre Beantwortung, Berichte der Landesregierung und ein Gesetzentwurf. Nun ist allein die Häufigkeit der Befassung kein Beleg dafür, dass die Dinge sich in deren Verlauf zum Positiven geändert haben. Es ist aber immerhin ein Verweis darauf, dass uns das Thema am Herzen lag, und es lag, wenn ich das so sagen darf, eigentlich am Herzen der Parlamentarier aller Fraktionen.
Wenn ich in diesem Zusammenhang „eigentlich“ sage, komme ich nicht umhin, meine Verwunderung über die Presseerklärung des CDU-Abgeordneten Thomas zu diesem Antrag zu erwähnen. Wie schon in der Vergangenheit zu beobachten, scheint Herr Thomas sein ganz persönliches polemisches Süppchen zu kochen. Das ist insofern zu verstehen, als Herr Thomas sich im Wahlkampf ganz besonders ins Zeug legen muss, um überhaupt noch eine Chance zu bekommen, dabeizubleiben. Unter der Losung „Was ich selber denk und tu“ werden von ihm auch gleich fix Schlussfolgerungen gezogen, die sich als Pressemitteilung gut verkaufen lassen. Denn dort steht als letzter Satz: „Insgesamt bleibt der bittere Beigeschmack, dass sich einzelne Parlamentarier im Vorfeld der Wahl mit diesem Thema profilieren wollen, erklärt Thomas abschließend.“
Unverständlich aber ist, dass dieser Eigensinn möglicherweise die gesamte CDU-Fraktion daran hindert, sich sachlich an der Gestaltung dieser wichtigen Aufgabe zu beteiligen. Die Absicht, diese Parlamentsinitiative als einen interfraktionellen Antrag unter Beteiligung von SPD, PDS und CDU einzubringen, ist Ihnen ja bekannt. Das hätte dem Anliegen zusätzliches Gewicht verliehen.
Dass sich die CDU dann aber doch nicht an dieser Initiative beteiligt, verwundert allerdings nicht wirklich angesichts der erwähnten Presseerklärung vom 13.06.200 2. Diese beginnt nämlich mit den Worten: „,Außerordentlich begrüßt wird seitens der CDU-Landtagsfraktion die Initiative der Koalition, die Landesregierung endlich zum Handeln in Sachen maritime Sicherheit auf der Ostsee aufzufordern‘“. Also erstens möchte ich feststellen, dass die Formulierung „die Landesregierung endlich zum Handeln... aufzufordern“ nur jemand aufschreiben kann, der bei den vergangenen Landtagsdebatten entweder körperlich oder aber wenigstens geistig abwesend war. Und zum Zweiten stellt sich dann doch die Frage, warum die CDUFraktion sich denn der Initiative nicht angeschlossen hat und lieber wegen parteipolitischer Ränkespielchen in der Defensive verharrt.
Angesichts der angekündigten Zustimmung zum Gesetzentwurf ist zu vermuten, dass die Antwort auf die Frage einzig und allein die Presseerklärung an sich ist. Eine breite Vertretung der Interessen unseres Landes wäre denn auch angesichts der Tatsache so wichtig, dass sich gerade beim Thema maritime Sicherheit die alte Weisheit „Kümmern hilft“ oder „Hilf dir selbst“ bewahrheitet. Denn während sich bei anderen politischen Themen wie etwa dem Infrastrukturausbau auch bundespolitische Akteure finden, die unsere Anliegen befördern – ich erinnere da nur an die vollmundige Schützenhilfe des Bundeskanzlers beim Bau der A 14 –, sind wir beim Thema Sicherheit auf der Ostsee doch sehr auf uns allein gestellt. Es ist ja auch irgendwie verständlich, dass sich das Interesse der Sachsen, der Saarländer oder der Bayern am Schutz der Ostsee in überschaubaren Grenzen hält. Umso wichtiger wird vor diesem Hintergrund unser eigenes Engagement, die anderen zu überzeugen, zu überreden oder zu zwingen, sich für die Belange der maritimen Sicherheit zu interessieren.
Meine Damen und Herren, nun ist die letzte Landtagssitzung dieser Legislaturperiode denn auch bestens geeignet zu bilanzieren, was aus unseren Vorhaben, Forderungen und Beschlüssen der vergangenen Jahre denn so geworden ist. Im Ergebnis dieser Bilanz können wir selbstbewusst sagen, die Mühe hat sich gelohnt, denn eine Reihe unserer Forderungen finden sich in den Initiativen auf Landesebene, im Bundesrahmen oder sogar im europäischen Maßstab wieder.
Der Ihnen vorliegende Antrag der Fraktionen von SPD und PDS weist auf einige dieser Erfolge hin. Dass sich beispielsweise die Situation hinsichtlich der Notschleppkapazitäten für die Ostsee mit der zusätzlichen Bereitstellung der Schlepper „Fairplay 26“ und „Bülk“ mit 76 beziehungsweise 40 Tonnen Pfahlzugkapazität deutlich gebessert hat, ist Ihnen vielleicht noch aus entsprechenden Pressemeldungen oder aber aus der letzten Parlamentsdebatte in Erinnerung. Und Sie erinnern sich vielleicht auch, dass die von uns mehrfach eingeforderte zusätzliche Betonnung im Nadelöhr Kadet-Rinne zu einer Verbesserung der Wegführung und damit zur Verminderung des Risikos geführt hat.
Eine der wichtigsten Entscheidungen zur Verbesserung der maritimen Notfallvorsorge brauchen Sie doch nicht in der Erinnerung zu suchen. Sie liegt Ihnen mit der Parlamentsdrucksache Nummer 3/2967 heute zur Befassung vor, der Gesetzentwurf der Landesregierung, dessen Kern die Errichtung eines Havariekommandos ist, dessen Bedeutung wir bereits mehrfach debattiert haben. Darüber, dass die Einrichtung des Kommandos nicht hinreichende, wohl aber notwendige Bedingung zur Verbesserung der Organisation der Notfallvorsorge und der Havariebekämpfung ist, sind wir uns sicher einig. Die Strukturen sind im Sinne einer effektiven Küstenwache weiter zu verbessern.
Die vom Umweltausschuss in Auftrag gegebenen Gutachten haben jedoch auch ergeben, dass es zu manchen weitreichenden Änderungen der Strukturen und Zuständigkeiten grundgesetzlicher Änderungen und damit eines Eingriffes in das föderale Gefüge der Bundesrepublik
bedarf. Auf das beschränkte Interesse der Bayern, der Saarländer und anderer Länder habe ich ja schon hingewiesen, nur, es ist ja Wahlkampf und die CDU-Fraktion hat eine Koryphäe wie Herrn Thomas in Ihren Reihen.
Vielleicht reagiert ja der CSU-Kanzlerkandidat und nimmt ihn auch in sein Kompetenzteam auf, so dass das Ganze dann wirklich zu einer runden Angelegenheit werden kann.
Auf einen Punkt unseres Antrages möchte ich aber besonders aufmerksam machen, da er erstens von großer Bedeutung ist und zweitens die Möglichkeiten des Landes beschreibt, mehr zu tun.
Ich meine die Unterstützung und den Ausbau des Fachbereiches Seefahrt der Hochschule Wismar.
Meine Damen und Herren, die Analysen von Schiffskatastrophen, Havarien und sonstigen erheblichen Beeinträchtigungen des Schiffsbetriebes sind hinsichtlich der Erkenntnisse zu den Ursachen ebenso beeindruckend klar, wie sie erschreckend sind. Gutachten sehen als wesentliche Ursache von Schiffshavarien menschliches Versagen an, ja, sie sprechen teilweise von bis zu 80 Prozent der Unfälle durch menschliches Versagen. Hinterfragt man dann die Ergebnisse der Untersuchungen im Einzelnen wird schnell deutlich, dass es teilweise erhebliche Mängel in der Ausbildung der Besatzung bis hin zum Kapitän gibt.
Ich will damit auf keinen Fall behaupten, dass es derartige Wissenslücken bei den Absolventen deutscher Seefahrtsschulen gibt, an denen eine vergleichsweise sehr gute Ausbildung absolviert wird. Vielmehr will ich die Bedeutung der rechtlichen, nautischen und sonstigen seefahrerischen Kenntnisse skizzieren.
Nach Ansicht von Experten ist die Ostsee als Binnenmeer beispielsweise für fehlerhafte Navigation geradezu prädestiniert. Wenn die Besatzungen dann nicht über das neueste Kartenmaterial und über technische Navigationshilfen verfügen oder diese nicht richtig handhaben können, steigt das Unfallrisiko deutlich. Hier ist also eine solide technische, technologische und auch rechtsspezifische Ausbildung vonnöten. Neben sich teils rasant vollziehendem technischen Fortschritt erfordern beispielsweise auch veränderte rechtliche Grundlagen ein permanentes Dazulernen.
Bei aller Bedeutung dieser Aussage wird sie allerdings von der Wirklichkeit wieder relativiert, denn die Zeiträume, in denen Seefahrer heute beruflicher Weiterbildung bedürfen, sind insofern beschränkt, als ihre durchschnittliche Verweildauer in diesem Beruf bei nur fünf Jahren liegt. Und das hat natürlich Ursachen. Das Interesse junger Leute, zur See zu fahren, hat insbesondere seit Anfang der 90er Jahre deutlich abgenommen. Eine Hauptursache ist darin zu suchen, dass sich mit der Öffnung der osteuropäischen Grenzen die finanziellen und auch die sozialen Bedingungen in der Seefahrt deutlich verschlechtert haben. Und angesichts zunehmenden Wettbewerbsdruck e s greifen Reeder seitdem verstärkt auf osteuropäisches
Personal zurück, das sich für einen Bruchteil der bisherigen Kosten finden lässt. Das wiederum hat dann auch Auswirkungen auf das Sicherheitsniveau der Schifffahrt.
