Protokoll der Sitzung vom 14.03.2002

munalen Parlamenten, über den Landtag und über den Bundestag machen sie auf ihre Unmöglichkeit, auf die Unmöglichkeit des Bundeswehrvorhabens und ihre Situation aufmerksam. Wirtschaft und Kreisverwaltung ziehen an einem Strang. Alternative Konzepte zur Zivilnutzung wurden erarbeitet und werden durch das Festhalten der Bundeswehr an ihren Plänen blockiert.

Doch nicht nur das, solange die Bundeswehr gegen den erklärten Willen der Region und die dort lebenden Menschen an ihren Plänen festhält, stagniert die Entwicklung dort. Das gilt aber auch nicht nur für die Entwicklung im Brandenburgischen. Nachdem viele in der Müritz-Strelitz-Region naiv davon ausgegangen waren, dass zwischen der Kyritz-Ruppiner-Heide und dem Müritz-Nationalpark ja noch eine Landesgrenze mit unterschiedlichen Zuständigkeiten existiert und die Auswirkungen des Bombodroms für die diesseits Lebenden nicht spürbar sind, hat sich seit etwa einem halben Jahr die Situation grundlegend gewandelt. Mit dem Expansionswillen der vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region, die jetzt nach Überwindung der überheblichen Startschwierigkeiten und Verbindungen über den Bereich ihres Amtes oder Kreises hinaus suchen und werben, fand auch das Bombodrom mit seinen Auswirkungen Eingang in das Bewusstsein und Denken der Menschen. Denn wie soll für eine touristische Einrichtung, sei es ein Zeltplatz, eine Kanustation, ein Hotel, ein Reiterhof oder Ähnliches, geworben werden, wenn bundesweit, ja europaweit bekannt ist, dass der Urlaub im Müritz-Nationalpark oder in der Mecklenburgischen Seenplatte von Tieffluglärm bis zu 1.700 Einsätzen jährlich sowie von Bodenluftabwehrfeuer begleitet wird?

(Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Auf solch einen Urlaub können und würden auch Sie, meine Damen und Herren, sicherlich gern verzichten. Günstiger ist solche Art Urlaub schon jetzt in anderen Regionen dieser Welt. Aber die Menschen in der MüritzStrelitz-Region wollen genau hier leben, haben sich hier ihre Existenz aufgebaut, sehen diese unnatürliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide als Bombodrom natürlich als Gefährdung an. Als Partnerorganisation zur Bürgerinitiative „FREIe HEIDe“ in und um das Bombodrom im Brandenburgischen haben sich deshalb die Menschen im Mecklenburgischen auch eine Plattform, die Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“, geschaffen, um gegen ihre Existenzvernichtung zu wirken. Unterstützen wir sie dabei!

Bisher hat die Bundeswehr alle ihre Verfahren vor Gerichten verloren und haben die Menschen das Recht für ihr Ansinnen erhalten. Die Bundeswehr will jetzt mit dem Pro-forma-Anhörungsverfahren ihren Übungsplatz durchsetzen. Informationen werden dabei von ihr nur in sehr eingeschränktem Maße bekannt gegeben, scheinbar eine beliebte Methode. Es machen Formulierungen wie: „Für eine Garage auf dem eigenen Grundstück müssen mehr Bestimmungen erfüllt werden, als die Bundeswehr benötigt und vorlegen muss, um einen Bombenabwurfplatz genehmigt zu erhalten.“ die Runde. Dieses Vorgehen wird genauso wenig zur Stärkung der demokratischen Verhältnisse unter den Menschen beitragen wie die willkürliche Auswahl anzuhörender Gemeinden. Vielmehr wird das Bild von einem selbstherrlich agierenden Militär nicht nur im Krieg, sondern auch im Heimatgebiet befördert. Zu einer Akzeptanz der Bundeswehr, die Sie ja nicht so sehr, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD und CDU, wollen, wird das sicherlich nicht beitragen.

