Das ist der Programmpunkt, der morgen so aussehen soll, dass Sozialhilfeempfänger – und das ist nicht der normale Sozialhilfeempfänger, der bisher in diesem Programm drin war, das wissen Sie genauso gut wie ich – unbefristete Arbeitsverhältnisse auf privatrechtlicher Grundlage abschließen sollen
oder mindestens zwei- bis dreijährige. Hier geht es nicht um Subventionierung, auch nicht um den Missbrauch von Versicherungsgeldern der Solidarsysteme. Bei diesem Programmpunkt ging es bisher darum, wirklich die, die keine Chance mehr hatten, an Arbeit heranzuführen
und wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Glauben Sie wirklich, dass Sie das mit unbefristeten Arbeitsverhältnissen hinkriegen? Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn nicht wenigstens zeitweise die öffentliche Hand dazwischen ist, kriegen Sie gar keinen aus der Sozialhilfe heraus! – Herzlichen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es. – Barbara Borchardt, PDS: Aber es ist doch in der Diskussion, Herr Rehberg.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem zweiten Redebeitrag auf einen Teil des Job-AQTIV-Gesetzes und was man in M-V machen kann, beziehen. Aber vorweg möchte ich bemerken, dass ich – wie immer – nichts beschönige, da kennen mich die Kollegen. Ich habe immer gesagt, kein Landesprogramm kann bundespolitische Weichenstellungen ausgleichen. Das gilt auch heute.
Zuallererst die Veränderung der Kriterien zur Verteilung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit mit Zustimmung der Sozialpartner und der öffentlichen Hand – nur M-V hat sich der Stimme enthalten, wofür es schon genug Schelte gab. Wir hatten immer hohe Vermittlungsquoten in ABM, worauf wir eigentlich auch stolz waren, zumindest mehrheitlich. Nun hat sich das Blatt gewendet zuungunsten unseres Landes. Hier werden weitere Härten auf uns zukommen. Diese Kriterien gelten nämlich für zwei Jahre, also auch für 2002. Und in diesem Verwaltungsrat hat man sehr deutlich gesagt, dass man vor 2002 nicht gewillt ist, diese Kriterien zu ändern.
Des Weiteren ist das Jugendsofortprogramm JUMP, eine gute Sache übrigens, allerdings kostenneutral aufgelegt worden. 2 Milliarden DM weniger bei ABM hieß es.
Trotzdem bleibt es dabei, die jetzige Reform der Arbeitsförderung hilft. Und, vielleicht darf ich ein wenig polemisch werden: Wenn auch nur die offenen Stellen, die etwa 7.800, die wir zurzeit haben, dadurch besetzt werden könnten, hätte sich das Gesetz schon im Lande gelohnt, denn das Herzstück der Reform ist die schnelle und genaue Vermittlung arbeitsloser Menschen. Die Arbeitsvermittlung bleibt Kernaufgabe der Arbeitsämter. Immerhin schaffen es die Arbeitsämter bundesweit, doch drei Millionen Arbeitsuchende zu vermitteln. Also sie können es.
Die Verkürzung – und das ist jetzt ein Rechenmodell, ich bitte auch bewusst dabei zu bleiben, dass es ein Rechenmodell ist und kein Schönreden – des durchschnittlichen Verbleibs in Arbeitslosigkeit von derzeit rund 35 Wochen um 2 Wochen würde die bundesweit durchschnittliche Arbeitslosenzahl um mindestens 200.000 DM senken. Wie gesagt, ich betone noch einmal, ein Rechenmodell. So könnten rund 4 Milliarden DM an Lohnersatzleistungen gespart werden. Das sind Mittel, die man in besonders strukturschwachen Regionen zur Verfügung stellen könnte. Trotz Rückgang bei ABM, rund die Hälfte der im Eingliederungstitel zusammengefassten Mittel für aktive Maßnahmen gehen in die neuen Länder, so dass die damit überproportionalen Verhältnisse der Arbeitslosenzahlen unterstützt werden.
Von besonderer Bedeutung für strukturschwache Regionen ist das neu geschaffene Instrument der beschäftigungsschaffenden Infrastrukturförderung. Ich bin sicher, auch hier werden wir irgendwann mal eine kurze
Form dieses etwas langen Wortes finden. Kommunen oder andere öffentlich-rechtliche Träger können für Arbeiten zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur einen Zuschuss des Arbeitsamtes erhalten, wenn die Arbeiten von Wirtschaftsunternehmen durchgeführt und vom Arbeitsamt vermittelte Arbeitslose in diesen Unternehmen neu eingestellt werden. Das ist eine Herausforderung für alle, die in der Arbeitsmarktpolitik tätig sind, denn wir haben bisher in diesem Bereich recht wenig Erfolge. Brandenburg ist da etwas weiter. Ich betone noch mal, es ist für mich nicht die Wunderwaffe der Arbeitsmarktpolitik, es ist nach wie vor ein Instrument und daran müssen alle Beteiligten noch kräftig lernen.
Das Verfahren allerdings ist unkomplizierter als die bisherige Regelung bei Vergabe-ABM. Da die anfallenden Arbeiten ausgeschrieben werden, können sich alle Unternehmen um den Auftrag bewerben. Die Arbeitslosen werden unmittelbar in Betrieben des ersten Arbeitsmarktes eingesetzt, so, wie es die gesamte Zielrichtung der Umorientierung der Arbeitsmarktpolitik verlangt.