Sie sehen, meine Damen und Herren, an anspruchsvollen Herausforderungen in Sachen Seefahrt und Schiffssicherheit mangelt es nicht. Tragen wir mit der Verabschiedung unserer heutigen Forderung dazu bei, das schwierige, aber unbedingt Notwendige zu leisten!
Ja, das bringt ein bisschen Stimmung rein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass wir noch einen Schiffssicherheitsantrag von Herrn Thomas von der CDU bekommen würden, dürfte wohl den meisten Abgeordneten des Hauses klar gewesen sein. Herr Thomas ist als sachkundiger Bürger auf diesem Gebiet durchaus anerkannt.
Und da die wenigsten von uns den Ausgang der nächsten Landtagswahl schon voraussagen können, bietet es sich für ihn ja geradezu an, seine Interessen noch in dieser Legislatur ins Verfahren einzubringen. Dabei möchte ich betonen, dass ich davon ausgehe, dass es mit Sicherheit keine Privatinteressen von Herrn Thomas sind, die ihren Niederschlag in diesem Antrag fanden.
Vielmehr gehe ich davon aus, dass er sich quasi als Fürsprecher derer versteht, die das gleiche scheinbar vernünftige Interesse mit ihm teilen. Bevor ich mich jedoch im Detail mit dem Inhalt des Antrages von Herrn Thomas beschäftige, möchte ich auch noch einmal darauf aufmerksam machen, dass der Antrag des CDU-Abgeordneten die Öffentlichkeit natürlich nicht dazu verleiten sollte zu glauben, wir würden uns erstmals und nun endlich mit den Erfordernissen eines modernen Sicherheitskonzeptes beschäftigen.
Ich will mich dabei auf zwei Dinge beschränken, die diesen Eindruck nachhaltig widerlegen. Zum Ersten ist da dieses Handbuch, sehr schön handlich,
ein umfassendes Gesamtwerk, eine Dokumentation der Arbeit des Landtages Mecklenburg-Vorpommern zum Thema „Maritime Sicherheit“ im Rahmen der Ostseeparlamentarierkonferenz. Schon der Umfang von 862 Seiten bei einem Bearbeitungsstand 2001 lässt darauf schließen, dass der Landtag sich bis heute bereits mehrfach mit dieser ausgesprochen wichtigen Problematik beschäftigt hat.
Zweitens möchte ich Sie daran erinnern, dass auch die konkrete Forderung des CDU-Abgeordneten Herrn Thomas nach dem Bau eines Supersicherheitsschiffes dem Landtag durchaus bekannt ist. In früheren Landtagsdebatten, etwa am 17.01.2001, haben wir uns dazu positioniert. Aber auch im Rahmen der internationalen Anhörung, die der Umweltausschuss organisiert hat, wurde der Bau eines von Herrn Thomas beschriebenen
Schlachtschiffes, Entschuldigung, eines beschriebenen Sicherheitsschiffes gewünscht, und zwar von einem Experten, der als Vertreter einer Hamburger Reederei sprach, die ein derartiges Schiff konzipiert und sich angeboten hat, es zu bauen
und langfristig an das Land Mecklenburg-Vorpommern zu verchartern. Und da sage ich nur: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wer also noch Informationen zum Bau eines derartigen Sicherheitsschiffes haben möchte, die über das hinausgehen, was im Antrag von Herrn Thomas steht, der kann gerne in der erwähnten Dokumentation auf der Seite 262 fortfolgende nachlesen.
Meine Damen und Herren, wir haben uns bereits mehrfach zur Frage notwendiger Notschleppkapazitäten für die Ostsee geäußert. Dennoch möchte ich in diesem Zusammenhang auf einen Beschluss dieses Parlamentes aufmerksam machen. Der Landtag hat in seiner Sitzung am 21. März 2001 mit einem Beschluss anerkannt, dass der Bericht der unabhängigen Expertenkommission, besser als Grobecker-Kommission bekannt, und die darin geäußerten Empfehlungen zur Weiterentwicklung eines Konzeptes der maritimen Notfallvorsorge als Grundlage unserer Bemühungen auf diesem Gebiet betrachtet werden.
Die Kommission hat sich unter anderem ausdrücklich zur Frage der Schlepperkapazität geäußert. Daraus möchte ich Ihnen zitieren. In der Empfehlung Nummer 7 steht: „Die Expertenkommission empfiehlt, eine dem Risikopotential angemessene Pfahlzugkapazität für Notschleppeinsätze auch mit kleineren seegängigen Schleppern abzudecken bzw. Kapazität auf dem Londoner Schleppermarkt über Makler zu binden oder durch internationale Vereinbarung für länderübergreifenden Einsatz zu sichern.“ In der Begründung heißt es: „Es sind geeignete Notschlepper bereitzuhalten …, die neben einer ausreichenden Zugkraft auch eine ausreichende Manövrierfähigkeit besitzen, um bei schwierigen Wetterbedingungen an den Havaristen heranzukommen.“
Zur Problematik der ausreichenden Zugkraft heißt es dann explizit im Bericht der Grobecker-Kommission: „Es hat sich gezeigt, dass die Forderung nach einer hohen Schleppkraft eines Notfallschleppers allein nicht ausreicht bzw. nicht angebracht ist: eine Zugkraft von über 100 t nützt nichts, wenn nicht entsprechende Schleppverbindungen hergestellt werden können, um diese Kräfte zu übertragen. Die Expertenkommission ist der Meinung, dass als Notschleppkapazität mehrere Schlepper mit kleinerer Leistung von ca. 100 t … geeigneter sind als ein stärkerer Schlepper. Dadurch könnte auch gleichzeitig eine bessere Verfügbarkeit und Verteilung der Notschleppkapazität ermöglicht werden.
Im Fall der Havarie von großen Schiffen könnten die kleineren Schlepper den Havaristen so lange sichern, bis mehr Schleppkapazität herbeigeführt werden kann.
Diese Kapazität könnte einerseits durch internationale Vereinbarungen zwischen den benachbarten Küstenstaaten kostengünstig und zum gegenseitigen Vorteil hinsichtlich einer notwendigen Gesamtkapazität vertraglich vorgehalten werden, andererseits wäre alternativ Schleppkapazität auf dem ,Londoner Brokermarkt‘ … zu beschaffen. Dort besteht ständig ein Überblick über die kurzfristig verfügbaren Schlepperkapazitäten … Der Zugriff auf vorhandene private Schlepperkapazitäten in Deutschland ist durch Vereinbarungen mit den Schlepperunternehmern zu sichern“, so, wie es derzeit ja auch praktiziert wird. So weit aus dem GrobeckerB e r i c h t.
Meine Damen und Herren! Man kann natürlich auch in der Frage der Dimensionierung von Sicherheitstechnik unterschiedlicher Auffassung sein. Aber bei allem Selbstbewusstsein, das wir angesichts der häufigen Befassung mit dem Thema Schiffssicherheit schon entwickeln durften und auch entwickelt haben, ich maße mir persönlich nicht an, eine abschließende Begründung z u geben, ob denn Schiffe mit Schleppleistung von 150 Tonnen Pfahlzug oder mehr oder weniger vernünftig seien.
An dieser Stelle sollten wir uns trauen, den ausgewiesenen Experten, und damit meine ich die GrobeckerKommission, hier zu vertrauen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon in der Antike, meine Damen und Herren, wurde Windenergie wirtschaftlich genutzt, beispielsweise zum Mahlen von Brotgetreide, zur Be- und Entwässerung von Acker- und Weideland. So gab es zum Beispiel um 1880 20.000 Windmühlen in Deutschland. Und schon immer gab es Gegner der Windenergie. Der bekannteste,
der bekannteste von ihnen – jetzt rede ich! – ist der spanische Adlige Don Quichotte. Er sah es schon im Mittelalter als seine Berufung an, gegen Windmühlen zu kämpfen. Das war einigermaßen sinnlos, wie wir aus dem weiteren Verlauf der Geschichte und aus der Erzählung von Cervantes wissen.
Allerdings erinnert mich dieser CDU-Antrag in seiner Zielrichtung doch sehr an Don Quichotte und Sancho Pansa.
Dieser Antrag ist, auch wenn er ein Einzelantrag ist, wieder mal ein typischer oppositioneller Rundumschlag gegen alles. Und er verkennt in seiner Blindwütigkeit wie so oft den richtigen Adressaten und das Problem gleichermaßen.
Ich wollte eigentlich eine kurze Version hier reden, aber die Einbringung des Herrn Thomas bringt mich doch dazu, dass ich Ihnen die lange Version zumuten muss.
Ich möchte deshalb ganz von vorne aufdröseln, was die CDU in ihrem Antrag fordert.
Im Punkt I wird die Landesregierung aufgefordert zu berichten, was sie tut, um bestimmte Probleme zu lösen, indem sie deren Lösungen in der Seeanlagenverordnung festschreibt, und wie die Interessen bestimmter wirtschaftlicher Gruppen bei der Genehmigung von Offshoreanlagen in der AWZ und in der 12-Seemeilen-Zone gewahrt werden. Im Punkt II wird die Landesregierung aufgefordert zu berichten, wie insgesamt neun verschiedene Probleme – soziale, ökologische, wirtschaftliche, sicherheitstechnische und so weiter und so fort – mit der oben genannten Verordnung gelöst werden. Mit Punkt III wird die Landesregierung aufgefordert zu erklären, welchen energie- und wirtschaftspolitischen Vorteil das Land insgesamt und die Verbraucher im Besonderen von der Nutzung der Windenergie auf der Ostsee haben. Diese drei Punkte bis zum Ende des Monats Mai endgültig zu klären gleicht einer herkulischen Aufgabe oder besser wohl einer Sisyphusaufgabe, denn der Stein des Wissens über Offshore, den Sisyphus hier den Berg hinaufwuchtet, verändert ständig sein Gleichgewicht durch zunehmendes Wissen und neue Erkenntnisse.
Nicht beschlossen wird selbstverständlich die Begründung des Antrages. Dennoch möchte ich sie hier kurz darstellen, weil sie das eigentliche Anliegen des Antrages auf den Punkt bringt. In der Begründung heißt es sinngemäß, es wurde hier auch von allen drei Referenten aus der CDU-Fraktion noch einmal dargestellt: Das ErneuerbareEnergien-Gesetz und das Profitstreben der Windenergieindustrie befördern den schnellen Ausbau der Offshoreanlagen in der Ostsee. Bevor dieses passieren sollte, besteht nach Auffassung der Kollegen aus der CDU-Fraktion noch erheblicher Forschungsbedarf. Da gebe ich Ihnen Recht, liebe Kollegen aus der CDU-Fraktion, es besteht erheblicher Forschungsbedarf an dieser Problematik zu allen von Ihnen benannten Punkten.
Ja, natürlich, es geht immer um wirtschaftliche Interessen bei der Verwertung, bei der Nutzung der Meere, egal ob es um Offshore geht, egal ob es um die Fischerei geht, egal ob es um Tourismus geht. Und jeder potentielle Nutzer der Meere hat seine Lobby, hat seinen Lobbyverband. Und um diese Nutzer geht es im Antrag vorrangig, um die Nutzer der Meere. Aber kritisiert werden im Antrag nur die wirtschaftlichen Interessen der Windenergienutzer! Nur lese ich weder im Antrag noch in der Begründung einen Satz über vorbeugenden Umweltschutz und die Substitution fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien. Kein Wort wird verloren im Antrag und in der Begründung über Klimaschutz und über das Kyoto-Protokoll. Nicht ein Satz reflektiert den wachsenden globalen Energiebedarf und dessen externe Kosten für die Menschheit. Nicht bedacht wird der sich abzeichnende Klimawandel und der durch Unmengen von anthropogenen Emissionen sich beschleunigende Treibhauseffekt. Das aber ist des Pudels Kern, liebe Kollegen von der CDU-Fraktion. Deshalb werden Windkraftanlagen gebaut – onshore und offshore.
Meine Fraktion wird den Antrag aus zwei Gründen ablehnen:
Der erste Grund ist formaler Natur. Die Seeanlagenverordnung wurde vom Bundesministerium für Verkehr im Januar 1997 erlassen und regelt die Errichtung und den Betrieb von Anlagen im Bereich der AWZ der Bundesrepublik, so steht es im Paragraphen 1 Abschnitt 1 Punkt 1 der Verordnung. Das deutsche föderale System hat – und
ich gehe davon aus, dass dieses auch die Antragsteller wissen – einen ehernen Grundsatz und der heißt: Bundesrecht bricht Landesrecht.
Das ist nicht immer schön, aber es ist Fakt. Im Umkehrschluss bedeutet diese Tatsache, ein Umweltminister hat wenig oder gar keinen direkten – die Betonung liegt auf „direkten“ – Einfluss auf Bundesgesetze. Nun kann man ja darüber streiten, wie eine Landesregierung doch Bundesgesetze beeinflussen kann, zum Beispiel mit Absprachen oder Inszenierungen im Bundesrat.
Das kann man ebenfalls bedauern oder begrüßen, aber es ist ebenfalls Fakt. Deshalb ist der Umweltminister der falsche Adressat Ihrer Forderungen.
Des Weiteren regelt die Seeanlagenverordnung in dem von mir oben zitierten Satz eindeutig und unmissverständlich, dass sie nur und ausschließlich in der AWZ Gültigkeit hat. Damit kann die Landesregierung auch den Punkt 2 nicht erfüllen, selbst wenn sie es könnte vom Wissensstand her.
Die AWZ, sehr geehrte Antragsteller, liegt außerhalb der 12-Seemeilen-Zone. Nur diese wiederum untersteht – wenn man das so salopp sagen kann – der Gesetzlichkeit des Bundeslandes. Und hier plant die Landesregierung, das wurde ja im Tourismus- und auch in der letzten Woche im Umweltausschuss vom zuständigen Ministerium für Arbeit und Bau ausführlich dargestellt, die Errichtung des Pilotprojektes. Der Herr Minister Holter hat ja auch heute darüber sehr informativ berichtet und ich kann Ihnen natürlich auch noch aus beiden Ausschüssen die Drucksachen zur Verfügung stellen und Sie können Ihre Wählerinnen und Wähler darüber informieren.
Sicherlich ist das ein großes und ein ehrgeiziges Projekt für die drei mecklenburg-vorpommerschen Investoren und für unser Land. Verglichen aber mit den 30 Anträgen, die der Bundesregierung für die AWZ vorliegen, ist es ein eher winziges Unterfangen, das für viel Wind zu Wasser und zu Lande sorgt, vor allem wenn man bedenkt, dass formal im Suchraum des Landes 250 Anlagen Platz hätten. Und hier möchte ich Ihnen widersprechen, Herr Thomas, es ist nämlich nichts mit „Augen zu und durch“ bei diesem Thema. Es wird wirklich gründlich geprüft, wenn nur 21 Anlagen in der 12-Seemeilen-Zone errichtet werden und 250 Anlagen Platz hätten. Man muss alles auch etwas relativieren.
Ja, auch ich habe Bedenken gegenüber Offshoreanlagen. Bestätigt wurden diese Bedenken – Herr Brick war ja auch da – auf dem Forum, das am Freitag letzter Woche im Meeresmuseum in Stralsund stattfand. Ich teile die Bedenken der Naturschützer über die Auswirkungen auf Flora und Fauna. Ich teile die Bedenken der Ornithologen und auch die der Fischer, denn jedes Gebiet, das für die Windenergieanlagen im Offshorebereich genutzt wird, entzieht den Vögeln Nahrungs- und Schlafgründe, ist nicht mehr für die Fischerei nutzbar. Auswirkungen der Bauphase und Auswirkungen des Betriebes sind noch gar
nicht absehbar. Fanggründe gehen unter Umständen für Jahrzehnte verloren. Die möglichen Bedenken sind, wie gesagt, im Punkt 2 des Antrages aufgelistet. Aber sie fallen nicht hinten runter, wie die Antragsteller mit diesem Antrag suggerieren wollen.
Minister Holter hat es Ihnen ausführlich erklärt. Die Erkenntnisse über die neun Punkte, unter anderem, die Sie dort aufgezählt haben, werden im Genehmigungsverfahren untersucht und sie fließen in die Genehmigung ein. Gerade deshalb finde ich das Vorgehen der Landesregierung bezüglich der Ausweisung der Flächen für Offshoreanlagen vorbildlich und akzeptabel.
Und ich betone es noch mal: Ich finde es vorbildlich, wie es in der 12-Seemeilen-Zone durch das Land getan wird.
Durch die Weißflächenkartierung, die Abwägung der Nutzungsansprüche und der Ausschließungsgründe sowie durch die Ausweisung nur eines Gebietes in der 12Seemeilen-Zone für ein Pilotprojekt besteht die reale Chance, die neue Technik und auch die Bedenken der Gegner genau gegeneinander abzuwägen.
Verbunden mit der Akzeptanz des Vorgehens ist natürlich die Hoffnung, dass Schützer und Nutzer des Meeres miteinander ins Gespräch kommen und aufeinander zugehen.
Dass es hier ein Kommunikationsdefizit, und zwar ein riesengroßes, von beiden Seiten gibt, zeigten ebenfalls Diskussionen am Rande des Stralsunder Forums. Und dass es auch Lösungen für beide Seiten gibt, auch das zeigten Gespräche am Rande des Stralsunder Forums.
Der zweite Grund, aus dem wir den Antrag ablehnen werden, wiegt wesentlich schwerer, obwohl er sich eigentlich in wenigen Worten zusammenfassen lässt: Es geht um unseren wachsenden Energieverbrauch in der Zukunft in den Industrie- und in den Entwicklungsländern und den daraus entstehenden zunehmenden Treibhauseffekt. Selbst wenn – wenn! – die Menschheit äußerst sparsam mit den Energieressourcen umgehen würde, selbst wenn ständig neue Verfahren der Energieumwandlung mit höheren Wirkungsgraden entwickelt und eingeführt werden würden, wird das Problem der Klimabelastung und der Endlichkeit der Reserven nicht gelöst. Irgendwann werden wir nämlich keine Öltanker mehr haben, die auf den Meeren fahren.
Es gibt zurzeit nur eine Lösung und diese ist im KyotoProtokoll festgehalten. Die verschiedenen Staaten haben sich verpflichtet, es national umzusetzen. Es geht um den Rückgang der Emissionen, und zwar weltweit und auch in Deutschland. Ein Meilenstein dorthin ist die Offshoretechnik. Die politischen Vorgaben dazu liefert die EU in ihrem „Weißbuch der erneuerbaren Energien“. Darin wird gefordert, dass der Marktanteil der erneuerbaren Energien bis 2012 in der EU auf zwölf Prozent steigen soll.
