ausreichen würden, was ja wohl in hohem Maße zu bezweifeln wäre, wird auch bei der Erstattung des Bruttoentgeltes natürlich das Unternehmen belastet.
(Reinhard Dankert, SPD: Das hat auch nie einer behauptet, dass wir sie nicht belasten. – Dr. Ulrich Born, CDU: Doch, doch!)
Ich kenne keinen Unternehmer, der nur das an Einnahmen hat, was er seinen Beschäftigten im Lohn wieder zahlt. Ein solches Unternehmen würde sich in wenigen Tagen im Insolvenzfall wiederfinden.
Also insofern halten wir wenigstens das dann zwischen uns fest: Es erfolgt eine deutliche Belastung der Unternehmen dieses Landes.
Und, Herr Dankert, weil Sie es gerade ansprechen, Sie können doch nicht nur diesen Fakt als Belastung ansehen, sondern Sie müssen auch die Kosten für Organisation und für Bürokratie mit erfassen. Auch das ist Belastung.
Und jetzt gibt es das Argument, ich habe es selbst schon gehört: Also, Herr Seidel, regen Sie sich nicht so auf! Das ganze Thema wird doch sowieso überhaupt nicht in Anspruch genommen. Es gibt in den alten Bundesländern drei Prozent der Arbeitnehmer, die nach diesem Bildungsfreistellungsgesetz Urlaub bekommen. Ist doch alles gar nicht so schlimm. Wissen Sie, erstens würde ich die Behauptung wagen, dass dies durch das Hinzufügen des Ehrenamtes bei uns anders aussehen könnte von den Zahlen her.
Und zweitens, wenn es wirklich nur drei Prozent wären, dann, behaupte ich, ist es völlig sinnlos, ein solches Gesetz überhaupt zu erarbeiten.
(Reinhard Dankert, SPD: Sie wollen für die Jagdbetreibenden auch ein extra Gesetz machen. – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.)
Dann sollten wir wirklich sagen, Entbürokratisierung, lassen wir’s und regeln wir hier nicht, was dann gar nicht geregelt werden müsste. Schaut man sich die Signalwirkung des Gesetzes an, so sagte ich für die Wirtschaft schon, hier wird ein falsches Signal gesetzt. Alles spricht von Kostenentlastung. Wir machen Steuerreform. Alle Parteien überbieten sich im Entlasten von Unternehmen.
Auf der anderen Seite, wie Sie sagen, Herr Dankert, belasten wir erneut die Unternehmen mit Regelungen, wie Sie sie hier vorschlagen.
(Dr. Ulrich Born, CDU: Und die öffent- liche Hand ganz massiv. Jetzt ist ja der Wirtschaftsminister wieder da.)
Und wenn wir von Belastungstatbeständen reden, will ich den Ministerpräsidenten – der stellvertretende Ministerpräsident ist ja da –
(Ministerin Sigrid Keler: Ich habe ihn schon gehört, keine Angst. – Harry Glawe, CDU: Ja, ja, und die Finanzministerin ist jetzt auch da.)
(Reinhardt Thomas, CDU: Sie sollten sich entschuldigen. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
Das wäre ganz nett, wenn Sie das mal tun würden, wirklich. Ich schätze Sie ansonsten wirklich, aber in dem Punkt sollten wir uns mal klar in die Augen gucken.
(Ministerin Sigrid Keler: Ja, gerne. – Heiterkeit bei Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das können Sie ja dann auch tun. – Harry Glawe, CDU: Sehr gerne.)
Also, ich möchte noch mal den Ministerpräsidenten ansprechen und mal die Frage stellen: Ist es denn wirklich für uns hilfreich bei einer Diskussion um den Solidarpakt II, bei einer berechtigten Forderung von 300 Milliarden DM,
die da noch Infrastrukturnachholbedarf bestehen, dass wir jetzt – ich betone, jetzt – solche Regelungen als die für uns so furchtbar wichtige Thematik hier in den Mittelpunkt der Erörterung stellen?
Und, meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor. Gucken wir doch mal in das reale Leben! Bieten solche durchaus gut gemeinten gesetzlichen Regelungen die Möglichkeit des Missbrauchs?
Ja, und jetzt schauen wir doch mal in die Fälle hinein, die vor den Gerichten gelandet sind. Und hier will ich nur ein paar Beispiele aufzählen, wenn man da tiefer in die Literatur geht, findet man noch viel mehr:
Zum Beispiel die „Ökologische Wattenmeerexkursion“ für Arbeitsvermittler eines nordrhein-westfälischen Arbeitsamtes,
(Reinhard Dankert, SPD: Jetzt geht die Scheiße wieder los. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oooh! – Zuruf von Heike Lorenz, PDS)
einen Lehrgang „Prag – Stadt der Medien“, Weiterbildungsmaßnahme für Berufsberater in Hessen, Themen wie „Die Liebe – eine Himmelsmacht“ – Sexualität und Beziehungen im Spannungsfeld gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Glücksversprechen, in Marburg, oder
(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Jetzt fehlen nur noch die Bauchtänzer. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)
„Die Reformpolitik in Budapest“ oder „Sylt – Insel in Not“. Fällt denn keinem auf, dass die Orte für solche Veranstaltungen oft in touristisch reizvollen Gebieten liegen?
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen kommen, ich habe das Zeichen gesehen.
Zweitens. Steigt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Weiterbildungsbereitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger?