Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Na?! Na?! – Heiterkeit bei Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Also müssen Sie mir wirklich nicht unterstellen, ich müsste den Unfug auch erst selber noch vollziehen, um etwas davon zu verstehen.

Aber noch einmal: Die konkrete Ausgestaltung der von Ihnen angestrebten Landesbeteiligung ist kein zukunftsweisender Beitrag zur Technologieförderung in Mecklenburg-Vorpommern. Und deshalb sollte man sich von diesem Vorhaben der Landesregierung getrost verabschieden. Ein Schaden würde damit nicht entstehen. Wir können das Geld sinnvoller einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt der Wirtschaftsminister Herr Dr. Ebnet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im September haben wir hier im Landtag über den Antrag der Landesregierung zur Beteiligung des Landes an der BioCon Valley GmbH gesprochen. Wirtschafts- und Finanzausschuss des Landtages haben beraten und sind zu der Entscheidung gekommen, dem Antrag der Landesregierung zuzustimmen. Die CDUFraktion blieb jedoch in der abschließenden Beratung des Wirtschaftsausschusses leider bei ihrer ablehnenden Haltung.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das lag an Ihren Antworten. – Angelika Gramkow, PDS: Die waren exzellent.)

Meine Damen und Herren von der CDU, Herr Abgeordneter Dr. Born, erlauben Sie mir die Bemerkung, dass ich

den Eindruck hatte, dass Ihnen die Begründung der Haltung Ihrer Fraktion schon mal leichter gefallen ist als heute.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Warum Sie dagegen sind, können Sie nicht erklären. Sie sind einfach gegen alles und Sie sind auch dagegen,

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wir haben eben fünfmal zugestimmt bei Gesetz- entwürfen der Landesregierung.)

dass diese Regierung das Land voranbringen will.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Merken Sie denn nicht,

(Angelika Gramkow, PDS: Selbst beim Kirchensteuergesetz.)

dass die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern über Sie nur noch verständnislos den Kopf schüttelt?!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Bei der Euro- Umstellung, Seveso-II-Richtlinie, beim Kirchensteuergesetz, Digitalfunk – überall haben wir zugestimmt.)

Was Sie hier zeigen, ist wirtschaftspolitische Inkompetenz pur.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die BioCon Valley GmbH – damit wollen wir den Biotechnologiestandort Mecklenburg-Vorpommern mit einer klaren und effizienten Organisationsstruktur weiter voranbringen. Die BioCon Valley GmbH soll die Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen der Biotechnologie miteinander vernetzen und das organisatorische Gerüst sein, das ihre Interessen bündelt. Und das ist eine ganz andere Aufgabe, als sie die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung wahrnimmt. Wir wollen damit eine neue Qualität bei der Entwicklung des Landes zu einem attraktiven Biotechnologiestandort erreichen. Diese Aufgabe können nicht die Unternehmen des Landes allein leisten. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Bei dieser Aufgabe muss das Land maßgeblich mitwirken und das wollen wir auch. Dafür brauchen wir eine schlagkräftige Organisationsstruktur – die BioCon Valley GmbH.

Meine Damen und Herren von der CDU, damit das klar ist, Mecklenburg-Vorpommern soll kein NebenerwerbsBiotechnologiestandort sein. Wir wollen in der ersten Reihe mitspielen.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD, und Ministerin Sigrid Keler)

Dafür müssen wir aber weiterhin etwas tun, auch wenn sich die Biotechnologien in den letzten Jahren in Mecklenburg-Vorpommern außerordentlich gut entwickelt haben. Die Anzahl unserer Biotechnologieunternehmen steigt ständig, die Zahl der Arbeitsplätze auch. Und Mecklenburg-Vorpommern hat pro Einwohner gleich nach Berlin die zweitmeisten Biotechnologieunternehmen in Deutschland.

