Hinrich Kuessner
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stimmt, wie mein Vorredner eben auch schon für seine Fraktion hier festgestellt hat, der Beschlussempfehlung voll zu. Wir haben erfreulicherweise bei diesem Beratungspunkt ja keine unterschiedlichen Auffassungen, sicher manchmal ergänzende Meinungen, die uns aber weiterführen. Und das finde ich auch das Beglückende in dieser Legislatur, dass es uns gelungen ist, hier einheitlich gemeinsam voranzugehen. MecklenburgVorpommern muss gerade bei diesem Punkt, denke ich, hier auch weiter auf der politischen Ebene gemeinsame Lösungen mit unserem Nachbarn Polen suchen. Es hat sich gezeigt in den letzten Jahren, dass das für die Bevölkerung auf beiden Seiten sehr, sehr wichtig ist.
Mein Eindruck ist, wie Herr Helmrich eben auch schon festgestellt hat und Herr Kreuzer vorher, dass wir erhebliche Schritte vorangekommen sind. Es sind längst nicht alle Fragen gelöst. Und ich will auch auf zwei Dinge kurz eingehen, wo wir nicht zufrieden sein können. Das ist einmal die Grenzöffnung,
das haben meine Vorredner auch schon angesprochen. Wir müssen weiterhin drücken, das ist nicht unsere Entscheidung, aber wir müssen drücken genauso wie die Mitglieder des Sejmik, dass der Pkw-Übergang auf Usedom passiert, dass der Grenzübergang Hintersee geöffnet wird.
Und meines Erachtens sollten wir einen weiteren Grenzübergang auch nicht ganz vergessen, der zwar nicht direkt in unserem Gebiet liegt, das ist Gryfino, wo ohne Probleme, ohne dass ein Euro mehr ausgegeben wird, ein Pkw-Übergang möglich wäre und das trotzdem nicht gemacht wird. Das würde auch unsere Region noch mal stark berühren im südlichen Bereich und wir können nur Druck erzeugen, dass Menschen viel schneller und viel leichter diese Grenze überqueren. Es leben ja immer noch einige unter dem Trugschluss, dass, wenn Polen Mitglied der EU ist, die Grenze keine Rolle mehr spielt. Das ist ja
nicht so. Darum muss an dieser Grenze gestalterisch etwas gemacht werden. Ich denke, das ist eine Aufgabe, die in der nächsten Legislatur sehr wichtig ist.
Das Zweite, was meines Erachtens auch in unserem Bewusstsein in diesem Land noch längst nicht genügend verankert ist, ist, dass Stettin eine Stadt mit 420.000 Einwohnern ist und dass Stettin nicht nur vor den Toren von Vorpommern liegt, sondern dass auch Rostock – im Verhältnis zu Stettin die Kleinstadt Rostock
mit nicht mal halb so viel Einwohnern wie Stettin – kurz vor den Toren Stettins demnächst liegt, wenn die Autobahn fertig ist. Wir sollten das nicht vergessen, dass die Entfernungen von Neubrandenburg und von Rostock sehr gering sind und ganz gering werden und dass diese Stadt Stettin auf unsere Region gewaltige Auswirkungen haben wird. Sie werden positiv, wenn wir sie gestalten, sie werden uns Probleme bereiten, wenn wir es nicht wahrnehmen. Nach meiner Überzeugung ist das ein Punkt, den wir viel stärker in unsere Köpfe und in die Köpfe unserer Bürgerinnen und Bürger hineinpflanzen müssen, nicht mit Angstfaktor, wir müssen aufklären. Wir sollten auch ruhig erzählen, wie die Süderweiterung der Europäischen Union mal erfolgt ist, das ist nicht dasselbe, aber es hat auch da soziale Gefälle gegeben und diese haben positive Erfahrungen mit dem Beitritt der südlichen Länder Europas gehabt. Insofern sollten wir aufklären und mithelfen.
Die Wahlen stehen bevor, sowohl in Polen als auch bei uns, und es wird einen personellen Wechsel geben. Ich bin sicher, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Landtag und dem Sejmik weiter gut geführt wird. In Polen gab es ja schon mal einen Wechsel bei dem Vorsitzenden des Sejmik, der sich – als Erster Herr Dlugoborski – wesentlich und aktiv an diesen Kontakten beteiligt hat. Sie haben eigentlich bei der Zusammenarbeit nicht gemerkt, dass ein Wechsel im Vorsitz passiert ist. Herr Osowski hat den Ball genauso gut aufgenommen. Wir sind ja in den letzten Wochen wichtige konkrete Schritte weitergekommen.
Mir selbst haben die Kontakte mit den Polen viel gebracht, auch an neuen Erkenntnissen, und sie haben auch Spaß gemacht. Ich denke, dass wir in den drei Jahren, wo wir es intensivieren konnten, von förmlichen Ritualen zu einem offenen Austausch mit den Polen gekommen sind. Und das halte ich für ganz entscheidend, dass wir schwierige Fragen direkt ansprechen können und nicht durch diplomatische Floskeln. Und darum bin ich auch gewiss, dass wir und dass Sie, die im nächsten Landtag dieses betreiben, den Beitritt Polens politisch für die Bürgerinnen und Bürger weiterhin aktiv und positiv gestalten. Ich sage nachher als Präsident noch was, darum höre ich jetzt auf und bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie kennen alle den Grund, warum wir heute diese Debatte zur Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen führen. Im Mai 2001 haben die Fraktionen der SPD und der CDU Anzeigen in einer Zeitung aufgegeben. Diese Anzeigen waren Anlass für die Staatsanwaltschaft, Ermittlungsverfahren durchzuführen oder anzukündigen gegen insgesamt 18 Abgeordnete der SPD-Fraktion.
In der öffentlich-rechtlichen Diskussion und in der Rechtsprechung wird seit Jahrzehnten erörtert, in welchem Umfang Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen aus Fraktionsgeldern finanziert werden darf. In diese Kontroverse um zulässige Öffentlichkeitsarbeit hat sich die Schweriner Staatsanwaltschaft eingeschaltet mit der Begründung, solche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit – wie die besagten Anzeigen – seien unzulässig und deshalb als Zweckentfremdung öffentlicher Mittel Untreuehandlungen. Dabei wurde die Behauptung aufgestellt, dass Fraktionsgelder nur für Fraktionsarbeit innerhalb des Parlaments eingesetzt werden dürfen. Die Staatsanwaltschaft wollte deshalb gegen Abgeordnete wegen des Verdachts der gemeinschaftlich begangenen Untreue ermitteln.
Die entscheidende Frage ist: Welche Öffentlichkeitsarbeit dürfen die Fraktionen unseres Landtages machen und welche nicht, weil sie Parteiarbeit ist?
Ich erwähnte bereits, dass die Auffassung vertreten worden ist, Finanzmittel der Fraktionen dürften nur für parlamentsinterne Abläufe und Koordinierungsaufgaben eingesetzt werden und folglich habe sich auch die Öffentlichkeitsarbeit darauf zu beschränken. Was würde das denn bedeuten? Eine solche Forderung steht im Gegensatz zu unserer Landesverfassung und verkennt die politische Realität der parlamentarischen Demokratie.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich überflüssig, mit einem Beschluss des Landta
ges auf die geltenden Verfassungsbestimmungen hinzuweisen.
Da es aber offensichtlich in den verschiedenen staatlichen Gewalten unseres Landes unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt und deshalb Rechtsunsicherheit besteht, scheint es notwendig zu sein, darauf hinzuweisen.
Ziffer 1 des Antrags zur Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen spiegelt die verfassungsrechtliche Lage im Land Mecklenburg-Vorpommern wider. In der Landesverfassung ist in Artikel 20 festgehalten, dass der Landtag die Stätte der politischen Willensbildung ist, und nach Artik e l 25 der Landesverfassung sind die Fraktionen selbständige Gliederungen des Landtages, die mit eigenen Rechten und Pflichten bei dieser Willensbildung mitwirken. Die Aufgaben, insbesondere die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Fraktionen des Landtages, sind somit mit Verfassungsrang ausgestattet worden.
Ich betone das deshalb, weil die Rechtslage in Mecklenburg-Vorpommern eindeutiger ist als auf Bundesebene und in vielen anderen Ländern. Selbstverständlich können Wissenschaftler über verfassungspolitische Forderungen und Wünsche diskutieren. Das ist unbenommen. Für die juristische Wertung ist aber einzig und allein die Rechtslage in unserem Land von Bedeutung.
Unsere Verfassung legt auch fest, dass die Oppositionsfraktion die Aufgabe hat, eigene Programme zu entwickeln und Initiativen für die Kontrolle von Landesregierung und Landesverwaltung zu ergreifen sowie Regierungsprogramm und Regierungsentscheidungen kritisch zu bewerten. Im Umkehrschluss gilt das auch für die anderen Fraktionen, deren Rechte nicht geringer sein können. Daraus folgt die politische Selbstverständlichkeit, dass Fraktionen zwangsläufig ein landespolitisch umfassendes Mandat haben müssen. Und über die Wahrnehmung ihrer Aufgaben können die Fraktionen selbstverständlich auch Öffentlichkeitsarbeit machen. Das heißt, die Zuständigkeit des Landtages und seiner Fraktionen ist umfassend der Bereich der Landespolitik. Das Parlament ist keine Behörde, deren Zuständigkeit klar vorgegeben und deren Öffentlichkeitsarbeit folglich auch klar eingegrenzt ist. Aufgabe der Fraktionen ist die Landespolitik und das bestimmt auch den Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit.
Zum Selbstverständnis der parlamentarischen Demokratie gehört, dass diese politische Willensbildung den Bürgerinnen und Bürgern, die auch die Wählerinnen und Wähler sind, öffentlich dargestellt wird. Und das muss ohne jede Einschränkung gelten. Das andere Extrem wäre, wir halten alles geheim bis zu dem Zeitpunkt, an dem es öffentlich im Plenum zur Sprache kommt.
Unsere parlamentarische Demokratie braucht einen intensiven Dialog mit den Bürgern, den Vertretern von Kommunen und den verschiedenen Verbands- und Interessenvertretern. Dieser Dialog darf nicht erst beginnen, wenn wir am Ende eines parlamentarischen Verfahrens stehen, wenn zum Beispiel eine Novellierung des Schulgesetzes angedacht ist. Der Dialog ist gerade auch wichtig, wenn wir am Beginn von Überlegungen stehen. Es kann sein, dass diese Überlegungen wieder fallen gelassen werden, also nie in ein parlamentarisches Verfahren eingespeist werden.
Die Grenze der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit ist gesetzlich festgelegt. Im Abgeordnetengesetz heißt es in Paragraph 54 Absatz 2, dass Fraktionsmittel nicht für Parteiarbeit verwendet werden dürfen. Das heißt aber nicht, dass Parteien nicht von der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen profitieren dürfen. Das fordert das Gesetz aus gutem Grund nicht, eine solche Vorgabe wäre nämlich wirklichkeitsfremd und in einer parlamentarischen Demokratie gar nicht zu realisieren.
Es ist selbstverständlich so, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen auch den mit ihnen verbundenen Parteien zugerechnet wird. Das ist zwangsläufig so und wird auch vom Abgeordnetengesetz toleriert. Die Parteien stellen Kandidaten auf, die im Erfolgsfall ins Parlament einziehen. Es wäre weltfremd, ginge man davon aus, dass die Mitglieder des Parlaments, die dann eine Fraktion bilden und politisch agieren, nicht mehr mit der dahinter stehenden Partei verbunden würden.
Unser politisches System in der parlamentarischen Demokratie ist so angelegt und geprägt, dass außerhalb von Wahlkampfzeiten der politische Wettstreit zumeist nicht zwischen den Parteien sondern zwischen den Fraktionen stattfindet. Nach dem Wettstreit der Parteien im Wahlkampf ziehen die Kandidaten in die Parlamente ein und für vier Jahre ist nun hier der zentrale Ort der politischen Auseinandersetzung. Das sagt auch unsere Verfassung, denn in Artikel 20 heißt es ausdrücklich: „Der Landtag ist die … Stätte der politischen Willensbild u n g. “
Niemand kann doch ernsthaft bezweifeln, dass eine Oppositionsfraktion das Recht hat, öffentlich darauf aufmerksam zu machen, dass eine Regierung und die sie tragende Fraktion Versprechen der Partei aus dem Wahlkampf nicht umgesetzt hat. Und niemand kann ernsthaft bezweifeln, dass eine Regierungsfraktion Öffentlichkeitsarbeit dazu machen kann, dass das, was die Partei vor der Wahl verkündet hat, doch umgesetzt worden ist.
