Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Was sind Sie denn für ein Demokrat?!)

Und im Übrigen: Rückgrat hatte eine SPD, in der solche Leute wie Sie das Sagen haben, noch nie und wird sie auch nie bekommen,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

und schon gar nicht gegenüber dieser PDS.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Wir danken für diese demokratische Belehrung.)

Das haben Sie gerade nötig. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Von Demokratie bleibt bei Ihnen nichts übrig.)

Danke schön, Herr Thomas.

Das Wort hat jetzt der Innenminister Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst einmal will ich das Lob, dass Sie Genossen Otto Schily spenden, gerne weitertragen. Möglicherweise wird es ihn sogar freuen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das glaube ich.)

Sodann will ich darauf hinweisen – und zwar will ich das gegenüber dem Abgeordneten Ritter machen, der sich hier zur Frage der Rechtsstaatlichkeit geäußert hat –, dass die Bundesregierung einstimmig das so genannte SchilyPaket II beschlossen hat. Auch die Bundesjustizministerin hat diesen Beschluss befürwortet.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Jedenfalls sieht man im Bund derzeit nicht die Bedenken, die Sie hier im Landtag vorgetragen haben.

Die Koalition aus SPD und PDS in Mecklenburg-Vorpommern hat im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit, wie es bekannt ist, ein breites Spektrum von Auffassungen. Das macht uns die Arbeit vielleicht nicht einfacher, aber das sind Probleme, die lösbar sind. Auf jeden Fall wird es Ihnen von der Opposition – das will ich nüchtern einschätzen – nicht gelingen, aufgrund unseres breiten Spektrums in diesem Bereich einen Keil in die Koalition zu treiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Dem halten wir stand, Herr Jäger. Das wird uns auch in Zukunft gelingen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich warne in allen öffentlichen Diskussionen jedes Mal davor, den Bereich Terrorismusbekämpfung in eine ideologische Fragestellung zu verkehren,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und freue mich, dass der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern hier und heute dies nicht getan hat. Eine ideologische und damit sozusagen sachfremde Diskussion ist hier nicht geführt worden,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Es war ganz sachlich, was Herr Friese gesagt hat.)

und das ist schon mal ein guter Ansatz für die Lösung der vor uns liegenden Probleme, denn wer behauptet, der Kampf gegen den Terrorismus würde die Demokratie und die Freiheit gefährden, der führt eine ideologische Debatte, bei der er sich fragen lassen muss, wie er...

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das ist ja hier nicht behauptet worden. Aber wer dieses behauptet, Herr Dr. Jäger, der muss sich fragen lassen, wie diese Behauptung durch die einzelnen Vorschläge im Sicherheitspaket I und II denn konkret belegt werden kann,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ich bin da nicht verletzt.)

denn nicht die einzelnen Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung gefährden die Demokratie und die Freiheit, sondern der Terrorismus selber

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

ist eine große Gefahr für die Demokratie,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das müssen Sie Herrn Friese sagen.)

und zwar für die weltweite Zivilisation, wie wir es derzeit erlebt haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sagen Sie das mal Herrn Dr. Schoenenburg!)

Ich habe beispielsweise, meine Damen und Herren, an der Schweriner Goethe-Schule eine Diskussion geführt. Es war ja auch in den Medien abgedruckt worden. Da sagte eine Schülerin, 12. Klasse, sie sei mit diesen Sicherheitsmaßnahmen einverstanden, denn wer sich nichts zu Schulden kommen lässt, der muss auch nichts befürchten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, richtig, das Mädchen hat Recht.)

Ganz einfach, nicht? Aber wer sich was zu Schulden kommen lässt, den müssen wir kriegen, und zwar möglichst vorher, bevor er entsprechende Planungen, die er möglicherweise begeht, umsetzt.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine Damen und Herren, deswegen ist die zentrale Frage, und das ist zugegebenermaßen eine Frage – Herr Ritter, da gebe ich Ihnen völlig Recht –, die nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist, aber es ist eine zentrale Frage, ob den Sicherheitsbehörden erst im Zuge von Ermittlungsverfahren Kenntnisse über terroristische Planungen zugänglich gemacht werden dürfen oder aber, ob sie nicht vorher bereits solche Kenntnisse erlangen müssen. Das ist die zentrale Frage. Sie richtet sich an die Nachrichtendienste, sie richtet sich aber auch – das hat Otto Schily richtig erkannt – an das Bundeskriminalamt und letztlich auch an die Landeskriminalämter.

