Protokoll der Sitzung vom 25.05.2000

Aus den genannten Gründen halten wir einen Bericht der Landesregierung zur Konzeption über Maßnahmen zur Sucht- und Drogenprävention sowie zur Bekämpfung der Drogenkriminalität für notwendig. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Antrag. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion. Bitte sehr, Herr Glawe.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Präventionskonzepte Sucht und Drogen – ein immer wiederkehrendes Thema in unserer Gesellschaft. Aber das Thema brennt in MecklenburgVorpommern unter den Nägeln. Es gibt dafür zwei Gründe:

Erstens ist der Alkoholkonsum nach den neuesten medizinischen Untersuchungen besonders in Vorpommern gestiegen. Wir müssen heute konstatieren, dass in Vorpommern 16 Liter reiner Alkohol getrunken wird. Nach neuesten Aussagen sind es mittlerweile 18 bis 20 Liter reiner Alkohol pro Kopf und Jahr. Für Mecklenburg sind die Zahlen zwischen 14 und 16 Litern angegeben. Bundesweit konsumieren die Bundesbürger pro Kopf 12 Liter reinen Alkohol. Das sind ernste Zahlen und ich meine, es ist an der Zeit, dieses Thema in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Ein weiteres Problem, meine Damen und Herren, steht in Mecklenburg-Vorpommern an: Synthetische Drogen sind auf dem Vormarsch. Sie gefährden gerade die heranwachsende Jugend und sie sind – und das darf man hier ruhig sagen – auf Schulhöfen, in den Schulen und in den Berufsschulen auf der Tagesordnung.

Meine Damen und Herren, die Gesellschaft ist gefordert, diesem Phänomen entgegenzutreten. Daher will die CDU-Fraktion, dass man sich auf die Fahnen schreibt, einen Kampf gegen Alkohol und Drogen zu führen. Die Bevölkerung muss motiviert werden, in bestimmten Lebensbereichen auf Alkohol zu verzichten.

Meine Damen und Herren, denken Sie daran, es ist eigentlich gang und gäbe, auf jedem gesellschaftlichen Fest, ob im privaten oder im gesellschaftlichen Bereich, Alkohol anzubieten. Ich meine schon, dass drüber nachgedacht werden muss, ob das auf Dauer so weitergehen kann. Des Weiteren müssen wir eine Alkoholabstinenz und eine Drogenabstinenz im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz, während der Schwangerschaft und bei der Medikamenteneinnahme einfordern und das auch plakativ – auf Plakaten, in Prospekten, im Internet und in der Kinowerbung – im Land Mecklenburg-Vorpommern deutlich machen.

Meine Damen und Herren, es ist auch bekannt, dass die Kriminalität, gerade bei der Beschaffungskriminalität in besonderer Weise die Prostitution, aber auch der Diebstahl, zunimmt. Wir können, und ich spreche für die CDU, diesem nicht immer ungebremst zusehen, wir können nicht laufend wegsehen. Die Gesellschaft ist gefordert, hier Abhilfe zu schaffen. Wir sind dem Grundgesetz verpflichtet und wir sind auch dem Betäubungsmittelgesetz verpflichtet. Meine Damen und Herren, es gibt bis heute kein Recht auf Rausch. Diese Themen müssen weiter in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

Haschisch und Marihuana sind ein weiteres Problem. Sie sind sozusagen organische Produkte. Der Vorteil von Haschisch und Marihuana ist, dass man zumindest bei

der Drogensuche einen ausgebildeten Drogenhund zur Verfügung hat. Dieser findet in der Regel diese Produkte auch. Aber bei Ecstasy sind auch Hundenasen sozusagen nicht witterungsfähig. Ecstasy ist eine synthetische Droge und es kann durchaus sein, dass ein Koffer oder eine Tonne Ecstasy eingeschmuggelt wird oder durch die Dealer bewegt wird, ohne dass die Grenzhüter überhaupt darauf kommen, dass dort Drogen geschmuggelt werden.