Die Aussagen und auch die Werbung für oder gegen bestimmte politische Richtungen oder Entscheidungen findet durch die von den Wählern bestimmten Parteikandidaten im Parlament, also durch die Fraktionen statt. Nach vier Jahren endet dieses Mandat und die Initiative geht wieder in stärkerem Maße auf die Parteien über. Dies ist die Realität unseres politischen Systems.
Die Bundestagswahl wird sich im Wesentlichen danach entscheiden, wie der Bundeskanzler, das Bundeskabinett und die SPD-Fraktion im Bundestag sich in den letzten vier Jahren und bis zum 22. September bei den Wählern präsentiert und wie sich der bayerische Ministerpräsident und die Fraktion der CDU/CSU im Bundestag öffentlich darstellen. Aber deshalb ist die Arbeit und öffentliche Darstellung von Bundesregierung und Fraktionen noch nicht als Parteiarbeit einzustufen. Die regierenden Parteien setzen, wenn sie gut sind, so viel wie möglich aus ihren Parteiprogrammen um.
Ziel aller Fraktionen ist es, ihre Programmatik in praktische Politik umzusetzen. Und das stellen sie auch öffentlich dar, denn sie wollen zeigen, was sie können und was sie machen. Alle Fraktionen wollen, dass über ihre Themen öffentlich geredet und diskutiert wird. Hier kann keine inhaltlich scharfe Grenze zwischen Fraktions- und Parteiarbeit gezogen werden. Wir wollen das auch nicht, denn unsere Demokratie lebt vom lebendigen Austausch zwischen einer Fraktion und ihrer Partei.
Meine Damen und Herren! Auch personell lässt sich Parteiarbeit von Fraktions- oder Regierungsarbeit nicht immer sinnvoll trennen. In den Partei- und Fraktionsämtern haben wir häufig Personalunionen. Wenn Herr Rehberg im Anschluss an diese Debatte ein Fernsehinterview gibt, steht es überhaupt nicht in seiner Macht festzulegen, ob als Bildunterschrift Vorsitzender der CDU-Fraktion oder Landesvorsitzender der CDU steht. Wenn der Ministerpräsident auf dem Landesparteitag der SPD ein Interview gibt, dann tut er das als Landesvorsitzender der SPD. Sollte in der Bildunterschrift „Ministerpräsident“ stehen, handelt es sich deswegen noch lange nicht um unzulässige Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung.
Keiner bezweifelt, dass eine Fraktion eine Veranstaltung zum Thema Hochschulgesetz durchführen kann. Es können Experten eingeladen werden, das ist zulässige Fraktionsarbeit. Am folgenden Tag kann die gleiche Veranstaltung auch von der Partei durchgeführt werden und das wäre zulässige Parteiarbeit. Bei den inhaltlichen Aussagen während der Veranstaltung können Sie nicht unbedingt erkennen, ob es sich um zulässige Parteiarbeit oder um zulässige Fraktionsarbeit handelt. Nach den Vorgaben der Rechnungshöfe wäre es sogar zulässig, eine solche Veranstaltung gemeinsam von Fraktion und Partei durchführen zu lassen, wenn nur die Kosten sauber getrennt werden können.
Ich kann das auch an der Tagesordnung der gestrigen Sitzung verdeutlichen. Wir haben über die demographische Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern beraten. Jede Fraktion kann dazu Öffentlichkeitsarbeit machen, sie kann Presseerklärungen herausgeben, Pressekonferenzen durchführen oder auch Anzeigen schalten. Das alles ist zulässige Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Selbstverständlich kann auch eine Partei die identische Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema machen. Das würde aber nichts daran ändern, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion zulässig wäre.
Auch wenn Fraktionen Öffentlichkeitsarbeit machen, ist dies inhaltlich natürlich ebenfalls Werbung. Das ist das Ziel von Öffentlichkeitsarbeit. Jede Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen wirkt auch für oder gegen die politischen Parteien. Wenn die Fraktionen die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten, informieren sie zwangsläufig auch über Ziele der Parteien, soweit diese deckungsgleich sind. Die Fraktionen kommen damit ihrem gesetzlichen Auftrag nach. Trotzdem ist nicht jede Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen gleichzeitig die Wahrnehmung von Parteiaufgaben.
Unzulässig ist allein die Verwendung für unmittelbare Parteiaufgaben. Das heißt, es ist unzulässig, wenn Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, die formal der Partei zugerechnet werden muss, wenn also als Autor der Öffentlichkeitsarbeit nicht die Fraktion erscheint, sondern die Partei. Dies, das kann man einfach feststellen, war hier bei unseren Anzeigen aber nicht der Fall. Auf allen Anzeigen sind die Fraktionen als Herausgeber klar zu erkennen.
Unzulässig ist auch, wenn inhaltlich Parteiarbeit betrieben wird, wenn also bei der Öffentlichkeitsarbeit kein Bezug zu den Aufgaben des Parlaments und der Fraktionen besteht und sich der Inhalt allein nur auf eine Sympathiewerbung für eine Partei oder Personen einer Partei beschränkt. Natürlich gilt das auch für Antipathiebekundungen gegenüber Personen.
Jetzt könnte man dem entgegenhalten, was denn mit einer Anzeige sei, in der Herr Ringstorff direkt angesprochen wird. Aber schauen Sie sich die Anzeige genau an! Wird da der Landesvorsitzende der SPD angesprochen und werden ihm in dieser Funktion Vorhaltungen gemacht? Oder geht es um den Ministerpräsidenten und die Landesregierung? Es richtet sich gegen den Ministerpräsidenten in der bestimmten Anzeige, das ist ganz eindeutig. Nach unserer Landesverfassung hat die Opposition gerade die Aufgabe, Regierungsentscheidungen kritisch zu bewerten. Wenn die Opposition das tut und dazu dann Öffentlichkeitsarbeit vornimmt, kommt sie ihrem verfassungsmäßigen Auftrag nach und macht nicht Parteiarbeit.
Meine Damen und Herren, das Abgeordnetengesetz verbietet die Wahrnehmung unmittelbarer Parteiaufgaben mit Fraktionsmitteln. Warum sieht das Gesetz das so vor? Es ist nicht deshalb verboten, weil Parteiarbeit etwas potentiell Unanständiges ist. Ganz im Gegenteil, Parteien sind in unserer repräsentativen Demokratie unentbehrlich. Sie werden deshalb durch das Grundgesetz geschützt und auch staatlich gefördert.
Unsere Demokratie bekennt sich zu den Parteien und sieht in der Parteiarbeit grundsätzlich etwas Positives. Natürlich gibt es schwarze Schafe in den Parteien, genau wie in allen anderen Teilen der Gesellschaft. Es gab Skandale bei der CDU und bei der SPD, Skandale, die durch das Fehlverhalten einzelner Personen verursacht wurden. Das hatte manchmal zur Folge, dass Politiker und Parteien unter den Generalverdacht gestellt waren, etwas Unanständiges zu tun. Aber politische Arbeit in den Parteien und im Parlament ist nichts Unanständiges. Es ist etwas Lauteres, das unsere Demokratie, unsere Gesellschaft braucht.
Die Wahrnehmung unmittelbarer Parteiaufgaben mit Fraktionsmitteln ist auch nicht verboten, um zu verhindern, dass Steuergelder verschwendet werden, denn beide – Fraktionen und Parteien – erhalten staatliche Mittel. Wenn der eine Aufgaben des anderen übernehmen könnte, würde also insgesamt kein finanzieller Verlust eintreten.
Der Sinn und Zweck der Vorschrift, dass Fraktionsmittel nicht für die Parteiarbeit verwendet werden dürfen, liegt vielmehr darin, eine Umwegfinanzierung der Parteien zu verhindern, um die Chancengleichheit zu bewahren, vor allem zugunsten von Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind. In der öffentlichen Wahrnehmung haben die im Parlament vertretenen Parteien sowieso schon viele Vorteile gegenüber den Parteien, die nicht im Parlament sind. Dies soll nicht auch noch durch die Möglichkeit zur finanziellen Unterstützung der Partei durch die Fraktion verstärkt werden. Keineswegs liegt der Zweck aber darin, das Vermögen der Fraktionen zu schützen, was erforderlich wäre, um überhaupt ein strafrechtlich relevantes Verhalten annehmen zu können.
Dürfen Fraktionen Anzeigen mit plakativem Inhalt schalten? Es gibt kein Verbot solcher Anzeigen. Sie gehören heute mit dazu, wenn man für sich wirbt und gezielt auf bestimmte Punkte hinweisen will. Es kommt immer auf den Inhalt an. Wir können sicher darüber streiten, ob die umstrittenen Anzeigen wirkungsvoll waren. Wir können auch darüber streiten, ob sie stilvoll waren. Aber sie sind zulässige Öffentlichkeitsarbeit nach Paragraph 54 Absatz 2 Abgeordnetengesetz, weil die jeweilige Fraktion
als Autor eindeutig zu erkennen war und weil in der Anzeige Bezug auf zahlreiche politische Erörterungen im Landtag genommen wurde. Dazu wurden die Anzeigen in einer Zeitung veröffentlicht, zu deren Stil gerade eine plakative Ausdrucksweise gehört.
Es ist also ein Stil, den die Leser dieser Zeitung kennen.
Wer diese Zeitung regelmäßig kauft und liest, ist diesen Stil gewohnt. Und warum sollen sich Fraktionen nicht auch an diese Leser, die Bürger von Mecklenburg-Vorpommern sind, wenden? Denn es war eine Zeitung, die nur in unserem Verwaltungsgebiet verkauft wird.
Rechtliche Gründe sehe ich nicht, die dagegen sprechen. Über Stil und Inhalt der Anzeigen könnte man trotzdem kritische Anmerkungen machen. Aber es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, das zu tun. Das ist eine Sache, die wir untereinander diskutieren müssen.
Auf die Frage, ob die umstrittenen Anzeigen unter Parteiarbeit oder unter Fraktionsarbeit zu verbuchen sind, gilt für mich und meine Fraktion eine klare Antwort: Das ist eine zulässige Form der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen unseres Landtages.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nichts Außergewöhnliches, dass ein Bereich der Exekutive und das Parlament unterschiedlicher Auffassung darüber sind, wie sie ihre verfassungsmäßigen Aufgaben und Befugnisse wahrzunehmen haben. Solche Differenzen werden dann in der Regel in Gesprächen geklärt. Wenn das nicht möglich ist, sieht unsere Verfassungsordnung bestimmte Verfahren vor, wie die Differenzen zwischen Exekutive und Parlament über deren Befugnisse aufgelöst werden. Man lässt nämlich das Verfassungsgericht entscheiden, was rechtens ist und was nicht. Mir ist nicht bekannt, dass die Staatsanwaltschaft das Gespräch gesucht hat, um die Frage zulässiger Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Landtages auf diese Art und Weise zu klären.
Hier versucht die Staatsanwaltschaft mit dem Mittel des Strafrechts die Arbeit der Volksvertreter zu bewerten und würde somit faktisch die Möglichkeit erhalten, über die Kontrolle der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen die Arbeit des Parlamentes zu beeinflussen. Die Abgeordneten des Landtages sind frei und nur ihrem Gewissen unterworfen. Das ist das Leitbild eines Volksvertreters, dem alle staatlichen Gewalten verpflichtet sind. Hier schwingt sich eine Exekutivbehörde auf und maßt sich an zu entscheiden, wie Abgeordnete in diesem Landtag in den Fraktionen abstimmen dürfen und wie nicht.
Mit der herrschenden Meinung in der Rechtswissenschaft sagt dieser Landtag mit seiner Entschließung: Das ist unzulässig. Das ist nicht Sache der Staatsanwaltschaft.
