dem Eigentum anderer haben werden? Sie erheben doch dieses Gesellschaftssystem alle hier regelmäßig zum besten auf der ganzen Welt und dann sind Sie unentwegt dabei, Gesetze zu verschärfen und Regeln bis in die kleinsten Ecken der Gesellschaft aufstellen zu wollen. Wie sollen Jugendliche – und über die reden wir hier ja wohl überwiegend – zu dem System finden, wenn sie bei den Alten mit allen Ausdrucksweisen nur auf Unverständnis stoßen und Strafe zu erwarten haben?
Zu den nach Ihrer Meinung notwendigen sozialpädagogischen Maßnahmen haben Sie kurze Ausführungen gemacht, aber dabei ist, denke ich, noch lange nicht das Muss erreicht. Und in Ihrer Regierungsverantwortung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, hat es doch die junge Generation dazu gebracht und ist es doch in diesem Lande so weit gekommen, dass vor allen Dingen das Ich zählt, anstatt das Wir. Und ich denke, das ist auch eine Reaktion darauf.
Bei allem bleibt aber insbesondere zu berücksichtigen – und das, denke ich, ist der wichtigste Punkt bei dieser g a nzen Angelegenheit, ich werde dazu allerdings auch nicht so sehr viel sagen oder gerade deshalb –, dass erst dann gestraft werden kann, wenn die Straftäter oder diejenigen, die sich daneben benommen haben, wirklich gefasst werden. Wenn die Verantwortlichen gefunden sind, kann man sie auch erst bestrafen. Und daran mangelt es ja wohl offensichtlich zurzeit. Auch das Programm der Kopfprämien des Justizministeriums hat nach meinen Informationen noch nicht so sehr viel gebracht. Wir werden weiter sehen, wie es sich entwickeln wird.
Das ist alles nur Bekämpfung der Erscheinungen und nicht der Ursachen von Graffiti beziehungsweise von Menschen, die sich in dieser Gesellschaft eben nicht so benehmen, wie es alle anderen erwarten. Ich denke, es ist einem sich demokratisch nennenden System unwürdig, auf Drohungen, Polizei, Denunziation und Kopfprämien zu setzen. Aber da können wir auch unterschiedlicher Meinung sein, so ist das eben in der Demokratie, dass wir unterschiedlicher Meinung sind.
Abschließend ein Zitat, was die Motivation von denjenigen, die sich dort produzieren, ausdrücken könnte: „Wenn ihr unser Leben nicht achtet, achten wir eure Gesetze nicht.“ Und ich denke, selbst wenn wir neue Gesetze schaffen
und nichts zur Ursachenbekämpfung tun, werden wir nicht vorankommen. Die sozialpädagogischen Maßnahmen müssten ausgebaut werden und das heißt dann natürlich aktive Jugendarbeit
und aktive Beschäftigungspolitik. Das heißt nicht, mehr Polizei zu fordern. Wir werden diesen Antrag ablehnen.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Krumbholz von der Fraktion der SPD zu seiner ersten Rede in diesem Hohen Haus.
Herr Schädel, ich muss das erst mal ein bisschen sacken lassen, zum Beispiel, dass Sie sagen: Ärger unter Strafe stellen. Ich glaube, hier geht es nicht um irgendein Ärgernis. Hier geht es darum, dass jemand, der sprayt, das Eigentum anderer beschädigt und beschmutzt – das soll bestraft werden. Wir haben im Grundgesetz den Artikel 14 – schauen Sie mal nach –, und zwar die Eigentumsgarantie.
(Monty Schädel, PDS: Das Beschädigen steht aber schon unter Strafe. – Zuruf von Barbara Borchardt, PDS)
Meine Damen und Herren! Die in dem CDU-Antrag angesprochene Problematik des so genannten illegalen Graffiti ist hinreichend bekannt. Die Bemalung, Beschmutzung, Verunstaltung von Bauwerken, Bussen, Bahnen und Anlagen ist auch in unserem Bundesland immer häufiger anzutreffen. Das Besprühen und Bemalen von öffentlichen beziehungsweise privaten Flächen wird von breiten Teilen der Bevölkerung, das haben auch meine Vorredner schon gesagt, in der Tat als ein Symbol für den Verfall der Ordnung angesehen.