Meine Damen und Herren, das Problem ist vielschichtig. Wir brauchen eine Gesamtkonzeption, die darauf aufmerksam macht, wie hoch der Schaden durch Alkohol und synthetische Drogen in Deutschland ist. Es gibt geschätzte Zahlen, dass fünf bis sechs Prozent aller Berentungen oder Krankschreibungen einen Schaden von rund 100 Milliarden DM verursachen. Das, denke ich, muss ausreichen, um das Problem Alkohol und Droge in die öffentliche Diskussion zu führen. Gerade die Montagskrankschreibungen sind bei den Jugendlichen beängstigend, aber auch bei Erwachsenen. Produktionsausfälle durch alkoholbedingte Erkrankungen und Fehlen am Arbeitsplatz tun ihr Übriges. Die Ausgaben im Gesundheitswesen für alkoholbedingte Erkrankungen und durch Unfälle steigen. Die Sterbefälle durch alkoholbedingte Erkrankungen und Unfälle steigen ebenfalls. Soziale Folgekosten wie Sozialhilfe für durch Alkoholmissbrauch zerrüttete Familien steigen auch und frühzeitige Berentung und Unfallrente sind ebenfalls im Steigen.

Meine Damen und Herren, eine ganz wichtige Frage für die Zukunft im Land Mecklenburg-Vorpommern ist, die Prävention in den Vordergrund zu stellen. Das heißt Vorsorge, das heißt, auf die Persönlichkeit und auf das soziale Umfeld einzugehen. Dazu gehören das Elternhaus, die Familie, Lehrer, Freunde. Und über die Wirkungen der Drogen muss aufgeklärt werden.

Meine Damen und Herren, im Land Mecklenburg-Vorpommern gibt es 90.000 suchtkranke Bürgerinnen und Bürger, mindestens 200.000 Missbräuchler. Bundesweit haben wir 2,5 Millionen Bürger, die süchtig sind, und mindestens 5 Millionen gefährdete. Das, denke ich, sollte für alle alarmierend sein, diesen Weg einzuschlagen und in der Öffentlichkeit die Prävention voranzustellen, denn nur so kann es gelingen, dass das Problem Alkohol und synthetische Droge in den Köpfen bewegt wird. Nur im Kopf wird entschieden, ob wir es schaffen, die Bevölkerung auf den Weg zu bringen, dass wir auf Alkohol und Drogen freiwillig verzichten. Sehr viele Bürgerinnen und Bürger können das nicht.

Die Drogenkarrieren Einzelner sind bekannt. Sie wissen, je früher ein Jugendlicher zur Droge beziehungsweise zum Alkohol greift, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass er ein gesellschaftliches Problem und für sich persönlich auch ein körperliches Problem bekommt. Bei einer Alkoholkarriere kann man davon ausgehen, dass nach zehn Jahren körperliche Schäden zu erwarten sind. Bei der Drogenkarriere mit Heroin kann man letzten Endes davon ausgehen, dass schon nach drei Jahren der eigentlich gute persönliche Weg ins Leben, den man als junger Mensch gesucht hat, weitestgehend beschädigt ist.

Und es gibt noch ein Phänomen, meine Damen und Herren: Die meisten Bürgerinnen und Bürger sind so lange tolerant, solange ein junger Mensch oder auch ein vertrauter Bürger nicht in der Gesellschaft auffallen. Wir sind erst dann so weit, ihn auszugrenzen, wenn wir feststellen, dass er auf öffentlichen Empfängen oder versteckt am

Arbeitsplatz Alkohol trinkt. Dann ist aber meistens nicht Solidarität an der Tagesordnung, sondern Ausgrenzung und Wegsehen. Auch diese Dinge, meine Damen und Herren, müssen wir in den Griff bekommen.

Und eins sage ich auch: Prävention ist nicht alles. Wir müssen auch repressive Maßnahmen einleiten, denn ohne Repression werden wir des Problems Drogen und Alkohol, aber in besonderer Weise illegale Drogen, im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht Herr werden können. Ich verweise in besonderer Weise auf die letzten auch erfolgreichen Aktionen der Landespolizei im Land Mecklenburg-Vorpommern. Ich denke, wir sind hier alle gefordert, uns einzubringen in die Diskussion, um letzten Endes Erfolg zu haben.

Eins will ich Ihnen noch sagen: Es ist ja mittlerweile auch so, dass Jugendliche eher Ecstasy nehmen, wenn man einen Kostenvergleich anstellt. Ein Bier in der Diskothek kostet zwischen 3 und 5 DM, während ich eine Droge oder Ecstasy-Tablette zwischen 25 Pfennig und 2,50 DM erwerben kann. Und das, denke ich, ist ein Riesenproblem. Dem müssen wir uns stellen. Darüber muss aufgeklärt werden, darüber müssen auch die Eltern Bescheid wissen. Viele Eltern wissen am Abend, Freitagabend oder Sonnabendabend, nicht, wo sich ihre 14-, 15-, 16- oder 18-jährigen Kinder aufhalten, wie viele Diskobesuche in der Nacht stattfinden, wie viele Ortswechsel sozusagen nachts stattfinden.