Es geht nicht darum, dass das Verhalten von Abgeordneten und Fraktionen nicht kritisiert werden darf. Aber wir
als Landtag haben als Gesetzgeber einen Rahmen für die Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen gesetzt. Wenn es hier zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den staatlichen Gewalten bei der Grenzziehung zwischen Parteiarbeit und Fraktionsarbeit kommt, dann ist – ich wiederhole mich hier noch einmal – das Landesverfassungsgericht und nicht die Staatsanwaltschaft zuständig. Für eine parlamentarische Demokratie sind die Einhaltung der gesetzlich geregelten Spielregeln von Bedeutung. Kritik ist notwendig und erlaubt, auch zwischen den Gewalten. Sie ist aber zu klären auf dem Wege, den unsere Verfassung vorzeichnet und der die Autorität der Gewalten nicht beschädigt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Riemann, ich denke, wir sollten hier nicht falsche Kontroversen aufbauen. Es gibt keinen hier im Parlament, der die Arbeit des Rechnungshofes nicht schätzt. Was Frau Gramkow eben für die PDS-Fraktion gesagt hat, kann ich genauso deutlich und klar für die SPD-Fraktion sagen. Der Rechnungshof spielt eine große Rolle und muss seine Unabhängigkeit behalten. Trotzdem will ich meine kritischen Worte, die ich nach der letzten Pressekonferenz des Landesrechnungshofspräsidenten gesagt habe, hier benennen, denn hier ist unser Forum, wo wir zu debattieren haben und wo wir unsere Meinungen auszutragen haben.
Wie schon in den Jahren zuvor hat Präsident Tanneberg die Veröffentlichung des Berichtes auch in diesem Jahr dazu genutzt, sich im Rahmen der Pressekonferenz in Schwerin am Sitz des Parlamentes mit den Feststellungen seiner unabhängigen Landesbehörde darzustellen. Und wie schon in den Jahren zuvor konnte sich der Rechnungshofpräsident des Medienechos auf seine „schlagzeilenträchtige Show“, so der „Nordkurier“, sicher sein. Sie habe Unterhaltungswert, schrieb das in Neubrandenburg am Sitz des Rechnungshofes erscheinende Blatt.
Das sahen auch die anderen Zeitungen im Land so. Die Schlagzeilen am nächsten Tag lauteten etwa „Rechnungshof rügt dämliche Beamte“, „Der Westen wird noch neidisch“, „Verschwendung und Vetternwirtschaft“ oder „Kaleidoskop aus Pleiten, Pech und Pannen“.
Der Landesrechnungshof legt jährlich einen Bericht an den Landtag vor. Eine seiner wesentlichen Aufgaben besteht darin, uns Parlamentarier bei unserer Arbeit zu unterstützen. Das ist die eindeutige Gesetzeslage. Nirgends wird jedoch geschrieben, dass die Veröffentlichung der Jahresberichte des Rechnungshofes von dessen Präsidenten zuallererst dazu genutzt werden soll, mit einer pointierten Präsentation Schlagzeilen zu produzieren. Genau dies aber, so zuweilen mein Eindruck, scheint in Mecklenburg-Vorpommern besonders wichtig genommen zu werden.
Ein Beispiel: Im Jahresbericht 2001 befasst sich ein Kapitel mit der Veräußerung kommunaler Krankenhäuser. Es ist eben schon mal angeführt worden und dort im Bericht ist diese sachlich-nüchterne Überschrift „Veräußerung kommunaler Krankenhäuser“. In der vom Rechnungshofpräsidenten herausgegebenen Pressemitteilung lautet die Überschrift demgegenüber „Krankenhäuser unter Wert verkauft?“. In der Tendenz war diese Äußerung anscheinend auf der Pressekonferenz sehr eindeutig. In Bezug auf einen Veräußerungsfall heißt es in der Pressemitteilung: „Bei der Veräußerung des Krankenhauses Pasewalk wurde das Angebot eines Bewerbers, das 10 Millionen DM über dem Kaufpreis von rund 29 Millionen DM lag, nicht auf seine Belastbarkeit geprüft.“ Dieser Satz führt dazu, dass Zeitungsleser am nächsten Tag unter der Überschrift „10 Millionen ausgeschlagen“ folgendermaßen informiert werden: „In Pasewalk ging das Krankenhaus für 29 Millionen Mark weg, obwohl ein Bewerber 39 Millionen Mark geboten hatte.“, so nachzulesen etwa in der „Schweriner Volkszeitung“. Ich kann und will den konkreten Fall nicht bewerten. Das haben Sie sich im Ausschuss angesehen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Rechnungshof nach Abwägung aller Argumente und Umstände dem Innenministerium letztlich geraten hatte, die Genehmigung für den 29-Millionen-Mark-Verkauf zu erteilen. Aber über e i n e diesbezügliche Zustimmungsempfehlung war in der Pressemitteilung des Landesrechnungshofpräsidenten nichts zu lesen. In der Öffentlichkeit wurde also der Eindruck erweckt, als seien 10 Millionen Mark verschenkt worden beziehungsweise hätte man retten können, während der Vorgang mit Zustimmung des Rechnungshofes längst geregelt worden war.
Ich bin auf dieses eine Beispiel so ausführlich eingegangen, um auf ein Problem aufmerksam zu machen. Es
gibt nicht nur in diesem Fall eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Bericht des gesamten Rechnungshofes, der Vorgänge ausführlich und sachlich darstellt, und der verkürzten, aber schlagzeilenträchtigeren Darstellung von Fällen durch den Präsidenten gegenüber den Medien.
Ein weiteres Beispiel: Der Rechnungshof berichtet in einem Kapitel über die „Kalkulation und Erhebung von Abfallgebühren“, so die sachlich nüchterne Überschrift zu einer insgesamt rund acht Seiten umfassenden Darstellung. In der Pressemitteilung formulierte Herr Tanneberg daraus eine saloppe 18-Zeilen-Meldung mit der boulevardreifen Überschrift „Mit Müll macht man Millionen“.
Meine Damen und Herren, es ist schon bemerkenswert, wie der Rechnungshofpräsident seine unabhängige Stellung für medienwirksame Auftritte benutzt
und mit verkürzten Darstellungen pauschale Vorwürfe gegen die öffentliche Verwaltung und ihre Mitarbeiter befördert.
Wenn der Bericht im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wird und am nächsten Tag in Schlagzeilen von „dämlichen Beamten“ die Rede ist, ist diese Medienarbeit – ich möchte es vorsichtig formulieren – verbesserungsbedürftig.
Ich möchte im Kontext auf eine Maxime hinweisen, die der gerade ins Amt berufene Bundesrechnungshofpräsident Dieter Engels für sich erhoben hat. Auf keinen Fall wolle er sich die Öffentlichkeit per Skandalisierung von Missständen zunutze machen, äußerte der Rechtsprofessor und langjährige Vizepräsident des Bundesrechnungshofes, nachzulesen in der „Zeit“ vom 23. Mai.
Sehr wohl betrachte ich es als meine Aufgabe, über die negativen Auswirkungen einer verkürzten Sachdarstellung nachzudenken und auch an die Kernaufgabe des Rechnungshofes zu erinnern. Es ist nicht die Aufgabe des Rechnungshofes beziehungsweise seines Präsidenten, einzelne Behörden oder Personengruppen an einen öffentlichen Pranger zu stellen. Vielmehr geht es im Zweifelsfall um die sachliche Darstellung von Missständen sowie um finanzfachliche Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Kritik an bestimmten Vorgängen muss fundiert und sachlich angebracht werden. Vorschnelle, verkürzte Vorwürfe ohne Substanz sind wenig dienlich. Einmal erhoben, stehen sie im Raum und prägen das Bild in der Öffentlichkeit,
sorgen für Frustration und Abwendung von unserem demokratischen Staatswesen. Je schwerwiegender ein Vorwurf ist, desto besser muss er untersetzt sein und desto verantwortungsvoller muss damit umgegangen werden. Verantwortungsvoll heißt dabei nicht, Kritik leichtfertig fallen zu lassen, sondern erst einmal gewissenhaft zu prüfen, ob sie wirklich haltbar ist. Nur dann, wenn diese Prüfung kritisch und selbstkritisch erfolgt ist, kann ein Vorwurf mit dem gebotenen Respekt auch öffentlich erhoben werden.
Genau wie wir Politiker muss auch der Rechnungshofpräsident die öffentliche Wirkung des eigenen Handelns bedenken. Dabei muss auch die Parität gewahrt bleiben.
Wenn der Rechnungshof öffentlich ein Ministerium etwa kritisiert, kann dieses sich im Grundsatz auf gleicher Augenhöhe wehren. Wenn jedoch eine kleine Kommune oder eine nachgeordnete öffentliche Einrichtung wie etwa eine Krankenhausapotheke vom Rechnungshof öffentlich kritisiert wird, dürfte hier die Parität nicht unbedingt gewahrt sein. Vor allem bei unklaren beziehungsweise nicht substantiierten Vorwürfen besteht die Gefahr, dass sie viel Staub aufwirbeln, aber im Sinne der Aufgaben des Rechnungshofes nichts bewirken. Im Gegenteil, diese Mitarbeiter müssen sich jetzt mit einer Sache beschäftigen, die sie von ihrer eigentlichen Arbeit ablenkt, etwas, was der Rechnungshof sonst gerne kritisiert.
Die Finanzkontrolle ist in unserem Staatswesen kein medienwirksamer Selbstzweck, sondern soll unserer Parlamentsarbeit dienen, somit letztlich dem Souverän. Der Rechnungshof arbeitet selbstständig und ist nur dem Gesetz unterworfen. Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit und weitreichende Kontrollfunktionen.
Diese Kompetenzfülle erfordert ein hohes Verantwortungsbewusstsein. In unserem Staatswesen kommen jeder Gewalt, der Legislative, der Exekutive und der Judikative, unterschiedlich ausgeprägte Aufgaben und eigene Verantwortlichkeiten zugunsten des Gemeinwohls zu, dem wir alle miteinander verpflichtet sind. Dies muss gleichermaßen auch für den Landesrechnungshof gelten.
Klarstellen möchte ich in diesem Zusammenhang, dass der Landesrechnungshof keiner der drei Staatsgewalten angehört. Die oberste Landesbehörde ist zwar unabhängig, hat sich jedoch nicht in politische Fragen einzumischen, sondern Entscheidungen der Politik zu akzeptieren, die dazu – im Gegensatz zum Rechnungshof – demokratisch legitimiert ist.
Der Rechnungshof sollte sich auf die Aufgabe der Finanzkontrolle und die Beratung in finanziellen Fragen konzentrieren, aber der Versuchung widerstehen, darüber entscheiden zu wollen, wofür Steuergelder ausgegeben werden. Das ist und bleibt Aufgabe der Politik. Die richterliche Unabhängigkeit des Rechnungshofes ist ein hohes Gut, bedeutet aber nicht Unfehlbarkeit. Jeder Richter in unserem Land unterliegt einer fachlichen Kontrolle, selbst die höchsten Gerichte werden de facto durch die Fachöffentlichkeit und durch öffentlichen Diskurs kontrolliert. In unserem demokratischen Rechtsstaat kann sich auch ein Rechnungshof nicht als letzte Instanz verstehen, sondern muss sich der Diskussion und auch der Kritik stellen.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang beklagt Präsident Tanneberg in seiner letzten Pressekonferenz, es werde, ich zitiere jetzt wörtlich, „auf ganz subtile Weise des Mobbings“ versucht,
„die unabhängige Stellung des Rechnungshofes zu beseitigen, indem man nämlich versucht, …“
Hören Sie mal zu, Herr Jäger! Hören Sie zu, was ich sage! Das ist der Ort der Diskussion hier und diese sollten wir auch offen führen. Kommen Sie in die Diskussion, kommen Sie rein!
Ich zitiere noch einmal, damit Sie das Zitat auch mitbekommen. Es werde „auf ganz subtile Weise des Mobbings“ versucht, „die unabhängige Stellung des Rechnungshofes zu beseitigen, indem man nämlich versucht, Dienstaufsichtsmaßnahmen gegen mich durchzusetzen.“ So weit Herr Tanneberg mit seinen Vorwürfen.