Welchen Nutzen – und danach fragen Sie in Ihrem Antrag im Punkt 3 ja auch –, welchen Nutzen haben die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern von der Offshoretechnik zur Erzeugung von Windenergie? Dazu möchte ich nur zwei Beispiele skizzieren:
Zum Ersten sind da die externen Kosten, die bei der Nutzung der verschiedenen Energien unweigerlich auftreten. Externe Kosten oder Nachfolgekosten, meine Damen und Herren, das sind die Kosten, die letztlich bei der Gesellschaft bleiben, das sind die Kosten, die kein Investor übernimmt. Es sind geldwerte Folgen bei der menschlichen und tierischen Gesundheit, es sind die Folgen für Nutzpflanzen und die Folgen auf natürliche Ökosysteme, einschließlich der Kosten des Treibhauseffektes. Die externen Kosten für eine Kilowattstunde, die heute in einem Braunkohlekraftwerk produziert wird, liegen bei 1,45 Pfennigen. Die Kilowattstunde Atomstrom hat externe Kosten von nur 0,50 Pfennig. Ich denke, Sie wissen es nicht, sonst würden Sie vielleicht einmal darüber nachdenken: Die externen Kosten für die Erzeugung einer Kilowattstunde Windenergie betragen sage und schreibe nur 0,06 Pfennige im Gegensatz zu – ich wiederhole es noch mal – 1,45 Pfennigen bei Braunkohle. Ich denke, das muss man nicht weiter kommentieren, es relativiert einige Vorurteile.
Das zweite Beispiel sind die möglichen Auswirkungen auf existenzsichernde Tätigkeit, auf Arbeitsplätze. Wenn der Ausbau der Windenergietechnik bis 2010 auf 10.000 Meg awatt realisiert wird – und ich möchte noch mal in Erinnerung bringen, allein für Offshoreanlagen in der AWZ und in der 12-Seemeilen-Zone liegen Anträge für 7.500 Megawatt vor –, dann erfordert dieses ein Investitionsvolumen von 15 Milliarden Euro. Damit könnten bundesweit 20.000 Dauerarbeitsplätze für den Bau der Anlagen und weitere 10.000 für die Wartung entstehen. So gesehen, nämlich volkswirtschaftlich und nicht auf einzelne Interessengruppen beschränkt, ist die Nutzung der Windenergie durchaus sinnvoll und auch nachhaltig.
Um noch einmal auf Don Quichotte zurückzukommen, meine Damen und Herren. Der Ritter von der traurigen Gestalt hatte ein ehrenwertes, vielleicht ein bisschen altertümliches Anliegen in seinem sinnlosen Kampf gegen die Windmühlenflügel. Er wollte seine Dulcinea von Toboso, er wollte sich ihrer würdig erweisen. Er wollte sie beeindrucken. Wenn ich mir Ihre Reden hier angehört habe, dann frage ich mich wirklich, wofür, für wessen Ehre kämpfen Sie eigentlich mit diesem Antrag.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der für jeden sichtbaren Potentiale, die Mecklenburg-Vorpommern zur Entwicklung von Geoparks hat, ist die Frage natürlich berechtigt, warum wir uns nicht schon früher dieser Thematik gewidmet haben. Frau Holznagel hat es auch angesprochen, es sollte und müsste eigentlich in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Doch wie bei so vielen vernünftigen Ideen scheint es auch hier so zu sein, dass sich erst jemand finden muss, der den Gedanken aufgreift und sich um seine Förderung bemüht. Der Minister hat in diesem Zusammenhang schon auf das Engagement einiger Geopark-Pioniere in unserem Land hingewiesen und zudem braucht auch jede gute Idee ihre Zeit. Und die Zeit scheint gegenwärtig günstig, denn immerhin ist das Jahr 2002 das Jahr der Geowissenschaften. Diese Wissenschaftsjahre sind ein gemeinsames Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Initiative „Wissenschaft im Dialog“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft sowie der großen Forschungsorganisation. Sie sehen also, unser Thema ist ein ganz modernes, wenngleich es nicht neu ist.
Seit vielen Jahren laufen rund um den Erdball Initiativen zur Gestaltung von Geoparks. In deren Ergebnis wurden und werden zahlreiche Parks in Nordamerika oder in für uns zu exotischen Ländern in Afrika, in Kenia, in Tansania oder der Elfenbeinküste, entwickelt. Zu den namhaftesten Beispielen in Europa zählen der Geopark östlich von Avignon, der sich mit einer Größe von ungefähr 200.000 Hektar über die Territorien von 47 Gemeinden erstreckt. Der Geopark Krems an der Donau oder der Geopark Vulkaneifel, den Dr. Klostermann schon benannt hat, im Süden unserer Republik gehören ebenfalls dazu. Neben diesem Vulkaneifel-Geopark gibt es in Deutschland eine ganze Reihe von Aktivitäten zur Einrichtung von Geoparks zu verzeichnen. Stellvertretend seien dafür noch der Geopark Göttingen oder der brandenburgische Geopark Muskauer Faltenboden genannt. Und mit dieser Aufzählung wird auch klar, dass wir an dieser Stelle im Lande nichts Neues erfinden, dass es kein bürokratischer Akt ist.
Meine Damen und Herren! Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es ein UNESCO-Programm für Ausweisung und Anerkennung von Geoparks gibt. Auf weltweit rund 500 großräumigen Arealen soll die grundlegende Bedeutung geologischer und geomorphologischer Prozesse für das heutige Leben und Erleben erschlossen werden. Es stellt sich also die Frage, was denn ein Geopark im Verständnis der UNESCO ist. Frau Holznagel hat uns hier heute schon drei Definitionen gebracht. Sie hat
das Thema ausführlich behandelt. Ich bin der Meinung, die Definitionen widersprechen sich nicht gegenseitig, sondern sie ergänzen sich. Jede Definition behandelt einen anderen Aspekt des Geoparks. Und im Antrag ist es klar formuliert: Wir wollen die Anerkennung nach dem UNESCO-Verfahren.
Ich kann dort auch keinen Widerspruch erkennen, den Frau Holznagel hier aufgemacht hat zwischen der UNESCO und dem Netzwerk Europäische Geoparks, denn immerhin gibt es eine Kooperationsvereinbarung zu dieser Problematik aus dem Jahr 2001, und ich denke, es wird nach dem UNESCO-Verfahren die Anerkennung vorgenommen werden.
Der Geopark ist sozusagen ein neuer Gebietsstatus der UNESCO, es ist kein neuer Schutzstatus, sondern nur ein Gebiet wird als Geopark bezeichnet. Das Prädikat wird an großräumige Gebiete verliehen, die besondere naturräumliche und geologische Verhältnisse aufweisen. Mit ihrer nationalen und internationalen Ausweisung als eine geologische Modellregion sollen die vorhandenen Zeugnisse der erdgeschichtlichen Entwicklung der jeweiligen Region nachhaltig erschlossen und touristisch vermarktet werden. Es geht also kurz gesagt darum, größere zusammenhängende Flächen mit geologischem, mit archäologischem, ökologischem, historischem oder kulturellem Erbe von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, Seltenheit oder Schönheit zu erhalten und schonend weiterzuentwickeln. Das heißt, diese Gebiete werden – ich betone es noch einmal – nicht unter Schutz gestellt, sondern sie sollen auch weiterhin genutzt werden.
Wichtig erscheint mir auch in diesem Zusammenhang die Bemerkung, dass der UNESCO-Geopark keine Restriktionen, also keine rechtliche oder wirtschaftliche Einschränkung für die Region mit sich bringt. Im Gegenteil, er bietet für die Region die Chance, Stärken weiterzuentwickeln, das eigene Profil zu schärfen und die Region bundesweit und auch international bekannt zu machen, gerade indem sie unter dem Aspekt erlebbare Landschaftsgeschichte und entwickelte Kulturlandschaft für sich wirbt. Ein reiches geologisches Erbe ist die grundlegende Voraussetzung für eine Bewerbung bei der UNESCO. Di e s e s besondere geologische Naturerbe finden wir in unserem Land beispielsweise in der Region zwischen Altentreptow, Malchin, Rechlin, Neustrelitz und Feldberg.
Um das Prädikat der UNESCO tragen zu können, muss ein zukünftiger Geopark aber auch verschiedenen Kriterien zur nachhaltigen Regionalentwicklung entsprechen. Der behutsame und verantwortungsvolle Umgang mit dem Landschaftserbe ist dabei eine Aufgabe, bei der die Zusammenarbeit aller wichtigen Akteure in der Region gefragt ist. Die Vereinbarung von Kooperationen zur Entwicklung geotouristischer Angebote, die Förderung regionaler Produkte, aber auch eine breit angelegte Strategie zur Umweltbildung sollen bestehende Potentiale nutzbar machen und damit können sie zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen, denn diese wird durch die Geoparkidee eben nicht behindert. Sie selbst, die wirtschaftliche Entwicklung, ist Teil der Darstellung der Entstehung der Kulturlandschaft in der geologischen Modellregion.
Die Ziele für den in unserem Antrag namentlich genannten und zu entwickelnden Geopark „Mecklenburgische Eiszeitlandschaft“ entsprechen den gerade aufgezählten Grundsätzen. Davon können sich heute schon die Besu
cher im Landschaftsgarten Brodaer Teich in Neubrandenburg, im Müritz-Museum in Waren oder im Findlingsgarten in Wesenberg überzeugen. Durch das Geoparkprojekt soll ein Prozess initiiert werden, in dem durch Vernetzung und gemeinsame Erarbeitung nachhaltiger Konzepte die regionale Identität nach innen und nach außen gestärkt wird. Die Entwicklung eines Geoparkprofils soll Impulse für die Wirtschaft, zum Beispiel für den Tourismus, oder für die Landwirtschaft und die naturschonende Nutzung hervorbringen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 21 beitragen. Im geplanten Geopark „Mecklenburgische Eiszeitlandschaft“ sollen lebendige Begegnungen mit Geologie, mit Erd- und Landschaftsgeschichte stattfinden, mit der Kulturlandschaft, mit Naturund Lebensräumen, mit der Nutzungsgeschichte, mit Kunst und Handwerk der Region. Ich denke, es ist eine Chance für diese Region.
