Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Trotzdem will ich, da dieser infantile Antrag nun einmal vorliegt, dazu etwas sagen,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Und das von einem Mitarbeiter des ZK! Das müssen wir uns sagen lassen!)

allein schon um das Erinnerungsvermögen der Damen und Herren von der CDU etwas aufzufrischen.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Nachdem die CDU nämlich acht Jahre lang die führende Rolle der Regierungspartei übernommen hatte und bis zum Tag, als sie diese dann verlor, es nicht für nötig hielt, sich zur Institution des Bürgerbeauftragten in irgendeiner Weise hier im Landtag zu äußern, hält sie es natürlich nunmehr für erforderlich, eine Entschließung zur Rolle des Bürgerbeauftragten zu verabschieden.

Die Komik und geradezu Albernheit des Antrages liegt schon in der Überschrift, meine Damen und Herren. Das Thema des CDU-Antrages „Rolle des Bürgerbeauftragten“ ist schon von der Formulierung her merkwürdig. Vielleicht meint die CDU gar, wir befänden uns im Staatstheater, denn dort werden bekanntlich Rollen gespielt – komische, tragische, Hauptrollen und Nebenrollen, und die CDU spielt im Augenblick sozusagen eine Schmierenkomödie ab.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Da sind Sie aber der Laienhauptdarsteller.)

Was zur Institution und zum Amt des Bürgerbeauftragten gesagt werden muss, steht, meine Damen und Herren, in der Landesverfassung – da stimme ich mit Frau Mahr völlig überein – und im Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz. Daneben gibt es keine besondere Rolle des Bürgerbeauftragten. Aber es geht ja der CDU auch überhaupt nicht darum, sich über diese Rolle zu äußern, sondern es geht nämlich eher um etwas ganz anderes. Sie möchte erstens die Rolle eines konkreten Bürgerbeauftragten, nämlich ihres Parteifreundes Herrn Jelen, noch einmal hervorheben

(Wolfgang Riemann, CDU: Er hat auch gut gearbeitet. – Dr. Margret Seemann, SPD: Das hat auch keiner bestritten.)

und möchte zweitens die voraussichtliche Nachfolgerin, das heißt nicht die voraussichtliche, sondern die gewählte Nachfolgerin im Amt nachträglich beschädigen.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Lorenz Caffier, CDU: Man hätte ja auch vorher eine Aussprache machen können. Der merkt wohl nichts mehr?!)

Die Boshaftigkeit dieses Antrages liegt doch darin, dass die betreffende Person jedenfalls …

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Den Antrag hat es längere Zeit gegeben, bevor gewählt wurde. Mit diesem Antrag haben Sie ganz bewusst diese Person Frau Lorenz beschädigt.

(Lorenz Caffier, CDU: Da ist nichts mehr zu beschädigen.)

Und was in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit und inszeniert von Ihnen abgelaufen ist, das ist beschämend.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Wir können Ihnen ja mal die Rede zuschicken, die Frau Lorenz gehalten hat!)

Viel mehr ist zu den fünf Punkten der Entschließung sowie zu der Begründung nicht zu sagen.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie haben nicht mal die Größe, Herr Glawe, das zuzugeben. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Man ist erstaunt, wie viel Nichtigkeiten man auf zwei Seiten Papier unterbringen kann.

(Angelika Gramkow, PDS: Sie haben nicht mal die Größe, es zuzugeben. – Harry Glawe, CDU: Das ist so.)

Ich erinnere mich allerdings lebhaft daran, wie gerade Ihre Fraktion, die Fraktion der CDU, und auch in Gestalt des real existierenden damaligen Mitglieds in der Verfassungskommission, der war später dann auch Amtsinhaber, in den Beratungen der Verfassungskommission bis zum Schluss gemauert hat. Herr Prachtl wird es bestätigen können, er hat ja diese Kommission geleitet. Sie wollten keinen Bürgerbeauftragten als Verfassungsinstitution und dann, wenn er schon gewählt werden sollte, ihm möglichst die Zähne ziehen, ihm möglichst keine Kompetenzen zukommen lassen. So war die Situation. Die CDU wünschte einen braven Stubentiger.

