Es ist richtig, die demographische Entwicklung wird das gravierende Problem der Zukunft sein. Deshalb ist es falsch, diese Entwicklung zu ignorieren. Ich weiß, dass wir uns bei dieser Aufgabe hart an der Quadratur des Kreises bewegen. Wir können uns leider noch nicht in jedem Fall leisten, die gleichen Löhne und Gehälter wie im Westen zu zahlen. Deshalb entscheiden sich heute leider viele unserer gut ausgebildeten jungen Leute, in den Westen oder ins Ausland zu gehen.
Aber es ist grundsätzlich falsch, Herr Bauminister, die Eigenheimförderung für junge Familien zu kürzen. Ich bleibe dabei, wer in Mecklenburg-Vorpommern sein Häuschen hat, überlegt sich zweimal, ob er das Land verlässt. Ich sage Ihnen eines: Wer eine Plattenbauwohnung kauft, der kauft sie nicht, um sie seinen Kindern zu überlassen.
Und wer in jungen Jahren ja zum Kind sagt, bedarf einer besonderen Förderung. Deshalb war es ein verheerendes Signal, das Landeserziehungsgeld abzuschaffen mit der Begründung, Leistungsgesetze gehören auf den Prüfstand. Auf den Prüfstand gehört vielmehr der, der so kurzfristig denkt und handelt, nämlich Sie, meine Damen und Herren von der SPD und PDS!
Und wenn Sie Ihre Argumentation von damals noch ernst nehmen, dann lassen Sie das Bildungsfreistellungs
gesetz, denn das ist nämlich auch ein Leistungsgesetz, in der Schublade liegen und bringen es gar nicht erst in den Landtag ein!
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Sehr richtig! – Angelika Gramkow, PDS: Das werden wir nicht tun. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also Sie haben doch was gegen Bildung, habe ich den Eindruck.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen deshalb die Kraft finden, nochmals in staatliche Verwaltungsstrukturen einzugreifen. Wir brauchen erstens nicht mehr als sieben Ministerien und müssen insbesondere Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in eine Hand geben, damit Förderpolitik aus einem Guss entsteht.
Auch hinsichtlich der Bündelung von Planungs- und Genehmigungsverfahren waren wir mit dem BLUM der letzten Legislaturperiode bereits wesentlich weiter als mit dem Kunstprodukt „Arbeit und Bau“ sowie der Trennung von Landwirtschaft und Umwelt.
Zweitens müssen alle Landesämter hinsichtlich ihrer Effektivität auf den Prüfstand. Externe Experten müssen die Verwaltung nach bürokratischen Wasserköpfen hinterfragen. Diese Verwaltungsreform muss umfassend sein, bei den obersten Landesbehörden beginnen und bis in den kommunalen Bereich greifen.
Drittens muss die gesamte Verwaltung auf die vorzunehmende Prioritätensetzung ausgerichtet werden, denn nur so können Erfolge erreicht werden. Die staatliche Verwaltung muss häufiger einmal den Blick auf erfolgreiche Wirtschaftsunternehmen werfen.
Viertens bleibt ein solcher Modernisierungskurs natürlich weitestgehend nutzlos, wenn er nicht bekannt wird. Deshalb muss der Weg begleitet werden durch ein nachhaltiges und konsequentes Marketing.
Fünftens, dieses Land braucht eine Landesregierung mit kompetenter Führung, mit dem Willen zum politischen Handeln, nicht zur politischen Friedhofsruhe, mit dem Willen zu gestalten und sich für dieses Land einzusetzen. Diese Regierung führt nicht, sie handelt nicht, sie verwaltet nur und deshalb ist die entscheidende Perspektive für dieses Land ein Regierungswechsel im Jahre 2002. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wann immer ich mit Freunden, Kollegen, Bekannten über zehn Jahre Mecklenburg-Vorpommern gesprochen habe, haben wir uns gestritten. Ja, zehn Jahre Mecklenburg-Vorpommern werden unterschiedlich gewertet, so viele Male unterschiedlich wie die Zahl der Menschen, die in diesem Land leben. Das sind immerhin mehr als 1,7 Millionen. Niemand kann den Anspruch erhe
ben, ein vollständiges Bild zu zeichnen, schon gar nicht in 20 Minuten. Und so will ich versuchen, mich auf zehn mögliche Sichten auf zehn Jahre Mecklenburg-Vorpommern zu beschränken.
Es waren auch Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in Rostock, Schwerin, Stralsund, Pasewalk und anderswo, die im Herbst 1989 für grundlegende politische und ökonomische Veränderungen in der DDR auf die Straße gegangen sind. Ihnen allen sei hier ausdrücklich gedankt.
Ich schäme mich heute dafür, noch am 29. Oktober 1989 an der Demonstration gegen das Neue Forum auf dem Schweriner Alten Garten freiwillig teilgenommen zu haben.
Auch wenn es damals noch um eine bessere DDR ging, so ist seit langem klar, es gab zur Deutschen Einheit keine Alternative.
Alternativen hätte es zu dem Weg gegeben, Alternativen muss es zur weiteren Gestaltung in Mecklenburg-Vorpommern geben.
Heute dürfen wir uns in der Betrachtung der vergangenen Zeit und beim Ausblick keine Einseitigkeiten leisten.
Materiell geht es vielen von uns viel besser – das Auto, das Haus, Konsum mehr als wir brauchen, demokratische Teilhabe, bürgerliche Freiheiten. Wir übersehen nicht die Entwicklung in der Infrastruktur, im Wohnungsbau, bei der Städtebausanierung und im Umweltschutz. Aber: Das Versprechen einer schnellen Angleichung der Lebensverhältnisse wurde gebrochen, weil es von Anfang an unrealistisch war. Biographien waren plötzlich wertlos, unterschiedliche Lebenserfahrungen gemeinsam zu verarbeiten chancenlos. Rückgabe vor Entschädigung, Bestrafung durch Rentenpolitik, Nichtanerkennung von Berufsabschlüssen, juristische Ungleichbehandlungen von Ostdeutschen waren und sind zum Teil heute noch vorhanden. Die DDR-Bürokratie wurde um ein Vielfaches übertroffen.
In vielen Gesetzen strichen wir schließlich „SchleswigHolstein“ einfach durch und ersetzten es durch „Mecklenburg-Vorpommern“ – ohne die Chance gehabt zu haben zu prüfen, ob es etwas Besseres gäbe. Wir verfassten unser Land und bestimmten die Rechte und Pflichten. Die sozialen Rechte auf Arbeit und Wohnung bestimmten wir nicht.
Wenn wir heute über funktionierende Strukturen und Verwaltungen nachdenken, wenn wir sie haben, gilt der Dank all denjenigen, die dazu beigetragen haben: den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, den unzähligen Verbänden und Vereinen, Mitgliedern in den Gewerkschaften,
den Männern und Frauen aus der ersten Stunde, auch denen aus der alten Bundesrepublik, über alle Parteibücher hinweg.
Ich bin Jahrgang 1958. Kindergartenplätze gab es nicht genügend und Mutti blieb zu Hause, als meine Schwester zur Welt kam. Ich bin zehn Jahre zur Schule gegangen, entschloss mich für die Lehre als Baufacharbeiterin mit Abitur, studierte und arbeitete als Fachschullehrerin. Wir hatten für unsere beiden Kinder Krippen-, Kindergartenund später Hortplätze. Wir haben das Babyjahr genommen.
Ach ja – wir haben zwei Wunschkinder, aber wir hätten auch anders entscheiden können. Die DDR kannte seit 1971 den Paragraphen 218 im Strafgesetzbuch nicht.
Ja, es gab ideologische Zugangsbeschränkungen, wenn ich an meine Freundin denke, die Christin ist und deshalb nicht zur erweiterten Oberschule durfte. Ja, nicht alle Führungspositionen konnten Frauen besetzen. Es gab auch damals schon Vorzeigeblumentöpfe.
Ja, ökonomisch konnte sich die DDR das alles nicht leisten. Warum kann es die reiche Bundesrepublik auch nicht?
Der gleichberechtigte Zugang von Mädchen und Frauen auf den Ausbildungs- und Arbeitsplatzmarkt, kostengünstige Kinderbetreuung, Chancengleichheit in Qualifizierung, in den sozialen Sicherungssystemen sowie im Ehe- und Scheidungsrecht stehen auf der Tagesordnung.