Die Vernetzung bestehender Aktivitäten und Initiativen ist eine grundlegende Voraussetzung für die Entdeckung oder eben für die Wiederentdeckung, Erschließung und Präsentation der erd- und kulturgeschichtlichen Besonderheiten im Geopark. Ein umfassendes System der Besucherinformation mit starkem Bezug zur Umweltbildung soll in diesem Rahmen entwickelt werden. Die schon heute entwickelte touristische Infrastruktur der Region mit Informationspunkten, Wanderwegen, Rast- und Parkplätzen bietet eine gute Voraussetzung dafür. Zudem sollen gemeinsame Projekte und Aktionen mit Verbänden des Naturschutzes und der Landschaftspflege zum Schutz natürlicher und naturnaher Lebensräume und zum Erhalt der Kulturlandschaft beitragen. Ein Veranstaltungskonzept, das Information und aktives Landschaftserleben verbindet, wird zu einem nachhaltigen Umgang mit unserem landwirtschaftlichen Erbe beitragen. Die Umsetzung einer zwischen allen wichtigen Akteuren abgestimmten Tourismusstrategie kann dabei neue Einkommensquellen erschließen. Neben dem Fremdenverkehr und der Gastronomie könnte davon zum Beispiel auch die Landwirtschaft profitieren. Eine auf den Geopark zugeschnittene Angebotspalette soll aus der Vielfalt regionaler Produkte schöpfen und zum Beispiel von der einheimischen Gastronomie getragen werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich wiederholen, dass es sich bei der Ausweisung von Geoparks nicht um eine Festschreibung eines neuen Naturschutzstaates oder eines anderen Schutzstaates handelt. Dass der Geoparkgedanke im Gegenteil gerade mit nachhaltiger Wirtschaftspolitik verknüpft ist, habe ich in den vorherigen Bemerkungen zu erklären versucht. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Beispielen anderer Regionen, bei denen deutlich wird, dass sich beispielsweise Geotopschutz und so einschneidende Eingriffe wie Kalksteinabbau nicht gegenseitig ausschließen. Stellvertretend für ein derartiges Nebeneinander ist das Kalkwerk Rüdersdorf bei Berlin zu nennen, wo die beim Abbau gefundenen Gletschertöpfe und Gletscherschrammen an einem benachbarten geologischen Lehrpfad aufgestellt wurden. Also auch hier die Verbindung wirtschaftlicher Nutzung mit konkreter ansehbarer Umweltbildung.
Wir sollten also die Idee der Geoparks als eine interessante Herausforderung begreifen und die Pflege unseres Landschaftserbes mit der Schaffung neuer Möglichkeiten seiner produktiven Verwertung verbinden. Und ehrlich gesagt, Frau Holznagel, ich kann es wirklich nicht verstehen, dass Sie unter dem Vorwand erhöhter Bürokratie
dem Antrag nicht zustimmen werden, denn es gibt durchaus andere CDU-Fraktionen in kommunalen Parlamenten, die sich dafür einsetzen, die Geoparkidee zu fördern. Ich kann Sie vielleicht an eine Koalitionsvereinbarung aus dem Odenwald erinnern. Da gibt es eine Koalitionsvereinbarung zwischen der CDU, einer freien Wählergemeinschaft und der FDP, in der gerade dieser Gedanke, ein Geopark „Bergstraße Odenwald“ als gemeinschaftsübergreifende Einrichtung in und für die Region zu gründen unter dem UNESCO-Status eine Rolle spielt. Dieser wird durch eine Koalitionsvereinbarung ausdrücklich gefördert.
Und dass Sie sich hier mit dieser scheinheiligen, durchschaubaren Ausrede der steigenden Bürokratie im Lande dem Antrag verweigern, kann ich eigentlich nicht nachvollziehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Alltag sind Widersprüche gegen Entscheidungen der Umwelt- und Naturschutzbehörden ebenso lästig wie notwendig. Bisher werden diese Widersprüche im Umweltministerium bearbeitet. Die zentrale Widerspruchsbearbeitung führt zu einem maßgeblich erhöhten Verwaltungsaufwand im Ministerium – sei es durch Doppelarbeit in den Landkreisen, die den Ministerien im Widerspruchsfalle zuarbeiten müssen, oder durch einen erhöhten Verwaltungsaufwand im Ministerium selbst, sei es durch Vor-Ort-Besuche oder durch die Bearbeitung der Zuarbeiten der unteren Naturschutzbehörden.
Warum diese umständliche Prozedur, mag sich schon mancher Bürger und Investor verzweifelt gefragt haben.
Weil für den Umweltbereich durch das Funktionalreformgesetz von 1994 und das Landesnaturschutzgesetz eine von der üblichen Entscheidungspraxis abweichende Regelung getroffen wurde. Über Widersprüche entscheidet deshalb in diesen Fällen bis heute das Ministerium. Damit nimmt es eine Aufgabe wahr, nämlich die Einzelfallbearbeitung, die normalerweise nicht durch Ministerien geleistet wird. Ziel der damaligen Regelung waren die Herstellung einer größtmöglichen einheitlichen Rechtspraxis und die Sicherstellung einer neuen unabhängigen
Prüfung. Die Erfahrung zeigt heute, dass diese Ziele im Wesentlichen erreicht worden sind. Nach sieben Jahren zentraler Widerspruchsbearbeitung durch das Ministerium ist allerdings auch festzustellen, dass bei den Ausgangsbehörden ein hohes Maß an Rechts- und Planungssicherheit erreicht worden ist. Eine Rückübertragung dieser Aufgaben ist deshalb möglich und sie ist geboten.
Durch die geplante Rückübertragung werden die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Staatlichen Ämter für Umwelt und Natur in ihrer Funktion gestärkt. Durch den vorgesehenen Gesetzentwurf werden zum einen Verwaltungsverfahren vereinfacht und zum anderen die Bürgernähe und auch die Ortsnähe von Entscheidungen gestärkt. Die Durchführung einer neuerlichen Prüfung und nicht nur das nochmalige Bestätigen durch denselben Sachbearbeiter lässt sich, so kann man aus heutiger Erfahrung feststellen, leicht durch organisatorische Maßnahmen in den Landkreisen realisieren. Die Umsetzung einer einheitlichen Verwaltungspraxis kann über Informationsveranstaltungen und Schulungen der Mitarbeiter sichergestellt werden. So ist auch von dieser Seite eine sachkompetente und unabhängige neuerliche Entscheidung sichergestellt.
Meine Damen und Herren, durch die beabsichtigte Regelung wird es zu Kosteneinsparungen kommen. Es entfallen beispielsweise die Vor-Ort-Termine des Ministeriums zur Beurteilung der Sachlage. Aber auch vor Ort bei der unteren Naturschutzbehörde wird der Arbeitsaufwand geringer, denn sie müssen nicht mehr die notwendigen Vorlageberichte für das Ministerium anfertigen. Und des Weiteren besteht für die Kreise die Möglichkeit, ihre Kosten über die Gebühren für einen Widerspruchsbescheid abzudecken, so dass letztlich nur geringe Mehrkosten für den einzelnen Kreis verbleiben.
Meine Damen und Herren, den Landkreisen wird weder eine neue Aufgabe übertragen noch werden bestehende Standards erhöht. Vielmehr wird eine Ausnahmeregelung, welche die bis dato geltenden Regelungen, dass nämlich auch die Landkreise und kreisfreien Städte für die Widerspruchsbearbeitung zuständig sind, aufgehoben und die ursprüngliche Rechtslage wird wiederhergestellt.
Mit dem Gesetzentwurf wird also seitens des Umweltministeriums ein Beitrag zur Funktionalreform geleistet. Strukturen werden nach oben verschlankt und Entscheidungskompetenzen vor Ort gestärkt. Damit nimmt das Umweltministerium auch eine ständige Forderung der Opposition auf. Ich muss sagen, ich begrüße die Zustimmung der CDU-Fraktion zum Gesetzentwurf, muss Ihnen aber leider alle Hoffnung nehmen, dass wir das Landesnaturschutzgesetz in dieser Hinsicht noch einmal im Ausschuss behandeln werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die Situation der Kleingärtner unseres Landes thematisch auf die parlamentarische Tagesordnung hebt, ist sich von Anfang an dessen bewusst, dass er um eine Würdigung der Leistungen der Gartenfreunde nicht umhinkommt. Zu bedeutsam und zu vielschichtig sind die Beiträge, die die Kleingärtner in sozialer, ökologischer und auch aus der Sicht der Stadtentwicklung leisten.
Keine Frage, die Funktionen, die das Kleingartenwesen in den einzelnen Phasen seiner Entwicklung erfüllte, haben sich mit der Zeit verändert. Während in den Kleingärten früher möglichst billig und mit eigener Kraft die Lebensmittel für den täglichen Bedarf produziert wurden, ist diese Funktion heute mehr und mehr in den Hintergrund getreten, wenngleich auch heute noch der Kleingarten wichtiger Lieferant für frisches Obst und Gemüse ist. Nicht zuletzt findet sich dieser Nutzwert auch im Paragraphen 1 des Bundeskleingartengesetzes wieder. Dort heißt es: „Ein Kleingarten ist ein Garten, der... dem Nutzer...“, also dem Kleingärtner, „zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf... dient.“
Meines Erachtens von weit größerer Bedeutung ist heutzutage jedoch die soziale und sozialpolitische Funktion des Kleingartenwesens. Gerade in den neuen Bundesländern spielt die Kleingartenkolonie beispielsweise eine herausragende Rolle bei der Integration von Menschen, denen durch den Verlust des Arbeitsplatzes eine entscheidende Grundlage für sinnerfülltes Leben abhanden gekommen ist. Die Betätigung im Garten oder sogar im Kleingartenverein ermöglicht es den Betroffenen, ihre zumeist unfreiwillig errungene Freizeit sinnvoll zu verbringen, einer Beschäftigung nachzugehen, die auch mit ge
sellschaftlicher Akzeptanz verbunden ist. Dabei ist Kleingarten- und/oder Vereinsarbeit sowohl Herausforderung wie Bestätigung zugleich.
