Ich möchte mich auf die Aspekte beziehen, auch wenn sie vielleicht allgemeiner sind, die mit der Praktikabilität, mit der Umsetzbarkeit zu tun haben. Dazu gehört natürlich, dass das gesamtgesellschaftliche Problem auch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen erfordert. Keine einzige Kraft wird das allein in den Griff kriegen – keine. Natürlich ist das Bildungs- und Erziehungssystem besonders angesprochen und hat besonders wichtige Aufgaben bei der Prävention von Gewalt und politischem Extremismus, der uns hier als Rechtsextremismus entgegensteht, aber es wird es alleine nicht schaffen. Das müssen wir wissen und das wissen Sie ja auch. Wenn Verbände, Vereine, Kirchen, Wirtschaft, Politik, Parteien, Medien, Eltern, Leser, Schüler hier nicht zusammenwirken, dann wird das
Das Zweite, was ich sagen wollte: Die Grundhaltung, die die Voraussetzung ist für Mitmachen, ist nicht wegsehen. Also nicht wegsehen, sondern hinsehen und dann mitmachen. Und das Wegsehen ist eine sehr verbreitete Haltung in diesem Land. Das ist heute noch nicht gesagt worden. Warum wird denn weggesehen? Ich glaube, es wird auch weggesehen aus Angst, aus verschiedenen Gründen:
a) Angst vor körperlicher Beschädigung oder Sachbeschädigung, aber auch Angst davor, dass irgendein Standort schlecht geredet wird, ganz egal welcher Standort, ob es eine Kommune ist oder eine Schule. Solche Angst kann man nicht nebenbei per Verfügung korrigieren. Da muss Überzeugung geleistet werden. Eine wichtige Maßnahme der Überzeugung ist dabei die Wahrnehmung der Geschlossenheit der verantwortlichen Kräfte, auch der politischen Kräfte, auch der Parteien. Und deswegen ist es ein Jammer, wenn nicht alle demokratischen Parteien sich hier eintakten, sich hier zusammenschließen. Das ist also auch etwas, was für die Praktikabilität dieses Problems von Bedeutung ist.
b) Aus der gesamtgesellschaftlichen Aufgabenstellung ergibt sich natürlich auch die Notwendigkeit, Schnittstellen zu besetzen, und die müssen wir beachten. Ganz wichtig ist die Schnittstelle Eltern/Schule. Gerade dieser Bereich zeigt sehr deutlich, wie notwendig das ist, wie leicht aber an diesen Schnittstellen Schuldzuweisungen erfolgen. Eltern verlangen von der Schule viel mehr, als die Schule leisten kann, und verlagern die Schuld auf die Schule und die Schule verweist auf die Eltern. Alle müssen mehr tun. Und mit Schuldzuweisungen ist hier überhaupt nichts getan, absolut nichts.
Das lähmt, blockiert nur und zwingt zu Rechtfertigungen, veranlasst zu Rechtfertigungen, anstatt dass man sich gemeinsam überlegt, was man besser machen kann.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Kritiken, ich bedanke mich sehr. Ich habe den erfreulichen Eindruck im Verlaufe dieser Diskussion,
dass sich hier vielleicht doch Haltungen, Meinungen, Bereitschaften aufeinander zu bewegen. Vielleicht ergibt sich das dann auch am Ende der Beratung der vorliegenden Entschließung des Antrages in den Ausschüssen. Ich biete Ihnen schon jetzt an, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Zusammenwirken von Exekutive und Legislative – Sie fordern ja ständig auf zu konkreten helfenden Kritiken: Ich werde Sie einladen zu Beratungen, die die Problematik der Gewalt des Rechtsextremismus zum Gegenstand haben. Vielleicht kommen wir dann auch gemeinsam weiter.
Ich bin der Letzte, der nicht bereit ist, Kritiken anzuhören. Natürlich muss man da ein bisschen aufpassen,
Herr Rehberg. Bei Ihnen muss man da ein bisschen aufpassen. Heute früh haben Sie schon etwas von 50 Millionen DM erzählt
und mir schlotterten schon beinahe die Knie, muss ich sagen, aber ich bin schnell darüber informiert worden, dass das 50 Millionen DM waren, die überhaupt nicht disponibel sind. Sie werden das noch merken bei der Ausschussberatung. Ich hätte sie gerne mehr, aber ich konnte sie nicht mehr kriegen, das muss ich sagen, und Sie werden sie auch nicht heranschaffen.
(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Da hätten Sie sich erst mal informieren müssen, Herr Kauffold! Ist das traurig!)
Sie werden sie auch nicht heranschaffen. Wenn Baumaßnahmen abgeschlossen sind, dann kann ich nicht sagen: Aber dafür möchte ich jetzt noch mal …
(Eckhardt Rehberg, CDU: Treten Sie lieber dafür ein, dass wir ein Sanie- rungsprogramm für Schulen kriegen!)
