Die Folge sind Resignation und Abwanderung junger Menschen in andere Länder. Die Landesregierung verspielt damit die Zukunft des Landes.
Ein weiteres Problem: Wir haben den Höchststand von vorzeitig abgebrochenen Ausbildungsverträgen, 4.791 im vergangenen Jahr. Das ist ein absoluter Negativrekord. Hier drängt sich die Frage auf, ob die optimale Vermittlung der Jugendlichen dem Ziel der Bundesregierung untergeordnet wurde, ihr JUMP-Programm zum schnellen Erfolg zu machen.
Herr Ministerpräsident Ringstorff, letztes Jahr haben Sie sich noch hier hingestellt und die Erfolge bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verkündet. Sie haben sich einfach mit diesem Programm der Bundesregierung die Augen verkleistert. Die Tatsachen treten heute deutlich zutage. Sie haben bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit versagt in den letzten zwei Jahren.
Aber was tut der Wirtschaftsminister dagegen? Er fordert, dass Berufsfrühorientierung und Firmenpraktika stärker gefördert werden sollen. Herr Professor Eggert, hier widerspricht Ihnen in der CDU niemand. Nur wie sehen hier denn die Tatsachen aus? Zur Erhöhung des Ansatzes im Titel „Wirtschaft, Tourismus und Schule“ – dieses soll den Besuch von Schulklassen in Unternehmen und auf Messen ermöglichen – hatten wir eine Aufstockung von 45.000 auf 70.000 Mark beantragt. Das wäre ein kleiner Schritt in die richtige Richtung gewesen, Herr Eggert. Dieser Antrag hat nicht die Mehrheit von SPD und PDS gefunden und offenbar auch nicht Ihre politische Unterstützung. Allein dieses Verhalten zeigt – hier geht es ja nur um Kleinigkeiten, aber manchmal sind Kleinigkeiten sehr, sehr wichtig –, dass Sie keine Konzeption zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit haben. Es hilft den jungen Menschen überhaupt nichts, wenn das Kind wie jetzt in den Brunnen gefallen ist, dass Sie mit Hektik und Aktionismus ein Programm zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit auflegen wollen.
Denken Sie bitte daran, ob das nun 10, 20 oder 30 Millionen DM sind, Sie hatten schon einmal ein Zweite Schwellenprogramm 1995 durchgesetzt. Und denken Sie daran, dieses Programm ist gescheitert, sogar der DGB hat es kritisiert. Denken Sie lieber darüber nach,
wie Sie endlich die Investitionen aufstocken, damit wir mehr Arbeit für die Menschen in diesem Land fordern und fördern können! – Herzlichen Dank.
Ich habe es mir gedacht, Herr Rehberg, dass die Rede so und nicht anders kommt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es stimmt, es ist ein großes Problem. Mecklenburg-Vorpommern ist ein junges Land. Deswegen trifft die hohe Jugendarbeitslosigkeit besonders hart und sie hat sich Jahr für Jahr aufgebaut. Auch das ist eine Tatsache. Wenn man bedenkt, dass diese 22.736 Menschen alle noch vor der Vereinigung geboren wurden, sicher auch in dem Gefühl, eine Perspektive zu haben, ist das schon ein großes Problem, was sich eben nicht nur allein in Statistiken widerspiegelt.
Ich möchte hier einmal Daniel Goedewert, den ehemaligen Topmanager der Automobilbranche zitieren, der da sagt: „Ein Mensch ohne Arbeit wird ja nicht nur von existenziellen Ängsten heimgesucht, sondern sieht sich in seiner gesamten Persönlichkeit bedroht. Er verliert den Respekt vor sich selbst und die Anbindung an die Wirklichkeit und je länger der Zustand andauert, desto gravierender wirkt er auf das Gemüt, desto geringer wird die Chance, eine neue Aufgabe zu finden.“ Umso wichtiger ist es, Jugendarbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen beziehungsweise, wenn sie da ist, sie umgehend zu beseitigen.
