Reinhard, es redet sich schlecht, wenn hier vorne auch geredet wird. Setzt euch ein bisschen nach hinten.
Die von der Landesregierung gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft ausgerichtete Finanza 2001 ist als großes Wirtschaftsforum und als Kooperationsbörse in die Präsentation integriert. Über 100 Firmen sind aus unserem Land beteiligt. Das sind 100 Firmen, die zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen, meine Damen und Herren. Im Raum Stettin sind in diesem Jahr zwei Gemeinschaftsbüros von Firmen aus unserem Land entstanden. Allein in der Baubranche haben sich im August acht Unternehmen aus dem Uecker-Randow-Kreis zu einer gemeinsamen Vertretung in Stettin zusammengeschlossen. Durch diese Firmen und ihre Betätigung in der Nachbarregion werden rund 250 Arbeitsplätze gesichert. Ich habe das Büro in der letzten Woche besucht und war
beeindruckt vom Engagement dieser Firmen. Sie sind fest entschlossen, ihre Chancen auf dem polnischen Markt zu nutzen. Diese Unternehmer, meine Damen und Herren, unternehmen jetzt etwas.
Meine Damen und Herren! Auch das im Oktober letzten Jahres gegründete deutsch-polnische Haus der Wirtschaft schreibt eine Erfolgsgeschichte. Hunderte von Projekten allein in diesem Jahr sprechen für sich. Die Landesregierung hat die Industrie- und Handelskammer Neubrandenburg bei der Gründung maßgeblich unterstützt, vor allem durch die frühzeitige Zusage von Finanzmitteln. Inzwischen hat sich die Industrie- und Handelskammer Rostock angeschlossen und ich hoffe, dass vielleicht auch die Schweriner Kammer dem Beispiel der Rostocker bald folgen wird.
Sie sehen, die Unternehmen unseres Landes erkennen die Chancen, die ihnen die Osterweiterung bietet. Und in diesem Jahr ist noch mehr geschehen. Am 11. April 2001 wurde in Stettin ein deutscher Honorarkonsul ernannt. Dass das Generalkonsulat geschlossen worden ist, ist bedauerlich, aber ich denke, wir wollen nach vorn schauen, und vorn heißt für mich, gute und enge Zusammenarbeit mit dem Honorarkonsul.
Seit Anfang des Monats absolvieren 45 deutsche und 45 polnische Jugendliche in Rothenklempenow eine gemeinsame Berufsausbildung, die über dreieinhalb Jahre gehen wird. 45 deutsche und 45 polnische Auszubildende erlernen einen der Berufe Mechatroniker, Informationskaufmann oder Restaurantfachmann. Die Ausbildung beinhaltet Ausbildungsabschnitte in beiden Ländern und natürlich steht die jeweils andere Sprache auf dem Lehrplan. Wie könnte die Vorbereitung auf die Osterweiterung der Europäischen Union besser mit Leben erfüllt werden, frage ich hier.
Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat das Angebot für den Polnischunterricht an Schulen im vorpommerschen Raum in diesem Schuljahr weiter ausgebaut. Ich kann junge Menschen nur ermuntern: Nutzt die Möglichkeiten! Wer Englisch und Polnisch in dieser Region kann, hat beste Chancen auch über die Region hinaus in ganz Europa. Und es gibt auch bei den Grenzübergängen Fortschritte. Bei meinen Gesprächen im Rahmen des Treffens des polnischen und des deutschen Außenministers mit den Ministerpräsidenten, Marschällen und Woiwoden der grenznahen Länder im Mai ist es gelungen, hier, so hoffe ich, einen Durchbruch zu erzielen. Die Bauarbeiten am Grenzübergang Garz sollen nach den Aussagen der polnischen Seite noch in diesem Jahr beginnen.
Meine Damen und Herren, nun zu einem anderen wichtigen Punkt, zum Thema Übergangsfristen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit. Ich denke, auch hier sind wir auf einem guten Weg. Solche Fristen müssen intelligent und flexibel sein. Sie wirken immer in beide Richtungen. Wenn wir die Chancen des polnischen Marktes nutzen wollen, muss auch die polnische Seite die Möglichkeiten auf unseren Märkten suchen können. Vertrauen wir dabei doch auf unsere Leistungsfähigkeit. Unsere Landwirtschaft und unsere Ernährungswirtschaft sind, denke ich, absolut in der Lage, sich mit ihren Produkten auf dem polnischen Markt zu behaupten. Und wer sich auf der MeLa umgeschaut hat, muss mir da, glaube ich, Recht geben.