(Angelika Gramkow, PDS: War das bei Ihnen anders, Herr Glawe?!)

Die Ernüchterung kommt dann oftmals, wenn sich ein Verkehrsunfall, gerade in den Nachtstunden, ereignet. Die Statistiken sprechen ein Übriges. Frau Seemann hat darauf hingewiesen.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass es an der Zeit ist, eine Kampagne und einen Aktionsplan gegen Alkohol und synthetische Drogen auf den Weg zu bringen. Wir haben keine Zeit mehr. Die Bevölkerung muss aufgeklärt werden, mit der Jugend muss gesprochen werden. Wir als CDU-Mitglieder und CDU-Fraktion sind dazu bereit. Ich lade Sie ein, diesen Weg schnellstens mit uns zu gehen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Herr Glawe, Sie tun ja so, als wenn gar nichts getan wird.)

Und ich sage Ihnen noch eins, Berichte auf ewig helfen nicht.

(Zuruf von Ministerin Dr. Martina Bunge)

Wir brauchen das Ergebnis, wir brauchen die Aktion. Meine Damen und Herren, auch die Arbeitslosigkeit ist mit daran schuld, dass es heute in Mecklenburg-Vorpommern so aussieht, wie es aussieht. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Lorenz von der PDS-Fraktion. Bitte sehr, Frau Lorenz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag rechtfertigt keine Aufgeregtheiten und ich bin froh, dass es bisher so aufgeregt nicht abgegangen ist,

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

wenngleich die Erwartungshaltung einiger Leute deutlich anders war. Dieses Thema hat zwar oberflächlich spektakuläre Facetten, aber es birgt auch so viel menschliches Leid, so viel gesellschaftliche und uns alle betreffende Folgen, dass sich eine Schlammschlacht wohl verbietet. Wichtig ist hier nicht, wer lautstark obsiegt, sondern einzig die Frage, wie unser Land in menschenwürdiger Art und Weise mit den betroffenen Menschen, mit ihren Angehörigen, mit Firmen, mit dem gesamten mitbetroffenen Umfeld umgeht, wie dieses Umfeld aktiviert werden kann und wie vermieden werden kann, dass so viele Menschen in den verhängnisvollen Strudel von Abhängigkeit, soziale Ausgrenzung und Isolierung geraten.

Hätte jemand das Patentrezept, dann wäre das Problem ja längst gelöst. Es hat also niemand Anlass, seinen Weg als den allein möglichen darzustellen. Und ich höre erfreut, dass eine ganze Reihe von Überlegungen, die früher noch abgelehnt wurden, heute auch in das Denken der CDU Eingang gefunden haben. Ich weiß nicht, warum bisher die Anträge auf 0,0 Promille immer abgelehnt wurden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD)

Ich finde es sehr vernünftig, dass Sie diesen Weg als einen möglichen Weg zur Vermeidung von Unheil, von Unfällen, von Leid mitgehen möchten. Und ich denke, dass demnächst sicherlich auch ein konkreter Antrag von Seiten der CDU auf dem Tisch liegt zu dieser Problematik.

Es ist sicherlich nicht notwendig, das Problem erst in die Diskussion einzuführen. Es ist in der Diskussion. Richtig ist aber auch die Aussage, dass es längst nicht im Bewusstsein eines jeden ist und dass tatsächlich Verdrängungsprozesse stattfinden, weil wir alle ein bisschen zwischen Akzeptanz und Drumherummogeln um die Auseinandersetzung hin und her pendeln.

Im Vordergrund der Betrachtung müssen aus meiner Sicht nicht die einzelnen spektakulären Fälle stehen. Und ich finde es schon bemerkenswert und bedauerlich, wenn man mit der Schlagzeile titeln kann „Drogentote um 100 Prozent gestiegen“. Es handelt sich um einen Anstieg von zwei auf vier Fälle. Es ist jeder Fall ein Fall zu viel, aber ein 100-prozentiger Anstieg dramatisiert in einer Weise, dass ich meine, dass das eigentliche Problem, der massenhafte Alkohol- und Tabakkonsum zum Beispiel, zu Unrecht in den Hintergrund gerückt wird.