Die Frage ist jetzt: Unterstützen wir das Militär blindlings, weil es eben das Militär ist, oder stehen Sie zu den Menschen in unserem Land, die sich durch dieses Militär in dieser Region in ihrer Gesundheit und Existenz bedroht fühlen? Wir bitten im Interesse der Menschen und der Erhaltung der Natur um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag und um Ihren persönlichen Einsatz gegen dieses geplante Bombodrom. Unterstützen Sie gemeinsam mit uns das demokratische Streiten der Menschen in unserem Land! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Caffier von der CDU-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Sehr geschätzte Kollegin Borchardt, um es gleich vorauszuschicken, meine Fraktion und auch ich werden dem in dieser Form vorliegenden Antrag nicht zustimmen und auch nicht zustimmen können.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich kann auch nicht verstehen, warum Sie den Antrag so formuliert haben – denn die Interessenlage ist, glaube ich, in vielen Fällen unstrittig

(Beifall Heidemarie Beyer, SPD)

quer durch alle Parteien –, dass Sie es nicht so formuliert haben, wie Sie es dann gemacht haben. In dem Antrag hätte stehen müssen:

(Barbara Borchardt, PDS: Sie hätten doch einen Änderungsantrag machen können. – Peter Ritter, PDS: Da hätten Sie doch einen Änderungsantrag stellen können.)

Das Land und die Kommunen werden gebeten, alle Möglichkeiten im Rahmen einer Anhörung einzubringen.

Wir können uns als Abgeordnete nur auf das beziehen, was auch rechtlich möglich ist. Und insofern bin ich ausgesprochen traurig,

(Irene Müller, PDS: Machen Sie einen Änderungsantrag!)

weil hier etwas suggeriert wird, was viele nicht wollen. Ich hätte einfach erwartet, dass wir einen Antrag finden, mit dem wir die Probleme einbringen.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Dann hätten Sie es doch getan! – Barbara Borchardt, PDS: Wo ist denn der Änderungsantrag, Herr Kollege?)

Aber wir können hier nicht etwas suggerieren, was wir gegebenenfalls nicht zu entscheiden haben. Sie wissen alle gemeinsam, dass dieses Verfahren durch die Bundesrepublik Deutschland – sprich in dem Fall durch das Bundesverteidigungsministerium – nach entsprechenden Verfahren positiv oder negativ beschieden wird. Und wir hoffen in vielen Fällen für unsere Region, dass es negativ beschieden wird. Aber wir möchten als Beteiligte daran

teilnehmen können und das ist bis zum heutigen Tage nicht der Fall. Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass wir dies so ausdrücken.

(Barbara Borchardt, PDS: Und noch mal: Wo ist der Änderungsantrag, Herr Caffier?)

Frau Borchardt, ich habe Ihnen im Vorfeld gesagt, dass die Bedingungen für einen Änderungsantrag in unserer Geschäftsordnung so geregelt sind, dass ich nur einen Antrag ändern kann, wenn ich nicht den Antrag in Gänze ändere. Wenn ich mich auf dieses beziehe, dann wird der Antrag in Gänze geändert, weil Sie hier Teile Ihrer pazifistischen Grundhaltung, die ich durchaus respektieren kann, da wir unterschiedliche Auffassungen haben, in diesem Antrag unterbringen. Und das geht nun mal leider so nicht zu ändern,

(Barbara Borchardt, PDS: Sie hätten ja einen eigenen machen können.)

sonst hätten wir das oder ich zum Beispiel schon versucht.

Konkret geht es Ihnen beiden darum, mit dem vorliegenden Entschließungsantrag gegen das Vorhaben der Bundesregierung zu protestieren, in der Kyritz-RuppinerHeide einen Truppenübungsplatz für die Luftwaffe und das Bundesheer zu installieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Thematik ist leider etwas differenzierter, als Sie es in Ihrem vorliegenden Antrag darstellen. In altbekannter Weise wird bei dem Thema Bundeswehr zumindest sehr problematisch, um nicht unsachlich zu sagen, argumentiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht um das Territorium des Truppenübungsplatzes Wittstock, der künftig als Luftbodenschießplatz durch die Bundeswehr genutzt werden soll. Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird bei einer Realisierung dieses Vorhabens in direkter Weise betroffen sein. Insbesondere die Landkreise Mecklenburg-Strelitz und Müritz werden durch die geplanten Tiefflüge in erheblichem Maße auch von Fluglärm und Umweltbelastungen betroffen sein.

