Protokoll der Sitzung vom 31.01.2001

(Harry Glawe, CDU: Toll!)

Schön beispielsweise, dass ein Gutachten notwendig war: „Erarbeitung von Verfahrenshinweisen zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung gemäß Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume“

(Minister Dr. Wolfgang Methling: FFH.)

„sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen und Paragraph 19 c Bundesnaturschutzgesetz“. Herzlichen Glückwunsch! Das Gutachten liegt seit einem Jahr vor. Es dient der „verwaltungsinternen Entscheidungsfindung. Das Gutachten dient der Erarbeitung eines Erlasses des Umweltministers.“ Das Gutachten ist da, 60.000 DM sind ausgegeben, was noch immer fehlt, ist schlicht und einfach der Erlass, der ja so unglaublich wichtig ist.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das wissen wir aus der langen und intensiven Diskussion, die hier im Parlament um die FFH-Richtlinie geführt wurde im vergangenen Jahr bis in dieses Jahr hinein.

Meine Damen und Herren, hierin steckt doch System: Diese Landesregierung erklärt ein Thema zum wichtigsten der Welt. Sie kündigt Handlungen an, damit dieses Thema zum Wohle des Landes geklärt wird. Dann weiß sie nicht, wie es geht, dann kündigt sie ein Gutachten an. Dieses Gutachten soll der unglaublich demokratischen und unglaublich weit verzweigten Diskussion gelten. Diese Diskussion wird dann, siehe Umweltausschuss vor 14 Tagen, als vertraulich deklariert.

(Wolfgang Riemann, CDU: Na toll!)

Die verschiedenen Ressorts kommen hin und her und nicht zu Potte. Und schließlich soll das Thema im Sande verlaufen,

(Peter Ritter, PDS: Das war eine sehr interessante Diskussion. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

damit bloß nicht das Prima-Klima in dieser Koalition gefährdet wird. Im Ergebnis ist das Geld weg, die Regierung zeigt Aktionismus, aber keine Aktionen, und die Menschen im Land schauen in die Röhre.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Das gleiche Spiel passiert hier mit SPD und PDS im Landtag. Da wird ein Problem an die Wand gemalt, das es zu klären gilt.

(Heiterkeit bei Monty Schädel, PDS – Barbara Borchardt, PDS: Wir beschmieren keine Wände.)

Doch können SPD und PDS sich nicht auf eine gemeinsame Aussage einigen. Ich kann Ihnen das nachvollziehen, ich habe selbst auch schon mal in zwei Koalitionen mitgearbeitet.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das ist schwer. Aber weil es für Sie zu schwer ist, Sie sich einer gewissen Peinlichkeit jedoch nicht aussetzen wollen, weil das Thema überhaupt nicht diskutiert wird,

(Wolfgang Riemann, CDU: Weil sie nicht zu Lösungen kommen wollen.)

einigen Sie sich zumindest auf einen Bericht. Und dann passiert das, was ich mittlerweile als skandalös empfinde: Der Bericht kommt nicht oder er kommt verspätet, wenn alles vorbei ist.

Da ist zum Beispiel das Rüschmann-Gutachten, das derzeit diskutiert wird, über die Situation der Krankenhäuser.

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

Dies war eigentlich geplant als Grundlage für den Krankenhausplan. Jetzt ist der Krankenhausplan verabschiedet und das Rüschmann-Gutachten kommt hinterher. Was sind denn das für Mechanismen, meine Damen und Herren Kollegen Abgeordnete?!

(Unruhe bei den Abgeordneten – Andreas Bluhm, PDS: Da bringen Sie aber was durcheinander.)

Exemplarisch …

(Unruhe bei den Abgeordneten – Harry Glawe, CDU: Das kommt nur ein Jahr zu spät.)

Exemplarisch haben wir …

(Unruhe bei den Abgeordneten – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU – Barbara Borchardt, PDS: Nun lasst ihn doch mal reden! – Harry Glawe, CDU: Jetzt kann es doch erst mal zwei Jahre abgebunkert werden bis ins Jahr 2003. – Glocke des Präsidenten – Harry Glawe, CDU: Das hat Frau Bunge alles im Schreibtisch.)

Lassen Sie den Redner reden!

Exemplarisch haben wir einfach mal in dieses Nest hineingegriffen und die Unterrichtungen der Landesregierung zu drei von SPD und PDS beantragten und hier vom Haus einmütig geforderten Berichten gegriffen:

Bericht zur Sucht- und Drogenprävention sowie Bekämpfung der Drogenkriminalität. Am 25. Mai hat dieser Landtag bei Enthaltung der Stimmen der Union einen Bericht zur Konzeption der Landesregierung über Maßnahmen zur Sucht- und Drogenprävention sowie zur Bekämpfung der Drogenkriminalität verlangt. Also es wurde noch nicht einmal das Konzept als solches erwartet, sondern nur ein Bericht zum Konzept. Kollegin Seemann begründete die Notwendigkeit des Berichtes in drastischen Worten: „In besorgniserregendem Maß nimmt die Sucht- und Drogenproblematik in Deutschland insgesamt und auch in Mecklenburg-Vorpommern zu und führt zu schweren individuellen und gesamtgesellschaftlichen Schäden.“ Hier herrscht also Handlungsbedarf. Und was macht die Landesregierung? Sie schreibt mit Datum vom 12.12.2000: „Der Bericht befindet sich gegenwärtig in der Ressortabstimmung.“ Frage: Was macht die Regierung überhaupt?