Dass diese Herausforderung von vielen Hobbygärtnern mit Spaß und Freude angenommen und ehrgeizig bewältigt wird, zeigen die Ergebnisse des 6. SVZ-Erntewettstreites, die vor kurzem in Hagenow vorgestellt wurden. Über 120 Rekordhalter und Platzierte kamen auf der diesjährigen Gala zusammen und bestaunten fachmännisch die Resultate kleingärtnerischer Fleißarbeit. Zu den herausragenden Leistungen gehören wohl unbestritten ein Kürbis mit einem Eigengewicht von 51 Kilogramm, ein Apfel, der 575 Gramm auf die Waage bringt, oder eine 4,62 Meter hohe Sonnenblume. Die Ergebnisse, die zugleich von liebevoller Pflege und fundierten Kenntnissen zeugen, finden sich im so genannten „Buch der Wahrheit“ wieder, das der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Und an dieser Stelle möchte ich einmal ausdrücklich der SVZ dafür danken, dass sie diese Aktion ins Leben gerufen hat. Eine gelungene Aktion ist es, so finde ich, und das öffentliche Interesse daran beweist eindeutig, Kleingärtner sind mehr als Laubenpieper.
Meine Damen und Herren, gerade in Zeiten, da sich der Staat immer mehr aus der sozialen Verantwortung zurückzieht und die Menschen immer mehr sich selbst überlassen bleiben, spielt die Begegnung im Kleingartenverein eine wichtige Rolle bei der Integration und im gesellschaftlichen Miteinander. Das Knüpfen und die Pflege sozialer Kontakte ist für die meisten Menschen eine Grundvoraussetzung für Zufriedenheit und Wohlbehagen. Und das passiert im Kleingarten, unabhängig davon, ob jemand zur Miete in der Platte wohnt oder eine Eigentumswohnung im Stadtzentrum besitzt. Im Kleingartenverein kommen Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Schichten, verschiedener Anschauungen und unterschiedlicher persönlicher Möglichkeiten zusammen. Und es sind Menschen in allen Altersgruppen, die sich dort treffen.
Die Altersstruktur der Kleingärtner ist in MecklenburgVorpommern wie in den anderen Bundesländern auch von einem hohen Anteil älterer Menschen geprägt. Jüngste Schätzungen gehen für unser Land davon aus, dass das Durchschnittsalter der Kleingärtner bei 56 Jahren liegt. So gelten die Aussagen zu Möglichkeiten sinnvoller Betätigung, wie ich sie für arbeitslose Menschen getroffen habe, gleichsam für den großen Anteil der Rentner und Vorruheständler. Durchschnittsalter 56 sagt aber auch aus, dass es eine nicht geringe Anzahl junger Leute gibt, die Gefallen an der Bewirtschaftung eines Kleingartens gefunden haben.
Aber, meine Damen und Herren, das Kleingartenwesen erfüllt auch eine weitere wichtige soziale Integrationsfunktion. Kleingärten, die von ihren Besitzern aufgegeben werden – und auch das gibt es natürlich –, werden beispielsweise in Rostock an Aussiedler aus den GUS-Staaten vergeben. Damit sind gleichzeitig zwei Integrationsaspekte bedient. Einerseits erhalten diese Menschen die Möglichkeit einer sinnvollen und selbstbestimmten Tätigkeit und andererseits werden sie genau über diese Tätigkeit in die Verbandsarbeit der Anlagen integriert, erfahren sie konkrete Hilfe und lernen so nicht nur die deutsche Sprache richtig, sondern erleben auch alltägliches Leben.
In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass der so genannte Generationswechsel, das heißt die Übergabe
von Kleingartenflächen in jüngere Hände, in MecklenburgVorpommern weit weniger Sorgen machen muss, als vor einiger Zeit angenommen. Heute steigt die Nachfrage jüngerer Familien mit Kindern nach Kleingartenflächen wieder, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil der eigene Garten ihnen die Möglichkeit preiswerter und naturnaher Erholung bietet.
Naturnah ist denn auch ein Stichwort, das ich bei der Beschreibung der Leistungen des Kleingartenwesens gerne aufgreife. Gerade ich als Abgeordnete, die in unserer Fraktion den Arbeitskreis Natur und Umwelt zu vertreten habe, stelle mit Genugtuung fest, dass selbst im Bundeskleingartengesetz die naturschützerische Funktion der Kleingärtner festgeschrieben ist. Im Paragraphen 3 heißt es dazu: „Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden.“ Und noch eine wichtige Aufgabe erfüllen die Kleingärten in unserem Lande. Es ist für jeden augenscheinlich, dass Kleingärten einen wichtigen und wesentlichen Beitrag zur Begrünung des Wohnumfeldes vornehmlich in den Ballungsräumen in unserem Land leisten.
Die Erwähnung der bedeutenden Leistungen des Kleingartenwesens wäre aber niemals komplett, wenn sie nicht wenigstens einen kleinen Verweis auf die enormen ehrenamtlichen Leistungen enthalten würde, die in den Vereinen und Verbänden vor Ort erbracht werden. In den Kleingartenvereinen Mecklenburg-Vorpommerns arbeiten nach letzten Aussagen der Landesregierung circa 12.000 Kleingärtner ehrenamtlich in Vereinen mit. Es ist außer Zweifel, dass die Vereinsarbeit, die besonders in kleineren Gemeinden auf das gesamte Leben der Kommune ausstrahlt, ohne die fleißige ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder niemals funktionieren könnte. An dieser Stelle möchte ich allen ehrenamtlich Tätigen des Landesverbandes der Gartenfreunde namens meiner Fraktion herzlich und ausdrücklich für ihr alltägliches Engagement danken.
Meine Damen und Herren, um Ihnen noch einen Eindruck davon zu vermitteln, welche Dimensionen das Kleingartenwesen des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat, will ich Ihnen noch etwas aus der Statistik erzählen. Die letzten Veröffentlichungen der Landesregierung weisen aus, dass es in unserem Land circa 85.000 Kleingärten gibt, deren Besitzer im Landesverband der Gartenfreunde organisiert sind. Darüber hinaus gibt es noch schätzungsweise 15.000 Kleingärten, deren Besitzer nicht organisiert sind.
Angesichts der nicht unerheblichen Bedeutung des Kleingartenwesens für das gesellschaftliche Leben in unserem Land liegt es auf der Hand, dass wir als politische Mandatsträger möglichst aktuell über die Entwicklung auf diesem Gebiet informiert sein sollten. Das Parlament beauftragte die Landesregierung bereits in der zweiten Legislaturperiode, einen umfassenden Bericht über die Situation des Kleingartenwesens in Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Am 19.06.1996 wurde dieser Bericht auf der Drucksache 2/1905 vorgelegt. Seitdem sind wieder fünf Jahre ins Land gegangen. Deshalb halten es die Koalitionsfraktionen für erforderlich, dass dieser Bericht um die neuesten Entwicklungen fortgeschrieben wird. Auf einzelne Schwerpunkte unserer Anforderungen werde ich in der Diskussion näher eingehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Sehr verehrter Herr Grams, Sie wissen ja, mit den Anträgen ist es wie in einer Ehe. Man muss immer Kompromisse suchen. Und wie in der Ehe, nicht jeder verträgt Butter, deshalb einigt man sich dann manchmal auch auf Reform-Margarine.
Aber da Sie die Butter gefordert haben, möchte ich Ihnen jetzt die Schwerpunkte benennen, die aus Sicht der PDS-Fraktion bei der Berichterstattung der Landesregierung Berücksichtigung finden sollten.
Damit gehen wir dann auch ein Stückchen weiter, als es der Bericht aus der zweiten Legislaturperiode tut, obwohl dieser Bericht weiterhin die Grundlage sein sollte. Wir setzen die Beschreibung der Situation zu den darin ausgeführten Schwerpunkten natürlich als selbstverständlich voraus. Der Form halber seien hier nur noch folgende Schlagworte genannt, zu denen wir fundierte Antworten erwarten. Das sind die aktuelle Pachtpreisgestaltung, die Besteuerung von Grund und Boden sowie Lauben, die Überarbeitung der Schätzungsrichtlinie und natürlich Fördermöglichkeiten für Kleingärtner.
Darüber hinaus halten wir es für notwendig, dass die Landesregierung bei der Beschreibung der Situation des Landeskleingartenwesens auch eine Einschätzung des
Ehrenamtes im Kleingartenwesen des Landes vornimmt. In meiner Rede zur Einbringung des Koalitionsantrages habe ich bereits auf die große Bedeutung der fleißigen Arbeit der ehrenamtlich tätigen Kleingärtner hingewiesen. Die kleinste Variante der Wertschätzung ihrer Arbeit ist deren öffentliche Wahrnehmung und Reflektion.
Auch mehr als elf Jahre nach der Wende ist die Sicherung von Kleingartenflächen ein aktuelles Thema im Land. Daher ist es von Bedeutung, eine Bestandsaufnahme der Festschreibung von Dauerkleingartenanlagen in den Planungsunterlagen der Kommunen vorzunehmen. Für die Kleingärtner ist die Ausweisung von Dauerkleingartenflächen insofern von erheblicher Bedeutung, als das Bundeskleingartengesetz in Paragraph 6 zur Vertragsdauer der Pachtverträge bestimmt, „Kleingartenpachtverträge über Dauerkleingärten können nur auf unbestimmte Zeit geschlossen werden; befristete Verträge gelten als auf unbestimmte Zeit geschlossen“. Der Definition nach sind Dauerkleingärten solche Gärten, die auf Flächen angelegt sind, die in den Bebauungsplänen der Gemeinden als Dauerkleingartenflächen ausgewiesen sind. Das Baugesetzbuch des Landes gibt den Kommunen die rechtliche Möglichkeit der Ausweisung derartiger Flächen. Ob sie es nutzen, darüber würden wir gerne Bericht erstattet bekommen.
