Protokoll der Sitzung vom 21.09.2001

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der SPD – Siegfried Friese, SPD: Endlich mal was Positives, was Sie sagen. – Gerd Böttger, PDS: Na ja, na ja.)

Meine Damen und Herren! Das ist auf der Grundlage der bisherigen Organisation geschaffen worden. Das muss man ganz nüchtern sehen.

(Siegfried Friese, SPD: Wir wollen doch besser werden.)

Ach, Herr Friese, es wird nicht durch Veränderung alles besser. Ich bin sehr für Veränderungen, wenn sie notwendig sind. Aber ich bin nicht für Veränderungen nur um der Veränderungen wegen, damit man nämlich verschleiern kann,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

dass man zwischenzeitlich 177 Planstellen in diesem Lande bei der Landespolizei unnötig aufgegeben hat. Und ich bin auch dagegen, dass der Innenminister heute kein Wort dazu sagt, wie er denn künftig die Polizeistationen besetzen will.

(Reinhardt Thomas, CDU: Nein, durch Beamte bis 16.00 Uhr.)

Das ist doch der Hintergrund. Das heißt, das sind doch nur Leerformeln. Sie wollen die Qualität steigern, weil Sie die Quantität nicht einhalten wollen. Sie werden keinen Polizeidienst ohne Polizeibeamte in diesem Lande leisten können. Sie dünnen derartig in der Fläche aus und das, was wir hatten, nämlich die Ortsnähe, die Ortskundigkeit der Beamten und die Kenntnisse über ihr Milieu vor Ort und das Vertrauen der Bürger zu den einzelnen für sie greifbaren Polizeibeamten, das geben Sie unnötig auf. Und bisher kann mir keiner erklären, was das für einen Sinn macht.

(Gerd Böttger, PDS: Aber durch die Struktur wird es doch kein Polizeibe- amter weniger. Tun Sie doch nicht so!)

Aber, Herr Innenminister, es gibt ja...

Aber, Entschuldigung, Herr Böttger, natürlich wird es Polizeibeamte weniger im Außendienst geben.

(Gerd Böttger, PDS: Ach!)

Sie müssen doch die neue Ebene besetzen, das wissen Sie doch.

(Gerd Böttger, PDS: Ach!)

Und Sie wissen, dass es Zeit kostet, wenn ich von einem weiter entfernten Ort zum Einsatz fahren muss, und Mannstunden gibt es in der Polizei einfach nur begrenzte.

Und wenn sie sie im Auto zurücklegen, um zu Einsätzen zu fahren, dann haben sie sie nicht für den Einsatz.

(Reinhardt Thomas, CDU: Das ist eine einfache Rechnung.)

Das weiß doch jeder, da braucht man doch nur nachzuzählen.

Aber ich will noch etwas anderes sagen. Wir haben im SOG-Entwurf eine neue Bestimmung und da steht drin – und das finde ich sehr gut –, dass noch mal betont wird die Mitwirkung der Ordnungsbehörden im Bereich der Gefahrenabwehr.

Meine Damen und Herren, wir hatten eigentlich ganz gute Verhältnisse im Lande. Wir haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Polizeistationen vor Ort möglichst, wenn es irgend ging, in den Verwaltungsgebäuden der Städte und Gemeinden untergebracht wurden. Jeder von uns weiß, dass es einen Sinn macht, wenn diese beiden Behörden möglichst nahe zusammen sind, denn Besprechungen lassen sich dann einfach ein bisschen leichter machen, man bespricht sich dann auch eher. So, jetzt werden die Polizeistationen aufgelöst, es bleibt dann also ein Zimmer für den KOB. Und was soll denn nun eigentlich die Zusammenarbeit der Polizei mit den Ordnungsbehörden verbessern, wenn die Polizei in den kleineren Städten gar nicht mehr da ist? Haben Sie übersehen, Herr Innenminister, dass Ordnungsverwaltung nicht nur bei den Landkreisen stattfindet, also in der Kreisverwaltung? Also, ich verstehe das Ganze, was Sie da wollen, nicht. Wenn wir eine schlechte Landespolizei hätten, wenn wir schlechte Ergebnisse hätten, würde ich Ihnen Recht geben, dann müssen wir neu organisieren.

(Beifall Reinhardt Thomas, CDU)

Ich bin überhaupt nicht gegen Veränderungen, aber das Modell, das Sie vorgelegt haben, bringt gar nichts.

Und schließlich und endlich, Sie sind jetzt so stolz darauf, dass ein Bürgermeister Ihnen einen Brief geschrieben hat, der dieses Modell gut findet. Sie haben ehrlicherweise gesagt, Sie haben auch andere Briefe bekommen. Sie haben aber gar nicht weitere zitiert, die Ihnen zugestimmt haben, und Sie sind auch noch sehr stolz darauf, dass der Bürgermeister der CDU angehört. Also, das ist ein Niveau! Ich bitte Sie mal! Hat das Parteibuch etwas mit der Sachkunde zu tun? Ich will die Sachkunde dieses Bürgermeisters gar nicht in Abrede stellen, aber Sie stellen damit die Sachkunde aller anderen Bürgermeister und Amtsvorsteher, die sich entschieden dagegen wenden, natürlich in ein schlechtes Licht.