(Beifall Caterina Muth, PDS)

Ich möchte also einen Moment beim Thema Alkoholismus verweilen, der Droge Nummer eins auch in Mecklenburg-Vorpommern. Der Alkoholismus ist ein herausragendes soziales und finanzielles Problem der neuen Länder und besonders in Mecklenburg-Vorpommern. Die Besonderheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern bezüglich des Alkoholmissbrauchs wird schon durch wenige Vergleiche deutlich. Die Sterblichkeit an Leberzirrhose liegt in Mecklenburg-Vorpommern bei Männern dreimal so hoch und bei Frauen zweimal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Da hilft auch das Argument wenig, dass der Alkoholgenuss im Norden ohnehin hoch sei. Die volkswirtschaftlichen und gesundheitlichen Auswirkungen des Alkoholismus sind verheerend. Nach bundesdeutschen Berechnungen beträgt der Gesamtschaden für die 1,7 Millionen Alkoholabhängigen circa 40 Milliarden DM pro Jahr. Das entspricht bei 90.000 Alkoholabhängigen in

Mecklenburg-Vorpommern einem Schaden von jährlich 2,1 Milliarden DM. Die exakten Kosten lassen sich freilich nur schwer ermitteln.

Im Jahr 1998 hat unsere AOK für alkoholbedingte Krankenhausfälle 31 Millionen DM ausgegeben. Für die circa 7.000 Fälle der Alkoholdiagnosen im Krankenhaus wurden durchschnittlich 4.500 DM je Fall ausgegeben. Eine leicht höhere Kostenmenge kann für ambulante Betreuungsaufgaben und Kuren unterstellt werden, da die Relation zwischen Krankenhauskosten und anderen Leistungskosten 40 zu 60 beträgt. Beachtet man die zunehmende Multimorbidität bei Alkoholkranken, so lassen sich die Diagnoseund Kostenabgrenzungen nur noch schwer nachvollziehen. Die direkten alkoholbedingten Krankheitskosten liegen allein bei unserer AOK wahrscheinlich wesentlich höher als die geschätzten 80 Millionen DM pro Jahr.

Die Zahl der alkoholbedingten Todesfälle in Mecklenburg-Vorpommern ist erfreulicherweise von 1.034 im Jahr 1995 auf 905 im Jahr 1998 zurückgegangen. Jedem Einzelfall geht allerdings eine komplizierte und volkswirtschaftlich sehr aufwendige Krankengeschichte voraus und oft auch nach. Nach Expertenaussagen erbringen Alkoholkranke nur 75 Prozent der durchschnittlichen Arbeitsleistungen, fehlen 16-mal häufiger, sind zweieinhalbmal häufiger krank als der Durchschnitt der Beschäftigten. Darüber hinaus sind 225.000 Familienangehörige in MecklenburgVorpommern psychisch und sozial dadurch betroffen, dass mindestens ein Familienmitglied alkoholabhängig ist. Auch die Zahl der Frühberentungen in direkter Folge von Alkoholkrankheit liegt in Mecklenburg-Vorpommern wesentlich über dem Bundesdurchschnitt.

Vor der Gruppe der Alkoholkranken stehen zahlenmäßig nur noch die abhängigen Raucher. Den 90.000 bis 100.000 jährlichen Sterbefällen infolge des Tabakkonsums stehen bundesweit circa 40.000 alkoholbedingte Sterbefälle gegenüber. Dahinter rangiert die Medikamentensucht mit einem leicht darunter liegenden Umfang. Drogen- und Spielsucht werden trotz ihrer individuellen Dramatik immer noch zu stark in den Mittelpunkt der öffentlichen Auseinandersetzung gestellt, obwohl sie bundesweit nur mit einem Anteil von einem Prozent an allen Suchtkranken vertreten sind.

Sicher wird dieser Trend durch die besonderen sozialen Belastungen des Landes begünstigt, ganz sicher. Schließlich lag die durchschnittliche Arbeitslosenquote des Landes 1998 um zwei Prozentpunkte über dem Ostniveau. Auch die Belastung durch Sozialhilfe liegt um 18 Prozent über dem ostdeutschen Niveau. Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung in den neuen Bundesländern führt Arbeitslosigkeit oder die unmittelbare Bedrohung durch Arbeitslosigkeit zu besonderen gesundheitlichen Belastungen, die psychische Labilität und damit signifikanten Alkoholmissbrauch begünstigen. Dennoch muss dem exzessiven Alkoholverbrauch im Land auch politisch entgegengewirkt werden. Eine bundesweite Erhöhung der Alkoholsteuer oder besser noch eine zweckgebundene Gesundheitsabgabe für Alkoholprodukte würden dem Land und den Krankenkassen in besonderer Weise dienen. Gleiches gilt für die mögliche Entlastung der Kranken- und Rentenkassen in Mecklenburg-Vorpommern, die ohnehin durch Morbiditätsspitzen überdurchschnittlich belastet sind.