Ich persönlich bin auch der Auffassung, dass in dem Moment, wo man erst im Zuge von Ermittlungsverfahren entsprechende Informationen bekommt, eigentlich die Sache schon zu spät ist. Das heißt mit anderen Worten, wir reden auch im Bereich der Terrorismusbekämpfung von Präventionsansätzen, die wir durchziehen müssen, um den Terrorismus zu verhindern. Das ist die entscheidende Aufgabe, und letztlich geht es um die Instrumente, die wir dafür brauchen.

Ich will ein paar Punkte anführen, und zwar immer unter der Frage, ob die Demokratie in Gefahr ist im Sicherheitspaket II. Da heißt es, dass das Sicherheitsüberprüfungsgesetz zu ändern ist, und zwar mit dem Ziel, dass sicherheitsempfindliche Stellen innerhalb von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen des Bundes oder der Länder zu überprüfen sind. Hier kann ich nicht erkennen, dass das besonders demokratiegefährdend ist.

Oder es wird vorgeschlagen, dass Flugsicherheitsbegleiter des Bundesgrenzschutzes an Bord von deutschen Flugzeugen mitfliegen sollen. Das halte ich für richtig. Wenn der BGS das leisten kann, halte ich das für richtig.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das halten wir möglicherweise auch für richtig.)

Weiterhin wird vorgeschlagen eine Änderung des Passund Personalausweisgesetzes, und zwar, dass neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern oder Händen oder Gesichtern aufzunehmen sind. Da will ich mal eine nüchterne Frage stellen: Wenn wir heute neben der Unterschrift einen Fingerabdruck im Pass hätten und jetzt Genosse Schily vorschlagen würde, nun müssen wir noch die Gesichter abbilden, ergibt das eine Diskussion über die Gefahr der Demokratie? Das könnte ich mir vorstellen. Nur ich sage Ihnen, die entscheidende Frage ist die, wie wir die Identität von Personen feststellen in einer Zeit, wo technische Möglichkeiten vorhanden sind, diese zu verschleiern.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Also die Fingerabdrücke konnte man vor 50 Jahren auch schon nehmen.)

Eben.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Und warum sind sie nicht drin, warum sind sie nicht drin? Beantworten Sie mal die Frage!)

Und deswegen kann man es auch heute noch, Herr Schoenenburg. Ganz nüchtern gesagt: Das gefährdet die Demokratie in keiner Weise und hat sie, wie Sie richtig sagen, auch früher nicht gefährdet.

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Da war es nicht drin aus gutem Grund.)

Weiterhin wird vorgeschlagen, eine Änderung des Vereinsgesetzes vorzunehmen. Warum? – Weil man weiß, dass in der Bundesrepublik Deutschland extremistische Ausländervereine oder ausländische Vereine bestehen, in denen terroristische Aktivitäten geplant oder auch begangen werden. Einer ist allen bekannt, das ist der Verein in Köln, dessen Führer einsitzt, der Kaplan, der den Kalifatsstaat errichten will. Und wer sich ein bisschen näher damit befasst, der wird, glaube ich, gegen diese Vorschrift, die es dann ermöglicht, auch Verbotsverfügungen zu erlassen, nichts mehr einwenden können. Deswegen, meine ich, sollte man diese Fragen, um die es geht, immer konkret besprechen.

Weiterhin wird vorgeschlagen, eine Änderung des Ausländer- und Asylverfahrensrechtes vorzunehmen, und zwar dahin gehend, dass terroristische oder gewaltbereite Aktivitäten von Gruppen oder von Einzelpersonen in der Weise unterbunden werden können, dass keine Visaoder Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden dürfen oder aber Einreise- und Aufenthaltsverbote erlassen werden sollen. Dagegen kann man eigentlich nichts einwenden, denn wir wollen ja nun ausdrücklich in der Bundesrepublik Deutschland keine Terroristen einreisen lassen, und wenn wir sie schon haben, zügig wieder ausreisen lassen müssen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Das heißt mit anderen Worten, meine Damen und Herren,...