Protokoll der Sitzung vom 21.09.2000

(Peter Ritter, PDS: Dazu steht doch in der Erklärung von Malmö gar nichts drin über die ganzen Sachen hier.)

Wenn Sie das nicht hören wollen, dann gehen Sie doch bitte raus.

(Peter Ritter, PDS: Na gut. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

… des 60.000-Tonnen-Massengutfrachters „Rybi XL“ bei Sturm von Stärke 9 bis 11 ihre Qualitäten in der Deutschen Bucht.

Während der gleichen Zeit bahnte sich weiter im Nordlicht das „Pallas“-Drama an, mit dem die Mehrzweckschiffe „Neuwerk“ und „Mellum“ hinsichtlich ihrer Technik etwas überfordert waren. Die „Pallas“-Katastrophe machte deutlich, dass nur geeignete Bergungsschlepper mit einer Profi-Besatzung das Know-how haben, solche Schiffsbergungen durchzuführen. Nach der „Pallas“Katastrophe wurde die „Oceanic“ wieder gechartert und liegt seitdem in der Deutschen Bucht vor Helgoland. Und deswegen haben wir gefordert – im Übrigen auf dem Weg einer Kleinen Anfrage –, die gefährliche Notschleppkapazitätslücke für die Ostsee mit der „Mellum“ zu schließen, was auch diesem Antrag entsprechen würde. Nach der „Pallas“-Havarie 1998 nur auf Vereinbarungen vom Vorjahr zu verweisen, ich glaube, das hält der Entwicklung nicht stand. Und die „Mellum“ mit 5,76 Meter Tiefgang und 110 Tonnen Pfahlzug mit der „Scharhörn“ mit 0 Pfahlzug zu vergleichen, das ist doch wohl nicht der richtige Weg. Die dramatischen und für die Ostsee gefährlichen Schiffsunfälle ereigneten und ereignen sich auf der 10-Meter-Linie wie in der Kadet-Rinne. Und 110 Tonnen Pfahlzug …

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also man kann hier wirklich einbringen, was man will, Herr Thomas redet immer über das, was ihm gefällt. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ja, das steht nun mal mit drin. Nun hören Sie es sich doch an!

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Ich höre das doch, ich höre das doch.)

Das ist der Hauptteil des Antrages. Sie werden es mir doch wohl nicht übel nehmen, wenn ich das nutze.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Machen Sie nur! Beschreiben Sie doch weiter!)

Wenn Sie manövrierunfähige Großtanker auf Position halten wollen …

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Na ja, es hat ja schon was gebracht. Ein bisschen was davon haben Sie ja aufgegriffen, was wir Ihnen gesagt haben.

Die Übung am 21. September vor Rügen war aus unserer Sicht sicher ein Fortschritt. Wo aber waren die Bergungsprofis? Wo waren die Schlepper mit genügend Pfahlzug? Und wo waren genügend Schiffe mit Ölaufnahmekapazität?

Und jetzt kommen wir doch wieder zu einem Punkt, den wir schon angesprochen haben. Nach einer solchen angenommenen Kollision wie vor Rügen nur mit 45.000 Liter

auslaufendem Bunkeröl mit circa 4,5 Tonnen zu rechnen, das ist doch aus meiner Sicht sehr unrealistisch.

Mit der Landespressekonferenz am 29.08. hat sich Ihr Staatssekretär – er ist nicht da – doch ein Stück in unsere Richtung bewegt. Dazu einige Beispiele:

1. Havariekommando Cuxhaven

Von 30 Mann 7 herausziehen, das ist eine Straffung der Befehlsstruktur. Das wollten wir straffer in Richtung Küstenwache. Ich denke, hier haben Sie unsere Intention aufgegriffen.

2. Lotsenpflicht

Das haben Sie auch von uns, und das ist gut so. Aber bitte so schnell wie möglich umsetzen, bevor die Lotsendienste wie geplant in der Ostsee abgebaut werden. Die Gefahr ist akut.

3. Die Betonnung in der Kadet-Rinne haben Sie zwar etwas überbewertet, aber ich denke, das war in Ordnung. Wieder Projektgruppen mit Unterprojektgruppen sind aus unserer Sicht aber Zeitverschwendung, weil die Bergungsprofis ungenügend mit einbezogen werden und deren Vorschläge schon vorliegen.