Meine Damen und Herren, im „Kölner Stadtanzeiger“ vom 14. Oktober dieses Jahres stand ein Artikel mit der Überschrift „Ein geschockter Ministerpräsident“. Der geschockte Ministerpräsident war Wolfgang Clement, der auf einer Reise nach Schweden erfahren musste, dass für

das MediCon Valley in der Region Kopenhagen/Malmö, das größte Zentrum der Biotechnologie und Medizintechnik in Skandinavien, Mecklenburg-Vorpommern eine erste Adresse ist, Nordrhein-Westfalen aber nicht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das haben Sie uns schon beim letzten Mal erzählt. – Zuruf von Irene Müller, PDS)

Und er musste erfahren, dass MediConValley mit Mecklenburg-Vorpommern hervorragend zusammenarbeitet, mit Nordrhein-Westfalen aber nicht.

Meine Damen und Herren, wir dürfen uns nicht überschätzen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wir über- schätzen Sie nicht. Keine Sorge!)

Wir stehen zwar nicht mehr ganz am Anfang, einiges ist schon auf den Weg gebracht, das dürfen wir aber nicht durch Halbherzigkeit verspielen. Mecklenburg-Vorpommern ist inzwischen keine unbekannte Adresse in der Branche mehr. Erst in der vergangenen Woche fand das erste Baltic Biotech Forum in Teschow statt – ein voller Erfolg. 135 Teilnehmer aus 13 Ländern, vor allem aus dem Ostseeraum, haben sich hier getroffen, um ein Netzwerk in der Ostseeregion aufzubauen.

Meine Damen und Herren, die Beteiligung des Landes an der BioCon Valley GmbH dokumentiert den Willen des Landes, Schwerpunkte für die gezielte wirtschaftliche Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns zu setzen. Die BioCon Valley GmbH ist ein wichtiger Baustein in der weiteren Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns als Standort der Biotechnologie. Wir wollen, dass man in Zukunft immer häufiger nicht nur an schöne Natur denkt, wenn man den Namen Mecklenburg-Vorpommern hört. Immer häufiger wird man mit diesem Namen auch Wissenschaft, Forschung und Technologie verbinden. Dafür müssen wir aber alle etwas tun. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Herr Minister.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt, den Antrag der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auf Drucksache 3/2409 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Vereinbarungsgemäß rufe ich an dieser Stelle den Zus a t z t a g e s o r d n u n g s p u n k t auf: Bericht der Finanzministerin zur aktuellen Steuerschätzung.

Bericht der Finanzministerin zur aktuellen Steuerschätzung

Das Wort hat die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ergebnisse der Novem

bersteuerschätzung liegen seit Freitag vor, die Regionalisierung seit Montag. Es ist für mich selbstverständlich, dass ich bei so gravierenden Veränderungen Ihnen, den Abgeordneten des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, zum frühestmöglichen Termin sage, wie die Landesregierung damit umgehen will.

Ich habe bereits in meiner Rede am 20. September anlässlich der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes 2002/03 unüberhörbar darauf hingewiesen, dass Unsicherheiten zur Konjunkturentwicklung bestanden und dass daraus auch Konsequenzen für die Steuereinnahmen der nächsten Jahre erwachsen könnten. Erlauben Sie mir bitte, die damaligen Ausführungen in Erinnerung zu rufen. Ich habe hier erklärt: „Neben den kalkulierten Steuerausfällen aus der Steuerreform können die konjunkturellen Probleme noch auf unsere Einnahmen in 2002 durchschlagen. Bisher lässt sich das an unseren realen Steuereinnahmen des Jahres 2001 allerdings noch nicht festmachen. Genaueres wird sich erst aus der Novembersteuerschätzung ergeben. Dann wird sich auch schon besser erkennen lassen, inwieweit die Folgen der Terrorakte in den USA auf die Wirtschaftsentwicklung durchschlagen.... Von diesen Ereignissen sind wir alle betroffen und erschüttert. Die politischen Konsequenzen und die wirtschaftlichen Auswirkungen sind noch nicht absehbar und wir müssen befürchten, dass sich daraus auch zusätzliche Folgen für die Konjunktur und demzufolge auch für die Steuereinnahmen ergeben können. Sollte das eintreffen, werden wir selbstverständlich darauf reagieren und Ihnen entsprechende Vorschläge unterbreiten.“ So weit das Zitat.