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, PDS)

Und dann setzte die CDU schließlich durch, dass kraft Einführungsgesetz – und das wissen die meisten schon nicht mehr –, dass kraft Einführungsgesetz der Artikel 36 vom In-Kraft-Treten suspendiert und die Verfassungsinstitution des Bürgerbeauftragten verriegelt wurde. Der Bürgerbeauftragte konnte nicht gewählt werden, weil die CDU es wollte. Und warum wollte sie es? – Sie wollte ihren Herrn Schulz, dem man einen Posten zugeschanzt hatte, der gut dotiert war, im Amt halten. Und erst 1994 konnten wir tatsächlich den Bürgerbeauftragten wählen. Das wollen wir doch alles mal hier festhalten!

Die CDU mauerte fleißig weiter. Sie sorgte vor allem dafür, dass das Gesetz, auf dem wir uns bewegen,

(Lorenz Caffier, CDU: Der kann alles verdrehen.)

erst 1995 beschlossen wurde.

(Lorenz Caffier, CDU: Kopfschuss!)

Warum das so war, ist ganz klar.

(Angelika Gramkow, PDS: Herr Caffier, Sie schämen sich wohl nicht?! – Lorenz Caffier, CDU: Warum?)

Es lag im wohl verstandenen Eigeninteresse.

Und es ist schon sehr komisch, wenn die CDU in Punkt 2 davon spricht, dass Herr Jelen dieses Amt unabhängig und überparteilich geprägt hätte, und zwar nachdem es aus dem Exekutivbereich ausgegliedert worden war. Nein, meine Damen und Herren, der überparteiliche und unabhängige Status des Bürgerbeauftragten ist ganz unabhängig von einer Prägung durch Herrn Jelen oder auch von Herrn Schulz kraft Verfassung festgelegt, allerdings in kräftiger Auseinandersetzung mit der CDU in der Verfassungskommission.

Gewiss sind auch wir der Auffassung, dass Herr Jelen sein Amt gut geführt hat.

(Beifall Heike Lorenz, PDS)

Und dafür, das will ich hier an der Stelle sagen, danken wir ihm auch heute noch einmal.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Aber ich sage es auch ganz deutlich, dafür brauchen wir keine Gruß- und Dankesadresse des Landtages. Dafür ist der Landtag nicht da, um Lobpreisungen und Danksagungen zu verabschieden.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Vielleicht schlagen Sie ja gelegentlich sogar mal eine Ehrung einer Ihrer Lieben vor,

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

meinetwegen als Fackelzug. Das wäre dann einsame Spitze. Herr Jelen hätte es vielleicht sogar verdient.

(Angelika Gramkow, PDS: Richtig.)

Kurzum, was die Lyrik über die Rolle des Bürgerbeauftragten betrifft, so nehme ich Ihnen einen plötzlichen Sinneswandel nicht ab. Ich könnte niemandem widersprechen, der sagt, die CDU heuchelt.

Nun noch ein paar Sätze zu dem, was Sie zur Amtsführung des Bürgerbeauftragten sublimiert haben.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ehrt uns.)

Der Kern des Amtes des Bürgerbeauftragten ist die Unabhängigkeit.

(Wolfgang Riemann, CDU: Frau Lorenz wird parteilich sein.)

Kraft Verfassung hat der Bürgerbeauftragte die Rechte der Bürger zu wahren

(Heike Lorenz, PDS: Woher nehmen Sie das, Herr Riemann?)

und in sozialen Angelegenheiten Beratung und Unterstützung zu geben. Und nun behaupten Sie, meine Damen und Herren, in dem völlig abstrusen Punkt 5 in einem Kauderwelsch ohnegleichen – ich gebe die Worte