Meine Damen und Herren, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit aller Problembeschreibungen zu erheben, halten wir es für sinnvoll, wenn die Landesregierung sich bei der Erarbeitung des aktuellen Berichtes zusätzlich auf problematische Fragestellungen konzentriert, die aus den jeweiligen Entscheidungen einzelner Kommunen resultieren und die im Konkreten negative Auswirkungen auf die Kleingärtner haben. Nennen möchte ich in diesem Zusammenhang Probleme wie die Frage von Pachtpreiserhöhungen, die Erhebung von Zweitwohnungssteuern und die von einigen Kommunen geplante Einführung einer Kurtaxe. Wie gesagt, es handelt sich immer um Einzelfallentscheidungen oder Planungen einzelner Gemeinden. Eine Übersicht etwa zu den drei genannten Schwerpunkten ist zwar dem Grunde nach sehr aufwendig, aber hilfreich bei der Beurteilung der Situation im Lande.
Ein zentraler Punkt in der Arbeit des Landeskleingartenausschusses der Vergangenheit war immer wieder auch die Problematik der Abwasserbeseitigung in den Kleingartenanlagen. Dabei trat stets zutage, dass die jeweilige Lösung dem Einzelfall vor Ort entsprechen muss. Die Anpassung der Abwasserbeseitigung in den Kleingärten an die geltenden Bestimmungen des Landeswassergesetzes kann nur sukzessive erfolgen. Unter anderem deshalb ist nach Auffassung meiner Fraktion eine genauere Analyse der Situation in der Ver- und Entsorgung der Kleingartenanlagen unseres Landes notwendig.
Und nicht zuletzt sollte die Landesregierung darstellen, welche Möglichkeiten direkter oder indirekter Förderung des Landeskleingartenwesens es für uns gibt. Die Politik sollte ihre Handlungsspielräume nutzen und das verantwortungsvolle Engagement der Kleingärtner unseres Landes nach Kräften unterstützen. Gemeint sind die viel zitierten Rahmenbedingungen, die eine nachhaltige Entwicklung des Kleingartenwesens gewährleisten helfen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Antrag der Koalitionsfraktionen im Interesse der Kleingärtner unseres Landes zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Albrecht! Wir haben diese Form des Antrages gewählt, weil wir öffentlich Prioritäten setzen wollen für die Entwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und weil wir Diskussionsprozesse der Parlamentarier öffentlich machen wollen. Uns scheint es, Transparenz ist so eher zu erreichen, als wenn wir die Antworten von Kleinen Anfragen an die Presse geben.
Meine Damen und Herren! Wie wir aus eigener Erfahrung wissen, sind die Auswirkungen umweltverursachender Belastungen allgegenwärtig. Wir alle registrieren im persönlichen Umfeld die deutliche Zunahme von Allergien, vermuten oder wissen genau um die negativen Auswirkungen von Elektrosmog oder Lärm. Es reicht aber eben nicht aus, die negativen Auswirkungen zu erkennen. Es kommt darauf an, ihre Ursachen zu diagnostizieren und deren Beseitigung zu versuchen.
In jüngster Zeit wurde dieses Thema aus verschiedenen Gründen nur zurückhaltend diskutiert und medizinisch bearbeitet. Das lag nicht allein am fehlenden Geld, denn wir wissen es doch alle: Erst wenn gesundheitsschädliche Wirkungen eingesetzter Werkstoffe,
Baumaterialien oder sonstiger Zusätze...
Herr Riemann, Sie verwechseln schon wieder etwas.
... nicht mehr zu leugnen waren, wurden deren Gebrauch und die Folgen öffentlich diskutiert und im besten Falle verboten. Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang nur an das Formaldehyd, das jahrzehntelang in der Möbelindustrie Verwendung fand. Eine derartige öffentliche Debatte bleibt aber vor allem angesichts vermeintlicher wirtschaftlicher Verluste und auch der Imageverluste der Hersteller die Ausnahme.
Was dabei so ganz nebenbei auch noch auf der Strecke bleibt, ist das öffentliche Problembewusstsein, das Wissenwollen um die Probleme und daraus resultierendes präventives Verhalten. Um Sie aber, meine Damen und Herren, etwas mehr für dieses Thema zu sensibilisieren, möchte ich mich der Statistik bedienen.
Die Grundlage ist der Gesundheitsbericht für Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 1999. Dieser macht für die verschiedenen umweltmedizinischen Bereiche einiges deutlich. Am Beispiel der chronischen Lungenerkrankungen möchte ich dazu einige Ausführungen machen. In der Altersgruppe der über 65-jährigen Männer stieg die Zahl der Krankenhausfälle in Mecklenburg-Vorpommern innerhalb von drei Jahren von 1.265 auf 1.399 Fälle je 100.000 Einwohner im Jahr 1999. Bei Frauen belief sich der Anstieg im selben Zeitraum von 571 auf 588 Fälle.
Bei Kindern im Alter bis 14 Jahre liegt die Häufigkeit neuer Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich über dem Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland – und das, obwohl es bei uns noch eine saubere Luft gibt. Nach den Ursachen dafür gilt es zu suchen.
Eine besondere Bedeutung im Komplex der umweltverursachten Erkrankungen kommt dabei der Qualität der Luft zu. Die natürlichen Bestandteile der Luft sind – ich weiß natürlich, dass Sie das alle auch wieder ganz genau wissen, aber auch hier gilt eben, Wiederholung ist die Mutter der Weisheit – zu 78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, dann sind da noch Gase wie Argon, Kohlendioxid, Helium, Ozon und so weiter und so fort. Alles, was darüber hinaus in der Luft zu finden ist, gilt als Verunreinigung. Zu den wichtigsten gasförmigen Schadstoffen in der Luft gehören beispielsweise Kohlenmon- und -dioxid, Stickoxide, Fluor, Kohlenwasserstoffe und natürlich, das weiß inzwischen auch jedes Kind, Ozon. Außerdem können in der Luft feste Teilchen wie Asche und Ruß Stäube mit metallischen, organischen oder mineralischen Bestandteilen sowie radioaktive Stäubung und Gase enthalten sein. Diese wiederum können so fein sein, dass sie über die Lunge in die Blutbahn aufgenommen werden können.
Eine spezielle Gefährdung, meine Damen und Herren, Sie wissen es theoretisch auch alle, geht vom so genannten Smog aus. Dieser Begriff wurde aus den Wörtern „Smoke“ und „Fog“ zusammengesetzt. Man unterscheidet den Sommersmog, der im Sommer durch Autoabgase und Sonneneinstrahlung entsteht, und den Wintersmog, der auch London-Smog genannt wird. Er entsteht im Winter durch die Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe. Smog kann erhebliche Gesundheitsgefährdungen mit sich bringen und sogar für viele, besonders für ältere Menschen, den Tod bedeuten.
Die Gesundheitsgefährdungen durch Luftverschmutzung sind vielfältig. Bei Ozonbelastung und Smog kommt es zu einem vermehrten Auftreten von Erkrankungen der Atemwege, wie Reizhusten, zu Asthmaanfällen und zur schmerzhaften Atmung bei Belastungen. Es kommt zu Herz- und Kreislaufkomplikationen, es kann möglicherweise sogar ein erhöhtes Krebsrisiko entstehen.
Wie es mit der aktuellen Belastung der Luft in unserem Land steht, verrät wiederum ein Blick in den Gesundheitsbericht. Den Bericht darüber werde ich Ihnen aber ersparen, das können Sie selbst nachlesen.
Nach Information des Umweltministeriums liegen die
Jahresmittelwerte für Stickoxide, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid oder auch Schwebstoffe weit unter den Richtwerten der VDI-Richtlinie oder der TA Luft. Und trotzdem – ich habe es Ihnen vorhin geschildert – haben wir
eine überproportionale Zuwachsrate gerade bei Atemwegserkrankungen.
Meine Damen und Herren, ich möchte es an dieser Stelle auch bei den wenigen Beispielen belassen. Sie sollten wirklich nur dazu dienen, Sie auf das Problem der umweltverursachten Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit, die auch an unserem Land nicht vorbeigehen, aufmerksam zu machen.
Die PDS-Fraktion sieht in der Entwicklung eines kompetenten Umweltmedizinzentrums in unserem Land eine hervorragende Möglichkeit, die wissenschaftlichen Potentiale auf diesem Gebiet zusammenzuführen und Lösungen für umweltmedizinische Spezifika wie auch für allgemeine Umweltproblematiken zu erarbeiten. Des Weiteren erhoffen wir uns natürlich auch ökologische Mitnahmeeffekte. Indem die Ursachen für umweltbedingte Krankheiten offen benannt, von Fachleuten diskutiert werden und damit auch das öffentliche Bewusstsein sensibilisiert wird, wird auch die Bereitschaft steigen, präventiv etwas gegen die Belastung der Luft mit Schadstoffen zu tun. Und mir fällt da zum Beispiel das freiwillige Tempo 130 auf der Autobahn ein, denn nicht nur der Spritverbrauch der freien Fahrt der freien Bürger steigt enorm mit wachsender Geschwindigkeit, sondern auch der Ausstoß der Abgase und der damit verbundenen Schadstoffe.
Um eine sachkundige Entscheidung über die zukünftige Entwicklung dieses Fachgebietes innerhalb des von der Ministerin beschriebenen Netzwerkes in Mecklenburg-Vorpommern zu treffen, ist ein umfassender Überblick über die Umweltmedizin im Lande notwendig. Vielleicht gelingt dann auch mit diesem umfassenden Überblick eine Prioritätensetzung. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Nö.
Oh, jetzt verpetzt mich der Geschäftsführer.
Also, meine Damen und Herren, am Anfang meines Beitrages steht ja noch die Frage: Worin liegt der tiefere Sinn dieses Antrages?