Die Kosten, die unser Gemeinwesen für die Beseitigung dieser Schmierereien ausgeben muss, sind immens und betragen beispielsweise allein in der Stadt Neubrandenburg jährlich 500.000 DM. Aus diesen Gründen setzt das Land Mecklenburg-Vorpommern schon seit längerer Zeit auf eine wirksame Bekämpfung des so genannten Graffiti. Es hat sich deshalb auch in der Vergangenheit entschieden für eine Straffälligenverfolgung von Graffiti eingesetzt. Das hat der Justizminister auch schon in Einzelheiten ausgeführt.
So hat das Land Mecklenburg-Vorpommern bereits im letzten Jahr einem entsprechenden Graffiti-Bekämpfungsgesetz im Bundesrat zugestimmt. Auch der diesbezügliche Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg, der in der morgigen Sitzung des Bundesrates in Erster Lesung beraten wird, erhält die Zustimmung unseres Bundeslandes. Übrigens ist dieser Gesetzesantrag nahezu identisch mit dem Antrag aus dem vergangenen Jahr. Dass die CDU erst jetzt aufwacht und ihren Antrag offenbar in Unkenntnis der Linie des Landes Mecklenburg-Vorpommern einbringt, ist verwunderlich,
(Harry Glawe, CDU: Ja, das hat der Minister auch gesagt. – Barbara Borchardt, PDS: Sie wundert das, uns wundert das nicht.)
Mecklenburg-Vorpommern setzt sich aber nicht nur für eine strafrechtliche Lösung ein. Um eine effektive Bekämpfung von Graffiti zu ermöglichen, sind auch andere Maßnahmen notwendig. So hat das Justizministerium verfügt, dass für sachdienliche Hinweise, die zur Ermittlung eines Graffiti-Täters führen, die Auslobung von 1.000 DM als Anreiz eingeführt wurde. Das hat der Justizminister schon ausführlich dargelegt, auch die gesamte Motivation dabei.
Der Innenminister hat in der vergangenen Woche eine Musterverordnung erlassen, mit deren Hilfe Schmiererei
en schnell und effektiv geahndet werden können. Mit Hilfe dieser Musterverordnung wurde Graffiti überhaupt erst als Ordnungswidrigkeit definiert. Die aufgrund der Musterverordnung von den Kommunen selbst zu erlassenden Verordnungen eröffnen den Ordnungsämtern die Möglichkeit, Graffiti-Sprayer zu verfolgen und deren ordnungswidriges Handeln mit Geldbußen bis zu 5.000 Euro zu sanktionieren. Im Gegensatz zu einer strafrechtlichen Lösung besteht somit die Möglichkeit, dass eine herbe Strafe unmittelbar auf dem Fuße folgt. Die eingenommenen Bußgelder können für die zügige Entfernung von Graffiti eingesetzt werden.
Zudem hat sich der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung dieses Themas angenommen. Die Arbeitsgruppe Massenkriminalität – und es handelt sich um Massenkriminalität – entwickelt dort derzeit ein Präventionskonzept gegen Graffiti-Schmierereien, denn eines ist offensichtlich: Allein mit der Ermöglichung einer strafrechtlichen Sanktionierung von Graffiti lässt sich diesem Phänomen nicht beikommen. Ergänzend nötig sind vielmehr auch präventive Ansätze, wie zum Beispiel das Anbringen von Schutzschichten oder besonderen Untergründen, die das Besprayen von Gebäuden, Bussen oder Zügen erschweren. Die demonstrative und unmittelbare Entfernung von Graffiti an öffentlichen Gebäuden und die besondere Überwachung der Abstellflächen von öffentlichen Verkehrsmitteln sowie eine Sichtung und Archivierung der verschiedenen Arten von Schriftzügen, welche hilfreich bei der Identifizierung der Verursacher sein können, ist ebenfalls sinnvoll.
Daneben können wir auch, wie die CDU treffend erkennt, für organisierte Säuberungsaktionen und die Bereitstellung – jetzt kommt es – legaler Bemalungs- und Besprühungsmöglichkeiten für Jugendliche zur Bekämpfung von Graffiti beitragen.
Werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition! Ich möchte hier noch einmal betonen, dass wir, was die Problematik inhaltlich betrifft, gar nicht so weit auseinander liegen. Abgesehen davon enthält der vorliegende Antrag der CDU keinerlei neue Anregungen, sondern beschreibt lediglich ein altes, bekanntes Problem. Dass die CDU mit ihrem altbackenen Antrag offene Türen einrennt, wurde dort offensichtlich noch gar nicht bemerkt. Der vorliegende Antrag ist jedenfalls überflüssig.