Weg vom Alkoholismus! Der Antrag fordert einen Bericht der Landesregierung ein, welches Drogenkonzept

sie verfolgt. Da ist Alkohol allein zu kurz gegriffen. Wir sollten unserer Regierung deshalb in verallgemeinerter Form mit auf den Weg geben, welche Grundzüge das Konzept haben soll. Wir gehen ja nicht davon aus, dass noch nichts gemacht wird. Und ich denke, es wäre an dieser Stelle auch falsch, die vielen Aktivitäten, die im Land bereits laufen, zu negieren. Man kann sie eigentlich nicht hoch genug würdigen, gerade weil sie gegen ein so verankertes gesellschaftliches Problem versuchen anzugehen.

Aus meiner Sicht sind einige Ansätze zur Primärprävention dringend zu nennen. Ziel ist eine Reduktion des Genuss- und Suchtmittelmissbrauchs und die Vermeidung des Einstiegs in den Konsum. Und da ist der erste Grundsatz: Sucht kommt nicht von den Drogen. Dennoch ist es richtig, die Verfügbarkeit von Sucht- und Genussmitteln einzuschränken. Für die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen gibt es jetzt eine solche Einschränkung für den öffentlichen Raum durch das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit. Es wird allerdings konterkariert durch Werbepraktiken gerade an den Orten, an denen sich junge Leute gern aufhalten, zum Beispiel in Kinos und in Stadien. Völlig witzlos ist vor diesem Hintergrund dann das Verbot der Tabakwerbung im Umkreis von Schulen. Ich möchte es nicht abschaffen, aber ich möchte darauf hinweisen, wie wirkungslos gesetzliche Regelungen werden können, wenn das gesellschaftliche Umfeld nicht der Intention folgt. Der ungehemmte Einfluss von Werbung führt auch dahin, dass die Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit immer schwerer durchzuhalten sind.

Die Akzeptanz des Missbrauchs von Genussmitteln in der Gesellschaft ist zurückzudrängen – ein zweiter Grundsatz. Eine deutsche Tageszeitung titelt in diesen Tagen: „Beliebt, legal, gefährlich – Alkohol und Nikotin“. Konfirmations- und Jugendweihefeiern in mancher Familie in diesen Tagen illustrieren das deutlichst. Ich brauche das hier gar nicht weiter auszuargumentieren.

Nächster Grundsatz: Primärprävention ist nicht leistbar durch einzelne Ressorts, denn die Summe aller notwendigen Maßnahmen läuft darauf hinaus, ein umfassendes Programm der wirklichen Lebenskompetenzentwicklung zu erstellen. Und in dem Zusammenhang möchte ich auf den Änderungsantrag der CDU eingehen. So wünschenswert es ist, dass wir Aktionen oder konkret fassbare Maßnahmen vor uns liegen haben, und die sind ja vorhanden im Land, so gefährlich ist es auch, hier einen Aktionismus vorzustellen und einen Aktionsplan zum Allheilmittel zu machen, weil wir ja wissen, dass Einzelmaßnahmen landauf, landab bereits vorhanden sind.

Unser Problem ist doch einmal die Vernetzung dieser Maßnahmen und zum Zweiten die Veränderung des gesellschaftlichen Klimas. Und darauf kann ein Aktionsplan wirklich nur sehr bedingt Einfluss nehmen. Deshalb lehnen wir diese Änderung hin zu einem Landesaktionsplan ab. Dieser ist viel zu kurz gegriffen. Ich meine, wir sollten das gesamtgesellschaftliche Präventionskonzept einfordern und nicht einen Aktionismus. Es geht uns um die Bearbeitung des sozialen und des sozialökonomischen Bedingungsgefüges insgesamt, es geht um die Gestaltung von Alltagskultur, es geht um Bildung und Erziehung. All das kann man nicht in einem Aktionsplan erfassen. Der bekannte Slogan der Initiative „Keine Macht den Drogen“, der da lautet „Kinder stark machen – zu stark für Drogen“, weist in diese Richtung. Ein spannendes Projekt ist das Modellprojekt „ColumBus“, ein Ge