Herr Rehberg, wenn wir wirklich so miteinander arbeiten wollen, wie ich es Ihnen anbiete, dann müssen wir auf Tricks verzichten.
Und bei L.I.S.A. habe ich bei der Vielzahl nicht alles drauf, was die machen. Da muss ich um Nachsicht bitten. Ich habe mir schnell jetzt mal sagen lassen, was die alles machen. Und L.I.S.A. macht ziemlich viel. L.I.S.A. macht sicherlich immer noch nicht genug, aber L.I.S.A. macht sehr viel auf diesem Gebiet. L.I.S.A. macht Schulleiterfortbildung, die wird gezielt angeboten. L.I.S.A. hat dazu beigetragen, die Problematik der Gewaltprävention in die Rahmenpläne für Geschichte und Sozialkunde einzuarbeiten. Das ist dort verankert, aber es reicht noch nicht. Wir werden diese Rahmenpläne überarbeiten.
Es werden Schulschlichterprogramme angeboten. An allen Schularten sind sie etabliert. Sie arbeiten mit Erfolg – ich sage dazu aber noch was. Es werden ständig zur Gewaltproblematik schulinterne Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Es ist in Vorbereitung ein …
(Eckhardt Rehberg, CDU: Nein. Sagen Sie, dass es kein Fortbildungsangebot zum Thema Rechtsextremismus gibt!)
Nein, jetzt keine Rechtfertigungsversuche. Aber ich möchte der Behauptung, die Sie hier aufstellen, ein paar konkrete Angaben gegenüberstellen.
Es werden Lehrerfortbildungen für die deutsche Diktaturgeschichte angeboten. Es werden auch Multiplikatoren für die Berufsschulen und für die allgemein bildenden Schulen für die schulinterne Fortbildung für die Gewaltproblematik ausgebildet. Das sind also laufende Aktivitäten.
Es ist allerdings eine Tatsache, dass die schulinterne Fortbildung zu diesen Problembereichen nicht so angenommen wird wie zu anderen Problemen.
Das ist eine Tatsache. Das liegt aber nun auf dem Tisch des Bildungsministers. Da muss ich mich fragen, ob ich da genug tue. Und hier werde ich verfügen. Hier werde ich nämlich verfügen, dass diese schulinterne Fortbildung anzunehmen ist, und zwar regelmäßig.
Ich habe mich in den letzten Monaten sehr intensiv mit Schulleitern über die Problematik unterhalten. Es wird mir deutlich, dass in den Schulen nicht systematisch analysiert wird:
Wie ist die Situation in den Schulen? Welche Gefahrenpotentiale, welche Auffälligkeiten sind da? Und das ist auch verfügbar. Ich werde also verfügen, dass in den Schulen regelmäßig die Situation analysiert wird. Das ist eine weitere Problematik.
Es ist auch in Vorbereitung und wird in der nächsten Woche noch in den Druck gehen eine Handreichung für die Lehrer zur Gewaltprävention. Sie werden sie dann Anfang Oktober zur kritischen Begutachtung bekommen.
Es läuft allerhand, es läuft aber immer noch nicht genug. An den allgemein bildenden und beruflichen Schulen gibt es über 300 Gewaltpräventionsprojekte. Wir werden diese Gewaltpräventionsprojekte auch benennen und in den Bildungsserver stellen. Wir werden eine Angebotsmesse veranstalten für die Lehrer, die dazu ermutigt, die Schulen, die noch nicht solche oder vergleichbare Maßnahmen haben, aufzunehmen.
Es sind eine Reihe von Initiativen im Gange. Ich selbst habe in Gang gesetzt die Initiative „Kultur gegen Gewalt“, die recht erfolgreich angelaufen ist und die auch aus dem Haushalt unterstützt wird.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir arbeiten im Bereich dieser Problematik, aber wir tun immer noch nicht genug. Und es ist auch nicht so, dass wir keine programmatische Grundlage haben. Ich weiß nicht, ob der Innenminister noch sprechen wird. In dieser Woche ist im Kabinett das Landesprogramm zur Kriminalprävention beraten und verabschiedet worden und das sieht konkrete Handlungsaufträge vor für die Landesregierung, auch im Bereich der Bildung und Erziehung, die uns dann in der nächsten Zeit Grundlage zum Handeln sein werden. – Danke.
zum Thema Rechtsextremismus liegt kaum sechs Monate zurück und es ist fast auf den Tag genau vier Monate her, als SPD und PDS im Landtag einen umfassenden Antrag der CDU-Fraktion zum Vorgehen gegen extremistisch motivierte Gewalttaten ablehnten.
Sie müssen sich daher die Frage stellen lassen, ob nicht vieles, was wir in diesem Sommer erlebten, vermeidbar gewesen wäre, wenn Sie im Dezember 1999 oder im Mai des Jahres 2000 unseren Anträgen gegen Rechtsextremismus und Gewalt zugestimmt hätten.