Die Antragsteller wünschen die Übertragung aller landeseigenen Fließgewässer zweiter Ordnung in das Ressort des Landwirtschaftsministers. Begründet wird dieser Antrag unter anderem damit, dass gegenwärtig nur ein geringer Teil der in Frage kommenden Gewässer vom Landwirtschaftsministerium verwaltet wird. Diese Aussage, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, ist aber nach unseren Kenntnissen schlichtweg falsch. An allen Stellen, an denen wir diesbezüglich nachfragten, bekamen wir zur Antwort, dass sich der Großteil der in Landeseigentum befindlichen Fließgewässer zweiter Ordnung schon im Ressortvermögen des Landwirtschaftsministeriums befindet. Ist das so, Herr Minister?
Wo ist das Problem? Es ist nämlich so: Die Liegenschaftsverwaltung des Finanzministeriums überträgt auf Antrag eines Ministeriums die Zuordnung der Fließgewässer per Bescheid. Und dieser Antrag muss fachlich begründet werden. In der Vergangenheit sind derartige Bescheide in der Regel an das Landwirtschaftsministerium ergangen. Werden diese Gewässer dann verpachtet, tut das die Landgesellschaft. Andere Antragsteller waren in diesem Zusammenhang die Naturschutzbehörden. Auch ihnen sind Gewässer übertragen worden, aber das in weit geringerem Umfang.
Dennoch bedanke ich mich bei Ihnen, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dass Sie diesen Antrag auf die Tagesordnung gebracht haben, denn bei der Beschäftigung mit diesem Problem fiel uns auf, dass bisher bei der Verpachtung der Fließgewässer, die sich in Landeseigentum befinden, naturschutzfachliche Belange oder der Schutzstatus der Gewässer nur eine Nebenrolle gespielt haben. Es gibt sicherlich Fälle, in denen die zuständige Umweltbehörde aus naturschutzfachlicher Sicht ein Interesse daran hat, dass auf bestimmten Gewässerabschnitten nicht geangelt wird. Das ist im Einzelfall sicherlich ebenso notwendig wie vernünftig, fand aber bisher wenig, zu wenig Beachtung. Dieser Tatsache und ihrer Veränderung werden wir in den Ausschussberatungen besondere Aufmerksamkeit widmen.
Nicht nur aus diesem Grunde plädieren wir dafür, die Verpachtung von Fließgewässern zweiter Ordnung in Naturschutzgebieten zukünftig mit dem Umweltministerium abzustimmen oder diese dem Umweltministerium
zuzuordnen. Der vorliegende Antrag fordert weiterhin ein fachliches Prozedere ein, das aber im Wesentlichen schon praktiziert wird.
Die Klärung der Eigentumsverhältnisse, von denen Sie gesprochen haben, die natürlich sehr zeitaufwendig und finanziell sehr kostspielig sind, wird aber natürlich sukzessive vonstatten gehen. Sollte es denn auch in Zukunft bei der gegenwärtigen Praxis der Gewässerzuordnung, also entweder an das Landwirtschaftsministerium oder an das Umweltministerium, je nach Begründung, bleiben, so wäre es wünschenswert, wenn sich die beteiligten Stellen zügig und transparent über das jeweilige Zuordnungsverfahren informieren würden.
Ich halte es jedoch auch für überlegenswert, ob nicht gerade bei der Verpachtung von Gewässern in Naturschutzgebieten eine Einvernehmensregelung zwischen den beteiligten Ministerien notwendig wird, die die Schutzanforderungen regelt. Natürlich enthält auch die von Ihnen und vom Minister erwähnte Richtlinie bereits einen Passus, nach dem pachtberechtigt nur ist, wer schriftlich erklärt, Tier- und Pflanzenwelt zu schützen. Dennoch kann diese Regelung die naturschutzfachlichen Ansprüche der Naturschutzbehörde nicht ersetzen.
Ich komme zum zweiten Punkt des Antrages, der die Verpachtung des Fischereirechtes einfordert. Auch das ist bereits Usus auf den von Ihnen benannten Gewässern. Die bisher abgeschlossenen Pachtverträge laufen in der Regel über zwölf Jahre, Sie haben es auch ausgeführt. Nach Ablauf der Frist wird die Pacht verlängert, wenn es keine gravierenden Verstöße gegen ihre Bedingungen gegeben hat, oder die Pacht wird neu ausgeschrieben. So ist die Situation.
Wo ist das Problem? Ich denke, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dass es sicherlich nicht Ihr Ziel war, den Aspekten des Natur- und Umweltschutzes bei der Verpachtung landeseigener Gewässer mehr Gewicht zu verleihen. Ich kann Ihnen aber versprechen, gerade dieser Thematik werden wir unsere besondere Aufmerksamkeit widmen, wenn wir über diesen Antrag in den Fachausschüssen diskutieren. Das Problem – und das ist auch Ihr eigentliches Problem –, das Sie in Ihrem Antrag wieder einmal nicht konkret formuliert haben, wie Sie das so oft tun, liegt bei den Gewässern mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen oder bei Gewässern mit vielen Eigentümern und dem möglichen Pachtbegehren des Landesanglerverbandes für die betroffenen Gewässer. Ich denke, Sie sollten sich angewöhnen aufzuschreiben, was Sie meinen, und nicht das meinen, was Sie sagen,
denn beschlossen wird der Antrag und nicht die Rede, die Sie hier halten! Weil wir aber auch um dieses Problem wissen und weil wir auch eine Lösung suchen, und zwar eine Lösung, die im Interesse aller Beteiligten liegt, werden wir einer Überweisung Ihres Antrages in die Ausschüsse zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion liest sich bei unbedarftem Herangehen natürlich wunderbar.
Da wird zum einen das Land aufgefordert, …
Warten Sie ab, Herr Riemann!
… die durch die BSE-Krise zu erwartenden zusätzlichen Kosten hinsichtlich der Tierkörperbeseitigung zu übernehmen, damit die Landkreise angesichts ihrer finanziellen Situation von den Kosten der BSE-Krise freizuhalten sind. Und andererseits soll sich das Land auf Bundesund Europaebene dafür einsetzen, dass die dort verursachten Kosten auch dort übernommen werden, wo sie entstanden sind beziehungsweise deren Vorgaben einheitlich umgesetzt werden. Stimmt so?
Ein glasklares und sauberes Anliegen, so scheint es zumindest auf den ersten Blick. Sieht man ein wenig genauer hin, dann ist da allerdings nix mehr klar, statt Klarheit nur noch der Nebel des Ungewissen. Ehrlich gesagt, beschleicht mich hier der leise Verdacht, dass Ihr Antrag im Kern nur einem dient: Angesichts der bevorstehenden Landratswahlen in den Kreisen wird versucht, Stimmung zu machen.
Sie erwecken mit diesem Antrag den Anschein, dass auf Landesebene bisher nichts getan wurde, um den Landwirten in ihrer schwierigen Situation zu helfen, sondern dass alles wieder mal auf die Landkreise abgewälzt werden soll.
Dem ist aber nicht so. Der Minister hat es ausgeführt.
Trotzdem möchte ich noch kurz darauf eingehen. Bereits im November des letzten Jahres, also noch vor dem Finden des ersten BSE-Falles in der Bundesrepublik, haben der Landtag und der Ausschuss bereits die Übernahme der Kosten bei der Beseitigung des SRM-Materials mit 2 Millionen DM wenigstens in Teilen gesichert. Seit dem Auftreten von BSE sind sowohl das Landwirtschaftsministerium als auch der Ausschuss ständig mit dieser
Thematik konfrontiert. Sie erinnern sich alle noch an die Nachrichten über den Besuch des Landwirtschaftsausschusses auf der Insel Riems am letzten Donnerstag. Am 29. März 2001 werden wir eine Expertenrunde im Rahmen der Ausschusssitzung haben.
Dennoch verdient der Antrag eine nähere Betrachtung, denn er ist dermaßen populistisch, dass man ihn einfach nicht so stehen lassen kann.
In Ihrem ersten Punkt fordern Sie die Landesregierung auf, die durch die BSE-Krise zu erwartenden zusätzlichen Kosten der Tierkörperbeseitigung zu übernehmen. Nur damit wir wissen, worüber wir reden, einige Worte Klartext:
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, meinen Sie die Kosten für die Entsorgung des noch vorhandenen Mischfutters in Höhe von 2,7 Millionen DM, oder meinen Sie die Entsorgungskosten der Landwirtschaft für Tierkörper in Höhe von 12 Millionen DM oder die Entsorgungskosten für die Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie mit 17,4 Millionen DM, oder meinen Sie jene 200.000 DM, die der SARIA entgangen sind, weil das Verfütterungsverbot drei Tage vor dem Gesetz ausgesprochen wurde, oder meinen Sie alle zusammen? Und das ist nur ein kleiner Teil der Kosten, die in Mecklenburg-Vorpommern anfallen werden. Noch nicht einmal bedacht sind die Kosten für die Ausweitung der BSE-Tests und die der Einnahmeausfälle und Verteuerungen bei pflanzlichen Futterstoffen.
Und warum kommt Ihr Antrag eigentlich jetzt, wo der Ausschuss sich damit beschäftigt? Das Landwirtschaftsministerium hat sich bereits dafür entschieden, 4,06 Millionen DM als anteilige Übernahme der Kosten der Tierkörperbeseitigung zu tragen.
Und was meinen Sie, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion?
Es sind zu wenig, genau.
Wo sollen die zusätzlichen Millionen, die Sie hier mit Ihrem Antrag einfordern, denn noch herkommen angesichts der Tatsache, …
Sie verwechseln hier schon wieder etwas.
… dass die Finanzministerin bereits zum jetzigen Zeitpunkt gezwungen war, eine Haushaltssperre für die Sachausgaben auszusprechen.