Das Konzept des Bundes, dass Sicherheitsaspekte höher gewichtet werden als Kostengesichtspunkte, wird mit jährlichen Kosten von insgesamt 20 Millionen DM verbunden sein. Dies sind doppelt so hohe Kosten wie gegenwärtig für die Charterung der „Oceanic“ aufgewandt werden. Diese Mittel werden jedoch erforderlich und dadurch gut begründet, dass bisher für die Ostsee keine Vorhaltung von staatlicher Notschleppkapazität erfolgte.
Dass der Bund bei diesem Kostenumfang eine finanzielle Beteiligung der Küstenländer an den Maßnahmen der Notfallvorsorge in Erwägung zieht, war zu erwarten. Ich denke, bei der hohen politischen Bedeutung kann sich das Parlament letztendlich einem solchen Ansinnen nicht vollständig verschließen. Der Bund ist auf alle Fälle seinerseits schon finanziell initiativ geworden und hat in seinem Haushalt für das Jahr 2002 die Mittel für die Planung eines neuen Mehrzweckschiffes eingestellt. Dieser Neubau soll 2004 – ich hatte das hier auch schon einmal dargestellt – in Dienst gestellt werden.
Herr Professor Methling, in Ihrer vorangegangenen Rede, aber auch eben wieder sprachen Sie von einem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff mit Stationierung in Stralsund und einer Notschleppkapazität von 40 Tonnen. Ist das das Schiff, was 2004 in Dienst gestellt wird? Wann soll es in Stralsund stationiert werden? Und die zweite Frage wäre: Wann werden die beiden vorgesehenen Schlepper, 80 Tonnen und 40 Tonnen, in Warnemünde und Usedom gechartert werden? Wann ist damit zu rechnen, dass diese Verträge realisiert werden?
Also, was die erste Frage betrifft, habe ich sie beantwortet. Es handelt sich um das Schiff, was unter dem Namen „Strelasund“ schon gehandelt wird als ein solches Bekämpfungsschiff, das mit Notschleppkapazität noch nachgerüstet wird. Was die
beiden anderen Schlepper betrifft, hoffe ich, dass ich morgen eine Antwort bekommen kann vom Bundesverkehrsministerium. Mir liegt also bisher nur diese schriftliche Aussage vor.
Zur Frage der Notschleppkapazität hatte ich mich geäußert. Nun, meine Damen und Herren, ein paar Ausführungen zum Weitbereichsradarsystem.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern fordert weiterhin die Installation eines solchen Weitbereichsradarsystems, obwohl die Bundesregierung dazu teilweise eine andere Haltung bezogen hat, wie Sie wissen. Ich habe aus diesem Grunde für die morgige Umweltministerkonferenz Nord einen Antrag gestellt, nach dem die Umweltminister der Küstenländer weiterhin an ihrer Forderung zur Errichtung eines Weitsichtradars zur Überwachung kritischer Verkehrswege in der Ostsee, also insbesondere in der Kadet-Rinne, festhalten.
Gleichzeitig, so die Forderung im Antrag, bitten sie den Bund zu prüfen, ob durch die Bundeswehr genutzte Einrichtungen zur Radarüberwachung im Bereich der Ostsee auch für den zivilen Schiffsverkehr in besonders gefährdeten Gebieten der Ostsee zum Einsatz gelangen können. Ob und in welchem Umfang das durch das Bundesverteidigungsministerium zugesagt werden kann, vermag ich derzeit nicht einzuschätzen. Dass es nicht ganz so einfach ist, ist, glaube ich, uns allen klar. Ich glaube, es ist etwas schwieriger, als Herr Thomas es erwartet. Gleichwohl würde ich darin einen sehr nutzbringenden Schritt der Konversion sehen. Insofern habe ich bereits im Vorfeld auch den heute hier in dem Antrag vorgelegten Vorschlag umgesetzt. Als wir die Tagesordnung für die Umweltministerkonferenz Nord festgelegt haben, habe ich bereits diesen Inhalt dort vorgetragen, nicht wissend, dass heute ein solcher Antrag hier aufgesetzt wird.
