Protokoll der Sitzung vom 17.10.2001

Aber einige Titel weiter auf der gleichen Seite können Sie lesen: 1.344,5 Millionen Euro Zuschüsse

(Ministerin Sigrid Keler: Ja, Haushalt lesen ist auch schwer. – Angelika Gramkow, PDS: Das erklären wir ihm noch mal.)

an Träger von Frauen- und Mädchenhäusern sowie Beratungsstellen in freier Trägerschaft.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

Herr Dr. Born, im Übrigen, beide Titel sind erhöht und aufgestockt worden, und zwar für beide Haushaltsjahre.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich weiß beim besten Willen nicht, wo Sie eigentlich nachgeguckt haben.

(Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff: Er ist Anfänger. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Deswegen sage ich ja,...

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Herr Ministerpräsident, deswegen habe ich ja gesagt, zarte Pflänzchen, die müssen wir pflegen.

(Harry Glawe, CDU: Frau Dr. Seemann, sehen Sie es ihm nach, er ist ein Mann. – Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler – Harry Glawe, CDU: Aber voll dominant.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle allen danken, die sich engagiert haben. Und mein erster Dank geht an die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der Landesregierung Frau Staszak,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Nils Albrecht, CDU: Oh, nicht Einzelne verwöhnen!)

die in den vergangenen Jahren in mühevoller Kleinarbeit in einzelnen Aktionen, wie zum Beispiel der jährlichen Aktionswoche „Wider Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ oder der Förderung des Interventionsprojektes CORA, auf das in der Gesellschaft weitgehend tabuisierte Thema häusliche Gewalt aufmerksam gemacht hat. Unterstützt von Vereinen und Verbänden, Gleichstellungsbeauftragten, Mitarbeiterinnen verschiedener Antigewaltprojekte, Frauenhausmitarbeiterinnen und engagierten Kommunalpolitikern, aber auch vielen Kolleginnen und Kollegen im Landtag ist es ihr, ist es uns allmählich gelungen, auch in der öffentlichen Wahrnehmung von häuslicher Gewalt ein Umdenken zu erreichen. Und dies war, flankiert von den Maßnahmen auf Bundesebene nach dem Regierungswechsel 1998, eine entscheidende Voraussetzung für die Erarbeitung des Landesaktionsplanes.

Wenn wir uns erinnern, Herr Dr. Born – und da sieht meine Erinnerung anders aus als Ihre –, dem Antrag zur Erstellung des vorliegenden Planes ging ein Expertengespräch mit hochrangiger Besetzung voraus. An der Erarbeitung selbst waren die Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser, die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, Mitarbeiterinnen des Interventionsprojektes CORA, Abgeordnete der SPDsowie der PDS-Fraktion und eine Mitarbeiterin der CDUFraktion beteiligt, denn ein Abgeordneter hatte ja aus Ihrer Fraktion angeblich keine Zeit.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, sie war krank, das haben wir Ihnen schon das letzte Mal gesagt.)

Sie haben weitere 23 Abgeordnete. Da kann nicht ein anderer Abgeordneter kommen? Das ist doch ein Witz!

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie wissen ganz ge- nau, dass die zuständige Abgeordnete krank war. Das haben wir das letzte Mal schon gesagt. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Insofern, Herr Dr. Born,...

Aber zumindest war ja eine Mitarbeiterin da.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Eben.)

Insofern sollten Sie sich Ihre abqualifizierenden Äußerungen

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

zum Landesaktionsplan noch mal überlegen, denn eine Mitarbeiterin von Ihnen war ja zumindest ständig immer dabei und Sie beurteilen dann ja auch die Tätigkeit von Ihrer Mitarbeiterin. Traurig, sie hat da nämlich sehr engagiert mitgearbeitet.

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Was ist denn daran abqualifiziert?)

An dieser Stelle möchte ich auch betonen, dass ich über das offensichtliche Umdenken in der CDU-Fraktion

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

im Zusammenhang mit diesem Thema insgesamt aber sehr froh bin. Im April 2000 haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, den Antrag der Koalitionsfraktionen auf Erstellung eines Landesaktionsplanes noch abgelehnt. Während der Erarbeitung, das hatte ich eben schon gesagt, war dann eine Mitarbeiterin anwesend. Mit Ihrem Antrag im April diesen Jahres deutete sich jedoch eine Kehrtwende an. Allerdings wollten Sie damit im laufenden Haushaltsjahr ohne finanzielle Absicherung einen Schnellschuss starten und dazu sage ich auch heute: Populismus, weiter nichts!