Es gibt – wie wir alle wissen – eigentlich vier Problemzonen, vier Problembereiche, in die Jugendliche im wahrsten Sinne des Wortes hineintappen können. Es beginnt mit der Berufsfrühorientierung. Dort muss aktive Arbeitsmarktpolitik bereits ansetzen. Eigene, nicht nur einmalige Erfahrungen mit der Berufswirklichkeit sind notwendig.
Wir haben die erste Schwelle – Berufsausbildung. Die wird jedes Jahr wieder geschafft mit einem Wahnsinnsaufwand und mit hoher Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen und Einrichtungen in unserem Land.
Das schwierigste Problem – Herr Rehberg hat das auf seine Art und Weise angedeutet oder auch hier gesagt – ist natürlich nüchtern betrachtet die zweite Schwelle. Der Widerspruch zwischen der hohen Ausbildungsbereitschaft der Betriebe einerseits und dem tatsächlichen Übernahmebedarf wird gerade hier an dieser Schwelle besonders deutlich.
Dass wir überbetrieblich ausbilden und nicht in Praktika den jungen Menschen etwas darbringen können, ist ein weiteres Problem an dieser Stelle.
Das vierte Problemfeld sind natürlich die arbeitslosen Jugendlichen. Hierbei geht die Spanne von den Jugendlichen ohne Schulabschluss bis hin zu Absolventen von Universitäten und Hochschulen.
Wovon können nun allerdings Jugendliche im Jahr 2000 profitieren? Da gibt es natürlich neben dem SGB III, den Standardmaßnahmen, auch staatliche Maßnahmen. Ich will das Sofortprogramm JUMP trotzdem erwähnen, auch wenn es Herrn Rehberg nicht passt. Es ist sicherlich nicht
dazu geeignet und gedacht gewesen, Statistiken zu beschönigen, wie Sie in Ihrer gestrigen Presseverlautbarung deutlich machen, sondern es ist ein echtes Hilfeangebot an Jugendliche. Sie können auch nicht verleugnen, dass es fast 200.000 Jugendliche in Anspruch genommen haben.
Ja, Herr Riemann, das liegt ja ganz einfach daran, wenn man eine hohe Jugendarbeitslosigkeit hat, kann man mit Wahlkampf-ABM auch nichts erreichen. Das müssten Sie doch von 1998 am besten wissen.
… Verbesserungen bei der Altersteilzeit. Es sind Verbesserungen, die bundesweit eingeführt wurden, sowohl für Betriebe unter als auch über 50 Beschäftigten, und die werden auch den Jugendlichen zugute kommen. Ich nenne auch die Beteiligung Dritter bei der Vermittlung gerade von Arbeitslosenhilfebeziehern. Die Verlängerung dieses Programms bis 31.12.2001 wird auch den Jugendlichen helfen. Das strukturelle Kurzarbeitergeld ist auf 2 4 Monate ausgeweitet worden und kommt sicherlich auch Jugendlichen zugute. Und letztendlich ist das Schlechtwettergeld ja als Winterausfallgeld wieder eingeführt worden. Auch dieses wird insbesondere jungen Bauarbeitern zugute kommen.
Im Bündnis für Arbeit auf Bundesebene ist verabredet worden, 40.000 Ausbildungsplätze im IT- und Medienbereich in drei Jahren zu schaffen. Die Weiterbildungsangebote der Bundesanstalt für Arbeit sollen auf 35.000 Plätze bis 2003 ausgeweitet werden mit dem Ziel, in diesem Bereich dann 100.000 Fachkräfte zu gewinnen. Und zuletzt sei erwähnt der Ausbildungsfonds der IT-Branche als Public Private Partnership.
Ein weiterer wichtiger Punkt – ich nenne hier immer nur einige wesentliche Bestandteile der gesamten Problematik – ist die Verbesserung der Qualifikationsstruktur von der Universität hin bis zur Schule, unter anderem durch Patenschaftsverträge von Studierenden, verstärkte Weiterbildung von Berufsschullehrern und mehr Information durch Unternehmen in den Schulen. Insgesamt sollen somit in dieser Branche 250.000 Fachkräfte mehr entwickelt werden. Die Jugend wird auch davon verstärkt profitieren, wobei ich an dieser Stelle gleich der Kritik entgegenwirke: Es ist natürlich immer nur ein Teil von Maßnahmen und für diese gewaltige Jugendarbeitslosigkeit braucht man ein ganzes Bündel.