4. Anordnungsbefugnis für Schlepper an den Bund abgeben, das ist unsere Küstenwache, und der Befehlshaber sollte dann die Schlepper einsetzen – also auch in Ordnung. Und zusätzliche Schleppkapazität ist notwendig, das ist richtig. Das fordern wir schon lange. Die „Mellum“ hätte heute schon längst in der Ostsee sein können, weil die „Oceanic“ und die „Neuwerk“ in der Nordsee zur Verfügung stehen und das dort erfahrungsgemäß genügt.

5. Ein Beispiel, das eingebracht wurde auf der Pressekonferenz – satellitengestützte Überwachung als Allzweckwaffe –, funktioniert nicht, weil eben auf Billigflaggenschiffen solche Anlagen abgeschaltet werden können. Die Radarüberwachung der Kadet-Rinne von Warnemünde aus ist realistischer und nicht so störanfällig.

Wir haben also klar unsere Forderungen für ein Sicherheitskonzept Ostsee mehrfach und heute nochmals im Rahmen dieses Antrages definiert. Ich glaube, das genügt aber nicht. Wir benötigen insgesamt in der Nord- und Ostsee ein überarbeitetes Sicherheitskonzept, das auch den zukünftigen Anforderungen genügt.

In der Nordsee laufen nach dem Ausbau von Tiefwasserhäfen in Cuxhaven und Wilhelmshaven mehr hochbordige Containerschiffe und Pkw-Transporter in die Deutsche Bucht ein, die 10.000 bis 20.000 Tonnen Treibstoff gebunkert haben. Bei Manövrierunfähigkeit treiben sie wie Segelboote ab. Das präventive Vorhalten von Notschleppkapazitäten von 180 bis 200 Tonnen Pfahlzug ist also unverzichtbar.

Nach einem Kommentar des BUND ist das fehlende Sicherheitskonzept Ostsee eine akute Bedrohung für unsere Küste. Beiden – Nord- und Ostsee – fehlen also die Sicherheitsschlepper, die bei großen Schiffshavarien und Zusammenstößen Evakuierungskapazitäten vorhalten und die dafür ausgelegt sind, unter dramatischen Bedingungen Passagiere von Fährschiffen und Passagierschiffen zu retten. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass im August vorigen Jahres die Passagiere und die Besatzung des norwegischen Kreuzfahrtschiffes

„Norwegian Dream“, das im Übrigen zwei Mal in diesem Jahr in Warnemünde war, nur durch Zufall einer Katastrophe entgangen sind. Bei einer Kollision mit dem Containerschiff „Ever Decent“ im Ärmelkanal fielen zwei Container des brennenden Containerschiffes auf den Luxusliner, der zu diesem Zeitpunkt 2.400 Passagiere an Bord hatte. Solche schweren Schiffsunfälle und Havarien können jeden Tag in der Nord- und Ostsee passieren. Mit dem steigenden Schiffsverkehr steigt natürlich auch die Gefahr.

Am 13. September wurde in der Bremer Landesvertretung in Berlin das Modell eines Sicherheitsschiffes mit 180 Tonnen Pfahlzug, einer Evakuierungskapazität für 1.500 Personen sowie modernster Schlepp-, Bergungsund Feuerlöschkapazität vorgestellt.

(Annegrit Koburger, PDS: Redezeit beenden!)

Das Mehrzweckschiff kostet circa 80 Millionen DM, könnte 2005 auf Fahrt gehen und ein weltweiter Exportartikel auch für unsere Werften werden. Die so genannte SPD-Küstengang, das dürfte Sie übrigens interessieren, war von diesem Projekt ganz angetan. Wir brauchen also ein neues Bündnis …

Herr Thomas, Ihre Redezeit ist beendet.

Ich danke für den Hinweis. Ich beende meine Rede sofort.

Die CDU-Fraktion wird sich weiterhin in diesem Bereich engagieren und Ihnen die entsprechenden Vorschläge unterbreiten und natürlich darauf hoffen, dass Sie die wie gehabt – wenn auch etwas langsamer – aufgreifen. Das Gefährdungspotential vor unseren Küsten wird dramatisch größer und, ich denke, wir sollten diese Gefahr gemeinsam anpacken. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass Sie trotz Ablehnung unsere Intention der beiden Anträge aufgegriffen haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Thomas.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Schädel von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht über Schiffe zu reden ist bei der Ostsee schwierig.