Aber auch hier wird aus meiner Sicht unseriös Stimmung gemacht. Schließlich unterliegt der Beamte Tanneberg als Leiter einer obersten Landesbehörde keiner Dienstaufsicht, folglich kann es auch keine Dienstaufsichtsmaßnahmen gegen ihn geben. Wenn er jedoch Disziplinarmaßnahmen meinen sollte, so ist der Vorwurf nicht minder schwer, nicht irgendwer, auch nicht „man“ kann ein Disziplinarverfahren gegen den Landesrechnungshofpräsidenten einleiten, sondern nur die Landesregierung, vertreten durch den Ministerpräsidenten des Landes, im Einvernehmen mit dem Präsidium des Landtages, vertreten durch mich.
Die diesbezüglichen öffentlich erhobenen Vorwürfe des Rechnungshofpräsidenten sind ebenso ungeheuerlich wie haltlos. Ich jedenfalls weiß nichts von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Herrn Tanneberg und kann ihm auch in diesem Fall nur empfehlen, den Weg der gebotenen Sachlichkeit zu suchen und zu beschreiten.
Ich möchte hier ausdrücklich feststellen, der Landesrechnungshof ist für uns ein wichtiges und unverzichtbares Kontroll- und Beratungsorgan. Auch der Landtag hat schon mehrfach direkt auf Empfehlungen des Rechnungshofes reagiert.
So haben wir nach einer Prüfung unseres Kantinenvertrages eine Neuausschreibung für den gesamten Gastronomiebereich vorgenommen. Im Ergebnis ist der Haushalt des Landtages Mecklenburg-Vorpommern nunmehr jährlich um rund 50.000 Euro entlastet. Die Anregung hierzu kam vom Landesrechnungshof. Ein weiteres Positivbeispiel aus dem vor wenigen Tagen öffentlich vorgelegten Bericht für das Jahr 2000: Der Rechnungshof hat auf Mängel bei den von uns verwalteten Zuwendungen an die kommunalpolitischen Vereinigungen hingewiesen. Im Ergebnis dieser Prüfung haben wir bereits ab dem diesjährigen Haushalt das Verfahren so umgestellt, dass eine vollständige Kontrolle der verausgabten Mittel möglich ist.
Abschließend möchte ich betonen, die Unabhängigkeit des Landesrechnungshofes soll und darf in keiner Weise in Frage gestellt werden. Aber in all seinen Handlungen sollte sich der Rechnungshofpräsident stets von der hohen Verantwortung seines Amtes leiten lassen. Zugleich ist tunlichst alles zu vermeiden, was geeignet ist, in der Öffentlichkeit Zweifel an der Seriosität des Rechnungshofes oder seines Präsidenten entstehen zu lassen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf Einzelheiten zur Neufassung der Geschäftsordnung des Landtages eingehe, möchte ich eines ganz besonders hervorheben: Alles, was uns heute aufgrund dieses interfraktionellen Antrages zur Beschlussfassung vorliegt, wird von den drei Fraktionen dieses Hauses getragen. Das halte ich nicht für selbstverständlich in Zeiten, die schon vom beginnenden Vorwahlkampf geprägt sind. Auch angesichts des Themas Geschäftsordnung ist das nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass wir Meinungsverschiedenheiten zum Verfahren im Parlament in der Vergangenheit sogar vor dem Landesverfassungsgericht ausgetragen haben. Umso besser ist es, dass wir in der Frage, nach welchen Spielregeln wir den Streit in der Sache austragen wollen, eine einheitliche Position vertreten. Das sagt natürlich nichts darüber aus, dass der Entwurf dieser Geschäftsordnung nicht auch ein Kompromiss ist und dass nicht jeder Abgeordnete mit diesem Kompromiss zufrieden ist und dass er sich das auch anders vorstellen könnte. Aber wir haben uns in den drei Fraktionen geeinigt.
Warum haben wir uns überhaupt mit der Reform der Geschäftsordnung befasst? Haben wir mit unserer bisherigen Geschäftsordnung nicht gut gelebt? Vordergründig betrachtet, könnte man sagen, es hat doch funktioniert. Jeder, der aber etwas genauer hingesehen hat, stellte fest, dass wir dringenden Reformbedarf haben.
Unsere bisherige Geschäftsordnung basiert auf der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages aus dem Jahr 1990. In der ersten Legislatur wurde sie übernommen und damit eine funktionierende Grundordnung für unser Parlament installiert. Schon bald zeigten sich auf auftauchende Fragen Lücken. Ganz sicher kann eine Geschäftsordnung nicht auf jede Frage eine Antwort haben. In unserem Landtag traten aber besondere Schwierigkeiten nach der Verabschiedung unserer Landesverfassung auf. Die Landesverfassung regelt wesentliche Grundlagen der Arbeit des Landtages und bietet den Rahmen für die Autonomie des Parlaments, seine eigene Arbeit durch eine Geschäftsordnung zu organisieren. Wir mussten feststellen, dass verfassungsrechtliche Vorgaben und geschäftsordnungsrechtliche Regelungen bisweilen nicht mehr übereinstimmten. Da wir als Landesparlament in erster Linie der Verfassung verpflichtet
und unterworfen sind, führte das dazu, dass wir manche geschäftsordnungsrechtliche Regelung in der konkreten Anwendung vernachlässigen mussten. Solche Unstimmigkeiten zwischen Verfassungs- und Geschäftsordnungslage waren in einigen Bereichen zu finden.
Wenn ich die geltende Geschäftsordnung durchblättere, fällt dies bereits bei Paragraph 2 auf. Dort steht, dass der Präsident die Abgeordneten zu Beginn der Wahlperiode durch Eid und Handschlag verpflichtet. Jeder von uns weiß, dass das nicht unserer Verfassungslage und auch nicht unserer Praxis entspricht. Ich könnte auch noch andere Beispiele nennen. Um unsere Arbeit im Parlament besser zu organisieren und den tatsächlichen Erfordernissen anzupassen, haben wir im Rechtsausschuss und im Ältestenrat viele Vereinbarungen getroffen, nach denen wir uns dann gerichtet haben. Sonderlich transparent war dieses Verfahren aber nicht.
Meine Damen und Herren, mit den Arbeiten an der neuen Geschäftsordnung haben wir drei Ziele verfolgt:
Unser erstes Ziel war, die Geschäftsordnung mit unserer Verfassungslage in Einklang zu bringen. So haben wir zum Beispiel den Abgeordneteneid gestrichen und andere Regelungen angepasst, wie zum Beispiel die Initiativberechtigung einzelner Abgeordneter, die keine Fraktion darstellen.
Unser zweites Ziel bestand darin, in der Geschäftsordnung das Verfahren zu normieren, so, wie es bereits seit geraumer Zeit Praxis des politischen Miteinanders in unserem Landtag ist. Das heißt, dass sich in den Abläufen nicht viel verändern wird. Wir werden meistens das bekannte Verfahren und Prozedere auch künftig erleben und wiederfinden, nur jetzt können Sie es auch nachlesen, wie die Abläufe in unserem Landtag sind. Wir und unsere Zuhörer müssen künftig nicht mehr jede Auslegung des Rechtsausschusses und alle Vereinbarungen im Ältestenrat kennen, um unser Verfahren nachvollziehen zu können.
Und unser drittes Ziel bestand natürlich darin, auch Verbesserungen unseres parlamentarischen Verfahrens einzuführen. Hinweisen will ich hier auf die Regelungen zur Aktuellen Stunde. In der bisherigen Praxis der Aktuellen Stunde waren Redebeiträge auf fünf Minuten beschränkt. Diese Festlegung erfolgte vor dem Hintergrund, dass eine lebhafte Debatte mit möglichst vielen Redebeiträgen in Rede und Gegenrede ermöglicht werden sollte. Tatsächlich hat sich die Regelung aber bisweilen als zu einschränkend und statisch erwiesen. Es kam öfter vor, dass ein Redner mehrere Beiträge vorgetragen hat. Der amtierende Präsident hat nach fünf Minuten die Rede unterbrochen. Der zweite Teil der Rede kam dann später. Wie man in unseren Protokollen nachlesen kann, haben sich daraus nicht unbedingt gute Debatten entwickelt. Das Ziel, möglichst viele zu Wort kommen zu lassen, haben wir damit nicht erreicht oder, wie auch wieder gestern geschehen, kaum ein Redner kam mit fünf Minuten aus. Bei der Länge des letzten Satzes musste ich gestern immer großzügig sein.
In der neuen Geschäftsordnung haben wir eine etwas andere Regelung getroffen. Künftig kann der Redner bis zu 10 Minuten Redezeit in der Aktuellen Stunde in Anspruch nehmen. Gleichzeitig haben wir auch festgelegt, dass die Landesregierung sich an einer Redezeit von 15 Minuten orientieren soll. Das Parlament kann der Regierung nicht bindend aufgeben, dass sie in jedem Fall
die 15-Minuten-Grenze einzuhalten hat, weil das mit dem jederzeitigen Rederecht der Mitglieder der Landesregierung nicht vereinbar wäre. Das Parlament kann aber seine Erwartung zum Ausdruck bringen, welche Redezeit es für die Landesregierung in einer Aktuellen Stunde für angemessen hält. Unsere Aufforderung an die Landesregierung ist, dass die Aktuelle Stunde nicht zu Grundsatzreferaten genutzt wird. Die gestrige Debatte hat dazu auch Anschauungsmaterial geliefert.
Lassen Sie mich auf eines in diesem Zusammenhang hinweisen: Auch in der neuen Geschäftsordnung gilt der Grundsatz, wörtliches Zitat: „Die Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag vom Rednerpult aus.“
„Sie können hierbei Aufzeichnungen benutzen.“ So weit das Zitat aus Paragraph 83 Absatz 1 der neuen Geschäftsordnung. Ich glaube, wir können sehr viel mehr Leben in unsere Debatten bringen, wenn wir diesen Grundsatz mehr beherzigen. Besonders gilt das für die Aktuelle Stunde. Die Aktuelle Stunde soll eine Debatte sein, in der auf die Argumente des Vorredners eingegangen wird. Das ist beim Ablesen fertiger Reden nicht möglich.
Nicht jede Rede in diesem Landtag kann in freier Rede gehalten werden. Ich demonstriere das hier gerade mit dieser Einbringungsrede.
Manche Rede muss vorformuliert und auch ausformuliert werden. Gemeinsam sind wir aber der Meinung, dass die freie Rede zum Plenum gehört. Lassen Sie uns daran weiter arbeiten!
Eine Neuerung in der Geschäftsordnung ist, dass künftig eine Fraktion oder vier Abgeordnete verlangen können, dass ein Ausschuss einen Bericht vorlegt über den Stand der Arbeiten zu einem erteilten Auftrag. Wenn also eine Vorlage an einen Ausschuss überwiesen wird oder der Ausschuss vom Plenum anderweitig einen Auftrag erhält, kann nach neun Monaten verlangt werden, dass der Ausschuss dem Plenum über den Sachstand berichtet. Dadurch soll verhindert werden, dass unbequeme Vorlagen im Ausschuss auf die lange Bank geschoben oder völlig auf Eis gelegt werden und dann der Diskontinuität unterliegen.
Neu ist ebenfalls die Regelung, dass wir uns die Möglichkeit eröffnen, auf den Papierdruck von Vorlagen zu verzichten, wenn diese auch auf elektronischem Wege allen Mitgliedern des Landtages, der Landesregierung, der Bürgerbeauftragten, dem Datenschutzbeauftragten und dem Landesrechnungshof fristgemäß zur Verfügung gestellt werden können. Wir sind nicht sofort verpflichtet, auf den Papierdruck von Drucksachen zu verzichten, haben aber nach unserer Geschäftsordnung die Option, so zu verfahren. Diese Option halte ich im Zeitalter elektronischer Datenübermittlung für geboten. Wir schaffen uns immer mehr Möglichkeiten der papierlosen Kommunikation, haben bisher aber oft nur eine Doppelung der Informationen erreicht, denn wir bieten die Informationen
auf Papier und auf dem Computer an. Das hat auch mehr Kosten gebracht und es landet nach meinem Eindruck noch mehr Papier direkt im Papierkorb. Wir wollen jetzt dazu kommen, dass die elektronische Information die Information auf dem Papier ersetzt, ohne dass die Information der Öffentlichkeit beeinträchtigt wird. In welchen Schritten wir das tun, müssen wir noch miteinander verabreden.