Ein vierter Punkt ist, glaube ich, im Bündnis für Arbeit recht gut beschrieben worden. Das sind die verbesserten Berufsausbildungschancen für benachteiligte Jugendliche – so heißt es im Fachjargon – vorwiegend als präventive Maßnahme. Hier sind vor allen Dingen bessere Übergänge und Zugänge zu Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit geplant und auch durchgesetzt worden. Unter anderem wird dazu beitragen, dass die Jugendarbeitslosigkeit herabgesenkt werden kann, dass es einfach auch neue Tätigkeitsfelder gibt. Allein sieben neue Berufe in der Tierbranche sind ausgelobt worden. Wir haben in der Dienstleistungsbranche im Bereich Tourismus, Hotel und Gaststätten eine ganze Menge von Beschäftigungsmög
lichkeiten. Ich meine ausdrücklich nicht die geringfügig Beschäftigten oder die minderqualifizierten Jobs, sondern qualifizierte Jobs.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Jugendarbeitslosigkeit brennt uns unter den Nägeln, und das nicht erst seit heute, seitdem auch die CDU dieses Thema für die Aktuelle Stunde im Landtag entdeckt hat.
Fakt ist, dass trotz aller Anstrengungen der Landesregierung und der Fortführung des 100.000-Stellen-Programms der Bundesregierung im August diesen Jahres – und diese Zahl ist offiziell im Arbeitsamtsbericht nachzulesen – 23.041 junge Menschen in unserem Land ohne Arbeit waren, und das ist jeder Fünfte unter 25 Jahren.
Aber, meine Damen und Herren von der CDU, bei der Darstellung der Situation sollten wir auch nicht verschweigen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit Jugendlicher seit 1997 kontinuierlich zurückgegangen ist. Besorgniserregend ist allerdings, dass immer mehr junge Leute, und hier vor allen Dingen Frauen und Fachkräfte, unser Land verlassen. Welche Auswirkungen diese Tendenz auf die Entwicklung unseres Landes haben wird, kann ich an dieser Stelle natürlich nicht ausführen. Ich will nur etwas erwähnen, was ein Kollege neulich einmal zu mir sagte: Unser Land verliert seine Jugendlichen und damit ein Stück seiner Zukunftsfähigkeit und Dynamik, die wir so dringend brauchen, um Veränderungen bewirken zu können.
Wenn wir uns diesem Thema, Herr Rehberg, hier ernsthaft stellen wollen, dann müssen wir uns über die Gründe, die Ursachen und die Alternativen klar werden. Ich habe von Ihnen nicht eine einzige Alternative gehört.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Frau Gramkow, dann haben Sie eben vorhin nicht zugehört.)
Die Strategie der CDU in Ihrer Regierungszeit, auf die Kräfte des Marktes zu setzen, frei nach dem Motto „Der Markt wird es schon richten.“, ist eben nicht aufgegangen. Investitionsförderung von mehreren Milliarden D-Mark, die Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Riemann, eben eingefordert hat, haben eben nicht den gewünschten Zuwachs an Arbeitsplätzen gebracht. Dieses Land sichert auch in diesem und im nächsten Jahr 3 Milliarden Mark an Investitionsförderung. Glauben Sie allen Ernstes, dass durch Investitionen in Infrastruktur, in Schulen,
in Abwasser- und Wasseranlagen die notwendigen Facharbeitsplätze für junge Leute in diesem Land geschaffen werden können?
(Jörg Vierkant, CDU: Nicht gelungen ist nicht wahr. – Wolfgang Riemann, CDU: Ja, Frau Gramkow, dann müssen Sie aber noch weitere zehn Jahre gucken, welche Ursachen das hat.)
Fakt ist, dass sich das Wirtschaftswachstum auch in unserem Land vom Arbeitsmarkt abgekoppelt hat. Dabei unterschätzen wir natürlich nicht die Anstrengungen der kleinen und mittelständischen Unternehmen.