und Sie sollten wirklich ein Stück weit mal sich selber fragen, ob diese Argumentation wirklich angemessen war zu diesem Thema, Herr Kollege Fraktionsvorsitzender.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde hier viel über Bevölkerungsentwicklung, über Bevölkerungswanderung gesprochen. Es wurde gesagt, es liege angeblich alles auf dem Tisch. Sicher, es hat Fortzüge gegeben. Aber, Herr Kollege Schoenenburg, die dramatischen Fortzüge waren nicht zwischen 1998 und 1992, die waren zwischen 1949 und 1961, als drei Millionen die damalige DDR verlassen haben und in die Freiheit und in die Demokratie gegangen sind. Das war der dramatische Fortzug. Und da gucken Sie sich mal die Zahlen an!
Und dann waren es noch Hunderttausende, die über die Grenze gegangen sind, ob über die Ostsee, über die grüne Grenze, über die Tschechei, über Ungarn oder wo auch immer. Das war ein Aderlass sondergleichen. Und wenn wir meinen, dass die Ausschüsse das leisten können, dann will ich wirklich hier ein paar Fragen stellen, ob das ein Ausschuss wirklich leisten kann.
plexer. Aber ich habe einen Eindruck, der verfestigt sich bei mir immer mehr: Sie haben schlichtweg Angst vor den Tatsachen.
Sie haben schlichtweg Angst davor, dass Bevölkerungswissenschaftler und andere Externe in der Enquetekommission hinzugezogen werden. Und diese Angst kommt aus meiner Sicht auch zum Ausdruck in den Argumentationen.
Aber was wird mit den Finanzzuweisungen des Landes in der Zukunft bei dem Bevölkerungsrückgang? Ich komme noch darauf zu sprechen. Was sind die Auswirkungen auf die Solidarsysteme, Krankenkassen, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung? Führt zum Beispiel die steigende Morbidität zu einer noch größeren Höhe der Ausgaben von Arzneimitteln? Werden wir noch höhere Krankenkassenbeiträge bei den AOK haben wegen der Bevölkerungsentwicklung? Was sind die Folgeentwicklungen der Nettoeinkommen? Wie wird es weitergehen, wenn immer weniger junge Erwerbsfähige die älteren Menschen mitfinanzieren müssen?
Wie ist es bei der Schulentwicklungsplanung? Über Gemeinde- und Verwaltungsstrukturen habe ich geredet. Was ist beim Nachfolgeproblem von Handwerksbetrieben und kleinen und mittelständischen Unternehmen? Fachkräftemangel, Arbeitskräftemangel. Im Augenblick haben wir einen „Überschuss“ an jungen Leuten. In sieben, acht Jahren fehlen sie. Ist es da nicht geboten, dieses Thema in der Öffentlichkeit zu debattieren, auch mit Blick auf die Unternehmen, ihnen zu sagen, ihr verbaut eure eigene Zukunft, wenn ihr nicht darauf achtet, junge qualifizierte Leute im eigenen Unternehmen zu halten?
Und brauchen wir dort wirklich nicht Leute aus der Wirtschaft, von der Wissenschaft? Wir haben übrigens das Max-Planck-Institut für demographische Entwicklung in Rostock. Wir haben einen Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaften an der Uni Rostock. Haben wir Angst vor den Aussagen von Professor Dinkel? Oder wird der so behandelt wie Herr Professor Berg bei der Wissenschaftstagung, der dann gesagt hat: „Solch eine Arroganz wie in Mecklenburg-Vorpommern ist mir noch nie vorgekommen.“
Lesen Sie das im „Spiegel“ nach. Was ist mit den ganzen Gutachten zur Hochschulentwicklung? In welchen Schubladen liegen die herum? Und die Frage stellt sich: Universitäten, Hochschulen, wenn wir da weiter nur die Landeskinderphilosophie betrachten, was wird mit denen in sieben, acht Jahren?
Die Schulabgängerzahlen werden sich halbieren. Müssen wir etwas in der Schulpolitik tun, dass wirklich die, die zum Abitur gehen, auch studieren, und nicht wie heute
Das sind doch alles Fragen, denen man sich widmen muss, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das alles, das alles im Ausschuss?
Herr Kollege Dankert, noch einmal: Hinter Ihnen sitzt der Vorsitzende einer Enquetekommission und alles das, was Sie zur Arbeit von Enquetekommissionen sagen, wie negativ Sie die beschreiben – ich habe mich da auch ein Stück korrigiert, das haben Sie eben gemerkt –, das fällt auf diese Enquetekommission zurück. Ich würde genau darüber nachdenken, was ich an dieser Stelle zu dem Thema sage.