(Barbara Borchardt, PDS, und Peter Ritter, PDS: Ressortabstimmungen.)

Ich hätte eigentlich erwartet, dass sie in der Mitte der Legislaturperiode in der Lage wäre, eine Konzeption

umzusetzen. Jetzt braucht sie drei Monate, um einen Bericht darüber zu schreiben, wie die Konzeption aussehen soll. Ein Skandal sondergleichen!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Im Herbst und Winter 1999 hatten wir alle gemeinsam guten Grund, über die Gestaltung des Strafvollzugs zu diskutieren. Wir haben verschiedene Gesetzentwürfe hier vorgelegt. Kollege Schoenenburg begründete die Notwendigkeit einer Hoffnung.

(Barbara Borchardt, PDS: Der ist nicht da.)

Zitat: „Wir hoffen, daß die Landesregierung mit dem auszuarbeitenden Konzept für den Strafvollzug den programmatischen Gedanken des Ministerpräsidenten aus seiner Regierungserklärung vom 2. Dezember 1998 folgt. Ich zitiere: ,In unseren Justizvollzugsanstalten wollen wir einen menschenwürdigen, vor allem aber auch sicheren Strafvollzug.’ Das sollte die Richtung sein, in die das Konzept geht.“ Also sollte dieser Bericht bis zum 31.12.2000 vorgelegt werden. Mittlerweile haben wir das Psychischkrankengesetz geändert. Mittlerweile haben wir eine Situation, in der das Justizministerium Aufgaben vom Sozialministerium übernommen hat. Ich hatte tatsächlich gedacht, dass Teil des Konzeptes der Landesregierung die Übernahme des Maßregelvollzugs aus dem Sozialministerium in das Justizministerium ist.

(Harry Glawe, CDU: Irrtum. – Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Das heißt, dass es doch möglich gewesen wäre, darüber hier in diesem Landtag zu berichten. Jetzt lese ich in der Unterrichtung der Landesregierung zu diesem Bericht, dass es nicht so ist, dass diese Kabinettsverlagerung Teil des Konzepts ist, sondern dass diese Verlagerung dazu führt, dass kein Konzept erarbeitet werden kann. Zitat aus der Unterrichtung: „Grund für die Verzögerung ist die kurzfristige Übernahme des Maßregelvollzugs durch das Justizministerium und der damit verbundenen außerordentlichen Beanspruchung der auch für diesen Bericht zuständigen Abteilungen.“ Anstatt sich also um den Strafvollzug zu kümmern, kümmern sich die Abteilungen um den Umzug.

Höhepunkt allerdings ist die Fortschreibung des Landesaltenplanes. Die Rentendiskussion ist in aller Munde, die demographische Entwicklung ist in aller Munde. Wir sind eine Gesellschaft, in der der Lebensbaum auf den Kopf gestellt ist. Der Landtagspräsident hat sich entschlossen, deshalb ein Alten- und Seniorenparlament einzurichten. Einstimmig wurde beschlossen, „den Landesaltenplan fortzuschreiben und konkrete Schlussfolgerungen für die zukünftige Seniorenpolitik abzuleiten“. Die Fortschreibung sollte im zweiten Halbjahr 2000 vorgelegt werden. Dieser Beschluss erfolgte am 16. September 1999. Es waren also sage und schreibe 15 Monate Zeit, den Bericht vorzulegen. Stattdessen schreibt am 12. Dezember 2000 die Landesregierung, sie brauche noch Zeit bis zum vierten Quartal 2001. Das ist sage und schreibe eine Verlängerung um ein ganzes Jahr.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Reinhardt Thomas, CDU)

Begründet wird dies damit, dass das Landesaltenparlament einbezogen werden soll. Frau Sozialministerin, der Landtagspräsident ist gerade dabei, das zweite Landesaltenparlament einzurichten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Na toll! – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Das erste Landesaltenparlament hat seine Forderungen auf den Tisch gelegt. Da ist die Arbeit längst beendet. Mit welchem Landesaltenparlament wollen Sie sich abstimmen? Mit dem vierten, dem fünften oder dem sechsten?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Die Forderungen sind da. Die Forderungen sind da und Sie müssen sich positionieren. Was Sie tun, ist verzögern und vertagen. Wer bis zum 31. Dezember 2001 erst den Bericht vorlegen will,

(Sylvia Bretschneider, SPD: Wo waren denn Ihre Vertreter, als die getagt haben?)

der kann ihn doch gar nicht mehr umsetzen. Im Herbst 2002 werden wir wählen.

Meine Damen und Herren, ich könnte dieses fortsetzen. Ich bitte nur alle Abgeordneten dieses Landtages, mal über das Selbstverständlichste des Parlamentes gegenüber der Landesregierung,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und die Landesregierung darum, über das Selbstverständnis der Landesregierung gegenüber dem Parlament nachzudenken. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.