Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

(Georg Nolte, CDU: Hier ist er.)

im Mai erwarten wir die neue Steuerschätzung. Sie haben darauf hingewiesen und diese Steuerschätzung wird dann die Grundlage für eine sachgerechte Diskussion sein, wie die Frage eines nahezu ausgeglichenen Staatshaushaltes bis 2004 zu erreichen ist. Die Finanzminister aller Länder, ob nun SPD oder CDU, sitzen dann nämlich in einem Boot, wenn sie sich demnächst im Finanzplanungsrat zu diesem Thema zu verständigen haben.

(Georg Nolte, CDU: Genau so ist es.)

So ist es. Es geht um die Gesamtverantwortung, Herr Nolte.

Meine Damen und Herren, jede Regierungsebene, also Bund, Länder und Gemeinden, ist gefordert, ihren Beitrag zu leisten, einen, wie es der Stabilitäts- und Wachstumspakt vorschreibt, nahezu ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Zur Verwirklichung dieser gesamtstaatlichen Aufgabe sind die Anstrengungen aller notwendig. Aller, damit meine ich alle, die sich verantwortlich fühlen für das Gemeinwohl im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden, unabhängig davon, welches Parteibuch sie in der Tasche tragen.

Meine Damen und Herren, die Antrag stellende Fraktion fordert dieses Hohe Haus auf, die Schuldzuweisungen des Bundesfinanzministers bezüglich der Haushaltspolitik von Ländern und Gemeinden zurückzuweisen. Für uns, für Mecklenburg-Vorpommern, gilt, wir ziehen uns diese Jacke nicht an, wir brauchen uns nicht angesprochen zu fühlen, denn erstens sind die Haushaltsentwicklungen der Länder differenziert zu betrachten, und an dieser Stelle will ich keinesfalls eine Ostländer-Westländer-Debatte entfachen, das liegt mir fern. Ich will aber einige Fakten benennen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das hat Frau Keler schon vorhin gemacht.)

Das Bundesfinanzministerium, Herr Riemann, hat in der Einschätzung der Entwicklung der Länderhaushalte im Jahre 2001 festgestellt,

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

dass die Ausgaben der westdeutschen Flächenländer, Herr Riemann, ob CDU- oder SPD-regiert, gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit einem Zuwachs von 3,1 Prozent überdurchschnittlich stark angestiegen sind, die Ausgaben in den neuen Ländern im Vergleich zum Vorjahr dagegen um 1,4 Prozent zurückgeführt wurden. Während also in den ostdeutschen Ländern die Ausgabendynamik deutlich gebremst wurde, lagen die westdeutschen Länder mit ihrem Ausgabenwachstum über den Empfehlungen des Finanzplanungsrates und damit auch nicht in den entsprechenden Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.

Zweitens hat Mecklenburg-Vorpommern seit dem Amtsantritt der Finanzministerin Sigrid Keler die Nettoneuverschuldung drastisch zurückgefahren. Im Jahr 1995 betrug die Nettokreditaufnahme noch über 1 Milliarde Euro. In 2001 lag die Kreditaufnahme dann nur noch bei knapp 300 Millionen Euro. Die Zunahme der Gesamtverschuldung konnte also entscheidend gebremst werden. Unser Land und der absolut größte Teil aller Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern leisten also jetzt bereits einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Absenkung des gesamtstaatlichen Defizits.

(Beifall Dr. Henning Klostermann, SPD, und Heinz Müller, SPD)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion setzt anscheinend wieder einmal auf das, wie man so schön sagt, kurze Gedächtnis der Wählerinnen und Wähler. Sie werden sich wohl aber noch an die Botschaft, die der ehemalige Bundesfinanzminister Waigel 1997 aus Brüssel erhielt, erinnern. Seinerzeit ging es um die Einhaltung der Defizitquote, nämlich der 3,0-Prozent-Grenze, die Deutschland beim Eurostart zu überschreiten drohte. Der Ideenreichtum des damaligen Bundesfinanzministers schien grenzenlos zu sein, unter anderem wollte er die Goldreserven der Bundesbank, um das Defizit zu drücken.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das wollen heute einige Grüne auch.)

Das, meine Damen und Herren, bezeichne ich nicht als seriöse Finanzpolitik, von nachhaltiger Finanzpolitik ganz zu schweigen.

(Harry Glawe, CDU: Bei Ihnen kann man von gar nichts reden.)

Was ich damit sagen will, meine Damen und Herren Antragsteller, Ihr heute hier eingereichter Antrag mit einem Rundumschlag gegen die rot-grüne Bundesregierung bringt unser Land Mecklenburg-Vorpommern in keiner Weise, keinen Schritt, keinen Millimeter weiter. Im Gegenteil, es ist Wahlkampfgetöse, das nur zur Verunsicherung der Menschen führen könnte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Meine Damen und Herren, Brüssel hat eine Frühwarnung der Europäischen Union an Deutschland gesendet. Weder Länder noch Gemeinden werden in Haftung genommen,

(Harry Glawe, CDU: Schlimm genug.)

wie Sie behaupten. Das Brüsseler Frühwarnsystem ist auch ein Signal dafür, die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu zu ordnen. Dazu

gehört, hier bereits heute angesprochen, unter anderem auch die Gemeindefinanzreform, die den Ländern zu mehr eigenen Steuereinnahmen verhilft, damit sie von der Staatsverschuldung vielleicht eher wegkommen.

