Protokoll der Sitzung vom 24.09.2001

Herr Regner hat dies natürlich gegenüber dem „Spiegel“ bestritten. Herr Minister Holter, haben Sie beziehungsweise Ihre Innenrevision Herrn Regner eigentlich befragt? Haben Sie die Mitarbeiter im Versorgungsamt befragt? Stimmt es etwa nicht, dass sich Herr Staatssekretär a. D. Wegrad sehr stark dafür eingesetzt hat, dass eben dieser besagte Mitarbeiter im Abordnungsverfahren ins Arbeitsministerium versetzt wird und eine Gehaltserhöhung bekommt? Alles nur Zufälle? Völlig beziehungslos?

(Barbara Borchardt, PDS: Sind die verheiratet?)

Oder doch ein eher nützliches Beziehungsgeflecht, weil man sich ja gut aus alten Zeiten kennt? Ich gebe zu, dies kann man sogar rechtlich formal sauber gestalten,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wenn ich nur an Ihre CDU-Leute in den Ministerien denke, ja, ganz gewiss.)

ohne dass man in den Akten eine verräterische Notiz und Hinweise auf Gekungel findet. Ich möchte an dieser Stelle die FAZ vom 6. September 2001 zitieren, weil ich es treffender gar nicht ausdrücken kann: „Der ,Einstieg in einen öffentlichen Beschäftigungssektor‘ stand bei den Koalitionsverhandlungen 1998 ganz oben auf der Wunschliste der PDS. Seine Erfüllung beschäftigt im Umkreis des Arbeitsministeriums Projektgruppen, Fördermittelagenturen, Qualifizierungsinitiativen und Beratungsdienste in großer Zahl. Solche Einrichtungen sind geradezu eine Einladung an die PDS, die eigene Klientel in halbstaatlichen und privaten Einrichtungen unterzubringen,“

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

„die durch stetigen Zufluß staatlicher Mittel krisenfeste Arbeitsplätze bieten.“

(Reinhardt Thomas, CDU: Genau das ist der Punkt!)

„Daß diese Klientel – im aktuellen Fall sogar die“...

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Nun erklä- ren Sie noch, dass Regner PDS-Mitglied ist!)

Ich zitiere weiter:...

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Dann sagen Sie ganz bewusst die Unwahrheit. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zurufe von Gerd Böttger, PDS, und Kerstin Kassner, PDS)

Es ist schon bezeichnend, dass der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion es als Unwahrheit bezeichnet, wenn ich wortwörtlich aus Zeitungsartikeln zitiere.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeord- neten der SPD, CDU und PDS – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das habe ich eben aber nicht gesagt.)

Das ist schon sehr bezeichnend.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: In der Zeitung steht die Wahrheit pur.)

Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten wahrheitsgemäß weiter,

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Die Presse ist heilig, aber sie ist nicht zur Wahrheit verpflichtet.)

was dort zu lesen ist. Ich lese es wahrheitsgemäß vor, was dort zu lesen ist.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der PDS – Gerd Böttger, PDS: Das kann jeder. – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na erzählen Sie uns mal noch was aus dem Panoptikum! – Gerd Böttger, PDS: Dann kann ich auch aus dem „Neuen Deutschland“ vorlesen. – Glocke des Präsidenten)

Selbst das „Neue Deutschland“ können Sie nicht mehr für sich in Anspruch nehmen!

(Kerstin Kassner, PDS: Machen wir ja auch nicht.)

Ja, Herr Böttger, selbst das „Neue Deutschland“ können Sie in dieser Affäre nicht mehr für sich in Anspruch nehmen. Die haben auch schon gemerkt, was die Stunde geschlagen hat.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei einzelnen Abgeord- neten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Hervorragend! Hervorragend vom „Neuen Deutschland“! – Zuruf von Gerd Böttger, PDS)

Also, ich zitiere weiter, weil Sie es ja so gerne hören. „Solche Einrichtungen sind geradezu eine Einladung an die PDS, die eigene Klientel in halbstaatlichen und privaten Einrichtungen unterzubringen,“

(Reinhardt Thomas, CDU: Das ist der Sinn der Übung.)

„die durch stetigen Zufluß staatlicher Mittel krisenfeste Arbeitsplätze bieten. Daß diese Klientel – im aktuellen Fall sogar die nächste Verwandtschaft – wiederum über... gute Beziehungen zum Mutterschiff Arbeitsministerium verfügte, versteht sich von selbst;“

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist Holters ÖBS.)

„ebenso, daß dieses Ministerium als Kontrollinstanz gegenüber seinen Kostgängern nicht besonders wirkungsvoll sein konnte. Die bekanntgewordenen Fälle, die zumindest nach Vettern- und Günstlingswirtschaft riechen, waren keine ,Pannen‘, wie Holter mit Unschuldsmiene verkündet,“ – wohl wahr –

(Reinhardt Thomas, CDU: Die Unschuldsmiene hat er gelernt.)

„sondern im System angelegte, voraussehbare Folgen des rot-roten Selbstbeschäftigungssektors.“

(Andreas Bluhm, PDS: Was Zeitungen alles so schreiben. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und weiter, meine Damen und Herren:...

(Barbara Borchardt, PDS: Da sind die Jugend- und Schulsozialarbeiter alle PDS- Mitglieder? Müssen wir mal nachgucken!)

Und weiter, meine Damen und Herren: „Der Sozialstaat produziert solche Folgen an allen Ecken und Enden.“

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Born, ma- chen Sie ruhig noch ein bisschen Zeitungsschau!)

„Doch während anderswo zumindest versucht wird,“

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Das ist eine DDR- typische Einrichtung, die Zeitungsschau.)

„den Sumpf obskurer Beschäftigungs- und Beratungsgesellschaften auszutrocknen, konnte die PDS nicht genug davon bekommen.“ Wie wahr, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Unruhe bei Abgeordneten der PDS – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Aber Sie waren doch gar nicht in der DDR. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Eine hiesige Zeitung beschrieb diesen Umstand als „Sittengemälde“, wie öffentliche Zuwendungen verteilt werden.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Sie müssen wohl die Zeit auslasten?)

Sie, Herr Minister Holter, haben alles getan, um dieses Bild zu untermauern.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Oh, mein Gott!)

Sie hätten es in der Hand gehabt, Ihre Kritiker eines Besseren zu belehren.

(Barbara Borchardt, PDS: Die hören doch nicht zu.)

Statt den Arbeitslosen im Land mit sinnvollen Projekten und Weiterbildungsmaßnahmen zu helfen, wieder Fuß zu fassen,

(Zuruf von Torsten Koplin, PDS)

liegt der Schwerpunkt in Ihrem Arbeitsministerium – zumindest in der Arbeitsabteilung und auf der Chefetage, ich betone das noch mal ausdrücklich, Arbeitsabteilung und Chefetage – jedoch in der Tat darin, sich selbst zu beschäftigen. Ich denke dabei nicht nur an die zahlreichen Unter- und Nebengruppen im Bündnis für Arbeit, bei denen keiner mehr durchsieht – das Bündnis für Arbeit ist längst still und leise mit ruhiger Hand eingeschlafen, wir haben ja gehört, Sie wollen es jetzt wieder aufwecken –,

(Heike Polzin, SPD: Aha!)

ich meine auch das konkrete Beispiel der SBW.