Meine Damen und Herren, wie ist es wirklich um die Fortzüge und um die Zuzüge bestellt? Das Prägnante ist doch, dass dieses Thema schöngeredet wird. Ich erinnere nur an den Jahresempfang des Erzbishöflischen Amtes am 3. April diesen Jahres in Schwerin. Dort sagte der Ministerpräsident, Mecklenburg-Vorpommern sei ein junges Land und die Abwanderungen aus dem Land seien minimal. Sie lägen unter denen von Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Übrigens: Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben ein Plus im Wanderungssaldo, und das im Zehntausenderbereich. Das Bemerkenswerte, das Dramatische ist aber, dass 1999 – und mit den Zahlen sollte man sich befassen – 6.200 15- bis 30-Jährige mehr weggezogen sind als zugezogen, davon 3.640 Frauen und 2.573 Männer. Und im Jahr 2000 ist das noch dramatischer. Dort ist der Wanderungssaldo bei knapp 10.000. Und dieses Jahr erwarten alle Experten Prognosen, die noch deutlich darüber liegen. Jetzt will ich nicht damit anfangen, dass seit drei Jahren hier Rot-Rot regiert, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem starken Bevölkerungsschwund von 1989 bis 1992 gab es eine Abbremsung der Fortzüge und es gab eine Ausweitung der Zuzüge.
Jetzt haben wir eine starke Zunahme der Fortzüge, eine ganz starke Zunahme insbesondere in dieser Altersgruppe. Wir haben nur mehr Zuzüge in der Altersgruppe über 60 Jahre. Das ist Tatsache.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wen das kalt lässt oder wer dann solche Zwischenrufe tätigt wie die Finanzministerin oder sie auf Reden noch verbreitet, dass mich gute Bekannte ansprechen zu Hause. Frau Keler, wenn Sie auf Jugendweihefeiern sagen, die jungen Leute sollen aus dem Land rausgehen, weil hier keine Chancen sind, dann sprechen mich die Menschen zu Hause an und das bewegt mich. Ich denke, Politik hat eine andere Aufgabe. Politik hat wirklich eine andere Aufgabe. Und, Frau Keler, Sie haben es nicht nur auf einer Jugendweihefeier gesagt, Sie haben es bei „10 Jahre Scan-Haus“ gesagt, Sie sagen es an allen Ecken und Kanten.
Zeigen Sie doch wirklich die Größe, die Probleme zu analysieren, die Schwierigkeiten aufzuzeigen. Ich denke, eine Enquetekommission ist geeignet, Visionen und Lösungen zu entwickeln. Holen Sie sich den Professor Braun von der Uni Rostock. Das ist ein unbequemer Mann, aber ich denke, man sollte ihm zuhören, weil er über den Tellerrand hinausblickt. Ich denke, wir brauchen selber als Parteipolitiker Hilfe, um über den Tellerrand hinausblicken zu können. Und deswegen sage ich noch einmal: Die Enquetekommission und nicht die Ausschussberatung ist das geeignete Instrument.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir noch einmal zur politischen Situation. Sind das die richtigen Überschriften gewesen, die Sie gewählt haben? Abschaffung des Landeserziehungsgeldes, 1999 beginnend. Ist das die richtige Überschrift für junge Familien? Ist es richtig, die Eigenheimförderung nach dem dritten Förderweg, nach dem Wobau-Gesetz so drastisch runterzufahren gerade für die Schwellenhaushalte, denn die Einkommensstarken kommen gar nicht in den Genuss?
Und, Herr Holter, Umsteuern reicht nicht, Gegenhalten, das ist das Entscheidende, was man tun muss. Oder glauben Sie wirklich, dass es eine gute Überschrift ist, dass diese Regierung es geschafft hat, kein einziges Investitionsprojekt nach Mecklenburg-Vorpommern zu holen? Das beginnt beim Transrapid
Oder meinen Sie, es ist die richtige Überschrift, dass seit drei Jahren die Schulpolitik so debattiert wird, aber nicht, wie ich Qualität verbessere, sondern dass da die Überschrift ist „Unterrichtsversorgung“? Glauben Sie, das bleibt in diesem Land? Was sagen Sie Auswärtigen, die in einem Zeitungsartikel lesen, dass im zweiten Jahr hintereinander in einer Haupt-/Realschule in Biologie und Chemie keine Noten vergeben worden sind, weil keine Lehrer für diese beiden Fächer da sind?
Den Beweis kann ich Ihnen antreten. Was sagen Sie den Menschen von draußen, die fragen, Herr Rehberg, warum ist das so?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann nur eindringlich raten: Gehen Sie am 20. November zur Tagung der IHK zu Schwerin. Dort werden Professor Birg und Professor Dinkel anwesend sein – Birg ist mit der führende Bevölkerungswissenschaftler in Deutschland, Dinkel ist für mich der führende in Mecklenburg-Vorpommern. Hören Sie sich das an, wer weiter wie Sie so politisch ignorant seit über anderthalb Jahren mit diesem Thema umgeht, wer wirklich nicht in der Lage ist, auch mal kritische Geister dazuzuholen, wer gar nicht will, dass