Ich möchte außerdem zum Thema Weitbereichsradar noch anmerken, dass sowohl die Landesregierung wie auch die Konferenz der Ministerpräsidenten, die am 05.04.2001 in Berlin stattgefunden hat, die Einrichtung eines Weitbereichsradars gefordert haben, weil sie darin eine wichtige Ergänzung des AIS-Systems sehen. Darin unterscheiden wir uns von der Bundesregierung, die meint, dass es ein Auslaufmodell ist. Wir vertreten diese Auffassung nicht, sondern wir sind der Auffassung, dass es eine wichtige Ergänzung ist, denn mit dem Weitbereichsradar ist eine von Transpondersignalen unabhängige Ortung möglich. Es werden Fahrzeuge erfasst, die nicht der AIS-Ausrüstungspflicht unterliegen. Sie wissen, das sind Schiffe erst ab einer Größenordnung über 300 Bruttoregistertonnen. Bei einer kurzfristigen Einführung wäre schon sehr zeitnah eine Erfassung der Schiffsbewegungen unabhängig von der langfristigen Ausrüstung der Schiffe mit AIS, die bekanntlich erst bis 2008 abgeschlossen sein wird, möglich. Insofern kann ich auch hier sagen, Herr Thomas, wir vertreten eine einheitliche Auffassung. Wie es denn letztlich umzusetzen ist, das wird wohl ein schwieriger Prozess sein. Ich hoffe, dass wir dieses sehr schnell erreichen können. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der jetzt hier zur Diskussion stehende Antrag ist eigentlich genau das, was ich heute früh oder vorhin angesprochen habe, was nicht in der Zielstellung des interfraktionellen Antrages abgedeckt ist. Das heißt also, wir haben heute grundsätzlich doch zu einem guten Einvernehmen gefunden. Die Teildiskussionen gehören hier nicht mehr her. Ich halte dieses Auftreten und dieses nur Verwenden des Aktionismus im Plenum für nicht dienlich.
Und das will ich Ihnen ganz klar sagen, Herr Thomas, Sie haben es versäumt in der Vergangenheit, sich im Umweltausschuss wirklich einzubringen. Das sind Dinge, die man dort erfragen kann, die man dort diskutieren kann in Anwesenheit von Vertretern des Umweltministeriums und, und, und.
Aber es bringt uns nichts, hier im Plenum diese Dinge zu diskutieren, wo niemand davon überhaupt etwas versteht.
Das ist nicht Allgemeinbildung und das ist auch nicht Schulbildung. Ich habe eigentlich erwartet, dass Sie den Antrag zurückziehen. Da das nicht passiert ist und wir heute hier darüber diskutieren, sage ich Ihnen: Meine Fraktion ist nicht gewillt, diese Plattform, die wir heute gemeinsam erreicht haben, zu verlassen und wieder ins Detail zu gehen. Wir werden den Antrag einschließlich des Änderungsantrages deswegen ablehnen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Eben gerade wollten Sie ihn noch in den Umweltausschuss überweisen.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Aktionen des Umweltausschusses haben nicht nur bei uns etwas Kopfschütteln hervorgerufen. Und ich hatte Ihnen schon mal gesagt, das tangiert doch den Bereich Katastrophenschutz, also das Innenministerium. Und so viel konnten wir bislang von Ihnen leider nicht lernen, Herr Dr. Klostermann.
Der Einsatz der Bundeswehr für den Katastrophenschutz ist nicht neu. Nach der Havarie des Tankers „AnneMildred Bovig“ nach einer Kollision in der Deutschen Bucht 1966, bei der 15.000 Tonnen Rohöl ausliefen, haben Bund und Länder ein gemeinsames Vorsorgekonzept beschlossen. Gefahren gingen von der Schifffahrt
und den Ölförderanlagen in der Nordsee aus. 1969 folgte das Bonn-Übereinkommen. Für die Ostsee wurde 1974 das Helsinki-Abkommen geschlossen. National folgte 1975 ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Küstenländern. 1980 wurde erstmals über ein Systemkonzept mit flugzeuggestützten Ölerkennungsgeräten gesprochen. Heute ist es so, dass über eine Vereinbarung mit dem Bundesverkehrsministerium Flugzeuge vom Typ Do 228, die auch bei der „Pallas“-Havarie im Einsatz waren, diese Überwachung im Auftrage des Bundesverkehrsministeriums übernehmen. Auch der SAR-Dienst wird vom Verteidigungs- und Verkehrsministerium gemeinsam wahrgenommen.
Zu dem Führungsinformationssystem der Marine gehört die so genannte Küstenradarorganisation. Zu Zeiten des Kalten Krieges bestand diese Küstenradarorganisation aus einer Radarortungsstelle auf Fehmarn, die an die Radarketten der Überwachung der Deutschen Bucht angebunden war. Über das zentrale Führungssystem liefen also alle zivilen und militärischen Radarbilder sowie Zieldaten. Die Küstenradarorganisation einschließlich des auf die Erfordernisse der Ostsee zugeschnittenen Führungssystems existiert unverändert. Sie wurde nur aus finanziellen Gründen heruntergefahren.
Aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Verteidigungs- und Verkehrsministerium im Rahmen der Amtshilfe für den Katastrophenschutz wäre die Nutzung vorhandener Kapazitäten der Küstenradarorganisation zur Überwachung der sensiblen Seegebiete vor unserer Küste also sehr nahe liegend. Ich glaube, es gibt eine Chance, das durchzusetzen. Technisch ist es aus meiner Sicht kein Problem, diese Radarüberwachung des Schiffsverkehrs von jedem geeigneten Punkt aus zwischen Fehmarn und Rügen von der Bundeswehr durchführen zu lassen. Es gibt – ich sagte es schon – die 3-DRadargeräte, mit denen gleichzeitig eine große Anzahl von Schiffs- und Luftbewegungen überwacht werden können.