(Vizepräsidentin Kerstin Kassner übernimmt den Vorsitz.)

Aber gut, jetzt sind Sie drei: der Minister, der Staatssekretär, der das Modell aus Nordrhein-Westfalen abgeschrieben hat, und ein Bürgermeister, und das gegen den Rest der Welt. Das ist so wie notorisches Linksfahren.

(Siegfried Friese, SPD: Na, na, Herr Jäger, jetzt werden Sie aber sehr polemisch.)

Also ich bin ganz sicher, wir werden uns...

Nein, ich bin gar nicht polemisch, ich finde es nur traurig, wenn ein Minister derartige praktische Hinweise von den Kommunalpolitikern vor Ort, von Polizeibeamten, mit denen er hoffentlich auch unterhalb der vier goldenen Sterne spricht, das muss man auch mal sagen, wenn er

die überhaupt nicht mehr aufnimmt, sondern da wird so ein Ding am Reißbrett abgeschrieben und ein bisschen zugespitzt auf unser Land. Und dann soll das das Modell für die Landespolizei sein. Das macht ärgerlich, Herr Friese, das macht echt ärgerlich.

(Siegfried Friese, SPD: Es wird keine Polizeistation geschlossen.)

Und wir könnten uns...

Ach! Sie glauben das jetzt selber?! Sie laufen Ihrem eigenen Innenminister nach und sagen, es wird keine Polizeistation geschlossen!

(Wolfgang Riemann, CDU: Gehen Sie doch mal nach Zinnowitz, wie dort die Präsenz ist vor Ort!)

Wissen Sie, was das da ist? Da ist ein Kontaktbereichsbeamter, der hat ein Büro, und im Gegensatz zur früheren Zeit, wo der Kontaktbereichsbeamte in seinem Beritt rumgelaufen ist, hockt er jetzt im Büro.

(Siegfried Friese, SPD: Da kennen Sie die Situation im ländlichen Raum aber schlecht.)

Das ist doch, also mit Verlaub gesagt, wenn es nicht unparlamentarisch ist, ist das eine idiotische Vorstellung, dass sich...

(Siegfried Friese, SPD: Herr Dr. Jäger, Sie reden jetzt als Großstädter. Die Situation im ländlichen Raum ist ganz anders.)

Genau im ländlichen Raum...

(Harry Glawe, CDU: Gucken Sie doch mal nach Zinnowitz!)

Nein, Herr Friese. Herr Friese, genau da liegt das Problem. Die Reviere dieses Modells sind in Nordrhein-Westfalen für die Ballungsräume entwickelt worden,

(Reinhardt Thomas, CDU: Richtig.)

in den dicht besiedelten Räumen. Wir haben aber ein Flächenland mit einer sehr dünnen Besiedlung. Und genau dort dürfen wir uns das nicht leisten, Polizei aus der Fläche wegzunehmen. Genau das ist der fachliche Gesichtspunkt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Und Sie werden es sehen, ich könnte mich jetzt beruhigt zurücklegen und sagen, na lassen Sie mal, und in einem halben Jahr sehen wir das Chaos.

Aber das Gemüt dafür habe ich nicht, weil ich mir einfach nicht wünsche,

(Reinhardt Thomas, CDU: Den Fehler hat er schon in Brandenburg gemacht.)

dass der Innenminister so fehlläuft. Das wünsche ich ihm nicht und das wünsche ich vor allen Dingen nicht der Landespolizei und vor allen Dingen auch nicht unserer Bevölkerung.

Und deswegen noch mal: Herr Innenminister, Sie verlieren nicht das Gesicht, wenn Sie noch mal darüber nachdenken, ob die vielen praktischen Anregungen von den Kommunen, von den Polizeibeamten nicht vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit enthalten, dass Sie noch einmal überlegen, ob dieses theoretische Modell vielleicht doch auf unser Land hätte genau abgestimmt werden müssen. Und genau darum bitten wir Sie. Und nur dahin geht unser

Antrag. Stellen Sie das ein, prüfen Sie es noch mal, sorgen Sie dafür, dass die Polizei mindestens die 177 Stellen, die Sie wirklich ohne Not aufgegeben haben, wiederbekommt! Sorgen Sie dafür, dass wir eine Aufstockung der Stellen für die Autobahnstationen bekommen! Und dann lassen Sie uns gemeinsam darangehen, die Organisation der Polizei behutsam zu ändern.

(Reinhardt Thomas, CDU: Ohne Beratung aus Nordrhein-Westfalen.)

Sie haben mit Recht gesagt, wenn wir digitale Dienste für die Polizei bekommen, können wir ganz anders arbeiten. Da bin ich sofort an Ihrer Seite. Aber bitte nicht den dritten Schritt vor dem ersten! Machen Sie eine Struktur nicht kaputt, die bisher erfolgreich war!