Meine Damen und Herren! Die Grenzregion erhält ein hohes Maß an Förderung. Das hat die Landesregierung in ihrem Vorpommernbericht, denke ich, ganz klar dargestellt. Die Europäische Kommission hatte zusätzlich ein Grenzregionenprogramm angekündigt. Ich sage es hier aber deutlich, das Ergebnis aus dem Juli stellt uns ganz und gar nicht zufrieden. Das Grenzregionenprogramm ist ein Schwerpunkt im vorgelegten Bericht und wir überlegen gemeinsam mit den anderen neuen Ländern, ob es noch Möglichkeiten zur Nachbesserung gibt. Wenn es ums Geld geht, hört oft die Freundschaft auf, auch in Deutschland und in Europa, das wissen wir. Dennoch, denke ich, sollten wir nichts unversucht lassen. Die Landesregierung ist in diesem Sinne bereits an die Bundesregierung herangetreten und wir haben die Europaparlamentarier informiert. Unabhängig davon werden wir die durch das Grenzregionenprogramm aufgezeigten Möglichkeiten nutzen. Ich denke, das versteht sich von selbst.
Meine Damen und Herren! Die EU-Osterweiterung – ich sagte es schon – ist ein Zukunftsthema und die Landesregierung sorgt dafür, dass heute die Weichen für morgen richtig gestellt werden, um die Chancen und Möglichkeiten für Mecklenburg-Vorpommern zu erkennen und zu nutzen, um Arbeitsplätze zu schaffen und nicht zuletzt um ein friedliches Zusammenleben für uns und unsere Kinder zu sichern. – Vielen Dank.
Herr Ministerpräsident, zu Ihrem Bericht. Als Erstes darf ich für diesen Bericht danken. Er ist eine umfassende, solide, fleißige Arbeit. Dass ich stellenweise etwas auszusetzen habe, wird Sie nicht wundern. Dazu werde ich im Einzelnen aber noch kommen.
Durchaus, durchaus. Er hat ja immerhin auch 51 Seiten und da ist also alles Mögliche zusammengeschrieben worden.
Herr Ministerpräsident, ich möchte aber darüber hinaus als Erstes danken, dass Sie mit Ihren ersten Worten die auf uns zukommende EU-Osterweiterung in den größeren politischen Rahmen gestellt haben. Viele, auch hier im Saal, werden wahrscheinlich aus dem Kopf nicht die Länder alle aufzählen können – ich würde es sonst auch nicht können –, um die es bei der EU-Osterweiterung geht. Ich erlaube mir das: Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Um diese Länder geht es. Und ich darf daran erinnern, dass die Europäische Union begann mit den Beneluxländern, die sich zu einer Zollunion zusammenschlossen, Belgien, Luxemburg und Niederlande, und dass dann die Wirtschaftsgemeinschaft – davor noch Kohle und Stahl – kam und es kamen dazu Frankreich, Italien und die Bundesrepublik.
Wir haben jetzt einen Einigungsprozess von über 40 Jahren hinter uns, ohne dass ein Schuss gefallen ist. Und wenn es gelingt, dass wir mit den von mir genannten
Ländern im Europäischen Parlament zu einem demokratischen System kommen, wo keiner ausgeschlossen ist, wo jeder mitreden kann, wo jeder angehört wird, dann wird in der Tat – davon bin ich fest überzeugt – dieses Europa ein Stabilitätsfaktor auf der Welt sein. Und wir können hoffen, dass wir dann mit den Problemen, die wir in den letzten zehn Tagen deutlicher gesehen haben – denn da gewesen sind sie ja schon –, als das vorher vielen gegenwärtig war, dass wir dann mit solchen Problemen auch besser fertig werden können.
Zum Bericht selbst: Es wird zunächst die Position des Landes bestimmt. Erwartungen, Interessen und Forderungen von Mecklenburg-Vorpommern werden dargestellt und es wird hervorgehoben, dass wir natürlich darauf achten müssen, dass die Beitrittsländer natürlich auch den gemeinschaftlichen Besitzstand – das heißt, sie müssen alles das, was wir als derzeitige Mitglieder der EU schon an Regelungen, an Steuerregelungen, an Wirtschaftsformen haben – übernehmen müssen. Es gibt diese 43 Kriterien, nach denen alle Länder überprüft werden, ob dieser gemeinschaftliche Besitzstand bei den Kandidatenländern auch schon vorhanden ist.
Es bleiben natürlich eine Fülle von Ausgleichsdefiziten. Zum letzten, Herr Ministerpräsident, haben Sie gerade Stellung genommen, nämlich die Angleichung der Lebensverhältnisse. Wir werden ein schwieriges Gefälle, gerade bei uns in Mecklenburg-Vorpommern, noch auf längere Zeit haben. Wir sehen, wie schwierig es ist und wie lange es dauert, dass wir eine Angleichung zwischen den alten und den neuen Bundesländern hinkriegen, und wir haben dort an der Grenze zu Polen ein Gefälle, wo es auch eine lange Zeit sein wird, die wir durchstehen müssen, damit wir auch dort zu einer Angleichung kommen. Und Sie haben deshalb die Übergangsfristen insbesondere für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, aber auch für die Dienstleistungsfreiheiten erwähnt.
