2. Woher nehmen Sie die qualifizierten Lehrkräfte im Grundschulbereich für den Fremdsprachenunterricht, zumal Sprachen ja schon ein Mangelfach sind und die Qualität des Fremdsprachenunterrichts im Grundschulbereich die Kritik von Fachleuten erntet?
4. Wie wollen Sie dies finanzieren? In den 70 Millionen jedenfalls, die Sie hier fixieren, ist das nicht enthalten, und die sind ohnehin schon fast zu gering bemessen.
Paragraph 16 Ihres Entwurfs „Haupt- und Realschulbildungsgänge“: Erwartungsgemäß gibt es hier die meisten und auch gravierendsten Veränderungen.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Das werden wir ja sehen. Wir werden Ihre Rede zum Haushalt wieder rauskramen, Herr Bluhm.)
Ein Beispiel: Ein Hauptschüler, der in der 9. Klasse die Hauptschulprüfung besteht und dabei in Deutsch, Mathematik und erster Fremdsprache mindestens die Note „gut“ erreicht und zusätzlich in allen anderen Fächern, also zum Beispiel auch in Sport und Musik, mindestens die Note „befriedigend“ bekommt, erhält einen qualifizierten Hauptschulabschluss.
Wenn er dieses Schuljahr überstanden hat, darf er sich einer weiteren Prüfung unterziehen, nämlich der Realschulprüfung, das heißt im Klartext, wer in Ihrer Hauptschule gut ist und sich bemüht, der wird dann mit zwei Prüfungen innerhalb von zwölf Monaten „belohnt“.
(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)
Der Unterricht an den verbundenen Haupt- und Realschulen in den Fächern Deutsch, Mathematik, Biologie, Physik, Chemie und Fremdsprachen soll in der Regel nach Bildungsgängen getrennt sein. Mal abgesehen davon, dass das alleine schon einen erheblichen Mehrbedarf an Stunden und damit erhebliche Finanzmittel kostet, wird der eigentliche Sinn dieser verbundenen Schulen, die ja auch künftig Regionalschulen werden sollen, praktisch aufgehoben. Aus Ihrer Sicht ist das konsequent, denn genau das wollen Sie ja abschaffen. Mit der Streichung von Absatz 4 Paragraph 18 „Integrierte Gesamtschule“ hebeln Sie über Versetzungsregelung dessen integrativen Ansatz nun auch gleich noch ganz aus. Sie wollen also aus der Pluralität der Bildungsangebote, die Sie immer als demokratische Errungenschaft gepriesen haben, eine kleinkarierte Klippschullandschaft machen, die zudem einseitig die Leistungsstarken zu Lasten der Leistungsschwachen bevorteilt.
Paragraph 19 „Gymnasien“: Über die Notwendigkeit einer Übergangsregelung an das Gymnasium habe ich gesprochen. Ich denke, darüber muss man sehr sensibel und ausgewogen mit allen Betroffenen sprechen.
Ihre Vorstellung aber, dass ein Gymnasiast auch eine Hauptschulprüfung machen muss, wenn er die Schule vorzeitig verlässt, ist Ausdruck der schon oben erwähnten Prüfungsneurose.
Über eine Realschulprüfung in diesen Fällen besteht offensichtlich aber Konsens, Unterschiede sind nur dahin gehend vorhanden, ob in der 10. Klasse alle Schüler geprüft werden oder aber nur die, die das Gymnasium verlassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wohl deutlich geworden, dass der vorliegende Entwurf weder mit den bildungspolitischen Zielstellungen der Regierungskoalition vereinbar ist noch Ansätze einer wirklich zukunftsweisenden Bildungsreform in diesem Lande enthält.
Ich will nicht verschweigen, dass es sicher auch die Zustimmung von einigen Eltern und Lehrern findet, die sich von einer Selektion Vorteile versprechen. Das ist ihr gutes Recht. Maßstab der Betrachtung muss aber die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrages für die Schüler sein, die seine Umsetzung fördert und fordert, die keinen ausgrenzt und so viele Chancen wie möglich eröffnet, die mit dem antiquierten gegliederten System
nicht möglich sind. Die Regionalschule eröffnet hier eine Entwicklung in die richtige Richtung, auch wenn sie nicht alle Altlasten und Probleme lösen kann, aber sie ist offen für weitere Reformen und eröffnet Möglichkeiten einer gezielten perspektivischen Weiterentwicklung zu einem Schulsystem, das die Interessen aller daran Beteiligten und davon Betroffenen berücksichtigt. Genau das aber sichert Ihre Vorlage nicht.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte heute sehr gern mit Ihnen den Streit zwischen unseren beiden Bildungsangeboten ausgefochten, aber, Herr Minister, Sie kündigen wieder nur an, dieses Mal in der Zeitung, und zwar in der „Schweriner Volkszeitung“ vom 27.06., anstatt nach einer so langen Diskussion endlich Ihren Gesetzentwurf zur Regionalen Schule in den Landtag einzubringen. Die Gegenüberstellung beider Entwürfe wäre eine Sternstunde für das Parlament und würde wie keine andere Debatte den Streit der Ideen verkörpern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bildungsproblem ist mittlerweile zu ernst, um sich von klugen Sprüchen der Regierungskoalition entmutigen zu lassen, zumal die berechtigte Forderung von Lehrern und Eltern in den letzten Wochen und Monaten Mut gemacht hat, unseren Weg weiterzugehen, und, meine Damen und Herren, wir sind ihn weitergegangen. Das Ergebnis dieser intensiven Diskussion liegt heute hier vor Ihnen.