In den letzten Tagen bin ich von verschiedener Seite angesprochen worden, welche Veränderungen sich durch die Ziffer 2 des Antrages zur Veränderung der Geschäftsordnung ergeben. Das ist der Beschluss, dass die Hausordnung, die Geheimschutzordnung, die Verhaltensregeln, die Verfahrensgrundsätze des Petitionsverfahrens und die Grundsätze für die Behandlung von Immunitätsangelegenheiten als Anlagen in die Geschäftsordnung übernommen werden. Dazu möchte ich feststellen, dass sich durch den Beschluss materiell keine Änderungen ergeben. Es ändert sich auch nicht die jeweilige Befugnis, diese Normen zu erlassen oder zu ändern. So wird der Präsident des Landtages auch künftig dafür zuständig sein, eine Hausordnung zu erlassen. Diese vom Präsidenten zu erlassende Hausordnung wird dann in der jeweils geltenden Fassung eine Anlage zur Geschäftsordnung. Es wird also Anlagen zur Geschäftsordnung geben, die das Parlament beschließen muss, wie etwa die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten, und Anlagen, die das Parlament nicht beschließt, wie etwa die Hausordnung.
Eine Änderung hat sich hinsichtlich der Grundsätze für die Behandlung von Eingaben an den Landtag ergeben. Bisher war in der Geschäftsordnung die Regelung, dass der Petitionsausschuss sich selbst diese Grundsätze gibt. Künftig werden die Grundsätze vom Landtag beschlossen. So sieht es Paragraph 67 der neuen Geschäftsordnung vor. Inhaltlich bedeutet aber auch dies nichts Neues, denn auch bisher hat der Landtag als Ganzes über die Grundlagen des Petitionsverfahrens beschlossen und nicht nur der Petitionsausschuss.
Es gab in diesem Zusammenhang auch Reformvorschläge zur Arbeit des Petitionsausschusses, die wir nicht aufgegriffen haben. Wir wissen um bestehende Schwierigkeiten des Petitionsausschusses, auch hinsichtlich der personellen Unterstützung seiner Arbeit. Wir sind aber zu der Auffassung gelangt, dass die Reform der Arbeit des Petitionsausschusses einer grundlegenden Erörterung unterzogen werden muss, die im Rahmen einer solchen Geschäftsordnungsreform nicht zu leisten ist.
Meine Damen und Herren! Nicht alle Wünsche und Vorstellungen konnten in die neue Geschäftsordnung integriert werden. So gab es Überlegungen, Ausschussberatungen künftig generell öffentlich durchzuführen, einzelnen Institutionen und Funktionsträgern besondere Rederechte einzuräumen oder an der Zusammensetzung des Ältestenrates etwas zu ändern. Hierauf haben wir uns nicht einigen können oder es ging auch nicht aus rechtlichen Gründen. So macht unsere Landesverfassung eindeutige Vorgaben darüber, dass Ausschussberatungen grundsätzlich nicht öffentlich sind, oder die Rederechte sind verfassungsrechtlich abschließend normiert. Auch die Zusammensetzung des Ältestenrates ist im Grundsatz in unserer Landesverfassung festgelegt. Manchmal habe ich das bedauert. Ich hätte es zum Bespiel für besser gefunden, wenn das Parlament in seiner Geschäftsordnung frei hätte regeln können, ob Bürger an Ausschusssitzungen teilnehmen können. Wir haben aber bei den
Vorberatungen sehr schnell das Einvernehmen erzielt, dass wir bei dieser Parlamentsreform nicht an eine Überarbeitung der Verfassung gehen wollen.
Wir haben auch nicht alle Wünsche berücksichtigt, die von Dritter Seite an uns herangetragen wurden. So findet sich keine Regelung darüber, in welcher Form der Landesrechnungshof an Ausschussberatungen beteiligt wird und ob dem Präsidenten des Landesrechnungshofs in Ausschüssen das Wort erteilt werden kann. Wir haben von solchen Regelungen in der Geschäftsordnung Abstand genommen, weil die Geschäftsordnung als parlamentarisches Binnenrecht auch in erster Linie die Binnenbeziehungen festlegen sollte. In der Praxis wird dies, denke ich, auch keine Rolle spielen. Wer den Präsidenten des Landesrechnungshofes kennt, der weiß, dass er sich im Parlament auch Gehör zu verschaffen weiß,
unabhängig davon, ob ihm dieses Recht ausdrücklich in der Geschäftsordnung eingeräumt wird.
Die Reform der Parlamentsarbeit ist ein ständiger Prozess. Es wird keinen Zeitpunkt geben, in dem wir nicht an der Verbesserung der Organisation der Parlamentarischen Arbeit, der Verbesserung der Darstellung und Transparenz politischer Beratungs- und Entscheidungsprozesse arbeiten. Wir werden uns also auch künftig mit Fragen der Parlamentsreform beschäftigen. Die Geschäftsordnung muss sich jetzt in der Praxis bewähren. Wir dürfen sicher nicht den Fehler machen, die Geschäftsordnung als etwas Statisches zu betrachten, das keiner Veränderung unterzogen werden darf. Nach meiner Auffassung sollte in der nächsten Legislatur überlegt werden, ob die in der Verfassung festgelegten Parlamentsorganisationsnormen einer Überarbeitung unterzogen werden sollten. Das kann ganz sicher nur im Einvernehmen aller Fraktionen erfolgen.
Die jetzt erarbeitete Geschäftsordnung ist nach meiner Auffassung ein gutes Regelwerk für unsere parlamentarische Arbeit. Ich hoffe, dass sie sich in unserer Arbeit bewährt und wir den Streit in der Sache künftig in diesem Parlament für unsere Bürger nachvollziehbar führen können.
Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich das Klima, in dem die Beratungen zur Reform der Geschäftsordnung erfolgt sind, herausheben. Alles, was Ihnen heute vorgeschlagen wird, ist einvernehmlich zwischen allen drei Fraktionen erarbeitet und abgestimmt worden. Ich halte das in Zeiten heftiger politischer Kontroversen für besonders beachtenswert. Die Abläufe im Parlament, die Geschäftsgrundordnung unserer parlamentarischen Arbeit stehen außer Streit. Sie sind die Basis für das Ringen um politische Ziele, das Ringen um den besseren politischen Weg. Ich glaube, das ist auch ein wichtiges Signal an die Bürger unseres Landes: Dieses Parlament ist sich über die demokratischen Spielregeln einig. Gestritten wird in der Sache. Das ist jetzt unsere Aufgabe. Das geschieht auch nicht im Selbstlauf. Wir bestimmen alle zusammen den Stil unseres Parlamentes.
Ich danke den Mitgliedern des Ältestenrates, insbesondere den drei Parlamentarischen Geschäftsführern Herrn Dankert, Herrn Caffier und Herrn Dr. Schoenenburg, für die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit. Ich möchte es aber nicht versäumen, auch den Mitarbeitern
der Fraktionen und der Landtagsverwaltung meinen Dank auszusprechen für ihre umfassenden Vorarbeiten und Abklärungen, durch die dieses Werk gelungen ist.
Meine Damen und Herren! Dies ist heute die letzte Landtagssitzung, die nach den Regeln der alten Geschäftsordnung durchgeführt wird. Die neue Geschäftsordnung tritt, wenn Sie ihr zustimmen, bereits mit dem morgigen Tag, am 1. Februar 2002, in Kraft. Es war unser Interesse, mit der neuen Geschäftsordnung bereits in dieser Legislatur einige Erfahrungen zu sammeln, damit der nächste, der 4. Landtag im Herbst die Möglichkeit hat, auf eine erprobte Grundlage zurückgreifen zu können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Könnte es sein, dass Sie nicht Fachmann auf dem Gebiet sind und es vielleicht doch nicht ganz richtig einschätzen,
dass der Weg, die Bibel mit der Geschäftsordnung zu vergleichen, nicht der richtige Vergleich ist?
Könnte es sein, dass man auch darüber nachdenken könnte, ob man die Bibel mit der Verfassung vergleicht, Herr Schoenenburg?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich im letzten Jahr den Kreis Police besuchte, führten mich meine Gastgeber auf einen ehemaligen deutschen Friedhof. Man hatte dort Grabsteine, zum Teil Reste von Grabsteinen von ehemaligen deutschen Friedhöfen im Kreis Police zusammengetragen und sie würdig aufgestellt. Eine Gedenktafel gab Auskunft über das Anliegen.
Inzwischen habe ich alle Kreise um die Großstadt Stettin herum besucht. Bei allen Besuchen wurde ich, ohne
dass ich darum vorher gebeten hatte, auf die deutsche Geschichte in dieser Region hingewiesen. In manchen Rathäusern wurden mir Fotos vorgeführt, die die Entwicklung der Orte aufzeigen: die deutsche Zeit, die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der Wiederaufbau danach. Dabei wurde mir von Bürgermeistern und Stadtplanern berichtet, die wieder anknüpfen an Stadtbilder aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Polen wollen ihren Städten ein Gesicht geben, das auch heute die deutsche Vergangenheit erkennen lässt.
Noch vor kurzer Zeit war es sehr schwer, über die deutsche und polnische Vergangenheit in der Region Pommern zu reden. Wenn man es tat, musste man sich jedes Wort genau überlegen, zu schwer lastete das Vergangene auf uns. Am letzten Sonntag, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, haben wir uns wieder in Erinnerung gerufen, welche Schuld das deutsche Volk durch den Naziterror auf sich geladen hat. Die Folge war unter anderem eine Verschiebung unserer Grenzen, für Polen sowohl ihrer West- als auch ihrer Ostgrenze.
Dass wir über diese Zeit und die Zeit davor und danach miteinander reden, ist für mich ein wichtiges Zeichen, dass unsere beiden Völker immer besser zusammenfinden. Wer vernünftig miteinander umgehen will, darf im Gespräch keine Zeiten ausgrenzen, muss über alles reden können. Als die Menschen im östlichen Teil unseres Landes forderten, dass der alte Name Vorpommern wieder aufgegriffen wird, gab es manche Bedenken. Sicher gab es unter uns auch Menschen, die nach der Wende die Zeichen der Zeit falsch verstanden. Ich wurde einmal gefragt, ob ich die Festrede bei der Enthüllung eines Steines in Anklam halte. Dieser Stein sollte an die Opfer von Krieg und Vertreibung erinnern. Allerdings wurde als Bedingung an meine Ansprache geknüpft, dass ich die Hoffnung ausspreche, dass Vertriebene wieder in ihre Heimat ziehen dürfen. Das habe ich damals nicht zugesagt. Inzwischen reden wir und die Polen diesseits und jenseits unserer gemeinsamen Grenze von Pommern. Nicht wenige weisen stolz darauf hin, dass wir, Deutsche und Polen, in Pommern wohnen, eine Region, die gemeinsame Wurzeln hat und die auch künftig gemeinsame wirtschaftliche Interessen haben kann.
Aber auch heute gibt es noch immer Ängste in Polen, dass Deutsche im großen Stil Land aufkaufen und Polen dann wirtschaftlich keine Chance mehr in ihrem eigenen Land haben. Und auf unserer Seite gibt es Ängste, dass die Arbeitslosigkeit in Vorpommern und auch in Mecklenburg nach der Aufnahme Polens in die Europäische Union weiter ansteigen wird. Denn, so sagt man, die Polen werden unsere Dienstleistungspreise und unsere Löhne unterbieten. Deutsche Geschäftsleute und Arbeitnehmer werden im wirtschaftlichen Wettbewerb keine Chance haben.
Gerade die Erfahrungen aus dem Umgestaltungsprozess nach der Wirtschafts- und Währungsreform 1990 zeigen uns, dass der Weg zum wirtschaftlichen Wohlstand kein Selbstläufer ist, sondern hart erkämpft werden muss. Er erfordert viel Einfallsreichtum und Engagement von Politikern und Bürgern und er erfordert in der Gesellschaft auch viel Solidarität mit denen, die in diesem Prozess nur wenig Chancen haben. Die Aufnahme Polens in die Europäische Union ist für uns in Mecklenburg-Vorpommern eine große Herausforderung. Darum ist es
wichtig, dass wir uns als Landesparlament ebenso wie unsere Landesregierung auf die Öffnung der Grenzen vorbereiten und unseren Teil für eine gute Zusammenarbeit der Polen und Deutschen beitragen. Darum halte ich unseren eingeschlagenen Weg der aktiven Kooperation mit unserem Partnerparlament von Westpommern für so wichtig.