Meine Damen und Herren, meine Befürchtungen haben sich leider bestätigt. Die Wirtschaftsentwicklung ist weit stärker abgeflaut, als dies absehbar gewesen ist. Darum gibt es kein Herumreden. Ich mache dafür nicht allein die Terroranschläge vom 11. September verantwortlich. Die Konjunktur war auch vor dieser Katastrophe schon geschwächt. Deutschland litt bereits unter den konjunkturellen Einbrüchen insbesondere in den Vereinigten Staaten. Nach dem 11. September hat sich der Negativtrend deutlich verstärkt. Die Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen in ihrem Herbstgutachten mit einem Wachstum von 0,7 Prozent für 2001 und von 1,3 Prozent in 2002. Es soll jedoch nach der konjunkturellen Delle im nächsten Jahr wieder bergauf gehen. Auch da gibt es ja seit heute gegenläufige Meinungen von den fünf Weisen.

Die Novembersteuerschätzung spiegelt die Entwicklung wider. Für 2002 werden bundesweit 12,5 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen gegenüber der Maisteuerschätzung erwartet. Auf den Bund entfallen 3,9 Milliarden Euro, auf die Länder 3,6 Milliarden Euro und auf die Gemeinden 3,9 Milliarden Euro. Die EU bekommt danach 1,1 Milliarden Euro weniger als noch im Mai geschätzt. Diese Zahlen enthalten noch nicht die IfG-Leistungen, die der Bund in die Bundesergänzungszuweisungen einbezogen hat.

Für Mecklenburg-Vorpommern folgen aus der regionalisierten Steuerschätzung für 2001 Steuermindereinnahmen von 70 Millionen Euro. Für 2002 ergeben sich 130 Millio nen Euro. Für 2003 gibt es keine Schätzung, aber wegen des Basiseffektes müssen wir diese Zahlen fortschreiben. Die Steuermindereinnahmen für die Kommunen belaufen sich auf 68,5 Millionen Euro. Auch diese Zahl schreiben wir für 2003 fort.

Die Landesregierung hat sich gestern über den Lösungsweg verständigt. Ich werde Ihnen darüber gleich

berichten, doch lassen Sie mich zuvor zum besseren Verständnis der Rahmenbedingungen, die wir jetzt berücksichtigen müssen, noch einige Ausführungen machen.

Mit der Steuerreform hat die rot-grüne Bundesregierung die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland verbessert. Das war auch dringend erforderlich, denn die Steuersätze in Deutschland hatten sich zu einem schwerwiegenden Standortnachteil ausgewachsen. Das ist mit der Steuerreform korrigiert worden. Nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums wurde dadurch die Kaufkraft der privaten Haushalte in Deutschland um rund 17 Milliarden Euro verbessert. Der Mittelstand wurde um rund 12 Milliarden Euro und die Großunternehmen wurden um 3 Milliarden Euro entla s t e t. Damit wurden die Rahmenbedingungen für Wirtschaftsentwicklung und für Investitionen deutlich verbessert, nämlich um rund 32 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere 3,1 Milliarden Euro, die Eltern mit Kindern zusätzlich verfügbar haben infolge der Kindergelderhöhung um weitere 30 DM für das erste und zweite Kind ab dem 01.01.2002.

Noch Ende Juli äußerten sich führende Beratungsunternehmen und Investmentbanken durchgängig sehr lobend über die Steuerreform. Ich zitiere: „Im Ausland starrt man auf die nominalen Sätze und da ist Deutschland von seinem ganz hohen Niveau runtergekommen“, erklärte zum Beispiel Ernst & Young in Düsseldorf. Das „Handelsblatt“ überschrieb seine Bewertung der Steuerreform mit „Belastung für Unternehmen in Deutschland jetzt geringer als in den USA“. Damit waren die Weichen auf nachhaltiges Wirtschaftswachstum gestellt. Und diese positiven Rahmendaten sind weiterhin wirksam. Wie sähe die Wirtschaftslage in Deutschland wohl aus, wenn die Bundesregierung diesen Kaufkraftschub im Privatbereich nicht ausgelöst hätte?