Wir sind nicht ganz sicher, ob wirklich schon alles getan ist. Sie heben in dem Bericht selbst hervor, dass wegen der Uneinigkeit in diesem Punkte und wegen der Uneinigkeit mit den Polen über deren Vorstellungen von Übergangszeiten und Beschränkungen, etwa im Grundbesitzerwerb, einige Punkte, insbesondere die wirtschaftlichen, zur weiteren Überprüfung ausgesetzt worden sind. Ich bin also nicht ganz sicher, ob wir da schon so weit sind, dass wir sagen können, hier zeichnet sich eine Einigung ab. Ich möchte deshalb seitens der CDUFraktion die Landesregierung dringend bitten, in diesem Punkte nicht nachzulassen. Ich sage das auch ganz bewusst deshalb, weil mein Wahlkreis dort an der Grenze liegt. Die fahren natürlich hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht als Erstes nach Schwerin und nicht nach Gadebusch,
(Dr. Ulrich Born, CDU: Gadebusch ist doch ‘ne schöne Stadt. Gadebusch ist nicht zu verachten. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)
sondern als Erstes fahren sie zu uns nach Pasewalk. Das heißt, die grenznahen Bereiche werden am Anfang am ehesten Druck aushalten müssen, wobei ich allerdings auch sage, wir werden wahrscheinlich relativ bald auch Vorteile haben und möglicherweise werden wir durch die Grenzöffnung in diesem Bereich einen größeren Schub
nach vorne machen als das übrige Land. Wir wollen in 25 Jahren zum Speckgürtel von Stettin gehören. Aber diese 25 Jahre müssen wir erst mal einigermaßen überstehen. Und unsere kleinen mittelständischen Firmen, die sich inzwischen gebildet haben, müssen den Ansturm überstehen und dafür müssen wir sie fit machen. Ich darf deshalb die Regierung, die im letzten Jahr sichtbar die Anstrengungen für die Grenzregion verstärkt hat, bitten, in diesen Bemühungen nicht nachzulassen.
Zwischendurch an die den Bericht verfassenden Beamten: Vielleicht kann man in einem solchen Bericht von 51 Seiten auch ein Inhaltsverzeichnis anführen. Sie haben vier Bereiche gemacht und der vierte Bereich nimmt sozusagen zwei Drittel der ganzen Arbeit ein. Wenn man das ein bisschen hätte gliedern können, wäre es leichter zu lesen.
Ich komme jetzt zu den Einzelmaßnahmen, die den größten Teil einnehmen. Ich kann sie hier nicht alle aufzählen. Der Ministerpräsident hat selbst – und damit will ich beginnen – das Grenzregionenprogramm genannt und hat auch gesagt, vielleicht können wir da ja noch einiges mehr tun. Ich meine das auch und ich komme zum Schluss noch mal darauf zurück.
Information zieht sich auch hier durch den Bericht, noch stärker aber durch die Expertise zur EU-Osterweiterung, die der Bauminister hat anfertigen lassen. Informationsbedarf für die Wirtschaft, aber auch für die Bevölkerung, weil die Grenzöffnung natürlich auch ein Stück Psychologie sein wird. Wie werden wir, wie werden die Polen darauf im Endergebnis reagieren? Und deshalb muss zum Grenzregionenprogramm nicht nur darauf geachtet werden, dass man den Firmen, der Wirtschaft hier und da helfen kann, sondern dass man Veranstaltungen, wie sie schon gemacht worden sind, ich nenne nur die Veranstaltung mit der Woiwodschaft, regionalisierte Arbeitsmarktpolitik, Jugendarbeitslosigkeit, Wissensgesellschaft,...
Ja, gar nicht verkehrt. Nur eins, eine kleine Anmerkung dazu: Es treffen sich natürlich auf diesen ganzen Veranstaltungen
Und wenn ich von Information der Bevölkerung spreche, meine ich, wir müssen an die Bevölkerung selbst herankommen. Nun kann ich das natürlich als Abgeordneter meines Wahlkreises leicht sagen. Aber die Regierung mit ihren viel größeren Möglichkeiten, als sie so ein kleiner Abgeordneter hat,...
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach, Herr Helmrich! – Wolfgang Riemann, CDU: Das wolltest du jetzt hören, nicht, Herbert?! – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)
Ich werde das unseren Leuten in Pasewalk sagen, dass man mich für fast so stark hält wie die Regierung.
(Peter Ritter, PDS: Sie sehen, welche Wellen der Sympathie Ihnen entgegenschlagen im Parlament! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)
Also, zur Information – ich komme darauf noch zurück – gehört natürlich auch ein Sprachprogramm. Hier müssen wir vor Ort etwas mehr tun, meine ich.
Ich erinnere an die Veranstaltung zum gemeinsamen Umweltschutz, an die Umweltkommission. Ganz besonders möchte ich erwähnen die Arbeit mit und durch die allgemein bildenden Schulen. Wir haben erfreulicherweise inzwischen 22 Schulpartnerschaften. Ich rege die Regierung an, das kann auch der einzelne Abgeordnete nicht machen: Kann man nicht mal einen Preis für besonders gelungene Schulpartnerschaften aussetzen, damit da noch mehr Druck dahinter steht? Das ist Information vor Ort, wenn die Menschen sich begegnen, wenn die Kinder drüben sind, die anderen Kinder hier.