Wir haben uns inzwischen gute freundschaftliche Kontakte erarbeitet. Wir haben inzwischen oft die Gastfreundschaft der Westpommern kennen lernen können und wir haben sie auch als Gäste bei uns begrüßen können. Diese Kontakte stehen und fallen oft mit Personen, aber wir haben inzwischen so gute und viele Kontakte, dass sie nicht mehr von einzelnen Personen abhängen. Ich möchte an dieser Stelle dem ehemaligen Vorsitzenden des Sejmik Herrn Dlugoborski für sein Engagement für das Zustandekommen unserer Zusammenarbeit danken. Er hat persönlich einen hohen Anteil daran, dass unsere Kontakte nach unserem ersten Kennenlernen im Sommer 2000 schnell intensiv und konstruktiv wurden. Er wurde bei den letzten Wahlen auf nationaler Ebene in den Sejm gewählt. Ich werde morgen bei seiner Verabschiedung als Bürgermeister von Gryfino dabei sein und ihm, hoffe ich, auch die Grüße dieses gesamten Parlamentes bestellen können.
Ich werde es also tun.
Was ich besonders wichtig finde, ist, dass wir nach der Amtsübergabe an den neuen Vorsitzenden Herrn Osowski keine Unterbrechung unserer Kooperation erleben. Wir haben das leidvoll in den vergangenen Jahren erlebt, wie das ist bei Personalwechsel in Polen, dass wir wieder von vorne beginnen müssen. Dass das so ist, zeigen am besten unsere heutige Debatte und die Gespräche mit unseren Partnern, die unserem Beschlussantrag zugrunde liegen. Die Vertreter des Unterausschusses EU-Osterweiterung auf unserer Seite und des Ausschusses für internationale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf polnischer Seite haben gute Arbeit geleistet. Vielen Dank dafür.
Wir haben uns für die nächsten Wochen sehr viel vorgenommen. Da sich unsere beiden Parlamente im Herbst nach Neuwahlen neu konstituieren werden, wird es nicht einfach sein, dieses Programm trotz beginnendem Wahlkampf durchzuhalten. Im Interesse der Sache sollten wir uns aber von unserem Zeitplan nicht abbringen lassen und die Ergebnisse der gemeinsamen Beratungen mit den jeweiligen Partnerausschüssen im Juni hier im Plenum debattieren. Diese Aussprache kann ein gutes Fundament für die Arbeit unserer Parlamente in der nächsten Legislatur sein. Eine gute Voraussetzung für diesen anspruchsvollen Zeitplan ist, dass sowohl bei uns als auch bei unseren polnischen Vertretern die Zusammenarbeit von allen Fraktionen gewollt ist und dass es uns gelungen ist, die Ausgestaltung dieser Zusammenarbeit völlig aus dem Parteienstreit herauszuhalten.
Dies sollten wir auch weiter so tun, denn für diesen Schritt der Aufnahme Polens in die Europäische Union brauchen wir den gemeinsamen Willen und die Kontinuität auch bei eventuell anderen Mehrheiten in unseren Parlamenten. Wir haben keine Zeit zu verlieren, denn wir müssen uns darauf einstellen, dass die Aufnahme Polens in die Europäische Union vor den Wahlen für das Europäische Parlament 2004 erfolgt. Die seit 1998 laufenden Beitrittsverhandlungen sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber es spricht nach meiner Auffassung viel dafür, diesen Vorbereitungsprozess nicht zu verlängern. Wichtig ist, dass für kritische und schwierige Punkte, besonders der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Übergangsregelungen vereinbart werden.
In dem Gespräch gestern Abend mit den Sejm-Abgeordneten und den Vertretern vom Senat war sehr deutlich zu hören, dass die Polen interessiert sind, in diesem Jahr die Verhandlungen zu beenden. Es sind 20 Kapitel abgeschlossen, 9 Kapitel müssen noch verhandelt werden, 6 stehen vor dem Abschluss, 3 brauchen etwas mehr Zeit. Sie sind sehr optimistisch, dass das klappt, und uns wurde auch berichtet, dass die Polen bei einer Umfrage zu 60 Prozent diesem Schritt zustimmen. Es wird im nächsten Jahr ein Referendum in Polen geben. Sie werden ihre Bevölkerung fragen, ob sie den Beitritt zur Europäischen Union will. Da die Katholische Kirche sehr eindeutig hierzu erklärt hat, dass sie dafür ist, gibt es jetzt eine richtige Mehrheit. Man wird sehen, wie die Verhandlungen gerade zu den landwirtschaftlichen Fragen auf das öffentliche Bewusstsein einwirken. Dort ist noch viel zu tun.
Mit Polen erhalten wir einen Nachbarn in der Europäischen Union mit fast 40 Millionen Einwohnern. Stettin mit seinen 420.000 Einwohnern wird nicht nur ausstrahlen nach Vorpommern, sondern bis weit nach Mecklenburg. Die Entfernung von Stettin nach Neubrandenburg beträgt nicht einmal 100 Kilometer. Auch nach Rostock ist es nicht sehr weit, zumal die A 20 demnächst die Entfernungszeiten sehr verkürzen wird. Stettin wird ganz sicher ein fester Eckpunkt, den wir neben Hamburg, Berlin und der Region Malmö/Kopenhagen bei der Entwicklung unseres Landes berücksichtigen müssen. Je besser wir die Kooperation auf allen Gebieten mit den Menschen, den Kommunen, den Kultur- und Bildungsstätten und der Wirtschaft gestalten, desto mehr Chancen können wir für uns erarbeiten.
Wichtig ist, dass wir bei diesem Prozess der wachsenden Zusammenarbeit zwischen unseren Regionen möglichst viele Menschen mitnehmen. In den beiden letzten Jahren sind viele neue Kontakte entstanden zwischen Menschen, Einrichtungen und Unternehmen, aber wir können mit dem Erreichten noch längst nicht zufrieden sein. Wir brauchen mehr Kontakte zwischen Kommunen, zwischen Schulen, zwischen Kultur- und Bildungsstätten, auch zwischen Unternehmen. Hier können wir nicht genug tun.
Wenn wir unsere Region voranbringen wollen, brauchen wir mehr Zusammenarbeit zwischen Mecklenburgern und Pommern in Mecklenburg-Vorpommern und in Pommern in Polen. Ich denke, eine ganz wichtige Stätte wird künftig die Jugendbegegnungsstätte in Kamminke auf Usedom sein. Der Bau für diese Stätte wird begonnen und im nächsten Frühjahr fertig sein. Das soll eine Begegnungsstätte besonders für Schüler werden, also für junge Leute aus Deutschland und aus Polen, nicht nur aus unserem Bundesland, aus Deutschland insgesamt. Das ist eine
ganz große Chance. Das wird auch von polnischer Seite sehr mit gestützt.
Wir haben gestern Abend auch darüber gesprochen – und das ist auch hier schon angesprochen worden –, dass wir ganz dringend mehr geöffnete Grenzübergänge brauchen, damit der Besucherfluss viel schneller und aktiver passieren kann. Wir müssen die hemmenden Dinge der Grenze beseitigen. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern hat hierbei in den vergangenen zwei Jahren, denke ich, eine sehr gute Rolle gespielt. Zwei viel besuchte polnische Wochen wurden durch sie gestaltet. Leider scheint sich diese Gesellschaft jetzt zu spalten. Ich möchte von hieraus an alle Betroffenen noch einmal appellieren, dass sie wieder zusammenfinden. Zwei gegeneinander streitende Gruppen schaden nur der gemeinsamen Sache und das bringt uns überhaupt nichts.
Mein dringender Appell ist es, dass wir hier zu einer Einigkeit kommen und hier nicht Profilierungen in irgendeiner Form suchen. Ich habe selbst auch angeboten mitzuhelfen und hoffe, dass dazu noch mal die Möglichkeit besteht. Wir tun uns alle keinen Gefallen, wenn wir hier auseinander driften.
Die SPD-Fraktion stimmt der Vorlage zu. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich mich an dieser Diskussion auf Bundesebene beteilige, will ich hier einen Beitrag bringen, auch wenn die Zeit heute zwar noch früh, für uns jedoch schon weit vorangeschritten ist.
Diese Reform des Föderalismus scheint ja ein Thema zu sein, das weit von den Bürgern weg ist. Sie wird in Deutschland leider sehr akademisch geführt. Der Gedanke, der immer wieder sehr schnell aufkommt, ist, dass es dabei um die Frage geht, wie das Steueraufkommen zwischen Bund und Ländern verteilt wird. Meines Erachtens geht es in dieser Phase der Diskussion nicht um diese Frage, sondern es geht, was auch angesprochen wurde, allein um die Zuständigkeiten auf den verschiedenen Ebenen – Europa, Bund und Länder. Sie müssen, und daran
müssen wir als Politiker hohes Interesse haben, neu geordnet werden. Es geht darum festzulegen, wer im Sinne der Bürgerinnen und Bürger mit welchen Kompetenzen und Aufgaben betraut wird. Diese Reform muss nach meiner Überzeugung eine zentrale Aufgabe derer sein, die wir auf Landesebene politisch tätig sind, gerade bei dem zusammenwachsenden Europa, weil sich die Gewichte sonst noch mal sehr verschieben können.
Der Antrag der CDU weist meiner Meinung nach in die richtige Richtung. Es gibt Entwicklungen, die eine Diskussion über die Reform des Föderalismus notwendig machen. Die Verantwortlichkeiten und Entscheidungszuständigkeiten im föderalen System haben sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich verändert. Die Länder haben immer mehr Zuständigkeiten an den Bund abgegeben, der Bund wiederum Kompetenzen an Europa. Mit dieser Verlagerung geht gleichzeitig eine enorme Politikvermischung einher, die Entscheidungsprozesse sind immer undurchsichtiger geworden. Die mangelnde Transparenz von Verantwortlichkeiten führt zur mangelnden Akzeptanz und Abwendung von demokratischen Entscheidungsprozessen. Das ist ein ernst zu nehmendes Problem für die demokratische Kultur in unserem Land. Die Bürgerinnen und Bürger können oft überhaupt nicht erkennen, welcher Politiker für welche Entscheidung steht. Viel liegt auch daran, dass wir als Landtagsabgeordnete Dinge in den Mittelpunkt unserer Diskussion stellen, die nicht wir, sondern Bundestagsabgeordnete entscheiden. Bei vielen politischen Entscheidungen müssen Länderebene und Bundesebene zusammen entscheiden und viele Entscheidungen werden in Europa getroffen. Manchmal nutzen Politiker dieses Kompetenzwirrwarr aus und schieben die Verantwortung, auch ihre eigene, auf die jeweils andere Ebene.
Wir müssen die Verantwortung für politische Entscheidungen klarer zuordnen, damit Wählerinnen und Wähler klar erkennen können, wer was entschieden hat. Die Entscheidungsprozesse müssen durchschaubar gemacht werden. Das ist eine Grundvoraussetzung für eine stärkere Beteiligung von Bürgern an der politischen Meinungsbildung.
Meine Damen und Herren, unser Grundgesetz verfolgte ursprünglich eine Konzeption, die auf starke Länderkompetenzen aufbaute. Herr Helmrich hat darauf hingewiesen. Deshalb hatten grundsätzlich die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung und der Bund nur in besonderen einzeln aufgeführten Fällen. Die Verfassungsrealität hat sich davon weit entfernt. Inzwischen ist es so, dass der Bundestag das Gesetzgebungsparlament ist. Die Länderparlamente können oft nur die Landesregierungen beim Gesetzesvollzug kontrollieren.