Die historische Aufarbeitung der Bildungspolitik seit 1990 obliegt wie immer der PDS. Mehr Substanz hat sie nach wie vor nicht zu bieten,
aber vielleicht wäre hier noch anzumerken, dass in der Verteilung der Schuldzuweisungen die Proportionen gewahrt werden sollten, denn das Verhältnis der Verantwortlichkeit in der Bildungspolitik steht momentan vier Jahre CDU zu sieben Jahren SPD. Herr Minister, Sie wissen doch ganz genau, dass die Stundentafelreduzierung bei meinem Vorgänger geschehen ist und während meiner Amtszeit in einigen Bereichen Erhöhungen in der Stundenzuweisung für die Schulen entstehen konnten. Man kann uns Fehler vorwerfen, damit kann ich gut leben, aber wer was macht, macht auch Fehler. Ich bin sogar der festen Meinung, dass man SPD und PDS keine Fehler vorwerfen kann, denn, meine Damen und Herren, wer nichts macht, macht auch keine Fehler. Das ist eine Binsenweisheit und die gilt nicht nur in der Politik.
Die Ankündigung des Bildungsministers vom Mittwoch, im Rahmen seiner Schulgesetznovelle den Schulen 100 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung zu stellen, liegt über den Forderungen, die die CDU in ihrem Gesetzentwurf aufgemacht hat. Damit bin ich eigentlich sehr zufrieden, denn so müssen wir uns nicht über Geld streiten, sondern können uns endlich mit Inhalten befassen. Und dabei möchte ich auch gleich auf die Schwerpunkte unserer Gesetzesnovelle kommen.
Erstens. Es geht nicht vorrangig um die Änderung der Schulstruktur. Es geht um eine Modifizierung des Beste
henden, um eine Bewahrung dessen, was sich bewährt hat, und um die Heilung von schulgesetzlich bedingten Fehlentwicklungen.
Zweitens. Im Zuge der Gesetzesänderung geht es natürlich auch um eine neue Form der inhaltlichen Ausgestaltung der Schule. Dabei ist entscheidend, dass die Schule vom Tropf des Minimalismus abgehängt wird, sowohl in finanzieller als auch in inhaltlicher Sicht.
Meine Damen und Herren, wir wollen es besser machen. Wir können es auch, weil wir den Stellenwert der Bildung nie aus den Augen verloren haben.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na klar, deswegen haben Sie uns das ja übergeholfen, was wir jetzt haben.)
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir Schule wieder zu dem machen, was sie eigentlich sein soll. Das ist in den letzten Jahren sehr deutlich aus Ihrem Blickfeld verschwunden.
Ich hatte in den vergangenen Monaten die Ehre, in einer bundesweiten Initiative der Konrad-Adenauer-Stiftung zur „Bildung der Persönlichkeit“ mitzuarbeiten. Die Ergebnisse dieser Diskussion sind in einer gleichnamigen Publikation zusammengefasst worden. Es ging dabei vor allem um das Problem, was Schule leisten kann, leisten muss und nicht leisten kann. Vieles von dem, was dort niedergeschrieben wurde, finden Sie in den konkreten Ausgestaltungen in unserem Gesetzentwurf wieder. In unserem Gesetz wurden vor allem Erkenntnisse verarbeitet, die sich aus den Verwerfungen der so genannten Schulreformen in den letzten 30 Jahren ergeben.
Meine Damen und Herren, was soll Schule im 21. Jahrhundert leisten? Die Initiative definiert Schule, Schulpolitik folgendermaßen und ich zitiere: „Schulpolitik muss sich wieder auf Anthropologie einlassen, [...] Eine solche Anthropologie ist ,realistisch’, weil sie den Menschen nimmt, wie er ist. Sie ist ,konservativ’, weil ihr nicht alles, was gerade ,Zeitgeist’ ist, als ,Fortschritt’ gilt. Sie ist ,fortschrittlich’, weil sie wirklichen Fortschritt will, nicht jenen, die die ,Definitionshoheit’ eines bestimmten gesellschaftlichen Lagers dafür ausgibt. Sie ist ,traditionell’, weil sie die Bedeutung von Kultur, Tradition, entsprechenden Bildungsinhalten und Erziehung betont. Sie ist ,innovativ’, weil sie die aktuelle Lebenswelt unserer Kinder und Jugendlichen ebenso einbeziehen will, wie sie die neuen technischen Möglichkeiten integriert, ohne beides zu verabsolutieren. Sie ist schließlich zeitgemäß, weil sie sich gerade nicht an die Zeit oder an Konjunkturzyklen verliert, sondern nachhaltig und in längeren Zeiträumen denkt.“ So weit aus der Publikation „Bildung der Persönlichkeit“.
Aus dieser grundsätzlichen Positionsbestimmung einer neuen Schulpolitik haben wir verschiedene Handlungsfelder abgeleitet, die eine Neubestimmung der Schulpolitik begleiten müssen. Es geht dabei um die Schwerpunkte der menschlichen Daseinsbewältigung, der Grundfähigkeit des Menschen in der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und den Bedingungen des humanen Zusammenseins und sittliche Forderungen. In diesem Rahmen spielen Begriffe wie Individualität, Denken und Sprache, Begabung, Leistung, Lernen, Teilhabe, Transzendenz, Freiheit, Verantwortung, Toleranz und Selbstachtung eine ganz zentrale Rolle. Mit diesen inhaltlichen Schwerpunk