Und, meine Damen und Herren, auch wenn ich dem Parlament erst seit einigen Tagen angehöre, so ist mir doch schon bewusst, dass man überflüssige Anträge möglichst schnell ablehnen sollte, und das werden wir als SPD-Fraktion dann auch tun.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Justizminister hat hier inhaltlich eine Rede gehalten, die so ausgefallen ist, dass ich ihm eigentlich zusätzlich das Geburtstagsgeschenk machen wollte, auf meinen Redebeitrag zu verzichten,
weil ich das nur alles voll unterstreichen kann, was er inhaltlich gesagt hat. Dass es ein paar parteipolitische Einfärbungen gibt, das sehe ich auch einem Mitglied der Landesregierung nach. Aber, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind nicht unter uns, wir haben erfreulicherweise ja doch eine große Zuhörerschaft hier. Und nach dem Beitrag des Kollegen Monty Schädel, denke ich, ist es doch notwendig, deutlich zu machen, dass es hier einige sehr fundamentale Unterschiede zwischen der CDU-Fraktion des Landtags und der PDS gibt.
(Monty Schädel, PDS: Ach, da bin ich ja froh. Da bin ich ja froh, dass es das noch gibt. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)
Ich möchte an dieser Stelle einmal darauf hinweisen, dass offensichtlich das Grundverständnis von der Funktion des Strafrechts bei einigen im Hause nicht vorhanden ist oder abhanden gekommen ist.
nämlich einmal die von Herrn Monty Schädel hier hervorgehobene Funktion der Repression. Das ist eine, wenn man es darauf beschränkt, sehr veraltete Vorstellung, die mit dem modernen Strafrecht nur noch wenig zu tun hat.
Repression ist notwendig, aber Strafrecht ist immer nur Ultima Ratio, das heißt, es ist nur die letzte Möglichkeit einer angemessenen Reaktion des Staates, wenn nämlich andere Maßnahmen versagen. Strafrecht hat deshalb anerkanntermaßen auch immer die wesentliche Funktion der Generalprävention.
Und hier spielt unser Thema in der Tat eine sehr entscheidende Rolle. Es ist eben keine Lappalie, über die wir reden, das hat der Minister in seiner Rede hier sehr deutlich gemacht, sondern es geht um grundsätzliche Fragen unseres Rechtsstaats. Das Graffiti-Problem hat auch mit Sicherheit zu tun, nämlich mit Rechtssicherheit, mit dem Sicherheitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger. Ich will noch einmal das aufgreifen, was Kollege Thomas hier sehr deutlich geschildert hat. In den vor allem in den größeren Städten und öffentlichen Verkehrsmitteln fast allgegenwärtigen Schmierereien sehen viele Bürgerinnen und Bürger ein Symbol für den Zerfall von Ordnung, einen Vorläufer für weitere Zerstörungen und letztlich eine Gefährdung ihrer persönlichen Sicherheit.
Meine Damen und Herren! Das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung nimmt, wenn man dies alles so geschehen lässt, zwangsläufig ab. Die Menschen fühlen sich unwohl in den Bereichen, in denen die Ordnung augenscheinlich nicht mehr durchgesetzt wird, und versuchen, solche Bereiche zu meiden. Letztlich sehen sie sich gezwungen, damit ein Stück Freiheit aufzugeben.
Kollege Thomas hat hier sehr deutlich auf die Aktionsbündnisse hingewiesen. Das ist eine sehr, sehr sinnvolle Maßnahme. Und ich sage noch einmal: Strafrecht ist nur Ultima Ratio. Das heißt, all das, was wir tun können, um zu vermeiden, dass es überhaupt zu strafbaren Handlungen kommt, sollten wir tun. Aber dazu gehört eben auch, dass wir wirksame Straftatbestimmungen haben. Und wenn hier – nicht vom Justizminister, sondern von den Kollegen, die sich geäußert haben – offensichtlich hinsichtlich der Ausgestaltung der Straftatbestände einige Unklarheiten herrschen, dann muss man ganz deutlich darauf hinweisen, warum denn diese Handlung, die hier beschrieben wird, mit Graffiti-Schmierereien bisher nicht strafrechtlich erfasst ist. Das hat den ganz einfachen Grund, weil im Strafrecht der Grundsatz gilt, dass jedes einzelne Tatbestandsmerkmal im vollen Umfang erfüllt sein muss, damit jemand bestraft werden kann. Es gibt keine Analogie zu Ungunsten von Tätern oder Menschen, die etwas tun, was als strafwürdig empfunden wird, aber eben nicht im Gesetz ausdrücklich so geregelt ist.