Man kann sich nun darüber streiten, wer Gewinner der Verschiebungen unserer föderalen Ordnung ist. Sicherlich haben die kontinuierlichen Kompetenzverlagerungen dem Bund ein unangemessenes Übergewicht im Bereich der Gesetzgebung verliehen. Einigkeit besteht auch, dass die Landesparlamente die eigentlichen Verlierer der andauernden Aushöhlung des föderalen Grundgedankens unseres Grundgesetzes sind. Ob aber die Landesregierungen durch ihre Entscheidungsbefugnisse im Bundesrat wirklich mehr Einfluss gewonnen haben und deshalb Gewinner der schleichenden Unitarisierung sind, ist schon schwieriger zu beantworten. Ich glaube, an Einfluss hat im Wesentlichen nur die Ministerialbürokratie der Länder gewonnen, die die Einzigen sind, die in Berlin oder Brüs
sel noch den Überblick haben, welche Entscheidungen getroffen worden sind,
welche Entscheidungen sich gegenseitig bedingen und wie nunmehr entschieden werden soll. Aus eigener Erfahrung und aus vielen Gesprächen kann ich sagen, dass die Landesregierungen einer Erhöhung der Befugnisse der Länderparlamente durchaus aufgeschlossen gegenüberstehen, weil es auch ihre politischen Gestaltungsmöglichkeiten erhöht. Es bestehen hier keine großen Gegensätze zwischen Landesparlament und Landesregierung.
Spannend ist die Frage, in welche Richtung eine Reform des Föderalismus gehen soll. Wie sollen die Kompetenzen neu geordnet werden? In welchen Bereichen brauchen wir mehr Landeszuständigkeiten und in welchen Bereichen mehr Bundeskompetenz?
In der Tendenz lässt sich die Frage sicher leichter beantworten als im Detail. Grundsätzlich müssen wieder mehr Kompetenzen durch die Länder wahrgenommen werden. Politische Entscheidungen müssen immer so dicht wie möglich vor den Augen der Bürgerinnen und Bürger getroffen werden. Entscheidungen dürfen nicht wie bisher fast schrankenlos von der höheren Ebene an sich gezogen werden mit der Begründung, dass wir in nahezu allen Bereichen im gesamten Bundesgebiet oder sogar in ganz Europa gleiche Regelungen brauc h e n.
Betrachtet man die Frage im Detail, erkennt man schnell, dass eine differenziertere Herangehensweise geboten ist. Auf der einen Seite fällt mir sofort die Bäderregelung ein, über die wir hier ja sehr oft diskutiert haben. Es ist für die Bürgerinnen und Bürger kaum nachvollziehbar, dass der Ladenschluss bundeseinheitlich geregelt ist und wir vor Ort kaum selbständige Regelungen treffen können, wann ein Geschäft öffnen kann.
Wäre es nicht sinnvoll, wenn jedes Land selbst entscheiden könnte, wann und wie Geschäfte öffnen können? Und wäre es nicht sinnvoll, wenn dann das Land den einzelnen Kommunen eine größere Entscheidungsbefugnis bei der Ladenöffnungszeit einräumt?
Vor Ort kann doch am besten entschieden werden, ob die Sonntagsruhe durch geöffnete Geschäfte gestört wird oder nicht. Was schadet es, wenn die Geschäfte in den Gemeinden in Vorpommern länger öffnen als in bayerischen Gemeinden?
Andererseits gibt es Bestrebungen, die bundeseinheitliche Besoldung im öffentlichen Dienst aufzugeben und diese Kompetenz völlig den Ländern zu übertragen. Hier hätte ich Bedenken. Schon jetzt ist es leider so, dass junge Absolventen unserer Hochschulen oftmals eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst in den alten Ländern anstreben, weil dort eben 100 Prozent gezahlt werden. Wenn wir die Besoldungshöhe ganz in die Verantwortung der Länder stellen, könnten finanzkräftige Länder wie Bayern oder Hessen gezielt unsere guten Beamtinnen und Beamten abwerben, weil in den finanzstarken Ländern höhere Bezüge gezahlt werden können als in den finanz
schwachen Ländern. Dies hielte ich jedenfalls für unsere Entwicklung zurzeit für kontraproduktiv.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen auch sagen, was mich an dem Antrag der CDU stört. Er kommt im Grunde zu spät. Sie haben nach Schleswig-Holstein geguckt, was das Parlament dort zum Thema Föderalismus beschlossen hat. Wir haben am 16. Mai 2000 hier im Landtag eine Veranstaltung mit Professor Benda und Professor Arndt von der Bertelsmann-Kommission durchgeführt. In dieser Veranstaltung, an der Vertreter aller Fraktionen teilgenommen haben, ging es genau um das Thema Reform des Föderalismus. Inhaltlich wurden dabei die Vorschläge, die Sie heute in Ihrem Antrag unterbreiten, schon vorgestellt. Ich hätte mir gewünscht, dass damals eine parlamentarische Initiative gestartet worden wäre. Das haben wir alle nicht gemacht.
Insofern ist es sicher gut, dass Sie die Initiative ergriffen haben. Jetzt kommen Sie allerdings mit dem Antrag von Schleswig-Holstein und kommen da an einer Stelle wirklich zu spät. Sie fordern, dass die Landesparlamente in die Mitarbeit der Bund-Länder-Kommission zur Föderalismusreform einbezogen werden sollen. Diese Forderung hat der Landtag von Schleswig-Holstein aufgestellt. Er hat sie rechtzeitig erhoben, nämlich vor der entsprechenden Konferenz der Ministerpräsidenten. Frau Simonis hat diese Forderung dann auch dort eingebracht
und ist damit deutlich gescheitert.
Was soll es, die gleiche Forderung jetzt noch einmal zu erheben, wenn die Entscheidung bereits gefallen ist?
Außerdem – und das, denke ich, sollte mal diskutiert werden – bin ich gar nicht so sicher, ob die Landesparlamente unbedingt in dieser Kommission vertreten sein müssen. Es geht uns doch darum, dass unsere Interessen in der Bund-Länder-Kommission zu Gehör kommen. Da stellt sich die Frage, wie wir die Interessen des Landtages am wirkungsvollsten einbringen. Geschieht das, indem der Landtag einen Vertreter entsendet, der in der Kommission sitzt und versucht, die Landes- und Landtagsinteressen durchzusetzen? Oder geschieht das vielleicht sogar besser dadurch, dass der Landtag sich in seiner Gesamtheit mit der Materie öffentlich befasst und gegebenenfalls durch einen Beschluss die Landesregierung auffordert, sich in bestimmter Art und Weise in der Kommission einzusetzen?
Ich bin nicht sicher, ob der Weg, einen eigenen Vertreter zu entsenden, der bessere ist. Jedenfalls haben wir andere Möglichkeiten, um uns politisch zu artikulieren und die Wahrnehmung der Interessen durch die Landesregierung einzufordern. Dies gilt umso mehr, weil die Interessen der Landesregierung und die des Landtages in weiten
Bereichen deckungsgleich sind. Es geht hierbei nicht um das Gegeneinander von Landesregierung und Landtag. Gerade der Gesichtspunkt des Wettbewerbsföderalismus gebietet eine einheitliche Wahrnehmung der Landesinteressen. Es gibt bundesweit ganz unterschiedliche Vorstellungen darüber, auf welchem Gebiet eine Reform des Föderalismus mehr Wettbewerb zwischen den Ländern ermöglichen soll. Auch aus meinen Erfahrungen aus der DDR-Zeit halte ich Wettbewerb in der Gesellschaft für notwendig. Ohne Wettbewerb erlahmen gute Initiativen und schöpferische Ideen. Aber der Wettbewerb darf in der Demokratie immer nur die eine Seite der Medaille sein, die andere Seite ist die Solidarität. Zu der Grenzlinie zwischen Wettbewerb und Solidarität brauchen wir Verabredungen.
Dazu gibt es viele Fragen, die beantwortet werden müssen:
Brauchen wir einen ökonomischen Wettbewerb der Länder und worin soll der Wettbewerbserfolg liegen?
Wie verträgt sich ein Wettbewerb der Länder untereinander mit dem Ziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse?
Wie stellt man, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, vergleichbare Wettbewerbschancen her?
Diese und andere Fragen müssen in der Politik, also von uns, debattiert werden. Meine Überzeugung ist, dass der für eine Reform erforderliche Konsens in dieser Frage nur erreicht werden kann, wenn es gelingt, dass Solidarität und Wettbewerb nicht als Gegensätze, sondern als sich gegenseitig bedingende Pole in einer dynamischen demokratischen Gesellschaft verstanden werden. Wir müssen das Thema endlich aus dem Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Diskussion herausholen und eine öffentliche Diskussion ermöglichen. Diese öffentliche Diskussion ist notwendig, wenn Reformbemühungen Erfolg haben sollen. Insofern schönen Dank der CDU, dass Sie den Antrag eingebracht haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich würde gern nach einem so langen Tag meine Rede zu Protokoll geben. Da das unsere Geschäftsordnung nicht vorsieht, muss ich sie ins Protokoll reden.
Anfang September hatten wir, der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, zu der 10. Ostseeparlamentarierkonferenz nach Greifswald eingeladen. 1991 nach der Schaffung offener politischer Grenzen im gesamten Ostseeraum fand die 1. Konferenz in Helsinki statt. Damals ging es vor allem um das persönliche Kennenlernen und den Erfahrungsaustausch von Abgeordneten im Ostseeraum. Mit der 10. Konferenz ist uns ein wichtiger Schritt bei der Zusammenarbeit der regionalen und nationalen Parlamente gelungen. Zum ersten Mal haben wir nicht nur einen Informationsaustausch durchgeführt und eine eher allgemein gehaltene Resolution verabschiedet, sondern konkrete politische Forderungen an die Regierungen rund um die Ostsee gestellt. Dies zeugt von der gewachsenen Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten.
In den letzten zehn Jahren sind im Ostseeraum enorme wirtschaftliche Entwicklungen vonstatten gegangen. Die regionalen und nationalen Parlamente dieser Region sind sich bewusst, dass diese Entwicklungen politische Begleitung und die Setzung von politischen Rahmenbedingungen benötigen.
Nach der Konferenz von Greifswald können wir sagen, dass die Parlamentarierkonferenz neben dem Ostseerat auf Regierungsebene die zweite tragende Säule der Ostseekooperation geworden ist. Für die demokratische Entwicklung in Europa halte ich dies für einen wichtigen Schritt, denn Demokratien leben davon, dass sie nicht nur gut regiert werden, sondern dass gewählte Parlamentarier den politischen Rahmen setzen.
Darum verwundert es auch nicht, dass am Rande der Ostseeparlamentarierkonferenz über eine effektivere
Struktur dieser Konferenz diskutiert wurde. Dazu gehört eine feste Besetzung der Mitglieder zum Beispiel für den Zeitraum, für den sie in ihr regionales oder nationales Parlament gewählt wurden. Bisher werden die Mitglieder wie bei uns jährlich neu benannt. Kontinuierliche Arbeit ist dabei schwer möglich. Dazu gehört auch, dass die Anzahl der Delegierten sich nach der Bevölkerungszahl richtet. Und einige hoffen in Zukunft darauf, dass die Konferenz einmal ein demokratisch legitimiertes Ostseeparlament wird.
Stark beeinflusst wurde diese Diskussion durch unsere eigene Konferenzvorbereitung. Während der 9. Konferenz im Jahr 2000 in Malmö hatten wir gegen den Widerstand aus Skandinavien und mit Unterstützung der russischen Delegierten den Weg für das Thema „Die Sicherheit von Schiffen und Seewegen“ auf der Konferenz in Greifswald geebnet. Wie auf den Drucksachen 3/2111 und 3/2148 nachzulesen ist, haben wir dieses gründlich getan. Das ist besonders das Verdienst unseres Umweltausschusses.
Insbesondere das vom Landtag in Auftrag gegebene Gutachten der Juristischen Fakultät der Universität Rostock zur Bestandsaufnahme der Grundlagen des internationalen, europäischen und nationalen Seerechts unter Berücksichtigung der Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Ergebnisse der internationalen Anhörung am 25. April diesen Jahres haben dazu geführt, dass es zu einem sachlichen internationalen Austausch zu diesen wichtigen Fragen im Vorfeld der Konferenz kam.
Diese gründliche Vorarbeit hat sich ausgezahlt. Darin sind sich alle Beobachter der Konferenz in Greifswald einig. Stellvertretend für viele Kommentare darf ich aus den „Kieler Nachrichten“ vom 5. September 2001 zitieren: „Neun Jahre lang endeten die Konferenzen mit unverbindlichen Absichtserklärungen darüber, wie sich Abgeordnete der nationalen und regionalen Parlamente die Zukunft rund um das mare balticum vorstellen. Vom Konsensprinzip geprägt, waren die Ergebnisse meist wenig anschaulich und beeindruckten die jeweiligen Regierungen nur wenig. Mit dieser Unverbindlichkeit machte die 10. Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald Schluss. Mit ihrer einstimmig verabschiedeten Resolution zur Schiffssicherheit wurde die Konferenz präzise wie nie.“ So weit das Zitat.