(Heiterkeit bei Annegrit Koburger, PDS)

Die PDS-Fraktion begrüßt die Ergebnisse der 9. Ostseeparlamentarierkonferenz selbstverständlich, denn sie sind Ausdruck dessen, dass die Menschen im Ostseeraum diesen Raum miteinander gestalten wollen. Dass die Menschen, die bei uns im Land leben, nicht nur zuschauen, sondern sich einbringen können, dafür müssen wir sorgen. Um dieses zu erreichen, wird an vielen Stellen des Landes geworben und gearbeitet, werden Projekte organisiert und Begegnungsmöglichkeiten geschaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren, jeder hat seine Schwerpunkte und ich werde jetzt nicht darauf eingehen, was durch das Engagement der Delegation unseres Landes und vor allem des Delegationsleiters, des Landtagspräsidenten Hinrich Kuessner, Eingang in die Abschlussresolution gefunden hat. Dieses ist im Antrag festgehalten

und hervorgehoben sowie bereits durch den Kollegen Thomas sehr ausführlich dargestellt worden.

Meine Schwerpunkte sind andere. Nur so viel: Es ist ein Erfolg, dass die Länder im Ostseeraum aufgefordert und ermuntert werden – wir müssen auf die Handlungen warten – und dieses durch die delegierten Parlamentarier auch angenommen wurde, sich im Ostseeraum gemeinsam zur Vorbeugung und Bekämpfung von Schiffsunfällen, zur Verbesserung der Schiffssicherheit, der Sicherheit von Seestraßen zu verständigen, denn die Ostsee, das ist ja nicht nur Wasser,

(Sylvia Bretschneider, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU: Doch!)

sondern sie ist ja auch für die Erholung und die Arbeit sowie auf vielen anderen Gebieten für die hier lebenden Menschen rings um die Ostsee von immenser Bedeutung. Diesen Wert gilt es zu schützen und zu erhalten.

Meine Schwerpunkte der Resolution sind andere, denn auch diese Bereiche, denke ich, sind wichtig. Und auch die Diskussionen auf der Konferenz in Malmö waren natürlich nicht nur von diesem Thema bestimmt. Der Landtagsabgeordnete Kuessner hat dazu ja schon einige Ausführungen gemacht. Viele, wenn nicht alle Redner und Rednerinnen machten deutlich – und so ja auch das verkürzte Motto der Tagung: „Brücken bauen“ –, dass es im Ostseeraum nur um eine gemeinsame Arbeit, um Kooperation gehen kann. Mehrfach wurde auf vergangene Zeiten verwiesen, als die Ostsee ein Raum der Konfrontation war, und der Schluss gezogen, dieses darf sich nicht wiederholen, dieses wollen wir nicht zulassen, die Ostsee muss zu einem Meer des Friedens werden.

Bei diesem Vorhaben, und auch darauf ging der Abgeordnete Kuessner ein, darf Russland nicht außen vor gelassen werden und dürfen keine neuen Grenzen, Mauern aufgebaut werden. Russland muss in diesem Prozess mitgenommen werden. Wenn die Vertreter Russlands in ihren Beiträgen in diesem Zusammenhang davor warnten, die Befindlichkeiten ihres Landes bei der EU-Osterweiterung und der NATO-Ausdehnung zu ignorieren und gleichzeitig für Abrüstung im Ostseeraum warben, sollten wir diese Äußerungen ernst und aufnehmen.

Bringen wir das Thema der maritimen Abrüstung auf die Tagesordnung der Konferenz im nächsten Jahr in Greifswald und der folgenden Konferenzen und setzen wir uns dafür ein – unabhängig von der Politik in Berlin, Brüssel, Washington und/oder Moskau –, dass die Ostsee zu einem Meer des Friedens wird, denn wir leben hier an der Ostsee! Nehmen wir die Diskussion dazu auf und bringen wir unseren Einfluss dort zum Tragen!

Welche Gefahren auf uns und auf die an der Ostsee Lebenden zukommen können, machte uns Herr Thomas dankenswerterweise zum wiederholten Male sehr deutlich, zeigte aber auch vor wenigen Wochen das tragische Unglück der „Kursk“. 118 Menschenleben sind zu beklagen und ein Atomreaktor liegt auf dem Meeresgrund. Wie lange dieser hält oder ob er vielleicht gehoben werden kann, weiß bisher niemand. Schrecklich, wenn so etwas auch in der Ostsee passieren sollte. Beugen wir also vor!

Einen Anfang könnten wir machen, wenn – ich nehme die Jahresversammlung des Trägerkreises „Atomwaffen abschaffen“ vom vergangenen Wochenende in Rostock hier zum Anlass – wir uns für eine atomwaffenfreie Zone zum Beispiel einsetzen würden, für Städte in unserem Land, die

dem Beispiel Rostocks und weiterer fast 100 Städte in der Bundesrepublik folgen, für unser Bundesland, für den Osts e e r a u m.