Als Tourismuspolitiker bin ich mir darüber im Klaren, dass die traditionell von Strukturschwäche geprägten Landkreise, in denen in den letzten Jahren erfolgreiche touristische Strukturen entwickelt wurden, einer Gefährdung ausgesetzt sind. Der Tourismus ist mittlerweile zum bedeutendsten Wirtschaftsfaktor in der Müritz-Region und im Landkreis Mecklenburg-Strelitz herangewachsen. Urlauber, die die Region besuchen, sind vor allem naturverbunden und suchen Ruhe und Entspannung in der einmalig schönen Landschaft.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Interessenkonflikt ist klar, denke ich. Aus Sicht meiner Fraktion kann die Lösung allerdings nicht …

(Glocke des Präsidenten – Harry Glawe, CDU: Das war die Schlussglocke.)

Aus der Sicht meiner Fraktion kann die Lösung nicht lauten, die berechtigten Interessen der Region hinter einem Antrag zu verstecken, der im Wesentlichen nur die Grundhaltung einer Fraktion zur Bundeswehr wiedergibt. Vielmehr wird konstruktives Handeln von uns allen verlangt. Dies hätte ich auch von den beiden Kolleginnen

Frau Borchardt und Frau Prehn erwartet. Im Übrigen hätten Sie sich in vorausschauender Weise mit Ihrem zuständigen Minister, mit Kollegen Holter, der ja für die Raumordnung zuständig ist,

(Beifall Gesine Skrzepski, CDU)

auch schon bemühen können, um Einflussnahme in der Region zu erreichen,

(Barbara Borchardt, PDS: Das haben wir getan. Das wissen Sie. – Zuruf von Peter Ritter, PDS)

so, wie wir uns auch bemüht haben. Denn wir haben 1994 ein regionales Raumordnungsverfahren verabschiedet,

(Peter Ritter, PDS: Unseren Antrag haben Sie doch abgelehnt.)

in dem die Mecklenburgische Seenplatte als touristisches Gebiet ausgewiesen ist.

(Barbara Borchardt, PDS: Das ist richtig.)

Damals stand der Luftschießplatz nicht zur Debatte.

(Peter Ritter, PDS: Alles nur Ausreden. – Zuruf von Annegrit Koburger, PDS)

Insofern stellt sich die Frage, wenn der Übungsplatz genehmigt wird, ob das Raumordnungsverfahren in der Form auch Bestand hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch meine Fraktion hat es nicht versäumt, sich frühzeitig zu bemühen, um sich in die laufenden Entscheidungsprozesse einzuschalten. Ziel der CDU-Landtagsfraktion war es und wird es auch künftig sein, im Dialog mit den Entscheidungsträgern in Bund und Ländern die direkte Einflussnahme der tangierenden Regionen – und das sind nun mal Mecklenburg-Strelitz, Müritz und damit das Land Mecklenburg-Vorpommern – zu erreichen. Dafür wäre es im ersten Schritt notwendig, dass das Land, die betroffenen Landkreise und die Tourismusverbände umgehend zu den laufenden Anhörungen des Bundesverteidigungsministeriums und des Landes Brandenburg zugelassen werden und auch geladen werden. Ich denke, dies ist ein Schritt, der selbstverständlich sein müsste, über den wir hier gar nicht diskutieren dürften. Wir dürfen bei diesem Verfahren einfach nicht länger nur Zaungäste sein.

Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich mich beispielsweise am 15. November 2001 an die Ministerpräsidenten der Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gewendet. Inhaltlich habe ich gefordert, dass unter Einbeziehung aller genannten Gruppen ein tragfähiger Kompromiss erreicht werden muss. Im Antwortschreiben der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern wurde mir dann offenbart, dass die Zuständigkeiten an den Innenminister übergeben worden sind. Angekündigt wurde aber vorsichtshalber schon mal eine Informationsveranstaltung des Innenministers, der diese im Januar mit der Bundeswehr und den betroffenen Kommunen durchführen wolle. Nach meinem Kenntnisstand haben wir jetzt März. Ich wohne nun in der betroffenen Region und habe jedenfalls nicht wahrgenommen, dass die Veranstaltungen mit dem Minister beziehungsweise mit den betroffenen Kommunen stattgefunden haben.

(Zuruf von Minister Dr. Gottfried Timm)

Gehört habe ich, dass die Landräte und ein Vertreter des Innenministeriums in der letzten Woche beim Staats