So konnten konkrete Handlungsempfehlungen definiert werden, die für die Umsetzung im gesamten Ostseeraum für mehr Sicherheit von Schiffen und Seewegen notwendig sind. Ich will die Maßnahmen hier nicht alle aufzählen. Sie sind in der Entschließung Teil II nachzulesen.
Als besonderen Erfolg können wir den Umstand werten, dass Ergebnisse der Ostseeparlamentarierkonferenz erstmals und zeitnah im großen Umfang internationale Berücksichtigung gefunden haben. Bereits am 10. September wurden die Handlungsempfehlungen durch eine außerordentliche Fachministertagung der HELCOM 2001 in Kopenhagen erörtert und in deren Abschlusserklärung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Beschlüsse von Greifswald berücksichtigt.
In der Diskussion auf der Greifswalder Konferenz gab es keinen Vertreter, der die Grundsätze der Entschließung in Frage stellte. In der Diskussion ging es nur um Präzisie
rungen und Ergänzungen. Es war das beherrschende Thema auf der Konferenz. Und es wurde mit der Greifswalder Konferenz nicht zu den Akten gelegt, sondern die Konferenz will die Umsetzung und Weiterentwicklung der Beschlüsse begleiten. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, in der unser Landtag mit dem Vorsitz beauftragt wurde. Auch dies ist ein neues Arbeitsinstrument der Konferenz und zeigt, dass sich künftig die Parlamente in die Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen im Ostseeraum stärker einbringen wollen.
In diesem Zusammenhang möchte ich dem Landtag in Schleswig-Holstein, besonders dem Landtagspräsidenten Herrn Arens für die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Jahr danken. Herr Arens war in diesem Jahr der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses. Er hat einen wichtigen Anteil daran, dass dieses Thema auf der Konferenz die notwendige Aufmerksamkeit und Wertigkeit bekam.
Auch hat sich im Laufe der Vorbereitung die Haltung der skandinavischen Staaten geändert. Sie gaben ihre Zurückhaltung gegenüber dem Thema völlig auf. Dänemark hat im Gegenteil an der Ausgestaltung der Entschließung einen wesentlichen Anteil. In diese Zeit fiel der Zusammenstoß des Zuckerfrachters „Tern“ und des Ölfrachters „Baltic Carrier“ vor der dänischen Küste. Auf einer Besprechung, an der ich als Vertreter des Landestourismusverbandes in Dänemark teilnahm, wurde deutlich, welche wirtschaftlichen Folgen solche Umweltverschmutzungen der Ostsee nach sich ziehen können, denn die Touristenzahlen gingen sofort zurück. Besonders deutsche Touristen, die in Süddänemark rund 30 Prozent ausmachen, wandten sich eher anderen Zielen zu.
Dieses Jahr aktiver politischer internationaler Arbeit hat gezeigt, dass wir so für uns etwas erreichen können. Da für uns touristisch und wirtschaftlich überhaupt der Ostseeraum die Region ist, die unsere Entwicklung bestimmen wird, war dies ein wichtiger Schritt. Wir brauchen die Ostsee als Verkehrsweg und wir brauchen die Ostsee als sauberes Meer zur weiteren Entwicklung unseres Tourismus.
Die Greifswalder Konferenz hatte noch einen zweiten Themenschwerpunkt: „Politische und rechtliche Grundlagen einer zivilen Gesellschaft“. Diesen Teil finden Sie in der Entschließung Teil I. Ich will hier auch nicht auf alle einzelnen Punkte eingehen.
Das Anliegen der Konferenz ist es vor allem, in allen Staaten im Ostseeraum die Entwicklung einer stabilen zivilen Gesellschaft zu unterstützen und Bürgersinn und Demokratieverständnis zu stärken. Das geht von der Gewährung von Grundrechten, der Förderung des Schutzes von Menschenrechten bis zur besseren Zusammenarbeit der Menschen, Unternehmen und Institutionen. Diesen Prozess des Zusammenwachsens und Ausgestaltens demokratischer Strukturen zu befördern ist seit Beginn der Konferenz das wichtige Anliegen.
Dazu ist eine regionale Zusammenarbeit von besonderer Bedeutung, so, wie wir sie mit unseren Partnern in der Woiwodschaft Westpommern in Polen durchführen. Vertreter des Sejmik Westpommern und auch von Pommern mit Sitz in Danzig nahmen zum ersten Mal als Beobachter an der Konferenz teil.
Beeindruckend war für mich das Auftreten von Jugendvertretern aus Deutschland und den baltischen Republiken. Sie machten sehr deutlich, dass sie wissen, wie sie die Zusammenarbeit im Ostseeraum mit Menschen ihrer Generation verbessern können. Sie brauchen von uns aber Rahmenbedingungen, die es auch den jungen Menschen aus Polen, den baltischen Republiken und Russland ermöglichen, an diesem Austausch teilzunehmen.
In der Entschließung haben ihre Ausführungen breiten Raum gefunden. Hier werden unter anderem die Einrichtung einer Ostsee-Jugendversammlung oder ein Jugendticket für Ostseefähren, das heißt eine Ermäßigung für Jugendgruppen, angesprochen.
Viele junge Leute haben in der internationalen Zusammenarbeit manche Probleme der älteren Generation nicht. Sie beherrschen Englisch oder sind in der Lage, dies schnell zu lernen. Sie müssen keine Vorbehalte abbauen. Sie sind neugierig und gehen aufeinander zu. Wir sollten alles dafür tun, dass junge Menschen aus MecklenburgVorpommern sich an der internationalen Zusammenarbeit und dem Austausch junger Menschen im Ostseeraum beteiligen, denn sie sind die Führungskräfte von morgen. Sie gestalten künftig den politischen Prozess im Ostseeraum. Internationale Erfahrungen, die sie jetzt machen, und Kontakte, die sie jetzt schließen, können morgen viel erleichtern und Mecklenburg-Vorpommern zu einem aktiven Teil des Ostseeraumes werden lassen.
Hier müssen wir einige Schularbeiten machen. Mit dem, was wir bisher auf diesem Gebiet ermöglichen, können wir nicht zufrieden sein. Wir brauchen mehr Jugendbegegnungen. Das gilt auch besonders für alle unsere Ausbildungsstätten. Es gibt nur 30 Schulpartnerschaften mit Schulen in Polen und den baltischen Republiken. Das ist ganz sicher zu wenig.
Auf dem Gebiet der Unterstützung einer Entwicklung, die zu einer stabilen zivilen Gesellschaft im Ostseeraum führt, gibt es auch für uns noch einiges zu tun. Mir scheint es wichtig, dass wir unser Engagement innerhalb der Ostseeparlamentarierkonferenz weiterführen. Wir können so unsere internationalen Kontakte verstärken. Und das halte ich für die Entwicklung unseres Landes, unserer Wirtschaft, aber auch unserer Kultur und Bildung für äußerst wichtig.
Die 10. Ostseeparlamentarierkonferenz hatte noch eine Besonderheit. Wir konnten zum ersten Mal parlamentarische Vertreter aus Italien, Griechenland und Kroatien begrüßen. Sie gehören der Adriatisch-Ionischen Initiative an, deren Mitglieder die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit anderen parlamentarischen Initiativen in Europa suchen.
Wir hatten die Ostseeparlamentarierkonferenz nicht, wie viele erwartet hatten, in unseren schönen Landtag eingeladen, sondern in das Max-Planck-Institut nach Greifswald. Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen als erfolgreiches Tourismusland bekannt. Dass wir auch interessante Forschungsanlagen zu bieten haben, war für viele eine Überraschung. Für unsere internationale Zusammenarbeit ist es, denke ich, wichtig, dass wir unsere Gäste öfter überraschen, weil sich daraus neue für uns interes
sante Möglichkeiten einer Zusammenarbeit entwickeln können.
Die Mitarbeiter des Max-Planck-Institutes haben uns bei der Durchführung der Tagung hervorragend unterstützt. Dem Direktor Herrn Professor Wagner und seinen Mitarbeitern möchte ich darum auch von hier aus noch einmal unseren herzlichen Dank sagen.
Auch für die Mitarbeiter unserer Landtagsverwaltung war die Tagung eine große Herausforderung, die alle mit großem Einsatz hervorragend bewältigt haben.
Wir haben für die Durchführung der Konferenz viel Lob geerntet. Dafür möchte ich allen Beteiligten meinen herzlichen Dank sagen.
Die nächste, die 11. Ostseeparlamentarierkonferenz wird in Sankt Petersburg und damit in Russland stattfinden. Russland hat in diesem Jahr auch den Vorsitz im Ostseerat. Der Beitrag der Russen auf der Greifswalder Konferenz hat gezeigt, dass sie sich hier aktiv einbringen wollen und den Ostseerat und die Ostseeparlamentarierkonferenz als Chance betrachten. Russland ist nicht Mitglied der Europäischen Union und hat bisher auch nicht vor, dies zu werden. Aber auch gerade die Rede von Präsident Putin im Deutschen Bundestag, denke ich, hat gezeigt, dass Russland eine enge Zusammenarbeit zu den westlichen Demokratien sucht. Durch die Terroranschläge am 11. September hat sich dieser Prozess ganz sicher noch verstärkt. Ein Baustein für diese gute Zusammenarbeit kann die Ostseeparlamentarierkonferenz sein.
Ihnen liegt die gemeinsame Entschließung aller Fraktionen zur Umsetzung von Beschlüssen der 10. Ostseepar
lamentarierkonferenz in Greifswald vor. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können zum Glück wieder feststellen, dass wir eine große Übereinstimmung bei diesem Thema haben. Ich kann vieles von dem, was Herr Helmrich hier gesagt hat, nur unterstreichen und möchte gleich mal mit dem Angenehmen beginnen und mich auch bedanken für den Bericht der Landesregierung. Ich finde den Bericht sehr wichtig, dass wir uns auch einmal klar machen, wo wir stehen. Er ist aus meiner Sicht eine sehr gute Zusammenfassung.
Und worüber ich sehr froh bin, ist, dass wir in der Tat in der letzten Zeit bei den Kontakten ganz erheblich an Fahrt zugelegt haben. Das halte ich für sehr, sehr wichtig. Die Landesregierung hat hier Akzente gesetzt, die, glaube ich, auch in unser Land stark ausstrahlen. Man merkt das bei Besuchen, wo man immer mehr Unternehmen, aber auch Vertreter von anderen Institutionen in Polen trifft. Das ist auch eine Folge davon, dass die Landesregierung hinter diesen Kontakten steht und da selbst vorangeht.
Ich finde es auch sehr wichtig, dass diese Kontakte der Landesregierung nicht nur auf Polen beschränkt sind, sondern dass der Ministerpräsident in den Ostseeraum reist und Gruppen mitnimmt, denn wir müssen uns in der Tat viel stärker auf diese Region einstellen. Und das ist hier ja auch schon gesagt worden: Wenn wir jetzt die große politische Wetterlage sehen, dann erkennen wir alle nach den schlimmen Ereignissen in den USA, wie wichtig es ist, dass wir über unseren Tellerrand hinausarbeiten, hinausschauen und dieses betreiben.
Die Osterweiterung der Europäischen Union wird voraussichtlich nicht allzu lange auf sich warten lassen. Mit welchen Ländern, das werden wir sehen. Aber es gibt ja durchaus Bestrebungen, dass der erste Schritt vor der nächsten Wahl des Europäischen Parlamentes gemacht wird. Das heißt, das ist ein sehr begrenzter, überschaubarer Zeitraum. Und von daher denke ich schon, dass wir noch zulegen müssen. Das ist keine Kritik, sondern das ist etwas, was uns alle betrifft, dass dieser Schwerpunkt, den wir alle, Landesregierung, Parlament und viele andere, besonders im letzten Jahr gesetzt haben, dass wir hier nicht nachlassen, sondern dass wir das, wenn wir künftig diese Osterweiterung positiv nutzen wollen, noch verstärken müssen.