Es handelt sich auch nicht um eine Finanzierung kommunaler Aufgaben auf Kosten der Arbeitsverwaltung. Nur Projekte, die ohne die Förderung des Arbeitsamtes ganz unterblieben beziehungsweise nicht in gleicher Größenordnung durchgeführt würden, sind förderfähig. Die Zuschüsse des Arbeitsamtes werden auch nur dann gezahlt, wenn Arbeitslose beschäftigt werden, die ansonsten Anspruch auf Lohnersatzleistungen hätten. Der Anteil zugewiesener (geförderter) Arbeitnehmer ist auf höchstens 35 Prozent der insgesamt eingesetzten Arbeitnehmer begrenzt. Zudem darf die Förderung 25 Prozent der voraussichtlichen Gesamtkosten nicht übersteigen. Diese Regelungen verhindern nach meiner Meinung Missbrauch und Mitnahmeeffekte. Außerdem ist der Einsatz dieses neuen Instruments an die Zustimmung der Selbstverwaltung gebunden.
Wichtig ist für M-V, dass das Instrument der beschäftigungsschaffenden Infrastrukturförderung auch mehr im Dienstleistungssektor Anwendung findet. Da lassen sich eher Widerstände abbauen, die aus dem natürlich arg gebeutelten Baubereich kommen.
Das politische Ziel, ABM abzubauen, ist zwar aus Sicht westdeutscher Arbeitsmarktpolitiker für den dortigen Arbeitsmarkt nachzuvollziehen, jedoch für Ostdeutschland mit einem ganz und gar nicht vergleichbar schwachen ersten Arbeitsmarkt äußerst bedenklich. Politische Widerstände gegen diese uneingeschränkte Fortsetzung der ABM-Förderung sind leider nahezu über alle Parteigrenzen hinweg enorm. Deswegen haben wir uns auch nicht durchsetzen können. So wird die mit dem JobAQTIV-Gesetz angestrebte Modernisierung, ich komme zum Schluss, der Arbeitsförderung aus der besonderen ostdeutschen Sicht nur in einem sehr schmerzhaften Prozess vollzogen werden können. – Danke.
Auf meinem Zettel steht „gegebenenfalls“ und da ich keine Meldung hatte, war ich davon ausgegangen, dass Sie nicht reden möchten. Aber wenn das doch der Fall sein sollte, können Sie reden.
Ich rufe den Punkt noch mal auf und schließe nicht die Aussprache. Das ist ein Missverständnis, ich bitte um Entschuldigung. Bitte sehr, Herr Minister Holter, Sie haben das Wort.
Das gibt es bei mir nicht, Herr Born, da irren Sie. Was Informationen betrifft, wissen Sie doch ganz genau, dass es kein Ministerium in diesem Lande gibt, das so transparent ist wie das Arbeitsministerium.
Ich habe gar kein Problem mit Transparenz und Durchschaubarkeit, so machen wir das auch mit der Arbeitsmarktpolitik,
und deswegen ist es vollkommen richtig, dass man hier und heute über bundespolitische Rahmenbedingungen spricht,
denn Mecklenburg-Vorpommern ist nun mal keine Insel und wir haben keine Käseglocke über Mecklenburg-Vorpommern gesetzt,
(Dr. Ulrich Born, CDU: Keiner vernebelt so gut wie Sie. – Dr. Christian Beckmann, CDU: Das Arbeitsministerium ist eine Käseglocke?!)
denn das Land ist politisch, wirtschaftlich und sozial verwoben mit dieser Bundesrepublik und diese Republik ist wiederum verflochten mit Europa und der ganzen Welt. Und wer das nicht wahrhaben will und wer strukturelle Gegebenheiten und konjunkturelle Entwicklungen ausblendet, den kann ich nur als Scharlatan beurteilen.
Die Experten sind ja inzwischen gegangen und das Thema ist nicht interessant. Wenn also heute, und das hat eben auch was mit Klarheit zu tun, Gegebenheiten und zukünftige Politik bereits miteinander verbunden werden
beziehungsweise durcheinander gemischt werden, hat das mit Seriosität von Politik überhaupt nichts zu tun. Das will ich an die Adresse des Fraktionsvorsitzenden der CDU sagen. Ich meine, wenn es darum geht, Arbeitsmarktpolitik an den Maßgaben der Europäischen Union auszurichten – meine Damen und Herren von der CDU, das war auch immer eine Ihrer Forderungen in der Vergangenheit gewesen –, dann nehmen Sie das heute einfach nicht mehr zur Kenntnis. Und da bitte ich doch einfach mal auch, darauf zu schauen, was die Ausrichtung von Arbeitsmarktpolitik in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet: Dass sie nämlich ganz genau im Sinne der Harmonisierung europäische Bestimmungen über den Europäischen Sozialfonds in der zukünftigen Arbeitsmarktpolitik berücksichtigt. Aber ich habe die Auffassung, und das nehme ich auch heute hier wieder wahr, Ihnen geht es um Populismus, Ihnen geht es um Image,
Ihnen geht es um Konfrontation um jeden Preis, und das sogar auf Kosten der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger in diesem Lande.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Zurufe von Nils Albrecht, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)