Sicherheitskonzept Nordsee wurde der Hochseeschlepper „Oceanic“ als Sicherheitsschlepper vor Helgoland stationiert. Hinzu kommen die Mehrzweckschiffe „Mellum“ und „Neuwerk“ sowie vier leistungsfähige Spezialkatamarane mit speziellen Ölskimmern, die Öl bis zu einer Wellenhöhe von 1,5 Metern aufnehmen können. Radarüberwachung und Lotsenpflicht bestehen übrigens seit Jahren.
Wie sieht die Bilanz in der Ostsee für Mecklenburg-Vorpommern fast zweieinhalb Jahre nach der „Pallas“-Katastrophe aus? Wir haben keine Mehrzweckschiffe mit Notschleppkapazität. Wir haben keinen Sicherheitsschlepper, keine Radarüberwachung des Schiffsverkehrs in der Kadet-Rinne und vor Rügen, keine Lotsenpflicht, keinen Vertrag mit Polen. Es gibt nicht einmal eine Vereinbarung für den verkehrsbezogenen Feuerschutz zwischen Bund und Mecklenburg-Vorpommern. Und Sie stellen sich hier hin und sagen, Sie haben alles getan. Das kann doch wohl nicht wahr sein!
(Beifall Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Minister Dr. Wolfgang Methling: Na Sie erzählen ja wieder was, Herr Thomas!)
Wir haben keinen Vertrag mit privaten Schleppreedereien, kein realistisches Übungskonzept zur Vorbereitung auf Katastrophen, kein Nothafenkonzept, keine verschärften Hafenstaatkontrollen. Dafür gibt es einen Umweltminister, der alle unsere Initiativen abgelehnt und nach dem Auflaufen der „Friendly Ocean“ am Samstag wieder einen Brief an den Bundesverkehrsminister geschrieben hat.
(Minister Dr. Wolfgang Methling: Nein, das habe ich nicht. – Wolfgang Riemann, CDU: Der Landespostminister.)
(Wolfgang Riemann, CDU: Man kann ja klüger werden, hat Adenauer gesagt. – Gerd Böttger, PDS: Aber Sie nicht, Herr Riemann, Sie nicht! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Unruhe bei Wolfgang Riemann, CDU)
Wir haben Ihnen gesagt, dass es nicht genügt, ein paar Tonnen zu versetzen. Die „Friendly Ocean“ beweist unsere Auffassung.
Und übrigens, das ist die Regierungsbank. Ich möchte doch bitten, dass hier mal ein Ordnungsruf erteilt wird.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Beifall Dr. Christian Beckmann, CDU – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
Das kommt, ersetzt aber keine Radarüberwachung und kann übrigens auf Substandardschiffen abgeschaltet werden.
Und wenn Sie sagen, ich lüge, dann lesen Sie die Protokolle nach, was wir gefordert haben. Wenn Sie als Umweltminister sich hinstellen und sagen: „Sie lügen“, dann ist das eigentlich nur peinlich für Sie.
Fast zweieinhalb Jahre nach der „Pallas“-Katastrophe ist dieser Brief der politische Offenbarungseid dieser Landesregierung in Bezug auf ein nationales Sicherheitskonzept Ostsee. Briefe schreiben, bis es knallt, das ist Ihr Konzept.
(Beifall Eckhardt Rehberg, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU – Lutz Brauer, CDU: Die Verkehrsminister wechseln so oft.)
Seit Montag verkünden SPD-Fraktion und Umweltminister dreist unsere Vorschläge, die sie bislang hier im Landtag und öffentlich abgeschmettert haben. Wie nennt man denn so was?
(Wolfgang Riemann, CDU: Wendehälse. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heidemarie Beyer, SPD)
Wenn wir es positiv sehen, haben Sie anderthalb Jahre gebraucht, um die Probleme zu erkennen. Die Zeitbombe vor unserer Haustür tickt schneller, als Sie denken können und handeln wollen, das ist unser Problem. Die Katastrophe, die Schiffshavarie, die Kollision, das Großschadensereignis sind unausweichlich. Entscheidend für das Überleben unserer Küstenregion ist, wie sind wir darauf vorbereitet, was benötigen wir zukünftig für die effektivere Bekämpfung von Großschadensereignissen bei extremsten Wetterlagen auf See, ich betone, bei extremsten. Während Sie als Regierung tatenlos warten, bis es knallt, machen wir uns Gedanken, suchen neue Wege und die Öffentlichkeit, um die Katastrophe zu vermeiden, die 10.000 Existenzen an unserer Küste vernichten würde. Die Zeit ist beim Sicherheitskonzept Ost- und Nordsee unser größter Gegner. Wir haben sie einfach nicht. Deswegen unser Antrag, mit dem wir in kürzester Zeit auf die zukünftige Bekämpfung von Großschadensereignissen zugeschnittene moderne Sicherheitsschiffe in der Nordund Ostsee stationieren könnten.
Die Entwicklung im Schiffsverkehr geht in Richtung Großcontainerschiffe, Großfähren und Großtanker, die mit bis zu 120.000 Tonnen in die Ostsee einlaufen werden, sowie Passagierschiffe mit 2.000 bis 5.000 Personen an Bord. Auf unzähligen mittleren Spezialschiffen bis zu
30.000 Tonnen wird Gefahrengut vor allem auf der Ostsee transportiert. Der Schiffsverkehr im Nadelöhr Kadet-Rinne ist schon jetzt größer als in der Deutschen Bucht. Wir benötigen Spezialschiffe, die als Sicherheitsschlepper Großschiffe auf den Haken nehmen und bei jedem Wetter abschleppen können, auch in der Ostsee – und sie werden nicht mit einem Pfahlzug von 50 Tonnen einen Aframax-Tanker bei Sturm abschleppen können,
wer Ihnen das erzählt, der lebt fernab jeder Realität –, Schlepper, die auf Grund gelaufene Schiffe runterziehen können, eine große Anzahl von Personen retten und auch in explosiven Atmosphären arbeiten und löschen können. Im Übrigen, nicht mal diesen Vertrag zwischen Bund und Land haben Sie in zwei Jahren zustande gebracht. Die deutschen Mehrzweckschiffe entsprechen weder den heutigen noch den zukünftigen Aufgaben für ein effektives präventives Sicherheitskonzept Ost- und Nordsee. Das sind technisch zwar hochgezüchtete Tonnenleger des Bundes, die aber im Ernstfall, und das zeigte die „Pallas“Katastrophe, leider versagen.