Es gibt mobile Radargeräte der Bundeswehr auf Fahrzeugen sowie das Nahbereichsradar im Dreizentimeterbereich mit 20 Seemeilen Reichweite.
Auch die Verlegung der vorhandenen Technik in die Ostsee oder nach Warnemünde, wie auch immer, wäre unter Umständen möglich. Die Entscheidung, wie gesagt, muss die Bundeswehr treffen. Ich sehe gute Chancen. Selbst wenn der Antrag hier abgelehnt wird, haben wir ja gehört, dass das über das Ministerium vorangetrieben wird. Ich glaube nicht, Herr Dr. Klostermann, dass Sie dem Ministerium diesen Tipp gegeben haben.
Ergänzt werden sollte die Radarüberwachung, wenn sie denn so durchkommt, durch einen in Warnemünde neu zu errichtenden Meldekopf sowie die Stationierung von Meldepunkten vor den Ein- und Ausfahrten aus den Verkehrstrennungsgebieten, einschließlich der Kadet-Rinne. Damit und mit der zentralen Auswertung der Radarbilder wie im Bereich der Deutschen Bucht hätten wir endlich in der Ostsee die von allen Experten und von Ihnen ja auch unterstützte Radarüberwachung.
Für Weitbereichsradar – und das sagten Sie und da gibt es ja Gott sei Dank eine gemeinsame Linie – müssen wir uns gemeinsam stark machen, weil der Bundesverkehrsminister Bodewig darauf verzichten will. Seiner Presseerklärung vom 1. Juni ist zu entnehmen, dass er nur auf das Schiffserkennungs- und Identifikationssystem AIS setzt. Das ist und kann aber nur eine Ergänzung des Weitbereichsradars sein.
Es gibt übrigens aus Dänemark ernst zu nehmende Hinweise, dass die Ausweitung der Lotsenpflicht für den Großen Belt über den Fehmarnbelt weiter durch die Kadet-Rinne geplant ist. Da Dänemark nach dem Auflaufen der „Clement“ seinen gesamten Katastrophenschutz See der Marine unterstellt hat, könnten wir mit Lotsenpflicht bis Höhe Darßer Ort und gemeinsamer Radarüberwachung unter Einbeziehung der Station Gedser Odde in kürzester Zeit die Zeitbombe Kadet-Rinne, denke ich, mit dieser Präventivmaßnahme sicherer machen.
Schon vor anderthalb Jahren, um jetzt auf das Schiff zu kommen, haben wir die Verlegung der „Mellum“ gefordert, weil diese Kapazitätslücke einfach da war. Das wurde leider abgelehnt mit der Begründung, zu großer Tiefgang und 110 Tonnen Pfahlzug seien in der Ostsee nicht erforderlich.
Die Mehrzweckschiffe – und da müssen Sie eines beachten – haben wegen der achtern angebrachten Schleppwinde nicht die Leistungsfähigkeit wie ein normaler Hochseeschlepper. Ich komme nachher darauf. Ich meine, wir brauchen zukünftig in der Ostsee doch noch mehr Pfahlzug. Die Strandungen
und die Havarien erfolgen in der Regel auf der Zehnmeterlinie. Die „Mellum“ hat einen Tiefgang von 5,76 Meter.
Es ist eigentlich bitter, dass wir zweieinhalb Jahre nach der „Pallas“-Katastrophe noch diesen Antrag stellen müssen. Das zeigt uns auch, wie diffus die Einstellung der Verantwortlichen im Bund zu der in der Ostsee fortbestehenden gefährlichen Sicherheitslücke Notschleppkapazität ist. Die Parlamentarische Staatssekretärin antwortete am 18. Mai auf die Anfrage von MdB Wolfgang Börnsen zum Bau eines Sicherheitsschiffes: Mit Verweis auf die Teilprojektgruppe Notschleppkapazitäten und nach Vorlage des Abschlussberichtes an das Ministerium werde entschieden, „in welcher Form die künftige Notschleppkonzeption für die deutschen Küsten umzusetzen ist.“ Abschließend erklärte Frau Mertens: „Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wird sicherstellen, dass bis zur Umsetzung neuer Sicherheitskonzepte, verglichen mit dem Ist-Zustand, keine Sicherheitslücke entsteht.“ Das heißt aber im Klartext, die gefährliche Notschleppkapazitätslücke wird auch nach der Katastrophe von Møn in unverantwortlicher Weise vom Bund weiter ignoriert. Das heißt, wir haben bis 2004 hier keine Notschleppkapazität.