(Sylvia Bretschneider, SPD: Sehr richtig.)

Zu dieser Zeit war der unter Federführung der Landesgleichstellungsbeauftragten erarbeitete Landesaktionsplan im Wesentlichen bereits erstellt und die Abstimmungen mit den Ministerien liefen an. Mit dem Aufbau von Interventionsstellen konnte begonnen werden, da im Rahmen der Haushaltsberatungen die Koalitionsfraktionen – die Koalitionsfraktionen, nicht die Opposition hatte dafür gekämpft – für 2001 Mittel in Höhe von 270.000 DM eingestellt hatten. Gleichzeitig wurden notwendige Änderungen zum Sicherheits- und Ordnungsgesetz diskutiert. Konsequenterweise enthielt der von Innenminister Dr. Timm vorgelegte Entwurf eines Zweites Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes Erweiterungen der polizeilichen Eingriffsbefugnisse in Fällen häuslicher Gewalt, mit denen Mecklenburg-Vorpommern als eines der ersten Bundesländer Signale auch für die Bundesebene setzt. Mein Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen des Innenausschusses für die Unterstützung. In Auswertung der Anhörung zum SOG konnte in dem heute vom Hohen Hause verabschiedeten Gesetz die zeitliche Befristung des Rückkehrverbotes von 7 auf 14 Tage verlängert werden.

(Harry Glawe, CDU: Da haben wir Ihnen auch zugestimmt. Das hätten wir sogar beantragt. – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Für den weiteren Aufbau und die Arbeit von Interventionsstellen sind im derzeit zu beratenden Haushaltsentwurf für die Jahre 2002 und 2003 pro Jahr circa 500.000 DM eingestellt. Ich weiß nicht, weshalb Sie deshalb hier wegen der Finanzen herumdiskutiert haben.

(Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte in einer meiner vorherigen Reden gefordert, der überaus ernsten Thematik nicht „Hauruckverfahren“ oder Einzelmaßnahmen entgegenzusetzen. Es müssen ineinander verzahnte Maßnahmen ergriffen werden, wenn wir dem Straftatbestand häusliche Gewalt, wovon nahezu ausschließlich Frauen und Kinder betroffen sind, wirkungsvoll begegnen wollen. Das ist uns mit dem Landesaktionsplan auch wirklich gelungen. Die Änderung des SOG hatte ich bereits genannt, ebenso die in Anlehnung an die Polizeidirektionsbereiche aufzubauenden Interventionsstellen, die Bestandteil der Interventionskette sind.

Ich möchte allerdings noch einmal darauf aufmerksam machen, dass die Ansicht, die Schaffung von Interventionsstellen mache Frauenhäuser entbehrlich, nicht sachgerecht ist, zumindest nicht in diesem Eins-zu-eins-Verhältnis. Zum einen verfolgen Interventionsstellen im Unterschied zu Frauenhäusern einen proaktiven, das heißt einen aufsuchenden Ansatz. Neben opfergerechter, psy