Der Bau des geplanten Mehrzweckschiffes „Rügen“ müsste aus diesem Grunde verhindert werden. Das liegt in unserem Interesse. Der Bund wirft hier über 100 Millionen DM zum Fenster raus, die er mit unserem Vorschlag sparen könnte
beziehungsweise für die Entwicklung der seegangsunabhängigen Ölskimmer an der TU Berlin, die Öl bis zu einer Wellenhöhe von sechs Metern aufnehmen, verwenden könnte.
Diese Gelder sind auch viel besser angelegt für die Fortentwicklung des Rostocker-Uni-Patentes eines Schäumers, der bei jedem Wetter eine physikalische Verbindung mit Öl auf See eingeht. Die Sicherheitsschiffe beziehungsweise Sicherheitsschlepper einerseits und die seegangsunabhängigen Ölskimmer sowie die Schäumer – ich denke, das ist die zukunftsorientierte Technologie für unser nationales Sicherheitskonzept in Ost- und Nordsee.
Die Holländer setzen seit Jahren mit ihrem Sicherheitsschlepper „Wakaer“ und die Briten mit dem Sicherheitsschlepper „Far-sky“ mit Erfolg auf ein solches Konzept. Das Sicherheitsschiff muss circa 19 Knoten, bei schlechtem Wetter mindestens 12 Knoten laufen, um in akzeptabler Zeit am Havarieort zu sein, und 180 Tonnen Pfahlzug wie die „Oceanic“ besitzen. Ansonsten können Sie nämlich bei Sturm auch keinen Aframax-Tanker in der Ostsee halten. Die 30-jährige „Oceanic“ läuft bei Sturm noch heute 12 bis 14 Knoten, normal 18 bis 19 Knoten. Nur mit diesen Parametern konnte die „Oceanic“ im Dezember 1999 die Strandung der „Lucky Fortune“ vor Sylt und damit eine riesige Umweltkatastrophe verhindern. Die „Mellum“ kann ab Windstärke 9 nicht mehr auslaufen. Sie wissen doch, dass es da einige Umbaumaßnahmen gab, denn da hätte es fast ein paar Tote gegeben. Die Wunderwaffe „Neuwerk“ läuft bei Sturm deutlich unter 10 Knoten und sie besitzt bei Schlechtwetter schlechte Notschleppeigenschaften. Der Bau einer neuen „Neuwerk“ ist damit nur im Interesse des Bundes, nicht aber im Interesse der fünf norddeutschen Bundesländer und schon gar nicht im Interesse Mecklenburg-Vorpommerns. Das wäre die Fortsetzung des überholten Nachsorgekonzeptes des Bundes.
An unseren sachlich fundierten Vorschlägen für ein effektives Sicherheitskonzept Ost- und Nordsee kommen Sie auch in Zukunft nicht vorbei. Sie greifen doch heute unsere Vorschläge auf, lehnen sie erst ab und tun so, als wären es Ihre Ideen. Dann arbeiten Sie doch gleich mit uns zusammen!
Dazu gehört unter dem vorhandenen Zeitdruck das Vorhalten der schon konzipierten Sicherheitsschiffe in der Nord- und Ostsee. Ergänzend dazu sind Mittel für die Entwicklung bis zur Serienreife der seegangsunabhängigen Ölskimmer auf Katamaranen sowie für den Schäumer, der bei allen Wetterlagen eingesetzt werden kann, zur Verfügung zu stellen. Dafür und für unseren Antrag, zu dem es zurzeit keine Alternative gibt, sollten Sie sich engagieren. Wir haben diese Zeit nicht. Wenn wir so weitermachen, sage ich Ihnen, dass wir in drei bis vier Jahren vielleicht ein Schiff hier haben. Aber drei bis vier Jahre, das ist zu lange. Das Tempo, mit dem Sie und der Bund das Problem anpacken, genügt einfach nicht.
Das ist Stillstand und Tatenlosigkeit, die unvermeidlich in die Katastrophe führt. Bundes- und Landesregierung haben nach der „Pallas“-Katastrophe bewiesen, dass es offenbar erst knallen muss, bevor Sie sich wirklich bewegen. Sie bewegen sich, wie das alte Sprichwort sagt, zu wenig und viel zu spät. Das ist ja die bittere Erkenntnis all derer, die die Ölkatastrophen erlebt haben. Ich erinnere an den „Exxon-Valdez“-Spruch: „Wenn du denkst, Sicherheit ist teuer, dann lass es zum Unfall kommen.“ Die am Samstag in der Kadet-Rinne aufgelaufene „Friendly Ocean“ hatte viermal mehr Treibstoff an Bord als die „Pallas“, circa 1.700 Tonnen.
Das wäre die Katastrophe an unserer Küste gewesen. Wie viel Glück, glauben Sie, haben wir denn noch mit Tatenlosigkeit und verspäteten Erkenntnissen? Wir finden es ja gut, dass Sie unsere Vorschläge aufgreifen in Ihrer Presseerklärung,