Ich möchte meine Ausführungen, die ich im Januar im Rahmen der Aktuellen Stunde gemacht habe, nicht noch einmal wiederholen, sondern nur daran erinnern, dass Bund, Länder und Gemeinden dieses längst erkannt haben. Noch in dieser Legislaturperiode wird sich eine Kommission, bestehend aus Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Gewerkschaften, mit diesen grundsätzlichen Problemen des kommunalen Finanzsystems befassen und eine umfassende Gemeindefinanzreform vorbereiten.

Meine Damen und Herren, das Maastricht-Kriterium, Abbau der Verschuldung, hat die rot-rote Landesregierung in den vergangenen Jahren mit der jährlichen Aufstellung des Landeshaushaltes sehr ernst genommen und ich meine, wir können heute froh darüber sein, dass wir uns seit 1996, seit dem Amtsantritt der Finanzministerin Sigrid Keler, auf dem richtigen Kurs befinden, dem Kurs der Haushaltskonsolidierung. Und Haushaltskonsolidierung heißt übrigens auch Nachhaltigkeit für die politische Handlungsfähigkeit. Einige westdeutsche Bundesländer haben eben nicht die Neuverschuldung so konsequent heruntergefahren, deshalb trifft sie möglicherweise die Ermahnung besonders hart.

Meine Damen und Herren, zu Lasten zukunftssichernder Investitionen haben wir in unserem Land das gesamtstaatliche Defizit allerdings nicht abgebaut. Im Gegenteil, wir verstehen unter zukunftssichernden Investitionen zum Beispiel die Maßnahmen, die wir im Fonds „Zukunft für die Jugend in Mecklenburg-Vorpommern“ festgeschrieben haben,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

die Schaffung des BioCon Valley Verbundes, die Wasserstoffenergietechnik, die Biotechnologie oder den Multimediabereich. In unserem Land wird jährlich investiert in den Hochschulbau, in die maritime Wirtschaft, in die Ernährungsgüterwirtschaft, in die Entwicklung ländlicher Räume, in den Bereich Tourismus, in den Wohnungsbau, in den Sportstättenbau und vieles andere mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Harry Glawe, CDU: Das ist alles in Ordnung, aber das reicht nicht.)

Meine Damen und Herren, das sind zukunftssichernde Investitionen. Und was ganz entscheidend ist, diese Investitionen sind seriös und sicher ausfinanziert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Riemann, und Herr Nolte hat das ja auch angesprochen, ich kann Ihnen hier versichern, die SPD wird auch in Zukunft

(Harry Glawe, CDU: Das glaubt doch keiner mehr.)

hier in Mecklenburg-Vorpommern dafür sorgen, dass wir ein hohes Investitionsniveau beibehalten.

Meine Damen und Herren, und jetzt komme ich mal zum Punkt 3 des Antrages. Zutreffend wäre eigentlich ein Antrag, der nicht den Landtag, sondern die CDU-Fraktion auffordert, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

zukünftig einen Beitrag zum Abbau des gesamtstaatlichen Defizits zu leisten. Denn Verantwortung gilt natürlich auch für die Opposition. Für uns als SPD muss ich klar sagen, wir brauchen diese Aufforderung von Ihnen nicht, wir machen es seit mindestens 1996.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Solche Forderungen wie von Hansi Scheringer haben wir nie aufgestellt.)

Herr Riemann, ja, vielleicht mal so als Scherz. Ich weiß, es geht nicht. Das ist ja Ihr Antrag. Vielleicht mal so als kleinen Vorschlag, darüber nachzudenken, wenn ich mir den Punkt 3 so ansehe. Ich könnte mir schön vorstellen, dass er auch anders formuliert werden könnte, nicht der Landtag und so weiter, sondern die CDU bekennt sich zu ihrer Verantwortung und so weiter und so fort.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Barbara Borchardt, PDS – Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Das würde sicherlich passen.

Meine Damen und Herren, ich habe so wie Frau Keler und andere natürlich auch mal das CDU-Wahlprogramm gelesen und muss schon sagen, interessant, wie es bei Programmen so ist. Und als Finanzpolitiker guckt man natürlich auch mal, was ist denn da möglicherweise finanzrelevant in dem CDU-Wahlprogramm „Zukunft für Mecklenburg-Vorpommern“. Und da lese ich, das entspricht dann natürlich auch der Gesamtverantwortung. Sie verkünden Ihre Absicht, die Neuverschuldung weiter konsequent herunterzufahren.

(Wolfgang Riemann, CDU: Das ist ja in Ordnung.)

Jawohl, in Ordnung. Gleichzeitig, Herr Riemann, machen Sie allerdings Wahlversprechen, die dieser Absicht völlig entgegenstehen. Ich habe mir mal sieben ungedeckte Schecks herausgezogen, sieben ungedeckte Schecks, Kostproben von Wahlversprechen aus Ihrem Wahlprogramm.

(Wolfgang Riemann, CDU: Haben Sie das wirklich oder war das Ihr Redenschreiber? – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Riemann, ich habe es bei mir auf dem Tisch liegen. Wunderbar, Ihr CDU-Wahlprogramm.

(Zuruf von Barbara Borchardt, PDS – Volker Schlotmann, SPD: Er schließt von sich selbst auf andere.)

Internet haben wir auch, das ist ja ganz in Ordnung.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Herr Riemann, vielleicht rechnen Sie mal mit. Sie können mir ja anschließend sagen, was es kostet. Sie haben es ja alles durchgerechnet.

(Barbara Borchardt, PDS: Verlangen Sie mal nicht so viel von ihm! – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Erster ungedeckter Scheck, Frau Peters: Flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen im ländlichen Raum –