cho-sozialer und rechtlicher Beratung sollen sie die Kooperation und Vernetzung mit allen beteiligten Stellen sichern. Erfahrungen in Österreich haben gezeigt, dass Frauen aufgrund verbesserter Beratung auch in die Lage versetzt werden, freier zu entscheiden, ob sie für einige Zeit den Schutz des Frauenhauses nutzen. Für viele Opfer ist dieses die einzige Möglichkeit, um nach jahrelanger Isolation, Bevormundung, physischer und psychischer Demütigung schrittweise wieder in ein geregeltes selbstbestimmtes Leben geführt zu werden. Deshalb sind Frauenhäuser auch Bestandteil des Landesaktionsplanes und deshalb werden sie selbstverständlich auch weiter finanziert, Herr Dr. Born.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Hinzu kommen bewusstseinsbildende Maßnahmen wie die Einbindung von Themen zu Gewalt in der Familie in den Unterricht, Bildungsangebote für alle beteiligten Berufsgruppen, das heißt die Beachtung der Problematik in der Fortbildung und in der Ausbildung. Des Weiteren beinhaltet er die Erarbeitung eines Leitfadens für die Landespolizei im Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt sowie die Schaffung von Sonderdezernaten in allen Staatsanwaltschaften und die Einrichtung von Zeugenzimmern bei Gericht. Ferner umfasst der Landesaktionsplan den Erlass einer Durchführungsbestimmung zu Paragraph 19 Ausländergesetz und die Führung von aussagekräftigen, vergleichbaren geschlechtsspezifischen Statistiken bei Polizei, Justiz, Jugendämtern, Gesundheitsämtern, Sozialämtern, im Gesundheitswesen, in Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen für die Opfer häuslicher Gewalt. Eine wesentliche Rolle spielen die regionale Vernetzung und Kooperation sowie die landesweite Vernetzung aller mit der Problematik häusliche Gewalt befassten Institutionen, Behörden, Vereine, Verbände und Initiativen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um häusliche Gewalt einzudämmen, muss die Arbeit mit den Tätern in ein Gesamtkonzept staatlicher Intervention einbezogen sein. Das Land finanziert seit Jahren Beratungsstellen für gewalttätige Männer vor, deren Know-how genutzt werden kann und muss. Diese müssen nach meinem Dafürhalten so profiliert werden, dass auch die im Sanktionssystem des Strafrechts gegebenen Möglichkeiten realisiert werden können. Da es unser Anliegen ist, mit der Finanzierung der Beratungsstellen für Männer auch diesen Teil des Landesaktionsplanes umzusetzen und finanziell abzusichern, wird diese Diskussion derzeit im Sozialausschuss im Rahmen der Haushaltsberatungen geführt. Dabei geht es nicht um die Höhe des Haushaltstitels – dort haben wir schon einen Haushaltstitel –, sondern um die inhaltliche Ausrichtung, also was wird dort konkret im Zusammenhang mit dem Landesaktionsplan gemacht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Umsetzung des Landesaktionsplanes bekommen wir natürlich nicht zum Nulltarif, sonst hätten wir ja die Sachen auch nicht schon im Haushalt eingestellt. Diejenigen, die den Sinn des Mitteleinsatzes jedoch in Frage stellen, sollten bedenken, dass der individuelle und gesellschaftliche Schaden, der durch Gewalttätigkeiten entsteht, ungleich höher ist. Der in sich ausgewogene und schlüssige Landesaktionsplan – das betone ich jetzt noch einmal, der Landesaktionsplan ist ausgewogen und schlüssig – bietet eine gute Grundlage, um die Mittel zielgerichtet und sinnvoll einzusetzen, um im Interesse der Opfer und damit auch der Gesellschaft häusliche Gewalt einzudämmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Dr. Seemann.

Ich schließe die Aussprache.

Kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 3/2294 verfahrensmäßig für erledigt erklären? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Entschließung zur Umsetzung von Beschlüssen der 10. Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald am 3. und 4. September 2001, Drucksache 3/2316.

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS: Entschließung zur Umsetzung von Beschlüssen der 10. Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald am 3. und 4. September 2001 – Drucksache 3/2316 –

Das Wort zur Begründung hat der Landtagspräsident Herr Kuessner.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich würde gern nach einem so langen Tag meine Rede zu Protokoll geben. Da das unsere Geschäftsordnung nicht vorsieht, muss ich sie ins Protokoll reden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Anfang September hatten wir, der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, zu der 10. Ostseeparlamentarierkonferenz nach Greifswald eingeladen. 1991 nach der Schaffung offener politischer Grenzen im gesamten Ostseeraum fand die 1. Konferenz in Helsinki statt. Damals ging es vor allem um das persönliche Kennenlernen und den Erfahrungsaustausch von Abgeordneten im Ostseeraum. Mit der 10. Konferenz ist uns ein wichtiger Schritt bei der Zusammenarbeit der regionalen und nationalen Parlamente gelungen. Zum ersten Mal haben wir nicht nur einen Informationsaustausch durchgeführt und eine eher allgemein gehaltene Resolution verabschiedet, sondern konkrete politische Forderungen an die Regierungen rund um die Ostsee gestellt. Dies zeugt von der gewachsenen Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten.